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Vergeltung

Version II
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
So, nur nochmal zur Erinnerung:
Neyo hat beim letzten Mal netten Besuch von Asrim bekommen, der ihm - zumindest vorübergehend - die Schmerzen genommen und ihm von seinem Schicksal als zukünftiger Vampir erzählt hat. Komplett anzeigen

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Verflucht

Rashitar, Frankreich (825 v. Chr.):
 

Die nächsten Tage gab Neyo sein Bestes, den Eindruck eines langsam Genesenden immer weiter zu festigen.

Er lächelte, er scherzte und er täuschte vor, dass es mit seiner Gesundheit langsam bergauf ging. Die komplette Dienerschaft schien über alle Maßen erleichtert zu sein, dass er endlich in der Lage war, wieder sein Bett zu verlassen, sodass es Neyo unter keinen Umständen übers Herz gebracht hätte, ihre aufkeimende Hoffnung, dass bald alles wieder so sein würde wie früher, zu zerschmettern.

Er zeigte nicht, wie ausgelaugt er eigentlich war. Er sagte niemanden, dass die nächtliche Schlaflosigkeit weiterhin unbarmherzig anhielt und langsam aber sicher immer mehr von seiner Energie fraß. Stattdessen bemühte er sich, die Augenringe irgendwie zu vertuschen und zu forschenden Blicken rasch auszuweichen.
 

Ebenso sein Appetit war immer noch nicht zurückgekehrt, doch seiner Freunde willen zwang er in ihrer Gegenwart stets ein wenig Essbares herunter und tat so, als wäre nichts Großartiges dabei. Keiner schien zu bemerken, dass es für ihn eine Qual war und alles, ob nun ungenießbarer Brei oder der saftigste Braten, nach nichts schmeckte. Er hätte auch Sand oder Gras essen können, es hätte für ihn keinen Unterschied gemacht.

Im Gegensatz dazu verspürte er jedoch inzwischen einen schier unstillbaren Durst. Er trank mehrere Liter Wasser täglich und trotzdem schien es niemals genug zu sein. Auch Säfte, Wein oder etwas anderes verschaffte ihm keinerlei Befriedigung. Als verlangte sein Körper nach etwas anderem, etwas sehr viel Nahrhafteren, auch wenn sich Neyo strikt weigerte, näher darüber nachzudenken, was dies sein könnte.
 

Und zunächst schien niemand etwas zu bemerken. Zwar sah er überall immer noch Besorgnis in den Augen der anderen, aber ebenso Erleichterung. Sie vermochten nicht hinter seine Maske zu blicken, wollten es vielleicht sogar teilweise auch gar nicht. Schon sehr schnell ging alles wieder seinen normalen Gang und nur die wenigstens hatten überhaupt Zeit, zu bemerken, dass Neyo trotz alledem noch lange nicht seine alte Form erreicht hatte.

Es gab selbstredend Ausnahmen. Calvio beispielsweise verlor kein einziges Wort über seine plötzliche Wunderheilung, aber seine Blicke sprachen Bände. Er glaubte Neyo kein einziges Wort, wenn er immer wieder betonte, es ginge ihm besser. Er schnaubte bloß stets abfällig und versuchte, Neyo mit seinen Augen zu durchbohren, als würde er ihn damit irgendwie drängen können, die Wahrheit auszusprechen.
 

Und ebenso Jyliere schien Neyo auf Dauer nichts vormachen zu können. Er war schon angesichts der unerwarteten Genesung Neyos erstaunt und auch skeptisch gewesen und Neyo ertappte ihn immer wieder dabei, wie der Magier ihn aus der Ferne aufmerksam musterte, als wäre er ein Rätsel, das es zu entschlüsseln galt. Als wüsste er ganz genau, dass irgendetwas nicht mit rechten Dingen zuging.

Und Neyo war mehr als klar, dass er es ihm über kurz oder lang nicht würde verschweigen können.

Dass er es auch gar nicht wollte.

Jyliere war immer gut zu ihm gewesen, seit diesem Tag vor über zehn Jahren, als er Neyo aus dem finsteren Kellerloch befreit hatte. Nie hatte er verraten, was ihm damals zu dieser Tat getrieben hatte – manchmal machte es sogar den Anschein, als wüsste er dies selbst nicht –, aber im Grunde hatte es für Neyo sowieso nie eine Rolle gespielt. Jyliere war der erste gewesen, der ihm ein Dach über dem Kopf geschenkt und ihn mit Respekt behandelt hatte. Neyo verdankte ihm derart viel, vermutlich sogar sein eigenes Leben, sodass er es mehr als verdient hatte, alles zu erfahren.
 

Und somit schlüpfte er eines Abends, als sich Jyliere in seinem Studierzimmer aufhielt und augenscheinlich einige Briefe aufsetzte, leise durch die Tür und nahm auf einem Sessel Platz, darauf wartend, dass der Magier seine Arbeit beendete.

„Kann ich dir helfen, Neyo?“, fragte Jyliere schließlich nach, als er den Federkiel zur Seite legte und den Besucher interessiert musterte.

