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Während du schliefst

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Während du schliefst

Was in alter Zeit begann, soll nun fortgeführt werden.
 

Ein Mädchen lief durch den lichtdurchfluteten Wald. Sie war auf dem Weg zur alten Eiche in dessen Mittelpunkt. Sie saß oft im Schatten dieses alten Baumes, kletterte gern auf seinen starken Ästen umher und genoss die Unbeschwertheit ihrer Jugend. Diesmal aber, war sie nicht unbeschwert, dieses Mal lasteten Sorgen schwer auf ihrem Herzen.

Nach Atem ringend kam sie vor dem mächtigen Baum zum Stehen, mit beiden Händen stützte sie sich an ihm ab. Sie blickte nach unten, zu ihren Füßen, so dass ihre langen Haare ihr Gesicht und auch ihre Tränen verbargen.

Sie hoffte hier endlich Ruhe zu finden, doch stattdessen schluchzte sie hemmungslos und ihr gesamter Körper bebte.
 

Plötzlich durchzuckte sie ein unbekanntes Gefühl – das Gefühl, dass eine mächtige Präsenz mit ihrem Auftauchen verursachte. Langsam und immer noch weinend drehte sich das Mädchen herum und lehnte sich an den Stamm der Eiche, doch niemand war zu sehen...
 

Sie ließ sich sinken und setzte sich auf den Boden, den Rücken an die Eiche gelehnt. Verwirrt wischte sie sich ihre Tränen weg und schluchzte. Ihre Trauer brachte sie wohl durcheinander, so das sie sich schon irgendwelche Hirngespinste ausmalte. Sie schloss die Augen und versuchte, sich zu entspannen, doch konnte sie nicht verhindern, das ihr eine weitere Träne herunter lief... .
 

Die Welt um sie herum fiel aus dem Gleichgewicht. Tausend Messerstiche durchbohrten ihr Herz. Ihr Kopf war leer. Sie sah nur Grau, hässliches Grau. Ihr Verstand und ihre Seele waren benebelt. Sie blickte geradeaus und sah die Person, die ihr all das Leid verursachte. Wütend schrie das Mädchen sie an. Doch sie wollte dies eigentlich gar nicht. Sie fing an zu laufen, doch sie war zu langsam. Sie lief schneller doch sie kam nicht von der Stelle. Ihre Beine waren schwer wie Blei und sie schaute zu der Person vor ihr. „Warte!“ rief sie. Die Person wurde immer kleiner, entfernte sich immer mehr von ihr.
 

Die Dunkelheit, die sie beide umgab, wurde immer dichter. „Warte bitte! Es tut mir so leid! Ich wollte das nicht! Ich wollte nur...“ Doch sie kam einfach nicht voran. Sie schniefte, keuchte und ihre flehenden Augen suchten die der Person vor ihr. Doch sie sah nichts, einfach gar nichts. Verzweifelt strecke sie ihre Hand aus, obwohl sie wusste, das es Sinnlos war. Sie konnte nichts tun, außer mitansehen, wie die Person vor ihr immer mehr in der Dunkelheit verschwand.
 

„Bitte...warte...“ murmelte sie, während ihr noch eine Träne über die Wange lief. Sie öffnete langsam die Augen und sah, das sie immer noch unter der Eiche saß. Sie fing an zu zittern und schaute auf ihre Arme. Gänsehaut machte sich überall breit und sie atmete tief durch. Nein. Nein, das muss endlich aufhören. Sie wollte den Schmerz einfach nur töten.
 

Als kleines Kind hätte sie nie zu träumen gewagt, das solch ein Schmerz zu existieren schien. Ja, damals lebte sie nur in ihrer kleinen eingeschränkten Welt, wo sich Menschen niemals gegenseitig verletzen würden. Wo gerade sie selber niemanden wehtun würde. Dennoch wollte sie immer Erwachsen werden. Doch nun bereute sie diesen Wunsch zutiefst. Wenn man erwachsen wird, muss man Entscheidungen treffen und Verantwortung tragen. Dies war nun der Preis, den sie dafür zahlen musste.
 

Sie versuchte aufzustehen, doch ihre zitternden Beine ließen dies kaum zu. Nach einigen Versuchen schaffte sie es auf beiden Beinen zu stehen, doch konnte sie ihr Gleichgewicht kaum halten. Sie kippte zur Seite und keuchte erschrocken, doch bevor sie Bekanntschaft mit dem Boden machen konnte, schaffte sie es noch, sich an einen Ast festzuhalten.
 

