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Pirates

von

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- Kompass -

Eine kühle Brise wehte Killian entgegen, als er die Tür aufstieß. Die Nacht war frisch, während der Mond über ihm langsam von sich auftürmenden Sturmwolken verdeckt wurde. Dennoch ließ Killian die Tür hinter sich zufallen und sperrte somit das Stimmengewirr aus der Taverne aus, bevor er langsam einen Fuß vor den anderen setzte. Es war reiner Instinkt, der ihn die Richtung zum Hafen einschlagen ließ. Erst nach und nach konnten der Wind, der immerzu an seinem schwarzen Haar und seinem gleichfarbigen Mantel zog, und die Stille hier draußen seinen Kopf klären, auch wenn der Rum auch weiterhin in seinem Blut verweilte.

Torkelnd schlenderte er zwischen den Häusern entlang, deren Bewohner sich allesamt bereits schlafen gelegt hatten, urteilte man nach den fehlenden Lichtern in den Fenstern. Allerdings war es auch nur ein winziges Dorf, eines von vielen, welche in den dichten Bäumen des Märchenwalds verborgen lagen. Es war durch einen Flussarm mit dem Schiff erreichbar gewesen und stellte nur einen weiteren kleinen Zwischenstopp dar. Lange hielt es ihn und seine Männer an keinem Ort – noch weniger, an einem Ort wie diesem, an dem zur nachtschlafender Zeit nichts los war und es nicht einmal Banditen gab, die auf die lächerliche Idee kamen, sie überfallen zu wollen. Gelungen wäre es ihnen allerdings nicht, denn alle aus seiner Mannschaft waren gut genug mit dem Schwert bewandert. Das galt zumindest für alle außer Smee, dem ohnehin die nötige Portion Courage fehlte, um jemandem im Kampf gegenüberzutreten.

Doch auch diesmal war es nicht anders, nicht abenteuerlicher als an den vergangenen Abenden. Nur ein einziger alter Mann kreuzte seinen Weg, betrunkener als Killian es war, stolperte er über seine eigenen Füße. Eine von Killians Augenbrauen zuckte in die Höhe, als der Alte rumpelnd mit dem Boden Bekanntschaft machte und regungslos am Rande des Trampelpfads liegen blieb.

Allerdings war es nicht der Mann, der ihn in seinem Schritt innehalten ließ und die Irritation auf seinem Gesicht mit einer gewissen Neugierde überschattete. Nein, es war das Blatt, das mit einem schrägen Nagel über ihn an die Hauswand genagelt worden war. Einen Steckbrief würde Killian Jones auch in der finstersten Nacht und ohne sein eigenes Augelicht wittern, dessen war er sich sicher.

Über den bewusstlosen Mann hinwegsteigend riss er das Flugblatt geräuschvoll ab und zog es näher, um es in dem letzten Mondlicht anzuschauen. Details konnte er keine erkennen, doch die vagen Konturen ließen auf eine Frau mit einer üppigen Oberweite schließen. Auch ihre Hautfarbe hob sich deutlich von dem knittrigen Papier ab.

„Isabela...“ Selbst unter dem fahlen Licht des Mondes erkannte er ihre Gestalt, doch Killian hatte auch schon immer ein Auge für solche Dinge besessen. Es sah so aus, als zog sie nicht mehr nur irgendwelchen Männern beim Kartenspielen das Geld aus den Taschen. Sie war zu größeren Delikten aufgestiegen, denn für Kartentricks fand man sein Gesicht nicht auf Steckbriefen wieder.

Erste Regentropfen begannen zu fallen und Killian stopfte den Steckbrief raschelnd in seine Manteltasche. Der trunkene Mann zu seinen Füßen gab derweil ein Brummen von sich. Killian ignorierte ihn jedoch und setzte seinen Weg zum Schiff fort, etwas schneller als zuvor.

