Oneshot
Dream of me
Es war bereits weit nach Mitternacht und Hogwarts umgab eine beruhigende Stille. Das Schloss und seine Ländereien wurden in sanftes Mondlicht getaucht und alles schien friedlich.
Hermine saß am geöffneten Fenster in ihrem Zimmer und blickte in den sternenklaren Himmel. Sie beneidete ihre Zimmernachbarn um den ruhigen Schlaf. Wie gerne läge sie jetzt ebenfalls in ihrem weichen Bett und gäbe sich schönen Träumen hin.
~ Let me sleep
for when I sleep
I dream that you are here
you're mine
and all my fears are left behind ~
Seit Beginn des neuen Schuljahres ging es ihr schon so. Jede Nacht saß sie schlaflos am Fenster und blickte sehnsuchtsvoll nach draußen.
Am Tag war sie bemüht niemandem zu zeigen wie es in ihrem Inneren aussah, aber nachts konnte sie ihre Gedanken und Gefühle nicht verdrängen. Es war zum Verzweifeln.
Liebe! Hermine seufzte frustriert. In keinster Weise glichen ihre Gefühle dem was andere über die Liebe erzählten. Sehnsucht, Schmerz und Leid, mit diesen Worten würde sie die Liebe beschreiben.
Unbändige Sehnsucht überfiel sie wenn sie IHM über den Weg lief.
Sie wünschte sich so sehr ein freundliches Lächeln von ihm, eine Geste die ihre zeigte dass ihre Gefühle nicht völlig hoffnungslos waren. Doch er ignorierte sie. Nie kreuzten sich ihre Blicke und das versetzte Hermine in jedem dieser Moment einen Stich ins Herz.
~ And sleep a chance to dream
so I can see the face
I long to touch, to kiss
But only dreams can bring me this ~
Könnte sie doch nur schlafen. In ihren Träumen waren ihre Gedanken frei. Da könnte sie ihn sehen, mit ihm lachen, ihn berühren. Sie könnte sich für diese Zeit dem Glauben hingeben glücklich zu sein. Doch Schlaf und Träume waren ihr verwehrt. Nichteinmal dieses bisschen trügerische Hoffnung war ihr vergönnt.
Mit geschlossenen Augen lehnte sich Hermine an die Wand. In den Ferien war es geschehen, sie konnte sich noch genau an den Tag erinnern. Es war ein wirklich schöner Tag gewesen. Gleich früh am Morgen hatte sie das Haus verlassen und war mit der U-Bahn in die Innenstadt gefahren um von dort aus auf dem einzig möglichen Weg in die Winkelgasse zu gelangen.
Die sonst so belebte Straße war noch sehr ruhig und Hermine betrachtete die Schaufenster der Läden. Sie kam sonst nie dazu sich alles ohne Hektik anzusehen. Als sie gerade vor einem Korb mit verschiedenen Kräutern stand hörte sie bekannte Stimmen und drehte sich um.
Da stand er, Draco Malfoy, keine zehn Meter von ihr entfernt und unterhielt sich wild gestikulierend und lachend mit einem Freund.
Es mag sich seltsam anhören, aber Hermine hatte ihn noch nie Lachen gesehen. In der Schule schien ein abschätzender, süffisanter Blick sein dauerhafter Begleiter zu sein. Doch hier, in diesem Moment sah er so natürlich aus. So vollkommen friedlich und ungezwungen.
Er war schön, anders konnte es Hermine nicht beschreiben. So völlig ohne diese kalte Maske, die er immer trug, war er einfach nur atemberaubend und zum ersten Mal verstand sie die Schwärmereien der anderen Mädchen.
Er war ein Mistkerl, das empfand Hermine noch immer so, aber er war ein Mistkerl der anscheinend auch eine gute Seite hatte. Eine Seite die er selten zeigte, die aber trotzdem zu ihm gehörte und das machte ihn für sie interessant.
Hermine war so unauffällig wie möglich aus dem Sichtfeld der beiden Jungen verschwunden. Sie hatte ihren Einkaufsbummel fortgesetzt ohne den Beiden noch einmal zu begegnen. Der Moment jedoch hatte sich in ihrem Kopf festgesetzt. Sie konnte einfach nicht so tun als hätte sie diese Beobachtung nie gemacht. Genauso wenig konnte sie so tun als wäre der blonde Slytherin nichts weiter als ein gefühlskaltes Arschloch.
