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The Collateral Damage of an Airplane Precipice

LOST in Emotional Chaos
von

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Requiem for my Dear

Sie hatte es endlich geschafft einzuschlafen, da hörte man auf einmal lautes Hundegebell.

Vincent, der Labrador des einzigen überlebenden Jungen, Walt, zerrte aufgeregt an seiner Leine und versuchte zum Wrack zu gelangen.

Man konnte Michael, Walts Vater, fluchen hören.

„Sag ihm, dass er ruhig sein soll, Walt!“, befahl er seinem Sohn, doch der war anscheinend nicht in der Lage dazu.

„Er will sich nicht beruhigen, Dad.“, erwiderte der Junge und redete weiter auf den aufgeregten Hund ein.

Elena rappelte sich auf und gesellte sich zu den anderen, die bereits um Walt und Vincent herum.

Was war nur los?

Hatte der Hund etwa etwas gehört?

Näherte sich ein Bär oder das Monster?

Doch ihre Gedanken wurden von einem lauten Poltern unterbrochen, dass aus dem Wrack kam.

Die Gruppe näherte sich den Trümmern.

„Da ist irgendjemand drin.“, vermutete Claire und hielt schützend ihre Hände vor ihren Babybauch.

Jack schlich noch etwas näher an den Mittelteil des Flugzeugs, Elena immer hinter sich.

„Sawyer.“, murrte er wissend, doch er wurde enttäuscht, denn der Blonde meldete sich von hinten.

„Ich bin hinter dir... Idiot!“, beschwerte er sich mal wieder Verdachtsperson Nummer Eins zu sein.

Auch er trat näher heran, eine riesige Taschenlampe in der Hand, während Jack versuchte mit seiner Miniversion etwas auszumachen.

Als Sawyer seine Lampe einschaltete und den Lichtkegel durch das Wrack huschen ließ, blitzten ihnen Augen entgegen und sie hielten die Luft an.

Mit wütendem Gequieke und Grunzen stürmten drei Tiere aus dem Wrack heraus und rannten die Überlebenden beinahe über den Haufen.

Sawyer hatte es sich zur Aufgabe gemacht dafür zu sorgen, dass Elena nichts geschehen konnte und hatte sie zur Seite geworfen.

Er lag halb auf ihr und ihm schien das ziemlich zu gefallen, denn ein breites Grinsen zeigte sich auf seinen Lippen.

„Geh runter von mir, Sawyer.“, forderte sie und versuchte ihn von sich zu drücken, was ihr nicht gelang, da sie einfach schwächer war als er.

Seine Lippen näherten sich ihren.

„Aber warum denn, Süße? Wäre ich nicht gewesen, hätte dich eins dieser wildgewordenen Viecher überrannt.“, erinnerte er sie an seinen heldenhaften Einsatz.

Sie musste nun ebenfalls grinsen.

„Ach ja?“, harkte sie nach und sah ihn verführerisch an, worauf er einging.

Darauf hatte sie gehofft.

Sie konnte genau solche Spielchen spielen wie er!

„Ach ja.“, raunte er ihr zu und sein Becken lehnte sich noch etwas mehr gegen ihre Hüfte.

Doch schon schnellte sie vor und verpasste ihm eine Kopfnuss.

Mit einem Schmerzensschrei rollte er sich von ihr und hielt sich die Stirn.

„Was sollte das denn?!“, wollte er voller Entrüstung wissen.

Da half man ihr und wie dankte sie einem das?

„Ich wäre lieber von diesen Wildschweinen überrannt worden, als das sich ein Ferkel wie du an mich ranmacht, Sawyer!“, klärte sie ihn auf und ging zu den Anderen rüber.

Die standen alle um einen Mann herum, der John Locke hieß.

Er hatte sich als ziemlicher Fachmann, in Sachen Survivaltrips, etabliert.

„Die Schweine haben wahrscheinlich den Gestank der Leichen wahrgenommen und wollten sich was zu fressen holen. Aber ich denke nicht, dass sie noch mal zurückkommen, nachdem wir sie erwischt haben.“, machte er ihnen klar, was alle ziemlich beruhigte.

„Wir müssen uns darum kümmern, sonst wird der Geruch bald nicht nur Wildschweine, sondern auch noch gefährlichere Tiere anlocken.“, erkannte Jack.