Neyo senkte daraufhin seinen Blick. Er merkte plötzlich, wie ihn der Mut verließ, als er in die wachen Augen des Magiers schaute. Er wusste, wenn er erst einmal ausgesprochen hatte, was ihm auf der Seele lag, würde Jyliere ihn auf eine ganz andere Weise ansehen.

„Fühlst du dich nicht wohl?“, hakte Jyliere nach, als Neyo immer noch keine Anstalten machte, zu antworten. „Du brauchst dich nicht meinetwegen zu verstellen. Ich habe sehr wohl gemerkt, dass du beileibe nicht so munter bist, wie du den Anschein erwecken willst.“ Er seufzte und betrachtete Neyo verständnisvoll. „Du lebst nicht mehr auf der Straße, das weißt du doch? Hier wird dich niemand ausnutzen, nur weil du krank bist. Ganz im Gegenteil, wir wollen dir alle helfen.“
 

Neyo schüttelte augenblicklich den Kopf. „Darum geht es nicht“, erwiderte er.

„Sondern?“

Neyo holte einmal tief Luft. „Ich ... ich wollte dir das eigentlich schon viel früher sagen“, gab er zu. „Eigentlich hätte ich schon in der Minute, als ich aufgewacht bin, sofort zu dir stürmen sollen. Es tut mir leid.“

Jyliere kräuselte seine Stirn, ließ jedoch keine Anstalten erkennen, Neyo zu bedrängen. Er war schon immer ein ruhiger und geduldiger Mann gewesen, der anderen Menschen stets immer die Zeit gab, die sie für sich persönlich brauchten.

„Ich glaube, ich hatte Angst“, fuhr Neyo fort. „Und ehrlich gesagt habe ich mir auch eine ganze Zeit einzureden versucht, dass das alles nur ein Traum war, auch wenn ich es im Grunde besser wusste.“

Neyo massierte sich nervös die Hände. Es wäre alles so viel leichter gewesen, wenn er sich das tatsächlich alles bloß eingebildet hätte. Diese rotglühenden Augen, diese Stimme, die so unglaublich verführerisch gewesen war ...
 

„Es war nicht die Medizin, die mir Besserung verschafft hat“, erklärte er. „Er ist es gewesen!“

Jyliere blinzelte einige Male verdutzt und schien zu überlegen, wer wohl gemeint sein könnte. „Ich verstehe nicht“, sagte er verwirrt.

„Ich auch nicht“, gab Neyo zu. „Ich weiß nicht, warum er plötzlich in meinem Zimmer stand ... und ...“ Er rieb sich die Schläfen und versuchte, die aufsteigenden Kopfschmerzen irgendwie einzudämmen. „Ich weiß nicht mal, wie er überhaupt hier hereingekommen ist. Eigentlich sollten doch die ganzen Sicherheitsmaßnahmen Geschöpfe wie ihn fernhalten, nicht wahr?“

Ein Verdacht schien Jyliere allmählich zu beschleichen, als er glatt eine Nuance blasser wurde und Neyo einen Augenblick schockiert musterte, ehe er aufstand, zu ihm trat und neben ihm in die Hocke ging.

„Er hat gesagt, er hieße Asrim“, fuhr Neyo fort. „Und ... und er ...“
 

Seine Stimme wurde brüchig, als er sich wieder an ihre Begegnung erinnerte. Diese Angst, diese Abscheu und gleichzeitig diese unerklärliche und groteske Anziehung. Es hatte Neyo verwirrt und unglaublich aus der Fassung gebracht.

Jyliere schienen derweil tausend Fragen auf der Zunge zu brennen, doch er mahnte sich zur Ruhe und bat Neyo, ihm alles Schritt für Schritt zu berichten. Und das tat dieser dann gleich darauf, auch wenn er den Aspekt über das sonderbare Gefühl der Verbundenheit außen vor ließ.

„Er hat mich nicht geheilt“, erklärte Neyo schließlich. „Er sagte, dass es nur temporär wäre. Dass ich ... so oder so dem Tode geweiht bin.“

Jyliere wirkte, als wüsste er gar nicht, was er denken und fühlen sollte. Er brachte nicht mal einen Ton zustande, was Neyo unweigerlich einen kalten Schauer über den Rücken jagte. Er hatte den Magier zuvor noch niemals sprachlos erlebt.
 

„Und ich ... ich glaube, es ist wahr“, entgegnete Neyo. „Ich meine, ich kann mich wieder aus dem Bett erheben, ohne das Bewusstsein zu verlieren, aber im Grunde ist das auch schon alles. Ich kann immer noch nicht schlafen, ich kann immer noch nicht essen ...“

Jyliere ergriff seine Hand und strich vorsichtig über die Stelle, wo Sharif ihn verletzt hatte. „Es ist der Biss“, meinte er mit schwerer Stimme. „Er macht dich krank.“

Auch Neyo hätte dies gerne geglaubt, aber er war einfach nicht dazu imstande. Und somit schüttelte er entschieden den Kopf.

