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Virtuelle Liebe

von

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6. Kapitel

Das Date mit RedFire steht vor der Tür und ich bin irre nervös! In den letzten Tagen bin ich mir auch immer sicherer geworden, dass ich Gefühle für ihn habe, dann habe ich halt doch Gefühle für einen Jungen, heutzutage macht das nichts mehr und mein bester Freund ist schließlich auch schwul! Aber was, wenn ich nicht seinen Vorstellungen entspreche? Oder er nicht meinen? Oh Gott, es ist einfach so extrem!

Ich habe mich wirklich seit Monaten nicht mehr so gut gefühlt wie zur Zeit. Es ist sogar schon nicht mehr so schlimm, dass meine Eltern nie da sind, und meine selbstverletzenden Gedanken sind auch nicht mehr so extrem wie vorher! Es ist wirklich so, als würde dieser Kerl einen anderen Menschen aus mir machen.

Wo bleibt Sora? Sonst komm ich noch zu spät!! Promt klingelt es an der Tür, endlich ist Sora da!
 

Wie von einer Tarantel gestochen eile ich zur Tür und reiße sie auf, Sora steht mit einem verschmitzten Grinsen vor mir.

"Nervös?", fragt er mich lauernd. Ich verdrehe genervt die Augen und zieh ihn wortlos zu mir ins Zimmer.

"Da ist mein Kleiderschrank und da stehen Kisten mit Klamotten, mach was draus." Ich versuche so gelassen wie möglich zu klingen, doch ganz möchte mir das nicht gelingen. Sora, wirklich gelassen, macht sich an die Arbeit. Nach und nach zieht er ein paar Kleidungsstücke hervor, hält sie mir hin und überlegt, schüttelt den Kopf und wirft es auf einen Haufen. Manchmal überlegt er länger, nickt dann zögernd und wirft es auf mein Bett. Ich stehe derweil einfach nur rum und sehe ihm verdattert zu.

Was macht er da? Die ganze Zeit überlege ich, was er vorhat und ob das, was er macht auch sinnvoll ist. Ich für meinen Teil hätte einfach was raus gezogen und das hätte dann gepasst. Das gilt für Sora ja scheinbar nicht.

Nach ewigen Minuten, wie es mir vorkam, ist Sora mit seiner Vorauswahl wohl zufrieden, denn er klopft mir grinsend auf die Schulter und meint, ich solle doch das, was er ausgesucht hat mal anziehen und ihm zeigen. Bin ich hier etwa auf einer Modenschau? Was solls, ich wollte es ja so haben...

Ich zeige ihm ein Outfit nach dem anderen und als wir fast durch sind hellt sich sein konzentrierter Gesichtsausdruck auf.

"Das ist es!", ruft er freudig aus und ich sehe an mir runter. Auch wenn ich es gerade angezogen habe, hatte ich noch nicht die Gelegenheit es näher zu betrachten. Es besteht aus einer dunklen, schon fast schwarzen Jeans, dazu ein schwarzes Hemd und dazu die Kette, die ich meistens trage. Als Eyecatcher gibt er mir noch zwei farbige Armbänder, eines rot und das andere schwarz-weiß kariert, welche ich um mein linkes Handgelenk anlege.

"Wenn ich dir jetzt noch die Haare mach, sind wir fertig." Oh Gott, endlich! Meine Nervosität steigt. Sora zieht mich ins Bad und gibt mir zu verstehen, dass ich mich hinsetzen soll.

"Wo ist dein Haargel?", fragt er mich, als er nach einer Bürste greift.

Das mir nicht vorher aufgefallen ist, das der Schwul ist... Innerlich schüttel ich den Kopf, das kann man gar nicht übersehen! Ich zeige auf den Schrank, in dem ich mein Gel immer zu stellen pflege. Er nimmt es sich und fängt ohne weitere Umschweife mit dem Stylen an. Lange dauert es nicht und schnell stehe ich vor dem Spiegel und betrachte mich selbst. Zugegeben, so 'gut' sah ich schon lange nicht mehr aus! Ein prüfender Blick auf die Uhr lässt mich zusammen zucken.

Verdammt, noch 15 Minuten! Hektisch drehe ich mich zu meinem Besten um, drück ihn kurz, mit einem Danke, an mich und laufe nach unten.

"Viel Glück!", ruft er mir noch zu. Gut, dass ich genug Vertrauen zu ihm habe, und weiß, dass er kurz nach mir dieses Haus verlassen wird.
 