Schon nach kürzester Zeit war das seichte Plätschern des Regens das einzige Geräusch um ihn herum und das Wasser durchnässte langsam Killians Kleidung. Die wenigen Häuser des Dorfes schwanden und auch die Bäume taten sich kurz darauf auf, um einen schmalen Steg freizugeben.

Die Größe seines Schiffes übertrumpfte all die angebundenen Fischerboote um Längen, prachtvoll selbst in der vorherrschenden Dunkelheit – und keine kleine Nussschale, wie Isabela es genannt hatte.

„Das ist ein nettes Schiff, das du da hast“, ertönte eine Stimme hinter ihm. Killians Blick ging über seine Schulter und als wäre dies das Stichwort gewesen, öffnete sich ein Spalt in den pechschwarzen Wolken, die sich noch immer über ihn ergossen, und gaben die hinter ihm aufgetauchte Frau preis.

Ebenso wie er selbst, war auch sie gänzlich in schwarz gekleidet. Ihr dunkles Haar lag unter einem Hut versteckt, der sie vor dem Regen geschützt hätte, wenn dieser sie denn getroffen hätte.

Mit erhobener Augenbraue drehte sich Killian zu ihr herum, doch es war keine Einbildung gewesen. Der Regen fiel um sie herum, berührte sie jedoch nicht. Es war Magie - und die Frau ihm gegenüber war ihm ohnehin nicht fremd. Er hatte auf seinen Reisen schon genug Beschreibungen und Erzählungen von der Bösen Königin gehört, als dass er sie nicht erkennen würde, wenn sie ihm Angesicht zu Angesicht gegenüber stand.

„Was willst du?“

Auf seine harschen Worte, denen der nötige Respekt fehlte, verzogen sich ihre blutroten Lippen zu einem wissenden Lächeln, welches ihm die Nackenhaare aufzustellen drohte. „Wieso gleich so feindselig? Ich bin nur zum Reden gekommen, Killian Jones.“ Das Mondlicht erlaubte es Killian zu beobachten, wie ihre Augen zu dem silbernen Haken an seiner Hand herunterwanderten. Es war eine Geste, die er schon unzählige Male beobachten durfte. Eine, die ihn erraten ließ, was sie sagen würde, bevor die Worte ihren Mund verließen. „Oder soll ich lieber Hook sagen?“

„Was immer du vorziehst, Regina.“ Seine Stimme war unterlegt mit Provokation, die Regina jedoch abermals nur belächelte. Beinahe so, als würde sie sich mit einem Kind unterhalten, was einen bitteren Geschmack auf Killians Zunge hinterließ.

Seine Hand legte sich auf den Griff seines Schwertes, obwohl ihm durchaus bewusst war, dass sie ihre Magie anwenden konnte, ehe er es überhaupt aus der Scheide gezogen hatte. Magie war eben doch nur etwas für Leute, die einen ehrlichen Kampf scheuten, weil sie genau wussten, dass sie ihn verlieren würden.

Rumpelstilskin war genauso gewesen. Ein Feigling, bis er sich die Kraft angeeignet hatte, um jemanden – Milah – das Herz aus der Brust zu reißen und mit der bloßen Hand zu zerquetschen.

Killians Finger festigten sich um seinen Schwertgriff und seine Lippen pressten sich zu einer feinen Linie zusammen, als er die vor ihm stehende Frau anstarrte. Der Regen hatte inzwischen zugenommen und glich einem stetigen Trommeln, während die Tropfen nur so von Killians Kinn tropften. „Dann rede. Ich unterhalte mich zwar in der Regel gern mit hübschen Frauen, aber es gibt Wichtigeres zu tun.“ Denn jedes Mal, wenn seine Gedanken in die Richtung von Rumpelstilskin wanderten, hatte er das Bedürfnis sofort Segel zu setzen und endlich dieses Krokodil zu erlegen.