Aber darum wollten sie sich erst bei Sonnenaufgang Gedanken machen.

Jetzt brauchten sie alle erst mal eine gehörige Mütze Schlaf.
 

„Gib mir das Päckchen, du kettenrauchendes Arschloch!“, hörte man Hurleys Gekeife und bei Jack und Elena läuteten sofort wieder die Alarmglocken, als sie sich am Morgen am Wasser wuschen.

Was war denn nun wieder los?

Konnten die nicht einmal friedlich miteinander sein?

Das war doch nicht zu viel verlangt!

Als die beiden Ärzte am Ort des Geschehens eintrafen, stand bereits eine ganze Traube Überlebender um die beiden Streithähne.

Sawyer und Hurley rangelten sich, wobei das Bild, das sie abgaben, echt ulkig war.

Der ziemlich stämmige Hurley, der eine Packung Erdnüsse in der Hand hielt, und Sawyer, der versuchte gegen die Massen von überschüssiger Haut anzukommen.

„Rück sofort die Erdnüsse raus, du Fettsack!“, knurrte Sawyer und war gewollt dem anderen einfach auf den Rücken zu springen.

Elena konnte dies gerade noch verhindern, in dem sie sich zwischen die Zwei drängte und anfing, sich wie ein menschliches Sandwich zu fühlen.

Sawyer im Rücken, wurde sie mit dem Gesicht gegen Hurleys Rettungsringe gepresst und hatte wirklich Angst zu ersticken.

„Hört doch auf!“, flehte sie beide an und sie konnte sie schließlich davon überzeugen auseinander zu gehen und ihr die Luft zum atmen zu lassen.

„Hey, wenn du auf Dreier stehst, dann muss ich dich leider enttäuschen. Ich bin sehr besitzergreifend, Baby.“, scherzte Sawyer und sie musste sich zusammenreißen, um ihm keine zu verpassen.

„Worum geht es denn jetzt schon wieder?“, fragte Jack dann, um die Diskussion voranzutreiben.

„Er hat die letzte Packung Erdnüsse für sich eingesackt!“, kam die Beschwerde von Hurley und Sawyer lachte.

„Die steht mir auch rechtmäßig zu, Dickerchen! Ich hab sie gefunden.“, konterte er und hob eine seiner Augenbrauen.

„Gibt es denn nicht etwas anderes zu essen?“, wollte Elena wissen und beide schüttelten die Köpfe.

„Nein, wir haben das Essen aus dem Flugzeug schon alles weggefuttert.“, berichtete Hurley und sah sie entschuldigend an, da ihre Augen ihn fassungslos anstarrten.

Wie bitte?

Innerhalb von nicht mal einer Woche hatten sie alles aufgegessen?

Wovon sollten sie sich denn jetzt ernähren?

„Ich wette, dieser Rollmops hat das meiste verputzt!“, drang Sawyers Stimme an ihre Ohren und sie drehte sich um, um ihn zu schubsen, wodurch er gegen einen Flugzeugsitz gestoßen wurde und sich lieber hinsetzte.

„Halt dein vorlautes Maul, Sawyer! Wir haben nichts mehr zu Essen... Das ist nicht komisch!“, erinnerte sie ihn daran, dass seine Witze hier fehl am Platz waren.

Sayid, der die ganze Zeit nur zugehört hatte, brachte sich nun in das Gespräch ein.

„Wir müssen in den Dschungel gehen und uns von dem ernähren, was wir dort finden.“, warf er ein und Sawyer lachte bloß abfällig.

„Klar, Mohammed hat wieder für alles eine Lösung!“, meinte er sarkastisch, zuckte allerdings erschrocken zusammen, als ein Messer, genau neben seinem Kopf, im Polster des Sitzes landete.

„Sayid hat Recht. Wir gehen auf Wildschweinjagd!“, erklärte Locke und lächelte zuversichtlich.

Alle schienen schockiert.

Woher hatte der denn jetzt das Messer?

„Die Wildschweine gestern waren bloß Jungtiere. Vielleicht hundert Kilo schwer... Ein ausgewachsenes wiegt wahrscheinlich das Doppelte oder sogar Dreifache. Wenn wir zu dritt gehen, dann...“, merkte er an.

„Das ist doch wahnsinnig!“, entgegnete Sawyer und Jack warf ihm einen vernichtenden Blick zu.