Ich eile in die Richtung, in der das Stadtzentrum liegt, achte nicht auf Passanten, die mir dabei im Weg stehen könnten. Ich will einfach nicht zu spät kommen! Was, wenn er nicht da ist? Zum Teufel nochmal, ich sollte aufhören sowas zu denken! RedFire wird da sein! Ganz sicher! Noch über diese Straße und ich bin fast da. Ich laufe etwas schneller, weiche knapp einem älteren Mann aus, der mir wilde Beschimpfungen hinterher ruft. Ist mir grad ziemlich egal! Ich werfe während ich laufe noch einen letzten Blick auf meine Uhr, gerade noch rechtzeitig erreiche ich den Treffpunkt. RedFire meinte, er würde mich erkennen und auch, dass ich ihn erkennen würde. Suchend blicke ich mich um. Woher sollte ich ihn erkennen und wissen wie er aussieht?

Hilfe, ich bin so nervös! Mein Herz schlägt mir bis zur Kehle, will nicht mehr damit aufhören und hibbelig verlagere ich mein Gewicht von dem einem Bein aufs andere und wieder zurück. Dann spüre ich einen Blick, nein, SEINEN Blick. Das ist jetzt nicht wahr! Diesen Blick würde ich immer erkennen. Ich kann mich einfach nicht täuschen! Mir fährt ein kalter Schauer über den Rücken, bevor ich mich fähig fühle, mich umzudrehen. Ich bin mir sicher, das ist Axels Blick in meinem Nacken. Das kann nicht wahr sein!

"Hallo Roxas." Vernehme ich leise, als ich mich zu dem Rothaarigen umdreh. Für einen kleinen Moment scheint die Zeit still zu stehen. Nichts bewegt sich. Doch ganz langsam steigt mir eine noch nie gekannte Wut die Kehle hoch.

"Du willst mich einfach verarschen, was?!", entfährt es mir giftig. "Du warst es die ganze Zeit! Hast du mich nicht schon genug gedemütigt?! Musstest du hier noch auftauchen?!" Ich bin außer mir vor Wut, sogar Tränen steigen mir schnell in die Augen. So sehr hat mich noch keiner verascht!

"Roxas... Ich kann es dir erklären!"

"Nein!", schneide ich ihm das Wort ab. "Von dir will ich gar nichts mehr hören!! Nichts mehr, du bist für mich gestorben!!" Selten bin ich so laut geworden, wie in diesem Moment. Ich fühle mich wahnsinnig betrogen.

Kopflos und ohne zu schauen drehe ich mich um und lauf auf die Straße.

"ROXAS!"

Ich höre ein lautes Hupen und jemanden schreien. Dann spüre ich wie sich jemand schwer gegen mich wirft, ich falle ein paar Meter weiter zu Boden bevor ich mich umdrehen kann. Vor mich stellt sich ein Horrorszenario dar. Das Auto, welches hupend und mit quietschenden Reifen neben mir zum stehen kam - das habe ich nicht mal richtig mitbekommen - Axel, welcher halb unter diesem genannten Auto liegt, voller Blut. Regungslos. Seine Augen sind geschlossen. Ich kann nicht ausmachen, ob sich sein Brustkorb noch hebt und senkt. Ich kann nicht sagen, ob er noch lebt oder nicht.

So viel Blut…! Mir wird schlecht und ich wende mich ab.

Schreie um mich herum. Das Wort "Krankenwagen" verstehe ich noch, mehr nicht. Vor mir verschwimmt alles und mein Magen zieht sich schmerzvoll zusammen.

Axel...! Ich wage es nicht, mich nochmal umzudrehen. Ich glaube, er ist bewusstlos. Nein. Ich HOFFE, er ist bewusstlos.

Verdammte scheiße!

"Alles in Ordnung bei dir?" Eine Hand schiebt sich in mein Blickfeld, diese Stimme scheint wohl dazu zu gehören. Ein Mann mittleren Alters hilft mir hoch. Auf seine Frage kann ich gar nicht antworten, doch scheinbar geht es mir gut.

Besser als ihm! Ich will loslaufen, ich muss weg hier. So schnell wie möglich.

Aber ich kann nicht. Meine Beine bewegen sich keinen Millimeter, nichts. Ich habe kein Gefühl mehr, ich fühle mich komplett betäubt.

"Junge! Brauchst du auch Hilfe?" Der Mann von gerade eben sieht mich besorgt an. Ich kann nicht antworten, es geht nicht.

Ich bin schuld! Ich hätte da stehen sollen! Ich sollte statt Axel da liegen! Was, wenn er stirbt? Ich bin schuld daran!! Tränen sammeln sich in meinen Augen und ich fange an zu zittern. Schwankend sinke ich wieder zu Boden.