„Mir ist zu Ohren gekommen, dass du auf dem Rachefeldzug gegen Rumpelstilskin bist“, sagte Regina, als hätte sie seine Gedanken gelesen. Vielleicht hatte sie das auch, mit Magie schien nichts vollkommen unmöglich zu sein. „Und wie sagt man so schön? Der Feind eines Feindes ist ein Freund.“ Ohne ihn aus den Augen zu lassen, trat sie näher an ihn heran, kleiner als Killian, aber mit einer Aura, die einem das Gegenteil weismachen konnte. Nicht eine Sekunde wich der wissende, viel eher überlegende Ausdruck von ihrem Gesicht, als sie langsam um ihn herumging und ihn von allen Seiten begutachtete.

Unter anderen Umständen hätte es ihm sogar gefallen, doch Killian konnte dieser Begegnung nichts abgewinnen. Er war nicht naiv genug, um zu glauben, dass sie etwas verbinden könnte und sei es nur der Hass auf Rumpelstilskin.

„Was?“, entwich es Regina, als Killian schwieg. Sie kam direkt vor ihm zum Stehen und ihre Augen bohrten sich in ihn hinein, als wollte sie ihn mit Haut und Haaren verschlingen. „Möchtest du dir nicht einmal meinen Vorschlag anhören?“ Ein Lachen drang aus ihrer Kehle, welches selbst den Regen für einen Moment übertönte.

Doch Killian blieb stehen anstatt dem Instinkt nachzugeben, einen Schritt nach hinten zu setzen, um Abstand zwischen sie zu bringen. „Ich bin sicher, du wirst ihn mir ohnehin unterbreiten. Ob ich ihn nun hören möchte oder nicht.“

„Ein Pirat wird wohl die Legenden kennen, die sich um das Nest der Meermenschen ranken“, begann Regina unbekümmert, im Gegensatz zu Killian noch immer trocken und abgeschirmt von dem fallenden Niederschlag. „Daher wirst du sicherlich auch von Tritons Dreizack gehört haben. Bringe ihn mir und ich werde dir verraten, wie du Rumpelstilskin ein für alle Mal erledigen kannst.“

Killians Augenbrauen wanderten seiner Stirn hinauf. „Legenden, ja. Aber das ist alles, was sie sind. Niemand hat jemals einen Meermenschen gesehen, geschweige denn ihr Nest gefunden.“ Nur Jungspunde, die gerade erst zur See hinausfuhren und nach dem ersten Abenteuer Ausschau hielten, glaubten an so etwas wie Meermenschen. Es war vieles möglich, aber Killian bezweifelte, dass es diese sagenumwobene Bevölkerung gab, die unter dem Wasser leben und sich morgens auf Felsen in der Sonne aalen sollte.

Scheinbar traf dasselbe nicht auf die böse Königin zu, deren Mundwinkel sich in Belustigung noch ein Stück weiter hoben. „In jeder Geschichte steckt auch ein Körnchen Wahrheit.“ Ihre behandschuhte Hand schob sich in ihren Umhang, während sich Killians Finger instinktiv wieder fester um sein Schwert schlossen und er spannte die Schultern an. Er hatte nicht einmal bemerkt, dass er seine Vorsicht für einen Augenblick abgelegt hatte.

Aber auch Regina schien seine veränderte Haltung zu bemerken, denn sie ließ ein Schnauben verlauten. „Wenn ich dich töten wollte, wärst du bereits tot, Hook.“ Anschließend holte sie einen Kompass hervor, den sie Killian zeigte.

Die Nadel im Inneren rotierte immerzu gegen den Uhrzeigersinn, ohne seine Geschwindigkeit zu verringern oder die Richtung zu ändern.

„Ein kaputter Kompass...“, kommentierte Killian und sah zwischen diesem und Regina hin und her. „Wenn du mich nicht töten möchtest, soll er mich wohl zu den Meermenschen bringen, damit ich ihnen deinen geliebten Dreizack stehlen kann. Was er auch sicherlich tun wird.“ Nun waren es seine Lippen, die sich zu einem amüsierten Schmunzeln verzogen, ebenso selbstgefällig wie Reginas es zuvor gewesen war.