„Hast du etwa eine bessere Idee?“, harkte er nach und der Blonde lehnte sich vor.

„Besser als drei von euch in den magischen Wald gehen zu lassen, um einen großen Schinken mit nicht mehr als einen kleinen Jagdmesserchen zu fangen? Verdammt, nein! Das ist die beste Idee, die ich je gehört habe.“, machte er sich über Locke lustig, der sich allerdings nur darüber amüsieren konnte.

Er holte einen Koffer hervor und zeigte allen, dass er mehr als nur ein Messerchen dabei hatte.

Herrgott!

Das waren bestimmt zwei Dutzend scharfer Klingen, mit denen man gleich eine ganze Gruppe Wildschweine schlachten konnte!

Was zur Hölle wollte er bloß damit?

„Waffen sind an Bord verboten!“, stieß Shannon hervor und Lockes Grinsen wurde nur noch breiter.

„Ich habe sie extra aufgeben lassen.“, versicherte er ihnen, dass alles legal war.

„Gut, gehen wir auf die Jagd. Ich finde den Vorschlag klasse.“, verteidigte Jack den älteren Mann und reichte ihm das Messer zurück, dass er zuvor nach Sawyer geworfen hatte.

Sawyer, der seine Sprache wiedergefunden hatte, fand das allerdings unverantwortlich.

„Und dem gibst du sein Messer zurück?“, wollte der Blonde verwirrt wissen.

Aber an dem Entschluss war nichts mehr zu rütteln.

Locke packte zusammen mit Kate und Michael, die sich dazu bereiterklärt hatten, ihn zu begleiten, einige Sachen zusammen.

„Ich will mitgehen!“, murrte Walt, doch sein Vater erlaubte es ihm nicht.

„Nein, du bleibst bei...“, wollte er befehlen und sah sich um.

Elena fiel ihm in die Augen, die sich gerade mit Jack unterhielt.
 

„Elena, richtig?“, erkundigte er sich bei ihr und sie nickte, wobei sie den Dunkelhäutigen fragend ansah.

„Was kann ich für dich tun?“, wollte sie dann nach einigem Schweigen wissen.

„Eh... Würdest du, solange ich mit Locke unterwegs bin, auf Walt aufpassen? Ich will nicht, dass er hier ohne Aufsicht ist.“, bat er sie und sie versprach ihm, dass sie gut auf den Jungen achten würde, was dem Mann sehr beruhigte.

Als er sie stehen ließ, sah sie ihm nach.

Er musste es hassen Vater zu sein.

Das konnte sie daran erkennen, wie genervt er jedes Mal war, wenn er mit seinem Sohn sprach.

„Sollen wir mit Vincent spielen, Walt?“, schlug sie vor und er nahm diesen Vorschlag an.

Zusammen tobten sie eine Weile am Strand entlang und warfen einen kleinen Ball immer wieder hin und her, damit der Labrador ihm hinterher jagen musste.

Dann setzten sie sich auf einen Metallpfeiler.

„Er kümmert sich nie um mich. Ich bin ihm lästig.“, murmelte der Junge und sie horchte auf.

„Du und dein Dad... Ihr kommt nicht gut miteinander aus, was?“, wollte sie wissen und der Junge nickte.

„Ich kenne ihn kaum. Meine Eltern trennten sich, da war ich noch klein und ich bin viel umgezogen mit meiner Mum... Doch dann wurde sie krank und starb.“, erzählte er ihr und sie legte einen Arm um seine Schultern.

„Weißt du, Walt. Ich kannte meinen Vater auch nicht. Er lebt in Italien und meine Mum hat einen neuen Mann geheiratet in Los Angeles. Doch irgendwann fand ich heraus, dass Ronald Cavern nicht mein richtiger Dad ist und ich wollte unbedingt meinen leiblichen Vater kennen lernen.“, offenbarte sie ihm und blickte auf das Meer hinaus.

„Anfangs war unsere Begegnung sehr ernüchtern. Antonio, so heißt mein Dad, wollte nichts mit mir zu tun haben. Aber ich blieb hartnäckig und irgendwann verstanden wir uns so gut, dass ich jede Ferien zu ihm hingefahren bin.“, beendete sie ihre Erzählung und Walt sah sie mit seinen großen braunen Augen an.