Doch sie wusste nicht, wo sie hingehen sollte. Sie wollte einfach nur aufstehen und gehen. Als sie sich ein paar Schritte von der Eiche entfernt hatte, spürte sie wieder diese eine Präsenz. Eine mächtige Präsenz, die ihr wieder Furcht einjagte. Sie atmete wieder tief ein. Nein, nicht nochmal wollte sie sich von ihrer Angst in die Knie zwingen lassen.

Sie blieb stehen und horchte auf. Sie schloss die Augen und konzentrierte sich. Sie hörte Schritte. Sie kamen immer näher, doch sie öffnete die Augen nicht. Ihr Herz hämmerte in ihrer Brust, doch wollte sie ihren Instinkten einfach nicht nachgeben.
 

Als sie die Augen öffnete, sah sie die Gestalt eines alten, schmächtigen Mannes. Er stand etwa fünf Meter von ihr entfernt an einer jungen Eiche. Sein Gesicht war tief in seinen spitzen Hut verborgen und seine graue Bärtige Visage verdeckte es zusätzlich.

Sie sah, das seine Robe, fast so Grau wie sein Bart, etwas zerlumpt war, genau wie sein schwarzer verwaschener Umhang. Mit einer Hand hielt er sich an der jungen Eiche fest. Er schien etwas erschöpft zu sein.
 

Kam von ihm etwa diese mächtige Präsenz? Dabei sieht er doch so alt und harmlos aus. Ist hier vielleicht noch jemand? Das Mädchen blickte wortlos zu ihm rüber. Der alte Mann löste nun seine Hände von dem Baum. Er trat einen Schritt vor und das Mädchen beobachtete ihn misstrauisch. Er ging einige Schritte in ihre Richtung und lächelte nur. Das Mädchen ging ein paar Schritte zurück, ihr Rücken war wieder an die Eiche gepresst. Ihr Atem wurde schneller.
 

„Du bist endlich wach, wie ich sehe. Da kam ich ja genau Rechtzeitig wieder.“Er lächelte sie weiterhin an. Seine Stimme klang zittrig und rau „Du brauchst keine Angst zu haben.“ „Wieder?“ Fragte sie. Also war er es, der vorhin schon diese mächtige Präsens ausgestrahlt hatte. „Hast du mich etwa die ganze Zeit beobachtet? Wer bist du?“ Sprach sie etwas fester und entschlossener, ohne ihren Blick von ihn abzuwenden.
 

„Ich wurde von deinem Dorf geschickt, um nach dir zu sehen. Da du in Windeseile weggerannt bist, haben sich der Dorfälteste und deine Familie sorgen gemacht.“ Der Blick des Mädchen wurde weicher „Ich wollte dich vorhin schon ansprechen, aber da du kurz vom einschlafen schienst, wollte ich dich in Ruhe lassen und später wiederkommen. Der Wald ist wunderschön,ein guter Ort für einen ruhigen Spaziergang“ Er blickte verträumt umher.

Er schnappte noch einmal tief nach Luft und sprach weiter. „Wie ich an deinem Blick sehe, hat dich mein Auftreten abgelenkt von deinem Kummer, was nicht beabsichtigt war. Jeder sollte sich genug Zeit nehmen zum trauern.“Er verbeugte sich leicht. „Tut mir leid, das ich dir Angst eingejagt habe. Mein Name ist Derrin.“
 

„ Hallo Derrin“ Ihre Stimme wurde entspannter. „ Mein Name ist Loana, freut mich dich kennenzulernen,“ Sie verbeugte sich ebenfalls höflich. „Ich habe aber noch eine Frage an dich. Bist du ein Zauberer? Ich meine wegen dem spitzen Hut“ Sie lächelte etwas verlegen „Ich weiß es ist ein albernes Vorurteil, aber wegen dieser Präsenz...“

„Ja, das bin ich.“ erwiderte er mit seiner rauen, alten Stimme. „Diese Präsenz die du gespürt hast, kann nur von einem Zauberer kommen, der die Kunst mächtiger Magie beherrscht,

selbst wenn er so ein klappriges und altes Gestell ist wie ich.“ Er lachte. „ Es ist immer schön zu sehen, wie fassungslos die guten Leute sind, wenn sie herausfinden, das diese einschüchternde Aura von mir kommt. Selbst in so einem alten Tattergreis wie mir, steckt noch die Macht des Wissens und der Erfahrung.
 