„Er ist nicht so kaputt wie du es dir vielleicht vorstellen magst“, erwiderte Regina aber doch nur. Ihre freie Hand zog Killians Finger von seinem Schwertgriff, um den Kompass in seine Handfläche legen zu können.

Die Kompassnadel hielt urplötzlich in ihrer Bewegung inne, bevor sie sich langsam in die westliche Richtung drehte und zitternd dort verweilte. „Er zeigt durchaus Dinge an, nur nicht die Himmelsrichtungen.“

Killian legte die nasse Stirn in Falten. „Was zeigt er an?“

„Ich habe ihn mit einem Zauber belegt, damit er einen in die Richtung von dem weist, nach was man sich am meisten sehnt“, erklärte Regina und trat einen Schritt zurück.

Die Nadel zeigte auch weiterhin in die westliche Richtung, stur und unnachgiebig. Wenn Regina die Wahrheit erzählte, dann musste Killian nicht lange überlegen, um zu wissen, auf was sie in diesem Moment deutete: den Ort, an dem sich Rumpelstilskin zur gegebenen Zeit aufhielt.

„Und wie soll er mir helfen, das Nest der Meermenschen zu finden?“, erkundigte sich Killian daher und ließ die Hand mit dem Kompass sinken. Das Anstarren der Nadel ließ ihn die ungestüme Wut, die beständig unter seiner Oberfläche kochte, wie Magensäure hochkommen.

Aber Regina ließ sich von dieser Frage nicht aus der Ruhe bringen. Nein, ihre feinen Züge hatten den Ausdruck der Überlegenheit seit ihrem Auftauchen nicht eine Sekunde abgelegt. Sie wusste genau, was Killian sich am meisten wünschte. Immerhin war es der Grund, warum sie ihn überhaupt aufgesucht hatte. Mit seinem Hass auf Rumpelstilskin war er der perfekte Kandidat für ihre Aufgabe, selbst Killian konnte das erkennen.

„Nun ja...“, begann sie langsam, als würde sie sich ihre Worte sorgfältig auswählen, wollte ihn aber wahrscheinlich eher ein wenig zappeln lassen, „wie ich bereits gesagt habe, biete ich dir das Wissen um Rumpelstilskins einzige Schwäche gegen Tritons Dreizack an.“

Sich aus ihrer Starre lösend trat sie abermals mit langsamen Schritten um Killian herum, der den Blick wieder dem Kompass zugewandt hatte. Die Nadel änderte seine Richtung nicht, obwohl Killians Gedanken sich um den Dreizack drehten.

„Der Dreizack ist daher das, wonach du dich am meisten sehnen solltest“, wiederholte Regina hinter ihm, nur ein Flüstern in seinem Ohr, das Killian mehr frustrierte als alles andere. Ihre Worte waren ein warmer Hauch auf kalter Haut.

Als er jedoch herumfuhr, um sie anzuherrschen und ihr den Kompass zurückzugeben, starrte er nur den einsamen Steg an, der zu den Booten und seinem Schiff führte. Von Regina war keine Spur mehr zu sehen und Killian fand sich allein im Regen wieder.

Er stand dort nass bis auf die Knochen und mit einem verzauberten Kompass, den ein rationaler Teil von Killian einfach in die Nacht hinaus schleudern wollte. Aber er steckte ihn ein, als er sich schließlich aus seiner Starre löste und mit schweren Schritten den restlichen Weg zu seinem Schiff hinter sich brachte. Dabei war er sich durchaus bewusst, dass Regina es genau so vorausgeplant hatte.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Ich muss wohl nicht sagen, dass der Kompass an den von Fluch der Karibik angelehnt ist. Komplett anzeigen

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