„Glaubst du, dass mein Dad und ich uns auch irgendwann so gut verstehen?“, harkte er skeptisch nach und sie nickte.

„Sicherlich. Du musst nur Geduld haben.“, machte sie ihm klar und zwinkerte ihm zuversichtlich zu.

„Elena, komm mal kurz her!“, rief Jack nach ihr und sie entschuldigte sich bei Walt, um sich zu den anderen Arzt zu gesellen, der zusammen mit Sawyer, Sayid und Boone, in einem Kreis stand.

„Wir müssen uns um die Leichen im Wrack kümmern. In der Hitze wird der Gestank bald unerträglich sein.“, meinte Jack und blickte von einem zum anderen.

„Ich dachte, dass es besser wäre, wenn wir das Wrack verbrennen.“, fügte er noch hinzu und alle sahen ihn überrascht an.

„Aber wir können doch nicht einfach bestimmen, wie diese Menschen beerdigt werden. Wir müssen ihre Religionen und ihre Wünsche berücksichtigen.“, warf Sayid bedächtig ein.

Man sah Jack an, dass er eigentlich genauso dachte wie der Iraker, aber die Zeit lief ihnen davon.

„Uns bleibt nichts anderes übrig. Es werden nur Tiere angelockt, die an den Toten fressen, und es könnten sich Krankheiten ausbrechen. Wir müssen an uns denken und nicht an die Wünsche der Toten.“, bedachte er und strich sich durchs Haar.

Elena zögerte einen Augenblick.

„Jack hat Recht. Wir sollten alle heute Abend verbrennen. Vielleicht wird das Feuer von jemanden gesehen.“, stimmte sie zu, obwohl sie hätte heulen können.

David war auch eine dieser Leichen und, wenn sie ihn verbrannte, würde das heißen, dass sie sich für immer von ihm verabschieden musste.

Ihre Brust zog sich bei dem Gedanken daran zusammen und sie fühlte über ihren Verlobungsring.

Es musste sein.

Nach einigen Argumentationen waren sich schließlich alle darüber einig, dass es wohl das Beste wäre das Wrack zu verbrennen.

Sie trommelten den Rest der Überlebenden zusammen und begangen Holz zu sammeln, damit das Feuer auch gut brennen würde.

Elena bemerkte, dass Sawyer sie die ganze Zeit über beobachtete, ließ sich aber nichts anmerken.

Sie hoffte nur, dass das alles schnell vorbei sein würde.

„Hi, Elena... Ich wollte fragen, ob du und Jack vielleicht etwas sagen wollt...“, erklang plötzlich Claires Stimme neben ihr und sie zuckte, einem Herzinfarkt nahe, zusammen.

Jack, der ganz in der Nähe war, kam rüber.

„Etwas sagen? Was denn?“, wollte er wissen und Claire zeigte ihm ein paar Sachen die sie gefunden hatte.

Es waren Führerscheine, Reisepässe und persönliche Briefe und Fotos der Opfer.

„Na ja, ich dachte, ihr könntet vielleicht ihre Namen vorlesen und ihr Reiseziel, die Gründe ihrer Reise... So was halt.“, brabbelte sie verlegen vor sich hin.

Wahrscheinlich war das eine blöde Idee.

Elena und Jack schüttelten beide gleichzeitig mit den Köpfen.

„Nein, ich denke nicht, dass wir beide wirklich Menschen der großen Worte sind, Claire. Aber eventuell könntest du das übernehmen.“, machte Jack ihr den Vorschlag und sie nickte einverstanden, mit einem schüchternen Lächeln auf den Lippen.

Als die Schwangere gegangen war, wandte Elena sich ihrem Kollegen zu.

„Vielen Dank, Jack. Ich wäre sicher nicht in der Lage dazu, irgendetwas zu sagen, wo David...“, versuchte sie zu erklären, doch er griff zärtlich nach ihrer Hand.

„Schon in Ordnung, Elena. Ich weiß. Er war einer meiner engsten Freunde.“, erinnerte er sie und beide lächelten sich gegenseitig zu.

Sawyer, Charlie und Hurley schienen die Zwei schon beinahe zu belauern, so sehr hefteten sich ihre Blicke an die Ärzte.

„Echt! Wenn die nichts miteinander haben, dann fresse ich das Monster.“, brachte Hurley grinsend hervor und Charlie nickte zustimmend.