Loana blickte etwas schuldig zu ihm, doch ihm schien ihre voreingenommene Ansicht nicht zu stören.“ Ich habe noch nie einen Zauberer getroffen, geschweige den etwas von einem Zauberer mit deinem Namen gehört. Du bist nicht in meinem Dorf heimisch.Woher kennst du meine Familie?“
 

Derrins Miene wurde finster und Loanas Magen verkrampfte sich. Er blickte zu Boden und dann wieder in ihr Gesicht. Ohne Worte griff er in eine der Taschen seiner grauen Robe und holte einen Anhänger hervor. Sie blickte etwas misstrauisch auf das Objekt in seinen Händen. Sie kam ein Schritt näher und betrachtete es genauer. Das Amulett hatte eine Grün-rote Verzierung und sah sehr edel aus. Genauso Grün-rot und Edel wie das von...
 

Ihre Augen weiteten sich und sie blickte geschockt zum älteren Mann. „Entschuldigt mich bitte Zauberer“ murmelte sie, bevor sie tief in den Wald rannte.
 

Es wurde Abend und der Wald nahm eine dunkle, aber auch schöne Atmosphäre an, die die Nachtwesen im Wald aus ihren Schlaf riss. Während für andere Wesen die Dunkelheit Schlaf und Gefahr bedeutete, war es für andere der Anbruch für einen weiteren Lebenstag. Eulen gurrten und Glühwürmchen leuchteten in den buntesten Farben. Es war eine friedliche Nacht im Wald, doch ein Wesen, was den Tag bevorzugte und die Ungewissheit der Nacht normalerweise entwich, schlenderte Geistesabwesend durch den Wald.
 

Loana weinte, schluchzte und lief einfach dorthin,wohin ihre Füße sie tragen konnten. Sie achtete kaum auf ihre Umgebung. Ihre Trauer machte sie wieder blind für alles und sie blickte eher auf den Boden, statt ihren Blick nach vorne zu richten.

Sie hatte zwar ein schlechtes Gewissen, das sie den Zauberer einfach so stehen gelassen hatte, denn sie hätte sich gerne mehr mit ihm unterhalten, da sie Magie immer schon sehr interessant fand und mit jemanden darüber zu reden, der sie ausübte, war eine tolle und seltene Möglichkeit gewesen. Außerdem schien er sehr Nett und Intelligent zu sein. Und gerade weil er nicht dumm war, hätte er sicher ihre Reaktion erahnen können.
 

Aber was hätte er schon machen sollen? Die Wahrheit war immer das, was sie hören wollte und das Amulett sagte mehr als tausend Worte. Sie hätte nicht gewollt, das eine Person, die sie bewundert, sie anlog, oder ihr die Wahrheit verschwieg.
 

Plötzlich spürte sie etwas an ihrem Fuß. Ehe sie sich versah, stolperte sie über eine dicke Baumwurzel. Ihr Versuch sich Festzuhalten fiel schief und sie schlug mit ihren Körper auf den Waldboden auf. „Verdammt“ Fluchte sie. Ihre langen Haare fielen in ihr Gesicht und sie versuchte, sich langsam vom Boden aufzurappeln.

Sie strich sich die Haare von der Stirn und klopfte den Schmutz von ihrer Kleidung. Sie sah an sich herunter und bemerkte, das sie einige Schürfwunden hatte, die aber nicht weiter schlimm waren, aber schmerzen taten sie dennoch. Sie biss ihre Zähne zusammen und ging langsamer weiter.
 

Doch jetzt erst realisierte sie, wo sie war und vor allem bei welcher Tageszeit.

Sie sah sich genauer um und horchte. Die nächtlichen Waldgeräusche waren ihr nie geheuer und sie fing an zu zittern. Plötzlich zuckte sie zusammen, als sie einen Schrei hörte.

Ihr Herz fing an zur rasen und sie ging schneller weiter.
 

„Mist.....du dummes Ding, warum musst du auch so spät allein im Wald herum irren“ murmelte sie „Mutter hat mich immer als Kind gewarnt, das ich ja vor Sonnenuntergang nach Hause kommen soll und mir gruselige Geschichten über den nächtlichen Wald erzählt...aber Moment mal, ich bin ja kein Kind mehr.“ Frustriert ging sie weiter und bereute es immer mehr, nicht bei dem Zauberer geblieben zu sein.
 

