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Der Sanftmütigen Erbe

von

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"Und ich vertraue ihm auch jetzt"

„Peter? Ach, ich wusste, dass du hier oben bist“

Leise schloss Lucy die Tür hinter sich, durch die sie eben in die Dachkammer gekommen war.

Ihr Bruder reagierte nicht, stattdessen starrte er weiter durch das Fenster nach draußen.

„Meinst du denn wirklich, das hat eine tiefere Bedeutung?“, fragte sie und kam ans Fensterbrett.

Peter saß mit angezogenen Beinen in der Nische und rührte sich noch immer nicht. „Eine große, goldene Katze, Lucy!“, sagte er bloß.

Mit einer raschen Bewegung hatte sich Lucy zu ihm auf das Fensterbrett geschwungen, was mit den Hosen, wie sie sie seit einiger Zeit häufiger trug, deutlich einfacher war, als mit einem Rock. „Ich weiß ebenso gut wie du, dass die beiden von Aslan reden. Aber wenn er persönlich ihnen die kleinen Schätze vorbeigebracht hat…“, stieß sie hervor, auch wenn ihre Stimme zum Ende hin immer leiser wurde.

Schon lange hatte sie nicht mehr so offen über Aslan geredet, überhaupt seinen Namen ausgesprochen.

„Du kennst ihn am Besten, Lucy…“, gab Peter nur zurück, aber es klang erschöpft.

Außerdem hörte Lucy das leichte Zittern in seiner Stimme.
 

Kurzerhand rutschte sie vom Fensterbrett und ging zu dem Wandschrank hinüber, der für sie alle so eine besondere Bedeutung gehabt hatte, öffnete eine der Türen.

Sie zerrte den erstbesten Mantel vom Bügel und kehrte zurück um ihn Peter um die Schultern zu legen. „Sag‘ mal, wie lange sitzt du hier eigentlich schon?“, fragte sie dabei.

Peter gab erneut keine Antwort.

Lucy seufzte. „Was beschäftigt dich wirklich, hm? Es ist doch nicht nur, dass sie von Narnia träumen, oder? Wir wussten immer, dass sie eine gewisse Verbindung dorthin haben werden. Sie sind Caspians Kinder!“
 

Peter lachte freudlos auf. „Du hast es natürlich geahnt, nicht wahr, Lucy? Du kannst alles vorhersehen, was mit Aslan zu tun hat“

„Das stimmt nicht, Peter, und das weißt du. Ich habe Aslan bloß immer vertraut, deswegen habe ich eine besondere Bindung zu ihm. Und ich vertraue ihm auch jetzt. Er wird seine Gründe gehabt haben, Emily und Nathan diese Kleinigkeiten mitzubringen. Wir sollten die Kette und die Flöte wenigstens aufheben. Vielleicht haben sie eines Tages noch ihren Wert. Und sei es nur als Erinnerungsstück“, wiedersprach Lucy und versuchte, den Blick ihres Bruders zu erhaschen.

Doch der starrte stur weiter aus dem Fenster. Immerhin nickte er jetzt leicht.
 

Einen Moment herrschte Stille, ehe es regelrecht aus Peter herausbrach: „Ich hätte es wissen müssen. Die ganze Zeit hätte ich es wissen müssen. Ein toller Hochkönig von Aslans Gnaden bin ich, wenn ich nicht einmal verstehe, dass er überall die Pfoten mit drin hat“

Lucy legte ihrem Bruder eine Hand auf den Unterarm. In diesem Moment war es, als sei sie die große Schwester und er der kleine Bruder, der getröstet werden musste. „Erklär‘ mir, was du meinst, Peter. Was hättest du wissen müssen?“

„Alles“, brachte Peter bitter hervor, ehe er kraftlos den Kopf in den Nacken legte und den Hinterkopf an der Holzvertäfelung abstützte.

„Die beiden Stücke… sie sind nicht einfach nur Andenken. Sie haben Susan gehört. Caspian gab sie ihr, am Morgen vor dem Abschied, er hatte sie extra anfertigen lassen.

Aber sie wusste, dass sie gehen musste und in ihrer Verzweiflung warf sie Caspian beides vor die Füße, warf ihm vor, dass er sie bestechen wollte, kaufen wollte. Vermutlich wusste sie selbst, dass das Schwachsinn war, aber einmal ausgesprochen war es zu spät“

Peter lachte trocken auf. „Was meinst du wohl, warum Caspian über den Abschiedskuss so überrascht war, wenn die beiden doch längst weiter gegangen waren?“
 

Lucys Augen weiteten sich. Sie hatte selbst nie erlebt, wie sich das anfühlte, was Susan und Caspian miteinander geteilt hatten, aber sie wusste, dass weit mehr dazu gehörte, als ein Kuss.