„Dann geh es doch schon mal suchen!“, entgegnete Sawyer, dem diese Gerüchteküche langsam ziemlich auf die Nerven ging, und zog an seiner Zigarette.

„Aber schau doch, Alter. Fehlt ja nur noch, dass die sich um den Hals fallen und sich gegenseitig die Zungen in den Rachen schlagen.“, malte er die Vorstellung weiter aus, wobei Sawyer angeekelt das Gesicht verzog.

Das war nun aber zu viel des Guten!

„Die Beiden kennen sich halt gut. Sie sind Freunde...“, murmelte er und hob einen Ast auf.

Charlie lachte amüsiert.

„Ja, Freunde mit gewissen Vorzügen!“, ließ er es sich nicht nehmen so eine Bemerkung von sich zu geben.
 

Es war schon ein ganz schöner Haufen Brennholz zusammengekommen, da tauchte Kate aus der Böschung auf.

Über ihre Schultern gestützt hatte sie Michael, der anscheinend verletzt war.

„Was ist passiert?“, fragte Jack und sah sich die tiefe Fleischwunde an seiner Wade an.

Kate sprach für ihn.

„Ein Wildschwein hat ihn angegriffen.“, klärte sie die Ärzte auf, die sich sofort an die Arbeit machten.

„Und wo ist Locke?“, harkte Elena nach und sah Kates erschrockenen Gesichtsausdruck.

Sie zögerte zuerst, redete dann allerdings weiter.

„Er hat das Wildschwein verfolgt... Aber dann tauchte das Monster auf und er war ganz in der Nähe und...“, stockte sie und hielt ganz inne.

Die Anderen konnten sich ja sehr gut denken, was dann passiert sein musste.

Nachdem Michael verarztet wurde, ging Elena ein Stück weit in den Wald.

Sie wollte sich ein ruhiges Plätzchen suchen, um ein wenig abzuschalten.

Der heutige Abend würde schwer genug für sie werden.

Gerade lehnte sie sich an einen alten Baum, da bemerkte sie wieder diese Gestalt.

Nein, nicht schon wieder!

Sie schloss die Augen, in Hoffnung der Mann wäre verschwunden, sobald sie sie wieder öffnete.

Doch den Gefallen tat er ihr nicht.

„Elena.“, rief er stattdessen und entfernte sich dann von ihr.

Sie war sich nicht schlüssig darüber, ob sie ihm folgen sollte oder ob sie einfach dort bleiben sollte, wo sie war.

Aber schließlich entschied sie sich ihm langsam, in einem gewissen Sicherheitsabstand zu folgen.

Mit einem Mal begann der Mann allerdings immer schneller zu werden und letztendlich musste sie hinter ihm herrennen, um ihm auf den Fersen bleiben zu können.

Äste schlugen ihr ins Gesicht und verhedderten sich in ihrem Haar, während sie ihm folgte.

Am Ende befand sie sich auf einer Lichtung.

Und er war weg.

Er hatte sich einfach so in Luft aufgelöst.

Sie konnte noch nicht mal mehr seine Stimme hören.

Was sollte dieser verdammte Mist!

Sie wollte gerade den Rückweg antreten, da hörte sie das Zerbrechen von Ästen hinter sich.

War er etwa doch noch da?

Langsam drehte sie sich um und tatsächlich tauchte eine Gestalt auf.

Doch es war Locke, der ein totes Wildschwein hinter sich herschleifte.

„Locke? Du lebst? Kate sagte, dass Monster hätte dich erwischt!“, stieß sie hervor und ging zu ihm.

Der alte Mann sah an sich hinunter und grinste.

„Nicht das ich davon was wüsste...“, erwiderte er und beide lachten.

„Du hast ein Wildschwein gefangen? Das ist ja super!“, merkte sie an und half ihm dabei, den toten Tierkörper zu transportieren.

„Was hast du hier draußen gesucht, Elena? Ganz allein...“, wollte nun er von ihr wissen und sie hielt kurz in ihrer Freude über das Wiedersehen inne.

„Eh... Ich... Ich musste nur mal aufs Klo.“, stammelte sie, doch er wusste, dass sie nicht die Wahrheit sagte.

„Ehrlich jetzt...“, verlangte er und sie schluckte.