„Was er jetzt wohl macht? Ob er wieder zurück zum Dorf gegangen ist? Hätte er mich finden wollen,hätte er mich sicher längst gefunden.“ Loana schlang ihre Arme um ihren Körper und sie fing an zu rennen .“Ich muss nach Hause....schnell nach Hause... und aufhören mit mir selbst zu reden.“ sagte sie nur. Sie schaute sich genauer um und versuchte sich zu Orientieren.
 

„Kein Pfad weit und breit....aber sobald ich einen finde, weiß ich, wie ich nach Hause komme...“

Sie lief weiter und merkte das die Geräusche um sie herum, lauter wurden. Tiere krähten und fauchten um sie herum und sie erkannte nicht, um was es sich für Tiere handelt.

Aber es müssen fürchterliche,hinterlistige Wesen sein. Ihr stiegen wieder Tränen in die Augen und ihr Atem wurde kürzer. Sie lief kreuz und quer durch den Wald, mit der Hoffnung, über irgendeinen Pfad zu stolpern.
 

Sie blieb stehen. Sie hatte das Gefühl, ihr Herz würde aufhören zu schlagen bleiben.

Loana blickte ungläubig auf. Sie sah wieder diese eine Person. Sie studierte ihre Gesichtsmerkmale genauer.Wie kann das sein? Er ist halbtot! Er kann unmöglich nach ihr gesucht haben.
 

Ein Gefühl von Ehrfurcht durchzuckte sie, als sie merkte, das die Gestalt vor ihr sie böse anstarrte.

„Es tut mir leid, das ich dich vorhin so angeschrienen habe.“ Sprach sie mit Tränen in den Augen. Doch was sagte sie da? Es war doch vorhin nur ein Traum gewesen.

Ist das hier etwa noch einer? „Nein!“ schrie sie. „Du bist nicht echt! Geh weg“ Sie wollte durch diese Gestalt durchlaufen, doch er hielt sie fest. „ Nein, du bist nicht....“ Sie sah in seinen Augen. Es waren diese braunen sanften Augen, die ihren glichen, nur mit Zorn gefüllt.
 

Er drückte ihren Arm fester. „ Lass mich los!“ fauchte sie ihn an. Sie schlug um sich und versuchte, sich loszureißen, doch es war vergebens. Sie konnte ihn einfach nicht treffen. Er schlang seine Hände um ihren Hals und fing langsam an zu drücken. Sie keuchte, versuchte seine Hände wegzureißen, doch sie war einfach zu schwach.

Sie spürte langsam, wie ihr Atem immer kürzer wurde. Das letzte was sie sah, war ein Lichtstrahl und wie jemand ihr Wörter zuflüsterte, die sie nicht verstand.

Sie schloss die Augen und viel zu Boden.
 

Als sie aufwachte, richtete sie sich sofort auf und stieß einen kurzen Schrei von sich. Sie schaute sich um um merkte, das sie in ihrem Zimmer war. Sie lag in ihrem vertrauten Bett und hatte noch ihre alte Kleidung an. War das alles nur ein Traum gewesen? Sie packte sich an die Stirn und stöhnte.

Was war nur passiert? Sie stand mit wackeligen Beinen auf und ging zum Fenster. Loana schob die Vorhänge zur Seite und sah, das es bereits Morgen war. Sie beobachtete den Garten und sah zu den roten Blumen, die ihre Mutter vor einiger Zeit eingepflanzt hatte. Sie waren bereits erblüht. Dies hatte sie gar nicht mitbekommen, da sie sich immer seltener im Garten aufhielt.
 

Sie fing an sich zu beruhigen und ging wieder zu ihrem Bett. Ihr Hals tat nicht weh,es waren keine Schürfwunden zu sehen und sicher war alles nur ein seltsamer Traum gewesen. Als sie sich hinlegte und die Augen schloss, stürme plötzlich eine kleine Gestalt durch ihre Zimmertür. „Loana, bist du wach? Los wach auf!“ Quakte die kleinere Person und kletterte ihr Bett hinauf. „Hmpf“ brummte Loana nur und legte ihre Decke über ihren Kopf.

