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Deine Freundschaft hilft mir aber nicht!

von

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Kapitel 4 - Verständnisslosigkeit.

Kapitel 4 – Verständnislosigkeit
 

Der Moment, in dem Sakura meine Seifenblase platzen lies, meine heile Welt endgültig beerdigte, brannte sich für immer in mein Hirn ein. Ich kann mich noch heute so genau daran erinnern, als sei es gestern gewesen. Und dabei war es schon Jahre her. Der erste September vor drei Jahren. Einer der Tage, die sich in mein Gehirn eingebrannt haben und manchmal vor meinem Inneren Auge abspielen, als seien sie Spielfilme. Warum? Das will ich euch jetzt erzählen.
 

Sakura hatte ihren Ärmel hochgezogen und sah mich mit einem undeutbaren Ausdruck in ihrem jadefarbenen Augen an.

Ich starrte in ihr Gesicht, wollte anhand ihrer Mimik erkennen, was mich erwartete, doch in ihrem blassen Gesicht rührte sich nichts.

Mein Blick wanderte vorsichtig an der grauen Jacke herunter, die ich in diesem Moment unglaublich interessant fand, bis er an ihrem Unterarm angekommen war.

Ich riss entsetzt die Augen auf und starrte auf das Schlachtfeld, welches sich auf ihrem Arm zeigte. Der Unterarm war mehr Wunde als alles andere und schon bei diesem Anblick begann mein eigener Arm zu schmerzen.

Fassungslos musterte ich die Schnitte. Es wahren nicht mehr als Zehn, doch sie waren breit, klafften teilweise auf und keine von ihnen war oberflächlich. Der Schnitt, der mir am Tiefsten erschien, eiterte.

Ich wollte Sakura etwas sagen, etwas, das sie zur Vernunft bringen könnte, etwas, dass sie vielleicht dazu bringen könnte, zu bereuen, doch ich fand keine Worte. Vielleicht auch, weil ich wusste, dass es hoffnungslos war.

In mir wütete ein Orkan aus Gefühlen. Angst, Wut und Bedauern wurden von der Fassungslosigkeit überrollt, die mich ergriff.

Ich konnte mich noch gut erinnern, was sie früher dazu gesagt hatte.

Was wir beide gesagt hatten.

„Nur Emo’s ohne Freunde ritzen sich.“
 

Ein gnadenloses Vorurteil. Wir hatten es beide gehabt und es war uns beiden früher oder später abhanden gekommen, mir selbst sogar noch früher als Sakura.

Ich murmelte diesen Satz leise vor mich hin, einfach um ihn in mein Gedächtnis zu rufen.

„Ino, das ist eine Lüge“, flüsterte Sakura ebenso leise zurück.

Ich nickte, bevor ich ihren Arm vorsichtig in die Hand nahm und sagte: „Den müssen wir desinfizieren.“

„Ich weis…“, begann Sakura und ich ahnte sich, dass gleich ein ’aber’ kommen würde, auf das ich keine Lust hatte, daher würgte ich sie mit einem „Dann komm“ recht schnell ab.

Ich öffnete ihre Zimmertür und rief schnell ein „Frau Haruno?“ in den Flur, auf eine Antwort horchend, die jedoch ausblieb. Also schlenderte ich, Sakura im Schlepptau, quer durch den Flur um ins Badezimmer zu gelangen.

Dort setzte ich Sakura auf den Toilettensitz und schloss die Tür ab. Die rosahaarige gab keinen Laut von sich. Sie beobachtete mich, wie ich in dem Medizinschrank alles nötige zum desinfizieren und verbinden der Wunden zusammensuchte.

Warum ich das tat, wusste ich nicht. Ich wollte wahrscheinlich etwas tun, damit Sakura nicht mehr an der Hitze litt. Wenn ich es richtig verband, konnte man sagen ihr Handgelenk sei verstaucht.

Vielleicht tat ich es auch, um Sakura nicht meine Meinung sagen zu müssen oder einfach um meine Gedanken nicht auf das Warum? sondern auf das Wo ist der Alkohol zum desinfizieren? zu lenken.

Als ich ihn endlich gefunden hatte, legte ich ihn, die Mullbinden und Kompressen aus Sakuras ehemaligem Schminkkoffer auf den Boden vor der Toilette, bevor ich mich daneben kniete.

Meine beste Freundin sah mich mit einem Blick an, der an ein verschrecktes Hündchen erinnerte, doch sie redete nicht mit mir.