"Junge!" Ich höre ihn nicht, ich höre nur mein eigenes Blut rauschen. Wieder verschwimmt alles vor mir. Schuldgefühle drohen mich zu überwältigen.

Scheiße..! Scheiße, scheiße, scheiße!!! Ich kann fast nicht mehr denken. Was soll ich jetzt machen!?

Ich bin schuld dran. Immer und immer wieder geht mir der selbe Satz durch den Kopf, die selben vier Wörter. Immer und immer wieder. Ich kann es nicht unterdrücken, ich kann es nicht abstellen. Bewegungslos sitze ich mit starren Blick auf dem Asphalt und kann nur an diesen einen Satz denken. Dabei blitzt immer wieder das Bild von Axel, wie er blutüberströmt unter diesem Auto liegt, auf. Es geht nicht weg. Ich möchte schreien, ich möchte weglaufen, doch es geht nicht! Ich kann mich nicht bewegen.

Mehrere Minuten vergehen bestimmt, ich fühle nichts mehr.

Ich bin schuld daran. Die Welt um mich herum dreht sich, schneller und schneller. Ich kann nicht mehr. Immer mehr Tränen finden den Weg über mein Gesicht. Sie tropfen auf den Boden, hinterlassen dunkle Flecken auf dem hellen Asphalt. Ich zittere immer noch.

In weiter Ferne dringt das Geräusch des Krankenwagens zu mir durch. Nur nebenbei registriere ich, dass mich ein Sanitäter an der Schulter berührt und mich direkt anspricht. Auch ihm kann ich nicht antworten.

„Schwerer Schockzustand – wir nehmen ihn mit!“

Diesen Worten kann ich kaum einen Sinn zuschreiben, ich versteh es nicht. Ich verstehe nichts mehr.

Verdammt nochmal! Scheiße!! Es dreht sich immer noch alles um mich herum, doch langsam kann ich mich dazu durchringen, mich zu bewegen. Langsam drehe ich mich zu der Unfallstelle, zu Axel um. Ich hätte es nicht machen sollen. Ich sehe die Sanitäter, die sich um ihn kümmern. Oder zu kümmern versuchen. Ich weiß es nicht. Ich kann es nicht direkt erkennen. Sie reden wild durcheinander, auch das verstehe ich nicht.

Was habe ich bloß getan?! Sie heben ihn auf die Trage und tragen ihn ganz vorsichtig in den Krankenwagen. Ich habe das Gefühl, dass er mich ansieht. Das kann nicht sein, hatte er nicht seine Augen geschlossen? Langsam hebt sich seine Hand in meine Richtung, mich zerreißt es innerlich.

„…. Roxas…“ Ein Flüstern. Blut tropft von seiner Hand auf den Boden. Das ist deutlich zu viel. Mit dem Wort Schuld in meinen Kopf wende ich meinen Blick ab, lege meine Hände vor meine Augen.
 

Dumpf bekomme ich mit, wie ein Sanitäter mir aufhilft. Scheinbar kann ich alleine stehen, doch das Gefühl in mir drin fehlt komplett.

„Wir nehmen dich erstmal mit und checken dich durch. Wenn dann nichts ist, kannst du wieder nach Hause gehen, okay? Kannst du uns deinen Namen sagen?“ Der junge Mann sieht mich fachmännisch aber freundlich an. Doch ich bekomme nur ein leises „… Roxas…“ raus.

„Okay, Roxas, hör zu. Du setzt dich jetzt einfach mit zu uns in den Wagen, wenn dir schlecht oder so wird musst du sofort Bescheid sagen!“ Ich nicke wie betäubt. Er führt mich in den Krankenwagen, direkt zu Axel. Dieser hat inzwischen die Augen offen und sieht mich an. Ich kann nicht wegsehen, das Grün seiner Augen nimmt mich gefangen und ist das einzige, was ich im Moment klar sehe. Es ist so viel Schmerz in seinen Augen, man kann es sehen. Er leidet, doch er sieht nicht weg. So wie immer sieht er mich einfach nur an. Weitere Tränen rennen über mein Gesicht.

Ich bin schuld. Qualvoll öffnet er seinen Mund, möchte wohl etwas sagen und meine Augen weiten sich panisch. Ich möchte nicht, dass er was sagt, ich habe so eine große Angst davor, was er sagen wird und wie seine Stimme klingt. Ich möchte ihn nicht so sehen, ich kann ihn nicht so sehen, doch die Augen abwenden kann ich auch nicht.