Die kleinere Gestalt, die sich als kleines Mädchen entpuppte, schüttelte an ihrer Bettdecke. „ Geht es dir gut? Mama will dich sprechen und Frühstück ist fertig! Du hast auch versprochen, mit mir zu spielen! Jetzt komm!“ „Milou.“ stöhnte die Ältere und rollte sich immer mehr mit der Decke ein. „ Gut, du bist wach! Jetzt komm, jetzt komm, jetzt komm!“ rief Milou und zerrte an ihrer Decke, während sie sich heftig dagegen wehrte.
 

Loana fragte sich, was sie getan haben muss, um mit so einer nervigen kleinen Schwester bestraft worden zu sein.
 

Während sie mit ihrer Schwester die Treppe Richtung Küche runter ging, hörte sie mehrere vertraute Stimmen. Sie sah zum Esstisch und sah, das bereits drei Personen dort anwesend waren. Müde rieb sie ihre verschwommenen Augen und sah genauer hin.

Eine Frau, die sich mit zwei Männern unterhielt, richtete ihren Blick auf sie und fing an zu schweigen.

Dann stand sie auf und ging auf sie zu. „Loana! Schatz!“ Sie umarmte das Mädchen. „Ich habe mir solche Sorgen um dich gemacht!“ Loana brauchte einen Moment, um diese Gestik zu erwidern. Anscheinend war es doch Realität gewesen. „Mama.“ Hauchte sie und drückte sich noch fester an ihre Mutter.
 

“ Es tut mir leid.“ „Sollte es dir auch“ Sie drücke ihr einen Kuss auf die Stirn „Nachts alleine im Wald herum zu irren...du kleine Närrin. Ich hoffe du hast deine Lektion gelernt.“ Ihre Mutter löste sich von ihr und versuchte, ihre Tränen zu unterdrücken. „Mach so etwas nie wieder!“ Loana zuckte zusammen. Sie starrte ihre Mutter an.

Sie war eine gutmütige Frau mittleren Alters, mit langen blonden Haaren, so wie ihre, die sie zu einem Zopf geflochten hatte. Nur ihre Augen waren nicht braun wie Loanas, sondern Hellblau. Und genau diese starrten sie vorwurfsvoll an.
 

„So ein Missgeschick wird nie wieder geschehen. Verzeih mir Mutter.“ Loana wich ihrem Blick aus und guckte besorgt zu Milou. Sie erwiderte ihren Gesichtsausdruck und richtete ihren Kopf Richtung Schlafzimmer. Loana stiegen wieder Tränen in die Augen.

Doch sie richtete ihre Aufmerksamkeit wieder zu nach ihrer Mutter“ Was ist genau passiert? Wie bin ich hierhergekommen?“
 

„Du hattest Glück, das ich Rechtzeitig da war, Dummkopf“ sprach eine raue, langsame Stimme. Loana blickte überrascht auf. Sie hatte die beiden Männer am Tisch gar nicht wahrgenommen. Einer von ihnen zupfte an seinem grauen Bart und tupfte sich mit einer Serviette den Mund ab. „ Das Frühstück war köstlich, meine Teuerste.“ Loanas Mutter lächelte schwach.

„Derrin? Was machst du denn hier?“ Sie blickte auch zum Mann links neben ihm. Er war etwas jünger und seine Mimik ernster. Es war der Dorfälteste, der nur den Kopf schüttelte.
 

„ Kobolde“ sagte Derrin. „Was?“ Fragte Loana verwirrt und suchte sich Rat bei den Gesichtern von ihrer Mutter und den Dorfältesten. Sie blickten nur Stumm zurück „Kobolde haben dich ausgetrickst.“ Sprach Derrin gelassen und räusperte sich. „Diese kleinen, garstigen Geschöpfe, die nur Nachts aus ihren Löchern gekrochen kommen, besitzen die hinterlistigste Magie.“

„Kobolde? Wow! Wie Spannend!“ Sprach Milou beeindruckt und fing an zu zappeln.
 

Er trank noch einen Schluck Tee um seine trockene Kehle zu befeuchten und und sprach weiter.

„Sie haben dich mit einem Illusionszauber ausgetrickst, um dich in die irre zu führen.

Ich spürte diese kindliche Magie, während ich dich gesucht habe und wusste, das du in Gefahr warst. Ich kam noch gerade rechtzeitig, um sie zu verscheuchen.

