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Wege des Lebens

von

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Von Ladies und Gentlemen

Langsam schlug sie ihre Augen auf. Sie fühlte sich total benommen, als wäre sie von einem Lastwagen überrollt worden. Anfangs sah sie noch etwas verschwommen, darum blinzelte sie bis sie einen klaren Blick hatte.

Eine weiße Decke mit einem grellen Neonlicht.

Verwirrt schloss sie ihre Augen, ehe sie sie wieder öffnete, aber das Bild blieb das gleiche.

Eine Stimme erklang und bahnte sich einen Weg in ihren Gehörgang. „Aoko, zum Glück.“ Sie nahm aus den Augenwinkeln eine Bewegung wahr. Langsam ließ sie ihre Augen von der Decke hinab schweifen. Dann sah sie ihren Vater, dem die Tränen in seinen Augen standen. „Aoko, ich bin so froh. Du lebst!“

Worte die Sätze formten, die sie hörte aber nicht zuordnen konnte. Sie öffnete ihren Mund, aber statt etwas zu sagen kamen nur ein paar krächzende Laute heraus. Sie räusperte sich kurz. „Papa?“

„Mein kleines Mädchen“, schniefte er plötzlich mit einem Lächeln auf den Lippen. Seine Hände streichelten sanft über Aokos Haarschopf. „Ich verspreche dir. Wenn wir zu Hause sind, werde ich mir wieder mehr Zeit für dich nehmen.“ Die Tränen liefen ungehindert über Ginzo Nakamoris Wangen und er meinte seine Worte sehr ernst. Ihm war bewusst, dass seine Tochter so schnell erwachsen wurde und er die Hälfte ihrer Jugend verpasst hatte. Welch Ironie, dass man immer erst begriff was wirklich wichtig im Leben war, wenn man dabei war es zu verlieren. Ja, er hatte beinahe seine Tochter verloren, niemals wieder wollte er sich so hilflos fühlen. Niemals wieder wollte er so etwas schreckliches erleben. Niemals würde er sie wieder allein lassen.

Eine Schwester betrat das Zimmer und stellte sich zu Aoko ans Bett. Sanft lächelte sie die Patientin an. „Na, Dornröschen, wie geht es dir?“ Sie wandte sich den Geräten zu, an denen Aoko angeschlossen war, und prüfte die Werte.

„Weiß nicht“, antwortete die Braunhaarige heiser. Ihr Hals war so trocken und brannte förmlich.

Die Schwester lächelte wieder. „Es ist soweit alles ist in Ordnung. Ich hole dir ein Glas Wasser.“ Nach einem kurzen Blick auf Aokos Vater, der sich beim Eintreten der Schwester die Tränen aus den Augen gewischt hatte, verließ sie das Zimmer wieder.

„Papa?“ Aoko suchte die Augen ihres Vaters. Die waren dunkelbraun und zum ersten Mal fiel ihr bewusst auf, dass sie nicht die Augen ihres Vaters hatte. Verwundert über diesen Gedanken konzentrierte sie sich auf die wichtigen Dinge: „Was ist passiert?“

„Du bist angeschossen worden. Niemand hat etwas mitbekommen. Der kleine Junge von Mori hat dich gefunden. Gerade noch rechtzeitig“, die Stimme brach und Aokos Vater tränten wieder die Augen. So knapp war sie dem Tod entkommen.

„Papa“, Aoko wollte ihren Vater nicht so sehen. Er war immer ein stolzer Mann und stark gewesen. Er war immer ihr Held gewesen, der sich gegen das Verbrechen stellte. „Mir geht es doch gut“, beruhigte sie ihn angeschlagen. „Bald kann ich nach Hause gehen. Du wirst schon sehen.“

Ginzo blickte seiner hübschen Tochter in die Augen und lächelte sie liebevoll an. Das war Aoko, sein starkes Mädchen. Sie würde sich niemals so leicht unterkriegen lassen.
 

Er lag auf seinem Bett und starrte die Decke an. Seine Arme hinter dem Kopf verschränkt, seine Beine weit von sich gestreckt. Er trug eine blaue Jeans, ein weißes Shirt und seine braunen Haare fielen wie eh und je ungebändigt in alle Richtungen. Seine Gefühle ließen ihn kaum noch schlafen. Er stand zu sehr unter Strom und wäre am liebsten auf die Intensivstation gestürmt, hätte Aoko geweckt und ihr seine Liebe geschworen. Wie konnte es nur passieren, dass sie im Krankenhaus lag und wer war dafür verantwortlich?