Die Sanitäter legen ihm eine Nadel, kurz verzieht sich das Gesicht des Verletzten, er hat wohl damit nicht gerechnet. Ein Tropf wird angehängt, sehr wahrscheinlich eine Kochsalzlösung, sie spritzen ihm noch ein Mittel aus einer Ampulle und langsam, nach ein paar Sekunden schließen sich die grünen Augen wieder. Am Rande höre ich so etwas wie: „Starkes Schmerzmittel“. Doch immer noch kann ich den Blick nicht abwenden. Wie in der Ewigkeit gefangen sitze ich hier und starre Axel an. Dass es ihm so schlecht geht ist alleine meine schuld. Wenn er es nicht übersteht, werde ich dran schuld sein und wenn er ein Leben lang damit zu kämpfen hat, bin ich auch schuld.

Ich bin schuld. Diese Schuld wird nie vergehen. Wie kann er mir je verzeihen? Wird er mir je verzeihen?

Er wird dich hassen! Wie dich jeder dafür hassen wird! Weil du schuld dran bist. Beschämt schließe ich meine Augen, sacke etwas weiter in mich zusammen, bete dass ich einfach aus diesem Traum aufwache. Doch ich wache nicht auf.
 

Ein paar Minuten später kommen wir in der Notaufnahme an. Schnell tragen sie Axel rein, wo schon mehrere Ärzte mit ihrem Notfallteam auf ihn warten. Es geht alles sehr schnell. Ein Sanitäter bleibt bei mir und bringt mich in ein Untersuchungszimmer. Ich kann immer noch nichts sagen. Er setzt mich auf eine Liege, legt mir eine Blutdruckmanschette an und leuchtet mir in die Augen. Es scheint alles in Ordnung zu sein. Kurz darauf kommt ein Arzt rein und sieht nach mir. Ein paar Test später sieht er mich ausdruckslos an.

„Du bist in Ordnung, also körperlich. Kannst du mir erzählen, was passiert ist?“ Ganz langsam hebe ich meinen Blick zu ihm. Das scheint ihm zu reichen.

„Okay, du bleibst diese Nacht hier, ich gebe dir ein gutes Beruhigungsmittel, damit solltest du schlafen können. Morgen sehen wir weiter.“ Er geht ohne weiteres zu sagen und eine Schwester kommt rein. Sie sieht freundlich aus, doch das kann auch täuschen. Ich bin verwirrt.

„Ich bring dich jetzt auf dein Zimmer, und da kannst du dich ausruhen.“ Sie führt mich, wie bereits gesagt, in ein Zimmer, welches bis auf ein Bett inklusive Beistelltisch und einem Stuhl leer ist.

„Setz dich doch schon mal, ich hole nur kurz die Sachen um dir eine Nadel zu legen.“ Stumm setze ich mich auf das Zimmer.

Hoffentlich überlebt er dass alles… Nach einigen Atemzügen ist die Schwester mit einem Tablett wieder da. Fachmännisch macht sie sich an die Arbeit, mir eine Nadel zu legen, danach gibt sie mir andere Sachen zum anziehen und bedeutet mir, dass ich mich umziehen soll. Auch das mache ich, wie sie es mir sagt. Danach lege ich mich ins Bett und sie spritzt mir ein Beruhigungsmittel. Als sie dies getan hat, geht sie aus dem Zimmer und löscht das Licht. Ich bin alleine.

Langsam steigen mir wieder Tränen in die Augen, Einsamkeit überkommt mich.

Scheiße… Wieder habe ich alles kaputt gemacht. Nicht nur, dass ich dieses „Verhältniss“ zerstört habe, ich habe sogar einem Menschen weh getan, körperlich.

Aber er ist doch selber schuld! Er hätte mich sterben lassen können! Er wollte mich retten!! Außerdem, wenn er nicht er gewesen wäre, wäre das gar nicht passiert. Da wäre ich gar nicht über die Straße gelaufen!! Ich kann gar nichts dafür!! Warum mir dann weitere Tränen über die Wangen laufen und ich mich weiterhin schuldig fühle, begreife ich nicht.

Nach und nach steigt eine warme Ruhe in mir auf, mein Körper entspannt sich. Mein Denken verlangsamt sich und meine Augen schließen sich. Das Mittel wirkt, ich schlafe ein.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Sorry, dass das so lange gebraucht hat, hatte viel privaten Stress :/ das nächste Chap. wird wieder regelmäßig kommen! Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  xXChaosJojoXx
2014-04-23T11:59:21+00:00 23.04.2014 13:59
;A; Mah Kokoro ;A; Wundervoll wie immer geschrieben ;A; +hug und Keks geb+


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