Ich bat sie, die Jacke auszuziehen.

„Warum?“, fragte sie zittrig.

„Damit ich das besser verbinden kann, Sakura.“

„Aber… Tut das weh?“, kam leise zurück.

Ich seufzte, bevor ich mit einem Ton zu ihr sprach, den ich sonst bei den Dreijährigen Kindern meiner Nachbarin verwendete „Sakura, du hast dir das“, ich deutete auf die Klaffenden Schnitte „zugefügt und jetzt fragst du mich, ob desinfizieren wehtut?“

„Ja“

Ich lachte bitter auf, bevor ich den Alkohol auf einen Wattebausch kippte und Sakuras Wunden damit abtupfte.

Sie zischte auf und versuchte ihren Arm wegzuziehen, doch ich hielt ihn mit eisernem Griff fest und tupfte weiter. Besonders dem eitrigen Schnitt widmete ich eine Sonderbehandlung mit einer Extraportion Alkohol, was dazu führte, dass eine gelblich-grüne Brühe aus dem Schnitt lief.

Von Sakura und mir kam ein gleichermaßen angewiderter Laut, doch als ich mit dem desinfizieren fertig war, sah die Wunde um längen gesünder aus als vorher.

Ich schmierte noch eine Fingerdicke Schicht Wundheilsalbe auf die Kompresse, bevor ich begann, den Verband ordentlich zu verwickeln.

Als ich fertig war, ähnelte der verbundene Arm tatsächlich einem Verband für gestauchte Handgelenke.

„Danke“, sagte Sakura nach einer Weile, doch ich nickte ihr bloß zu und bemerkte „Ist doch Ehrensache.“

Die rosahaarige half mir, das übrige Verbandszeug wegzustellen, bevor sich mich fragte „Hast du denn nichts dazu zu sagen?“

Ich war kurz davor den Kopf zu schütteln, doch ich besann mich eines besseren und sagte schlicht „Warum?“, denn zu mehr war ich nicht fähig.

Ich hätte nichts dazu sagen können, denn in meinen Gedanken spukte momentan nur das Warum?, immer und immer lauter. Und ich ahnte schon, dass Sakura mir nicht antworten könnte.

Auf eine abstrakte Art und Weise hoffte ich es sogar, doch ich wurde enttäuscht. Nicht von meinen Hoffnungen, sondern von ihrer Antwort „Sie hat gesagt, ich soll mich bestrafen, weil ich gestern das Eis gegessen habe.“

„Eis? Sakura, das war eingefrorenes Zitronenwasser!“, fuhr ich sie an.

„Aber sie hat es befohlen!“, kam sofort von ihr zurück, als wolle sie ’sie’, die Stimme, verteidigen.

„Und wieso gehorchst du ihr? Du gehorchst doch sonst niemandem, oder?“, stellte ich fest. Ich wusste, dass meine Wut verflogen war und mit ihr auch die Härte in meiner Stimme, doch die rosahaarige schien es nicht zu bemerken.

Sie schwieg kurz und schien Worte zu suchen, bevor sie begann, zu erklären: „Stell dir vor, du willst deiner inneren Stimme… deinem Bauchgefühl verbieten, zu sprechen. Du hörst doch auch eher auf dein Bauchgefühl als auf deinen Verstand, oder? Wenn deine Gedanken dir Sagen, Kiba ist ein Spinner und dein Bauchgefühl dir sagt, er sei Perfekt, auf wen hörst du? Und selbst wenn, kannst du die andere Stimme ausschalten? Und wenn beide in Einklang sind? Dir beide sagen du sollst auf Ana hören, dann tust du es, oder?“

Ich verstand sie nicht. Ich konnte und wollte sie nicht verstehen, doch ich nickte leicht.

„Du verstehst es nicht, Ino. Ich hab doch gesagt, du verstehst es nicht.“

Da war es schon wieder. Das ewige Du verstehst es nicht, Ino. und diese Hilflosigkeit, weil es einfach nicht in meinen Kopf wollte.

Die Verständnislosigkeit und immer noch die Hoffnung, es mit genug Fragen zu verstehen. „Anna? Wer ist das? Geht sie an unsere Schule?“

Sakura lachte gehässig auf. „Ja. Seit fast drei Monaten. Sie ist immer bei mir. Ana. Immer da.“

Ich war kurz davor sie zu fragen, ob sie mich meinte. Denn ich versuchte immer auf sie aufzupassen. Ich lies mein eigenes Leben hinten anstehen und wollte Sakura helfen. Ich fühlte mich beinahe verpflichtet, ihr zu helfen.