Es klopfte an seiner Zimmertüre und Ai steckte ihren Kopf hindurch. „Hey, Kaito, alles klar bei dir?“ Sie betrat das Zimmer und schloss hinter sich die Türe. Aufmerksam ließ sie ihren Blick durch den Raum schweifen und das große Gemälde von Toichi Kuroba zog sie in einen Bann. Ai erkannte die Ähnlichkeit zwischen ihrem Freund und seinem Vater. Auch wenn sie seine Mutter noch nicht kannte, da diese sich immer noch im Ausland aufhielt, so ahnte sie, dass es der Frau auch immer schwerer fallen musste, dem eigenen Sohn ins Gesicht zu blicken. Für sie selbst wäre es das, wenn ihr Mann verstorben wäre und der Sohn ihm so ähnlich sah und sie tagtäglich an den Verlust ihrer Liebe erinnern würde. Ais Augen glitten zum Bett und betrachteten den reglos verharrenden Oberschüler.

Er starrte nach wie vor die Decke an, registrierte sie nicht einmal.

Langsam ging sie zu seinem Bett, kniete sich neben ihn und stützte ihre Arme rechts und links von seinen Schultern ab. Ihr Kopf schob sich in sein Blickfeld und sie sah die große Leere in den sonst so glänzenden Augen. „Was ist passiert?“

Kaito schien durch sie hindurch zu sehen, doch dann schloss er seine Augen und seufzte. „Aoko liegt im Krankenhaus.“

„Was?!“ Fassungslos über diese Information legte sie sich neben den Mitschüler aufs Bett und betrachtete ihn aufmerksam.

„Gestern Abend bin ich den Detektiven begegnet. Nakamori erfuhr über Funk von Aokos Unfall. Sie ist inzwischen außer Lebensgefahr.“ Endlich kam Bewegung in den Jungen. Er löste seine Hände vom Kopf und ballte seine rechte Hand zur Faust, die er wütend in seine linke Handfläche schlug. „Verdammt, ich hätte es verhindern müssen! Ich hätte auf sie aufpassen müssen.“

„Du hättest es nicht verhindern können“, sprach Ai sanft und mitfühlend. Ihre Augen ruhten auf dem Seitenprofil ihres Freundes.

Dieser rollte sich zur Seite und kehrte der Kurzhaarigen seinen Rücken zu. „Ich hätte sie nicht gehen lassen dürfen.“

Er sagte es leise, dennoch verstand Ai jedes Wort und sie starrte traurig auf seinen Rücken. Sie setzte an um etwas zu sagen, bracht aber keinen Ton heraus. Sie wusste, dass Aoko Kaitos Herz besaß und dennoch erhoffte sich ein kleiner Teil in ihr, dass er ihr dieselben Gefühle entgegen bringen würde, die er für Aoko hegte. Eine einzelne Träne löste sich aus ihrem Auge und ein leichtes Lächeln zierte ihre Lippen. „Dann lieg hier nicht herum, sondern ändere es!“

Überrascht drehte sich der Junge zu Ai und sah sie einfach nur lange an.

„Geh zu ihr und kämpfe um sie, wie du es vor Wochen schon hättest tun müssen. Überwinde deinen Stolz und sag ihr wie viel sie dir bedeutet.“ Ai blickte ihm in seine Augen, die so tief und blau wie der Ozean waren. „Nun mach schon, sonst werfe ich dich aus dem Bett.“

„Ich kann doch nicht einfach zu ihr ins Krankenhaus gehen.“

Ai richtete sich auf und auch Kaito setzte sich aufs Bett. „Natürlich“, drängte sie weiter.

„Ich bin der letzte Mensch, den sie jetzt sehen will“, zierte sich Kaito immer noch vor der Begegnung mit seiner großen Liebe.

Die Kurzhaarige stöhnte genervt auf. „Woher willst du das denn wissen?!“ Sie schnappte sich seinen Arm und zerrte ihn vom Bett hoch. „Nun komm endlich. Ich begleite dich auch.“

„Ich weiß doch gar nicht in welchem Krankenhaus sie liegt“, ein neuer Versuch auszuweichen, auch wenn es geflunkert war, aber vergeblich.