Dabei klopfte er stolz auf seinen Zauberstab, der neben ihm am Stuhl angelehnt war.
 

„Deswegen dieses helle Licht...“ Murmelte Loana, doch hatte sie noch tausend Fragen in ihrem Kopf. „Gut, du kannst wenigsten Eins und Eins zusammenzählen. Hätte ich dir bei deiner Einfältigkeit gar nicht zugetraut.“ Er nahm noch einen Schluck Tee und stieß einen kleinen Rülpser aus. „Also wirklich. Von einem alten Zauberer habe ich bessere Manieren erwartet. „Sagte der Dorfälteste etwas angewidert und verschränkte die Arme.“
 

„Wie bin ich den Nachhause gekommen?“ Fragte sie den Zauberer. „Hab dich getragen.“ „Und meine Wunden?“ Hab dich mit Magie geheilt, nicht der Rede wert“
 

„Er meint es nicht böse.“ Sprach der Dorfälteste wieder“ Wir sind alle froh, das du unversehrt nach Hause kommen konntest. Wir sind ihm zum tiefsten Dank verpflichtet.“
 

„Vielen Dank.“ Sprach Loana und verbeugte sich leicht.
 

„Doch da war doch noch etwas....im Wald“ Sie blickte den Zauberer ernst an.

Was denn?“ Fragte ihre Mutter besorgt. „Naja ich.... nun, das war...“ Sie stotterte und ihre Mutter und Schwester schauten sie besorgt an. Ihr Herz klopfte. Ihr Gewissen schlug auf sie ein „Ach nichts, ich brauch frische Luft.“ Flüsterte sie und verschwand schnell in Richtung Garten.
 

Loana zog ihre Schuhe aus und ging durch das Gras, das Sanft ihre Füße streichelte. Sie setzte sich auf einen der großen Steine am kleinen Teich. Sie schaute zu den Blumenbeeten und die Kräuter, die ihre Mutter behutsam eingepflanzt hatte und sich seitdem liebevoll um sie kümmerte. Ihre Mutter liebte die Gartenarbeit sehr. Sie hatte Sie und Milou immer ermahnt, wenn sie so wild im Garten tobten, aus Angst, sie könnten auf ihre Pflanzen treten.

Sie seufzte und strich sich mit ihren Fingern durch ihr blondes Haar. Das Mädchen starrte auf ihre Füße und verlor sich wieder in ihren Gedanken. Plötzlich hörte sie, wie die Tür zum Garten geöffnet wurde und sah, das Derrin und Milou raus traten. Sie unterhielten sich und bewegten sich in ihre Richtung.
 

Loana versuchte, ihren Blicken auszuweichen und sah beschämt zu Boden. Ja, sie schämte sich,

weil sie sich so seltsam benahm. Die Menschen um sie herum wussten, das es nur wegen ihm war und sie hatten Verständnis dafür, denn schließlich waren ihre Mutter und ihre Schwester genauso betroffen. Nur sie verarbeiten ihre Trauer anders...oder waren gar optimistisch.
 

Und sie benahm sich so furchtbar schwach, weinte ständig und brachte sich in Gefahr. Selbst ihre kleine Schwester, die noch so jung und sensibel war, verhielt sich nicht so und war noch bei klarem Verstand. Das war wohl ein Beweis dafür, das Loana doch nicht erwachsen war. Sie wollte es auch gar nicht sein.
 

„Es tut mir leid.“ Sprach Derrin plötzlich und riss sie aus ihren Gedanken. „Ich wollte dich nicht verärgern. Dein Herz ist gebrochen und du wusstest nicht, wohin du gehen sollst.“ Loana zuckte skeptisch mit einer Augenbraue. „Es war nicht richtig von mir noch Scherze über dein Vergehen zu machen, obwohl du schon eine Standpauke von deiner Mutter erhalten hast. Verzeih mir bitte.“
 

Loana sah ihn überrascht an. Sie blickte zu ihrer Schwester, die einige Schritte auf sie zukam und sich auf ihren Schoß setzte. Loana nahm sie in die Arme und beide sagten nichts. Nach einer kurzen Zeit ergriff Loana dennoch das Wort. „Es ist seltsam, das du dich bei mir entschuldigst...“

„Auch alte, weise Menschen, die früher viele Fehler gemacht und daraus gelernt haben, können diese wiederholen. Ich bin auch nur aus Fleisch und Blut wie du.“ Erklärte Derrin und sein Blick schweifte über den Garten.