„Nenn mich ruhig verrückt, aber ich habe jemanden gesehen... Einen Mann, den ich kenne. Aber er ist eigentlich schon seit Jahren tot. Ich wollte ihm hinterher, doch er war so schnell wieder weg, wie er aufgetaucht war.“, berichtete sie ihm und sie blieben kurz im Wald stehen.

„Ein Mann?“, harkte er nach.

Sie nickte und befürchtete, dass er sie gleich auslachen würde.

„Ja, ich hab ihn schon ein paar mal gesehen...“, fügte sie hinzu und starrte auf ihre Füße.

„Nun, ich denke, diese Insel ist voller Wunder.“, wandte Locke ein und ging ein Stück weiter.

Sie verstand nicht, was er damit meinte.

„Wunder?“, stocherte sie und er lächelte.

„Ich verrate dir ein Geheimnis, Elena, weil du mir von diesem Mann erzählt hast.“, offerierte er ihr und sie lauschte konzentriert.

„Bevor wir abstürzten saß ich im Rollstuhl. Ich war querschnittsgelähmt als ich in den Flieger gebracht wurde und nachdem wir verunglückt waren, konnte ich plötzlich meine Beine wieder bewegen.“, offenbarte er ihr und sie sah ihn fassungslos an.

Was?

So etwas war doch gar nicht möglich?

Oder etwa doch?

Immerhin stand Locke, als lebender Beweis vor ihr, und er würde sie sicher nicht anlügen.

So schätzte sie ihn nicht ein.

„Weißt du, ich bin stark davon überzeugt, dass jeder Einzelne von uns eine neue Chance bekommt. Ein neues Leben, dass hier auf dieser Insel beginnt.“, sprach er weiter und sie war nur noch verwirrter.

„Eine neue Chance?“, wisperte sie nachdenklich, mehr an sich selbst gerichtet, als an ihn.

Aber sie erkannte keine neue Chance in diesem ganzen Schlamassel.

Für sie hatte der Absturz nur Leid gebracht.

Er hatte ihr alles genommen und nichts gegeben.
 

Als sie zusammen den Strand erreichten, freuten sich alle, dass der einzige Jäger doch nicht gefressen wurde und das er sogar etwas zum Essen mitgebracht hatte.

Am Abend wurde dann schließlich das Feuer entfacht, dass in Windeseile das Wrack verschlang.

Claire hatte sich wirklich Mühe gegeben mit der Gedenkfeier und konnte zu jedem Verstorbenen etwas sagen, zumindest den Namen wusste sie.

Als David an der Reihe war, verabschiedet zu werden, kamen Elena bald die Tränen, doch sie versuchte sie so gut es ging zurückzuhalten.

„David Henderson... Er war Arzt, wie man auf einem Schein aus seiner Briefmarke lesen kann. Ein Internist, der sich scheinbar für ärztliche Versorgung in der dritten Welt eingesetzt hat. In seinem Reisepass stehen Ziele wie Namibia, Ecuador und Laos. Er hat aber eigentlich in Los Angeles gewohnt. Wahrscheinlich wollte er nach Hause zurückkehren und war deswegen im Flugzeug. Ich würde sagen, er war so was wie ein Held und viele Menschen müssen ihm sehr dankbar dafür sein, dass es einen Arzt wie ihn gegeben hat.“, bedachte Claire und warf seine Brieftasche in die Flammen.

Elena schluckte.

Ja, es gab so viele Menschen, die ihm dankbar waren.

Auch sie war ihm dankbar dafür, dass er sie so sehr geliebt hatte.

Dennoch spürte sie Wut in sich aufsteigen, weil er einfach so gegangen war, ohne sie zu fragen, was sie dabei fühlte.

Traurig blickte sie auf ihren Ring und streifte ihn vorsichtig ab.

Sie wollte ihn nicht mehr.

Er schnitt ihr in die Haut und brannte den Schmerz nur noch tiefer in sie hinein.

David sollte ihn haben.

Also warf sie ihn unauffällig ins Feuer, sodass er hoffentlich schmolz.

Nachdem die schwangere Claire sich dem nächsten Opfer zuwandte, entfernte Elena sich ruhig und behutsam von der Gruppe, sodass niemand bemerkte, dass sie nicht mehr unter ihnen war.

Sie ging wieder in den Wald und lehnte sich an einen Baum.

Ihre Finger griffen krampfartig an die unebene Baumrinde, um besseren Halt zu haben und nicht umzufallen.