„Das finden wir schon heraus.“
 

Der Arzt stand bei Aoko. Sein Klemmbrett hielt er in den Händen und er notierte sich etwas. Dann schlug er die Akte zu und lächelte seine noch immer sehr matt wirkende Patientin an. „Alles ist in Ordnung. Die Transfusion hat dein Körper auch gut aufgenommen.“

Ginzo stand auf. „Herr Doktor, wie geht es jetzt weiter?“

Der große, schwarzhaarige Mann lächelte die beiden an. „Aoko wird auf Station verlegt. Da gibt es eine Patientin, die sich bestimmt über ein wenig Gesellschaft im Zimmer freuen würde.“ Er zwinkerte Aoko zu. „Die junge Dame müsste sogar in deinem Alter sein und sie hat sich sehr große Sorgen um dich gemacht.“

„Ran“, hauchte Aoko leise mit einem Lächeln auf den Lippen.

„Du wirst noch eine Weile im Krankenhaus bleiben, bis deine Wunde soweit verheilt ist, aber du befindest dich ja auch in netter Gesellschaft. Ich werde immer wieder nach euch beiden sehen und mich erkundigen wie es euch geht.“

„Danke, Doktor Chiba“, antwortete Aoko.

Der junge Arzt lächelte, schüttelte Ginzo Nakamori die Hand und verließ das Zimmer der Intensivstation.

Wenig später kam eine Schwester und bereitete Aoko für den Umzug auf Station vor.
 

Ran lag in ihrem Bett und starrte genervt die Decke an. Wenn sie sich vorstellte, dass das noch eine ganze Weile so weiterging, würde sie bald durchdrehen. Sie hasste Krankenhäuser, sie hasste den Geruch von Desinfektionsmittel, sie hasste diese Langeweile und am meisten hasste sie es sich nicht bewegen zu können.

„Du hörst uns ja gar nicht mehr zu“, stellte Kazuha empört fest.

Die Braunhaarige drehte ihren Kopf zu den Freunden, die am Besuchertisch saßen und Karten spielten. „Es tut mir leid“, gestand sie kleinlaut.

Conan blickte sie besorgt an.

Kazuha nickte mitfühlend. „Ich würde mir wünschen, dass du mit uns durch Tokio spazierst.“

„Nicht nur du wünscht dir das“, lächelte Ran gequält.

Es klopfte an der Türe und im nächsten Moment trat eine Schwester ein und zog hinter sich ein Bett her.

Überrascht drehten sich alle dem Neuankömmling zu und erkannten mit großen Augen, dass Aoko auf dem Bett lag.

Die Schwester schob das Bett an den leeren freien Platz im Zimmer und kümmerte sich um Aoko.

Diese lächelte matt zu Ran hinüber. „Hey.“

Tränen stiegen den Mädchen in die Augen. Ran blinzelte erleichtert. „Du lebst“, hauchte sie.

„Unkraut vergeht nicht“, hauchte Aoko angeschlagen, dennoch lächelte sie dabei.

Die Schwester deutete auf den Notknopf und erklärte. „Wenn etwas ist, drücken Sie hier, dann kommt jemand.“

Aoko nickte und die Schwester verließ das Zimmer.

„Aoko“, Conan stand erleichtert auf und ging an das Bett von der Tochter des Kommissars.

„Conan“, antwortete die Angeschossene leise. „Schön dich zu sehen.“

Heiji und Kazuha standen auch auf. Ran stellte die Freunde aus Osaka vor. „Aoko, das sind Heiji und Kazuha, Freunde von Conan und mir. Sie haben dich gefunden“, fügte die Tochter vom Privatdetektiv zu.

Ginzo Nakamori erschien im Raum und blickte von einem jungen Gesicht in das nächste. „Ich danke euch allen. Vielen Dank, dass ihr meiner Tochter geholfen habt.“

„Das ist doch selbstverständlich“, antwortete Heiji, schob aber eine berechtigte Frage nach. „Nur warum wurde auf Aoko geschossen und wer war der Schütze?“

„Das werden wir herausfinden. Ich werde sofort mit meinen Kollegen telefonieren, ob es schon Neuigkeiten gibt.“ Ginzo blickte seine Tochter an. „Du bist hier in guter Gesellschaft.“ Mit den Worten verließ er den Raum und suchte sich eine ruhige Ecke zum Telefonieren.