„Selbst ich trete oft genug ins Fettnäpfchen und die Leute schütteln immer wieder den Kopf“ Er seufzte „Du und deine Schwester seid noch so jung. Wenn ihr albern oder frech seit, denken sich die Menschen nichts dabei. Dies ist schließlich die Unbeschwertheit der Jugend. Ich selbst bin alt, fühle mich aber nicht so. Wie es aussieht, wollen wir beide nicht die Grausamkeiten des Erwachsenseins durchleben, nicht war?“ Loana schwieg und schaute Richtung Gartentür.
 

„Milou?“

„Ja?“

„Geh bitte wieder zu Mama und schau, ob du ihr vielleicht in der Küche helfen kannst.“ sagte Loana, mit einem so kalten Blick, der Milou einen Schauer über den Rücken einjagte. „Okay...“ Sie hüpfte von ihrem Schoß runter und lief ins Haus.
 

„Euer Garten ist wirklich wunderschön.“ Lobte Derrin „Deine Mutter hat wirklich...“

„Warum bist du hier?“ Fragte Loana mit klarer deutlicher Stimme, die weder wütend noch traurig klang. Derrin schaute sie an, sein Blick deutete darauf hin, das er etwas sagen wollte, aber es doch nicht konnte. Bevor er dennoch den Mund aufmachte, redete Loana dazwischen. „Wenn du hergekommen bist, um nach ihm zu sehen, wirst du bereits wissen, das niemand etwas tun kann.

Das es keinen Zweck hat, zu warten. Ich habe ihn im Wald gesehen. Derrin. Er hat mich zerstört. Ich bin dir dankbar dafür, das du mich gerettet hast, aber ich denke, du hast hier nichts mehr verloren.“

Sie atmete noch einmal tief ein, bevor sie mit leiser werdender Stimme weitersprach. „Meine Familie und ich brauchen Ruhe. Es wäre besser, wenn du wieder gehst.“
 

Loana schaute ihn an und sie fühlte sich schrecklich, aber sie konnte nicht anders. Ihre Augen waren mit Reue gefüllt und ihr Blick suchte seinen. Derrin schaute sie jedoch besorgt an und nicht wütend, wie sie es erwartet hatte. „Ich kam hierher, um nach dir und deiner Familie zu sehen. Ich habe versprochen, auf euch achtzugeben, falls ihm irgendetwas passiert.“ sagte er ruhig und rückte sich seinen Hut zurecht.
 

Loana war nicht nicht allzu sehr überrascht. Aber sie war trotzdem unglaublich wütend. Dieser Moment im Wald...die Illusionen der Kobolde. Der Schmerz, den sie dabei empfand, als sie ihn sah, machte sich wieder in ihrem Herzen breit.

Das Mädchen stand hastig auf und ging einen Schritt zurück. „Ich weiß einfach nicht, was ich tun soll! Mein Vater liegt schon wochenlang im Koma und ich kann nichts tun, außer trauern und beten, das er wieder aufwacht! Ich hasse dieses Gefühl, nichts tun zu können...ich will ihm helfen, aber ich weiß einfach nicht wie...“ schrie sie wütend, aber sie weinte nicht. Sie hatte keine Tränen mehr übrig.

„Meine Schwester weiß gar nicht, was hier wirklich passiert. Sie realisiert nicht, das er möglicherweise nie wieder bei uns sein wird.“ Sagte sie wieder mit normaler Stimme, die dennoch verzweifelt klang. Der Zauberer schaute sie Mitleidig an. „ Als ich ihn im Wald gesehen habe...hatte ich Angst, aber ich war auch Glücklich.“ Sie seufzte „Ich muss zu ihm.“ Und schon verschwand sie durch die Tür zum Haus.
 

Loana lief ins Schlafzimmer, wo bereits ihre Mutter und der Dorfälteste standen und zu der liegenden Person im Bett blickten, ihre Gesichter waren mit Trauer gefüllt. Ihre Mutter bemerkte ihr aufgebrachtes Gesicht und sah zu dem Mann neben ihr. „Wir lassen euch allein.“ Sagte ihre Mutter und sie gingen aus dem Zimmer.