Dann fing sie an zu weinen und sie konnte nicht mehr aufhören.

Die Anderen sollten sie so nicht sehen.

Jack und sie waren Ärzte und eine Stütze für die Überlebenden, also mussten sie Stärke zeigen.

Sie mussten sich unter Kontrolle haben.

Aber hier ging es um David.

Um den Mann, den sie so sehr geliebt hatte, dass sie lieber an seiner Stelle gewesen war.

Doch so hatte es nicht sein sollen.

Sie war bloß erleichtert darüber, dass niemand ihren emotionalen Ausbruch mitbekam.

Nur hatte sie sich dabei getäuscht.

Einer war ihr nämlich gefolgt.

Es war natürlich Sawyer.

Verschreckt blickte sie ihn an, als er vor ihr auftauchte.

„Was willst du hier?“, presste sie zwischen den Zähnen hervor und drehte sich weg, damit er ihre Tränen nicht sehen konnte.

„Hey, du haust einfach von der Gedenkfeier ab und als ich dir folge, stehst du hier rum und heulst dich bei einem Baum aus. Was mache ich also hier?“, konterte er und ging auf sie zu, doch sie hob die Hand und er hielt in seiner Bewegung inne.

„Ich will, dass du verschwindest! Ich will allein sein!“, fauchte sie, doch das sah er gar nicht ein.

„Du heulst doch nicht wegen deinen Superhelden David, oder?“, neckte er sie und ihre Augen blitzten ihn erbost an.

„Das geht dich gar nichts an, du Arsch!“, erwiderte sie und er lachte.

„Ich bitte dich, Prinzessin. Er ist es nicht wert, dass du auch nur eine Träne wegen ihm vergießt. Komm lieber zu mir... Ich kann dich trösten... Mit meinem Körper.“, bot er ihr an und sie konnte es langsam wirklich nicht mehr fassen.

So taktlos konnte doch selbst ein Aufreißer wie er nicht sein, oder?

Zornig ging sie auf ihm los und knallte ihm eine, um dann auf seine Brust einzuprügeln.

„Du verdammter Scheißkerl! Ich habe ihn geliebt! Ich wollte ihn heiraten!“, schrie sie und zog an seinem Hemd.

„Wie kannst du es nur wagen, so von ihm zu reden?! Du kennst ihn doch überhaupt nicht. Er war ein besserer Mann als du es je sein wirst!“, zischte sie hysterisch und erstickte fast an ihrem Schluchzen.

„So ist es gut, Süße. Lass alles raus!“, provozierte er sie weiter, bis sie ihn so sehr verdroschen hatte, dass sie sich vor Erschöpfung kaum mehr auf den Beinen halten konnte.

Sie drohte in die Knie zu gehen, doch er hielt sie fest und drückte sie an sich.

„Sawyer... Ich... Ich...“, verhaspelte sie sich und begann erst recht zu weinen.

Seine Hände stützten ihren Rücken und sein Gesicht schmiegte sich an ihr weiches Haar.

Beruhigend strich er mit einer Hand über ihren Nacken.

„Ist schon in Ordnung, Süße.“, raunte er ihr zu und obwohl er wusste, wie schlecht es ihr ging, genoss er sichtlich, dass sie sich so an ihn drückte und sich ihm so hilflos zeigte.

Frauen standen auf starke Männer, die ihnen Halt geben konnten.

Eine ganze Weile blieben sie so im Wald stehen und nichts war zu hören, als ihr Schluchzen und seine geflüsterten, trostspendenden Worte.
 

„Danke, Sawyer... Ich weiß gar nicht, was da über mich gekommen ist.“, meinte sie mit vor Verlegenheit erröteten Wangen.

Sie machten sich langsam auf den Rückweg zum Lager.

„Du brauchst dich deswegen nicht zu entschuldigen. Es macht mich echt an, wenn sich weinende Frauen an mich hängen.“, witzelte er und zwinkerte ihr zu, was sie komischerweise zum Lachen brachte.

„Weißt du, ich dachte immer, du wärst so ein widerliches Schwein, aber im Grunde bist du wirklich nett.“, lobte sie ihm und er zog beide Augenbrauen hoch.

„Oh, sehr charmant, kleine Lady.“, entgegnete er und sie beide lächelten sich an.