Dennoch interessierte sie jetzt gerade etwas gänzlich anderes.

So langsam begann sie nämlich zu durchschauen, was es mit Aslans Mitbringseln auf sich hatte: „Ich verstehe… deswegen sieht die Kette auch nicht mehr ganz neu aus. Sie existierte schon damals und wer weiß wie viele Jahre sie in Narnia war“

Peter nickte leicht. „So ergibt alles einen Sinn, nicht wahr? – Aber das ist nicht alles. Ich hätte auch ahnen müssen, wie es um Susan stand. Aslan hatte es angedeutet. Als er damals, auf dem Schlosshof mit uns sprach, uns sagte, dass Susan und ich für immer gehen würden, da ist sie ganz still geworden und schließlich zurückgeblieben.

Aslan hat ihr kurz nachgesehen, ehe er sich mir zuwandte. Dann hat er mir gesagt, dass ihr beide, du und Edmund, noch einmal zurückkehren dürftet, aber ich müsste auf euch alle aufpassen. Und das alle betonte er so, dass ich schon damals stutzig wurde. Aber kapiert habe ich es dennoch nicht. Kapiert habe ich erst viel, viel später. Damals, als ich Nathan und Emily das erste Mal sah. Und da war es bereits zu spät, Susan zu uns zurück zu holen. Sie ist einsam gestorben. In vielerlei Hinsicht“

Lucy schlug die Augen nieder. „Einsam und verbittert, allein mit den Kindern, abgeschottet von ihrer Familie, getrennt von ihrem Liebsten, für immer allein. – Und dennoch tragen ihre Kinder Namen, die sehr viel Bedeutung haben“, murmelte sie vor sich hin.

Peter nickte wieder und endlich, endlich sah er seine Schwester an. In seinen Augen lag etwas, das Lucy erst nach einem Moment als Schuld identifizieren konnte.

Sie kam aber nicht dazu, etwas zu sagen, denn er fuhr bereits fort: „Emily, die Milde, die Sanfte. Susans Beiname, die Sanftmütige. Asla, setz‘ ein ‚n‘ dran und du verstehst. Nathan, das Geschenk. Und bei Cassian brauchst du bloß das zweite ‚s‘ durch ein ‚p‘ zu ersetzen. – Aber ich habe damals ihre Augen gesehen. Sie hat es verdrängt, sie hat nicht mehr an Narnia geglaubt. Die Tiefe der Namen, ich glaube nicht, dass sie sich die selbst ausgedacht hat. Da hatte jemand anderes die Finger mit im Spiel“

„Oder die Pfoten“, fügte Lucy hinzu, die langsam verstand, worauf ihr Bruder hinaus wollte.

„Aslan hat die beiden immer im Auge behalten. Er konnte nicht zu Susan durchdringen, aber er hat über die Kinder gewacht. Über Caspians Kinder. Über Narnias Kinder. Er will den beiden die Verbindung zu Narnia erhalten, es will nicht, dass sie genauso verloren gehen, wie Susan. Und er hat uns Zeichen geschickt, die wir nicht durchschaut haben. Erst als er sich persönlich zeigte, haben wir verstanden…“

„Vorher wollten wir ja gar nicht verstehen. Wir haben uns so sehr bemüht, nicht an Narnia zu denken, damit wir uns nicht verplappern. Damit die Kinder kein Interesse entwickeln. Damit sie nicht nach Narnia gelangen und dort alles auf den Kopf stellen“, berichtigte Peter mit einem leichten Kopfschütteln.

Lucy lachte leise.

„Da musste er uns jetzt mit dem Kopf voran drauf stoßen – oh, oh. Tolle narnianische Könige und Königinnen sind wir“, fügte sie hinzu und jetzt lachte auch Peter.

Es klang rau und etwas halbherzig, aber er lachte.

Und Lucy war froh darum.

Es passte nicht zu Peter, dem Prächtigen, wenn er niedergeschlagen war.
 

~*~*~*~*~
 

Man kann Aslan jedenfalls nicht vorwerfen, er würde sich nicht bemühen...



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von: abgemeldet
2014-05-13T15:32:27+00:00 13.05.2014 17:32
Wieder einmal ein super Kapi^^ Ich finde, du kannst sehr gut die Gefühle der Personen beschreiben, sodas man sie mit denen aus der Orginal Story noch gut identifizieren kann. aber das Aslan so etwas tun würde, hätte ich echt nicht gedacht... Bin gespannt wie es weiter geht...
LG Bloodnight
Antwort von:  Mimiteh
13.05.2014 18:42
Was würde Aslan nicht tun?
Antwort von: abgemeldet
13.05.2014 20:48
Sry, vergiss es, ich hab was gerade falsch verstanden^^


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