Doch gerade ich konnte ihr nicht helfen. Ich wusste, dass niemand ihr helfen konnte.

„Weist du, Sakura, jeder andere würde dich für verrückt erklären, wenn du das erzählen würdest.“, bemerkte ich mit einem leichten Schmunzeln auf den Lippen.

„Ich bin-“, begann sie, doch sie wurde von meinem Handy unterbrochen, welches lautstark Weißt Du wie die Dichter schreiben? Hast Du je einen gesehn? Dichter schreiben einsam. Und weist du- abspeilte, bevor ich es gefunden hatte und den Anruf annahm „Hallo?“

„Ino, Spätzchen, bist du das?“, erklang eine männliche Stimme am anderen Ende der Leitung.

„Ja, Dad. Das ist mein Handy, da gehe nur ich dran, wie oft denn noch?“, erwiderte ich genervt.

„Gut. Also, Ino, du weist, dass du eigentlich vor zehn Minuten hättest zuhause sein müssen? Du musst noch für die Mathearbeit lernen!“

Ich verdrehte die Augen, bevor ich meinem Vater versprach, in einer Stunde daheim zu sein und einfach auflegte.

„Sakura, ich muss gehen.“

„Ja. Ich hab es mitbekommen.“, sagte Sakura, bevor sie vom Badezimmerboden aufstand und die Tür aufschloss.

Wir holten schnell meine Sachen und kurz darauf standen wir beide im Vorgarten des kleinen Häuschens, in dem Sakura mit ihren Eltern lebte. Naja, zu der zeit nur mit ihrer Mutter, denn ihr Vater war auf Geschäftsreise im Ausland.

„Ino, dein Klingelton ist schön.“, bemerkte Sakura auf einmal völlig aus dem Kontext.

„Ja? Weist du, er erinnert mich immer an die Zeit…“, begann ich schon zu erklären, doch Sakura beendete meinen Satz begeistert mit einem: „… Auf Klassenfahrt!“

„Ja. Auf Klassenfahrt. Die Klassenfahrt…“, murmelte ich vor mich hin, bevor ich mich endgültig von ihr verabschiedete und in Richtung des Blumenladens meiner Familie lief.

Ich dachte den gesamten Weg über an die Klassenfahrt im Jahr davor.

Wir waren nach England gefahren, auf den Universitätscampus von Cambridge. Eine Woche durch Museen, Dome und irgendwelche Städte gelaufen, shoppen gewesen und die Atmosphäre genossen.

Das war eine geile Zeit. Damals.
 

Zu dieser Zeit kam mir alles so unwirklich vor.

Ich wollte nicht verstehen, wer Ana war und nannte sie Anna.

Ich wollte nicht begreifen, dass Sakura Probleme hatte.

Ich wollte nicht fürchten, dass sie sich verändern würde.

Ich wollte nicht wissen, was mit ihr passiert war.

Ich wollte mich nur an Sasuke Uchiha rächen, für das, was er meiner besten Freundin angetan hatte.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Kadan
2014-04-13T12:00:02+00:00 13.04.2014 14:00
Ich bin durch Neugierde auf deine FF gestoßen und muss bis hier hin sagen: Einwandfrei!
Dein Schreibstil ist wirklich klasse, die Atmosphäre ist fesselnd und du schaffst es bei einem so ernsten Thema alles so rüber zu bringen, dass ich nichts zu meckern habe!
Endlich mal jemand, der das Thema wirklich so anfässt, wie es sich gehört, und nicht für eine Mary-Sue verwurstet...

Dass das ganze in einem Naruto-AU spielt finde ich nichtmal schlimm, denn so hat man die Charaktere komplett vor Augen, ohne dass du sie beschreiben musst ^^
Es hat also etwas vorteilhaftes :)

Ja, ansonsten sei zu sagen, dass ich jetzt erstmal brav weiterlesen werde und dann, wenn mir ein Kapitel besonders auffällt, da wieder einen Zwischenkommentar abgeben werde.
Für diesen Moment bin ich erstmal gespannt, wie es weitergeht!

LG,
Kadan
Von: abgemeldet
2013-08-20T17:49:29+00:00 20.08.2013 19:49
Ah, sie versucht die Wahrheit zu verleugnen. Das wird sie später noch bereuen.


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