Loana kniete sich vor das Bett und lehnte sich mit ihrem Oberkörper auf die Matratze. Ihr Vater sah so friedlich aus, trotz seiner Verbände, die seine tiefen Wunden verdeckten. Sie strich ihm über die Wange und stoppte, als sie das Verband berührte, das seine schwere Kopfverletzung bedeckte.

Sie legte ihren Kopf gegen seinen Arm und schloss die Augen.
 

Bitte, wach bald auf....

Als sie ihre Augen öffnete, spürte sie wieder diese Mächtige Präsens. „Derrin.“ murmelte sie. „Warum führen Menschen Kriege?“

Der Zauberer blickte geschockt zu ihr, doch ihre Blicke trafen sich nicht. Sie saß immer noch am Bett ihres Vaters.

„Ich denke jedes Herz, hat seinen eigenen Grund, warum es zulässt, andere zu verletzten. Aus Loyalität, Rache, die Hoffnung auf ein besseres Leben oder seine Heimat und seine Liebsten zu beschützen.“

Er sah zu ihrem Vater. „Er hat immer nur für euch gekämpft.“ „Ich wollte dies aber nicht...“ flüsterte Loana „ Ich will nicht, das er andere Menschen tötet, nur unseretwegen...das klingt in Zeiten wie diesen dumm, ich weiß, aber ich habe mir immer eine andere friedliche Lösung gewünscht, so wie in den Kinderbüchern, die ich als kleines Mädchen so liebte.“
 

Sie drehte sich um und schaute zu Derrin. „ Milou liebt sie auch. Ich will nicht, das sie anders über diese Welt denkt, die wir beide uns erträumt haben. Eine Welt fern von Gewalt, Hass und Armut.“ Sie lächelte und schüttelte den Kopf. „ Aber es geht wohl nicht anders. Ohne Hass gäbe es keine Liebe, ohne Konflikte keine Lösung. Milou wird das bald erkennen“ Loana blickte zu ihrem Vater. „Ich war damals so wütend auf ihn. Bevor er in den Krieg zog. Ich wollte nicht, das er uns verlässt und wegen uns stirbt. Ich habe ihn angeschrienen.“ Ihre Stimme wurde leise und zerbrechlich

„Weißt du, was meine letzten Worte waren, die ich zu ihm gesagt habe?“

„Nein.“

„Du bist kein Held für mich.“
 

Derrin schwieg.Er holte das Amulett aus seiner Manteltasche hervor und hing es Loana um den Hals.

„Alle Krieger haben ein Amulett von unserem König überreicht bekommen. Normalerweise bekommt ein Mensch nur so etwas, nachdem er eine große und gute Tat vollbracht hat. Aber unser König wollte uns vorher diese Ehre erweisen.

Er wusste nicht die Vorgeschichte von jedem seiner Krieger, aber er wusste, das sie ihr Reich verteidigen wollten, das jeder seinen persönlichen Grund hat, zu kämpfen. Für ihn war jeder seiner Soldaten ein Held, bevor sie in den Krieg zogen.“
 

Loana stand auf und schaute ihn überrascht an.Die Krieger hatten damals kein Amulett bei ihrem bewusstlosen Vater auf dem Schlachtfeld gefunden. Der Dorfälteste, der auch sein bester Freund war und ihre Famile nach diesem Vorfall oft besuchte, brachte das Amulett hierher. Sie dachte, er wollte es ihm im Auftrag des Königs überreichen, weil er an der Siegesfeier nicht teilnehmen konnte. Es hat aber nie so eine Siegesfeier gegeben.
 

Bitte Papa, wach auf....
 

„Wenn du eine bessere Welt erschaffen willst, musst du erst bei dir selbst anfangen. Es gibt keine Formel, mit der sich diese Welt erklären lässt, aber wenn dein Vater aufwacht, kannst du ihm diese Welt zeigen, für die du jetzt Kämpfen wirst. Auf deine Art.“
 

Loana berührte die rot-grünen Verzierungen. Sie wusste, das Hoffnung stärker als Furcht war. Sie wusste, das ihr Vater vielleicht für immer Schlafen würde. Egal was passieren wird, egal was kommen wird, sie wollte ihm eine Welt zeigen, an die sie glaubte. Eine Welt, wo es jeden Tag Wunder gibt. Wie in den Geschichten, die er ihr vorgelesen hat. Sie wollte auch ein Held sein, wie er.
 

Was in alter Zeit begann, soll nun endlich fortgeführt werden.
 



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