Die Schwester trat erneut ein. In ihrer Hand hielt sie eine kleine Vase mit einer roten Rose, die in voller Pracht blühte. Sie ging lächelnd zu Aokos Beistelltisch und stellte dort die Vase ab. „Das ist für Sie. Die wurde abgegeben mit den besten Genesungswünschen.“

„Von wem?“ Überrascht starrte Aoko die Rose an und ihr Herz begann einen Takt schneller zu schlagen. In ihr keimte ein Verdacht, doch konnte es wirklich sein? Woher wusste er, dass sie im Krankenhaus lag und in welchem?

„Das wissen wir nicht. Wir haben sie nur für Sie aufbewahrt.“ Die Schwester ging noch kurz zu Ran, prüfte irgendwas am Bett und ging wieder hinaus.

Kazuha setzte sich zu Ran aufs Bett, mit Blick auf Aoko und die schöne rote Rose. „Oh, wie romantisch. Hast du denn gar keine Ahnung von wem die sein könnte?“

Aoko blickte zwischen den Mädchen hin und her. Auch in Rans Augen entdeckte sie das Funkeln. Beide Mädchen waren definitiv neidisch, denn ihnen hatte noch nie ein Junge eine Rose geschenkt. „Ich weiß es wirklich nicht“, antwortete Aoko. Das sie vermutete, dass Kaito dahinter steckte verschwieg sie. Auch wenn sie es hoffte, glauben konnte sie nicht daran. Er war doch jetzt mit Ai befreundet und brauchte sie nicht mehr.

„Ein heimlicher Verehrer“, schwärmte Kazuha. „Wie romantisch.“

„Weiber“, fauchte Heiji genervt. Er saß auf dem Besucherstuhl und hielt die Arme vor der Brust verschränkt. Ihm war nicht entgangen, dass Kazuha glänzende Augen beim Anblick der Rose bekam.

„Was heißt hier Weiber?“, sprang Kazuha sofort auf seine Beleidigung an. „Immerhin beweist es, dass diese Welt auch noch von Gentleman bewohnt wird und nicht nur von Idioten.“

Heiji funkelte sie wütend an. „Soll das etwas heißen, dass ich kein Gentleman bin?“

„Du hast mir noch nie eine Rose geschenkt“, hielt sie ihm vor.

„Ein Gentleman schenkt auch nur einer Lady rote Rosen. Ich sehe hier aber keine Lady.“

Kazuha ballte ihre Hände zu Fäusten und sprang vom Bett auf. „Du bist ein Idiot, Heiji Hattori!“

„Selber Idiot“, knurrte der gebräunte Japaner.

Conan lächelte verlegen, doch als ihm Rans Blick auffiel, der auf der Rose haftete, wurde seine Mimik traurig. Warum war er nicht selbst darauf gekommen ihr wenigstens Blumen zu schicken, wenn er sich schon als Shinichi nicht blicken ließ. Er gehörte definitiv auch zu der Sorte Idiot.

Aoko lauschte dem Streit, allerdings rief dieser auch Erinnerungen wach. Sie und Kaito stritten sich auch oft und trotzdem verstanden sie sich und waren beste Freunde. Ihre Augen schweiften zur Rose. War sie wirklich von Kaito oder wünschte sie es sich so sehr, dass sie es sich schon einzureden versuchte?

Es klopfte an der Zimmertüre und ein blonder Oberschüler trat ein. Sein Gesicht war ganz blass, er wirkte übermüdet, als hätte er in der letzten Nacht kein Auge zugetan.

Von seinem Erscheinen verstummten Kazuha und Heiji schnell wieder und betrachteten den fremden jungen Mann aufmerksam. Langsam war der Raum mit Besuchern gut gefüllt.

Aoko betrachtete ihren Mitschüler mit einem Lächeln auf den Lippen. Dass er sie so schnell besuchen kam, hatte sie nicht erwartet und trotzdem freute sie sich über sein Erscheinen. „Saguru.“

„Schön zu sehen, dass es dir gut geht, Aoko“, ein erleichtertes Lächeln trat in sein Gesicht. „Ich hab es nicht eher geschafft zu kommen. Hier“, er zog einen Blumenstrauß hinter seinem Rücken hervor. „der ist für dich.“

Überrascht starrten alle auf den bunten und frühlingshaften Strauß.

„Das ist ein Gentleman“, schwärmte Kazuha begeistert und Ran nickte mit einem breiten Lächeln auf den Lippen.

Heiji und Conan taxierten den Oberschüler mit finsterem Blick, der irritiert und fast ein wenig hilflos zu Aoko sah. Diese kicherte amüsiert.



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