Er wollte gerade etwas anderes sagen, da merkte er, wie sie schwankte und in sich zusammensackte.

Schnell hielt er sie fest.

„Elena? Alles in Ordnung?“, wollte er wissen, doch sie war nicht mehr in der Lage ihm zu antworten.

Sie war ohnmächtig geworden.

Himmel!

Was sollte er denn jetzt nur tun?

Da fiel ihm ein, dass sie ja nicht die einzige Ärztin war.

Er musste sie zu Jack bringen.

So schnell er konnte, trug er sie zu ihm.

„Was hast du mit ihr gemacht, Sawyer?“, fragte er ihn nur fassungslos, weshalb der Blonde ihn vernichtend ansah.

„Ich hab gar nichts gemacht! Ich hab mit ihr geredet und dann ist sie auf einmal zusammengebrochen.“, klärte er ihn auf.

Doch Jack konnte auch nichts anderes empfehlen als sie hinzulegen und zu warten, bis sie wieder wach wurde.

Sawyer spielte dabei den, ungebetenen, Wachmann und schlief sogar vor dem Zelt von ihr und Jack, weil dieser nicht wollte, dass Sawyer mit ihr in einer Behausung nächtigte.

Am nächsten Morgen durfte er allerdings eintreten, als sie die Augen wieder öffnete.

„Ihr geht es soweit gut. Sie braucht nur ein bisschen Ruhe.“, erklärte Jack, nachdem er sie noch einmal untersucht hatte.

Dann verließ er das Zelt.

„Hi...“, hauchte sie leise und schwach.

Sie war furchtbar aus.

Immer noch übermüdet und abgehetzt.

„Hi.“, erwiderte Sawyer und setzte sich zu ihr.

Sie erhob sich etwas, was ihr scheinbar ziemlich schwerfiel.

„Jack hat mir erzählt, dass du die ganze Nacht vor dem Zelt geblieben bist... Hast du dir etwa solche Sorgen gemacht?“, erkundigte sie sich und schmunzelte.

Er musste ebenfalls schmunzeln.

„Na klar... Immerhin könnte er sich ja in Doctor Love verwandeln und dir irgendwas antun.“, alberte er und sie mussten beide lachen.

„Das ist echt süß von dir, Sawyer. Hätte ich gar nicht erwartet...“, meinte sie dann und ihre Hand griff nach seiner, was ihn im ersten Moment erschreckte.

„Du kannst dich ja gerne revanchieren, dafür, dass ich so aufopferungsvoll war.“, munkelte er und lehnte sich etwas zu ihr vor.

Sie tat es ihm gleich und kam ihm dabei so nahe, dass sich ihre Nasenspitzen berührten.

„Was hast du dir denn da vorgestellt?“, harkte sie nach und ihre Lider senkten sich so verführerisch, dass er schlucken musste, um die Kontrolle über sich zu behalten.

„Oh, ich hab mir da schon so einiges vorgestellt.“, säuselte er und konnte schon ihre Lippen auf seinen spüren.

Seine Hand glitt an ihren Oberschenkel, was wohl die Stimmung versaute, denn auf einmal verpasste sie ihm eine, sodass er aufspringen musste, um nicht umzufallen.

„Widerlicher Grabscher! Hau bloß ab!“, zischte sie und er machte lieber schnell, dass er das Weite suchte.

Er hatte keine Lust, dass Jack oder sonst wer auftauchte und es wieder nur Ärger gab.

Dieses kleine Luder!

Das hatte sie sich wohl so gedacht!



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  CreamCake
2013-01-15T23:03:37+00:00 16.01.2013 00:03
HEAY ;D

Ich hätte es besser gefunden hätte Jack sie an die Seite geschubst, anstelle von Swayer, als die Wildschweine angerannt kamen, weiß nicht, wäre irgendwie besser gewesen x)

HaHa, schade das Locke Sawyer nicht mit dem Messer getroffen hat :) Hätte mir gefallen xD

Sawyer ist voll das Arschloch -.- Alter, David ist tot! Da kann man nicht Freude & Sonnenschein Stimmung haben ..! :(

Super, David ist eine Stunde tot und Elena switcht schon in den Abknutschmodus. Minuspunkte auf der Sympathie Liste :/ Irgendwie Bitch und Gefühlskalt .. :/ gefällt mir nicht so :/


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