Während der restlichen Ferien dachte sie öfter an diese Begegnung und sie beschloss den Slytherin zu beobachten, sollte dieser sein siebtes Schuljahr ebenfalls wiederholen so wie sie.
Vielleicht hätte sie ja die Möglichkeit ihn ganz neu kennenzulernen. Ron und Harry würden dieses Jahr nicht mehr nach Hogwarts zurückkehren. Die Beiden hatten das Angebot bekommen sofort mit ihrer Aurorenausbildung zu beginnen und somit blieb ihr mehr als genug Zeit Draco Malfoy im Auge zu behalten, unauffällig.
Dieser Vorsatz war der Untergang ihrer Gefühlswelt gewesen. Denn mit jedem Tag, an dem sie ihn beobachtete. Mit jeder versteckten, freundlichen Geste seinen Freunden gegenüber. Mit jedem Lächeln, das sein Gesicht zierte wenn er sich unbeobachtet fühlte, zog er sie magisch in seinen Bann. Ihm war es nicht bewusst, aber Hermine hatte sich Hals über Kopf in diesen anderen Draco Malfoy verliebt. In den Draco Malfoy, der einfach nur er selbst war, völlig ohne Maske. Denn das war es was sie und ihre Freunde immer gesehen hatten. Eine Maske aus Kälte und Verachtung. Sie wusste nicht ob er sie trug um den Schein seiner Erziehung zu wahren oder zum Selbstschutz und sie würde es wohl nie herausfinden.
Während der Slytherin die ersten Schuljahre damit verbrachte Hermine zu beschimpfen und zu demütigen, tat er in diesem Jahr einfach nichts. Er beachtete sie einfach nicht. Alles wäre Hermine lieber gewesen als ignoriert zu werden und somit schwanden ihre Hoffnungen ihn vielleicht doch ein wenig besser kennenzulernen.
Im Nachhinein war es wohl auch naiv von ihr gewesen zu glauben dass sich sein Verhalten ganz plötzlich ins Freundliche wandeln würde nur weil der Krieg endlich vorbei war.
Traurig blickte sie wieder nach draußen und stockte kurz in ihrer Beobachtung. Da, an der großen Eiche direkt gegenüber hatte sich etwas bewegt. Hermine stellte sich nun vor das Fenster um besser hinaussehen zu können und tatsächlich. Keine zwanzig Meter von ihrem Turm entfernt stand eine Person und sah zu ihr nach oben. Die Person trat einen Schritt aus dem schützenden Schatten hervor und Hermine musste einen überraschten Ausruf unterdrücken.
Blonde Haare wurden beschienen vom sanften Mondlicht und auch wenn sie keine Gesichtszüge erkennen konnte wusste Hermine, dass der Blick aus den sturmgrauen Augen nur ihr galt.
Der Slytherin deutete eine leichte Verbeugung in ihre Richtung an, drehte sich dann zum Portal und war nach kurzer Zeit wieder im Schloss verschwunden.
Hermines Herz klopfte aufgeregt in ihrer Brust. Sie wusste nicht was diese Begegnung eben bedeutete, aber sie konnte sich nicht gegen den winzigen Hoffnungsschimmer wehren, der sich nun in ihr festsetzte. Vielleicht hatte sie ja doch eine Chance ihre Träume wahr werden zu lassen. Sie wünschte es sich so sehr.
Glücklich lächelnd ging sie zu ihrem Bett und kuschelte sich unter ihre Decke. Vielleicht gab es für sie ja doch ein Happy End und vielleicht lag Draco Malfoy ja ebenfalls in seinem Bett und träumte von ihr.
~ So let the moon shine,
Softly on the boy I long to see
And maybe when he dreams
He'll dream of me ~
Mit diesem Gedanken schlief Hermine das erste Mal seit Wochen problemlos ein und das Lächeln in ihrem Gesicht blieb die gesamte Nacht und verschwand auch am nächsten Morgen nicht.
~*~*~ ENDE ~*~*~