„Du verstehst nicht“, erwiderte er. „Ich hatte das alles schon davor.“

Jyliere stutzte. „Davor?“

Neyo atmete einmal tief ein, sich mental darauf vorbereitend, was er als nächstes offenbaren würde. Er hatte es all die ganze Zeit über als Geheimnis gehütet und war eigentlich absolut erpicht gewesen, es nie auch nur einer Menschenseele zu verraten. Aber nun konnte er einfach nicht mehr schweigen.
 

„Ich kann schon seit Monaten nachts nicht mehr schlafen“, erklärte er mit Nachdruck. „Und wie sich Appetit und Heißhunger anfühlt, weiß ich schon gar nicht mehr. Stattdessen habe ich diesen quälenden Durst und es wird immer schlimmer.“ Er schloss kurz die Augen. „Und wenn ich allein bin und es ganz ruhig ist, dann höre ich manchmal ein Flüstern. Es klingt, als würden viele Menschen durcheinanderreden. Und ich kann einfach nichts dagegen tun.“ Er vergrub sein Gesicht in seinen Handinnenflächen. „Ich habe das alles schon seit Monaten. Es hat rein gar nichts mit dem Biss zu tun.“

Neyo widerstrebte es sehr, die Sorge in Jylieres Gesicht zu sehen. Liebend gern hätte er bessere Neuigkeiten gehabt und das ganz gewiss nicht nur um seinetwillen.

„Warum hast du mir nicht vorher etwas gesagt?“, wollte der Magier daraufhin wissen. „Du weißt, dass du immer zu mir kommen kannst. Ich würde dich niemals fortschicken.“
 

Neyo war dies nur allzu gewahr. Er hatte auch immer wieder darüber nachgedacht, sich Jyliere anzuvertrauen, aber jedes Mal hatte er einen Rückzieher gemacht. Er wollte keine Schwäche zeigen, er wollte keine Angst zeigen.

„Ich habe gedacht, ich werde verrückt“, erklärte Neyo mit leiser Stimme. „Als ich noch auf der Straße gelebt habe, war da dieser Mann. Er fing an, irgendwann Stimmen zu hören, redete mit sich selbst, schrie ohne einen ersichtlichen Grund und verletzte sich. Ich habe einmal gesehen, wie er seinen Kopf immer wieder gegen eine Steinmauer gehämmert hat.“ Neyo holte tief Luft, als er an dieses Bild dachte, dass ihn damals als kleinen Jungen ziemlich verstört hatte. Der Kranke hatte nicht einmal aufgehört, als ihm das Blut in Strömen aus der Wunde gelaufen war. „Und irgendwann lag er dann tot in einer Seitenstraße. Vollkommen ausgemergelt, als hätte er ab einem gewissen Punkt einfach vergessen, Nahrung zu sich zu nehmen. Und ich ... ich hatte einfach Angst, dass ich so werde wie er, verstehst du?“

Zumindest hoffte Neyo, dass Jyliere dies irgendwie nachvollziehen könnte, auch wenn er sich dies eigentlich nicht sicher war. Jyliere war in einem behüteten Umfeld aufgewachsen und hatte sich nie mit Armut und Krankheit herumschlagen müssen. Er wusste nicht, wie es sich anfühlte, Tag um Tag um sein Leben zu kämpfen.
 

„Und Asrim ... er ist zu dir gekommen?“ Man erkannte an Jylieres Tonfall sehr wohl, dass er diesen Namen bereits schon zuvor gehört hatte. Wahrscheinlich auch bereits vor dem nächtlichen Angriff durch Sharif.

„Du weißt, wer er ist, nicht wahr?“, hakte Neyo nach.

Jyliere seufzte. „Ich bin ihm nie persönlich begegnet“, gab er zu. „Das sind die wenigsten, soweit ich weiß. Aber es gab vor gut einem Jahrhundert eine unschöne Auseinandersetzung zwischen ihm und einigen Magiern, die böse geendet hat. Wir vermuten, dass er deswegen zurückgekehrt ist.“

„Aus Rache?“ Neyo sah wieder dieses dämonische Gesicht vor sich und vermochte sich sehr gut vorzustellen, dass der Wunsch nach Vergeltung ihn zu schrecklichen Taten führen würde.

Jyliere nickte bestätigend. „Er hat uns zwar bisher keinen detaillierten Plan zukommen lassen, aber sein Angriff auf Reann spricht eine deutliche Sprache.“
 

Neyo runzelte die Stirn. „Was ist denn passiert?“

Jyliere strich ihm immer noch geistesabwesend über die Hand, als wollte er ihm damit versichern, dass jemand für ihn da war. „Ich weiß es nicht genau“, gestand er ein. „Ich war zu jener Zeit nicht in Rashitar und habe nach meiner Rückkehr bloß Gerüchte gehört. Te-Kem ist dabei gewesen, aber er war noch recht jung, etwa in deinem Alter. Und er möchte unter keinen Umständen darüber reden.

Ich weiß nur, dass Unarc, Te-Kems Vater und damaliger Obere, und Asrim nicht besonders gut miteinander auskamen. Vielleicht war es eine normale Antipathie, vielleicht ist irgendetwas vorgefallen – niemand weiß es genau, nicht einmal Te-Kem, soweit ich das beurteilen kann. Auf jeden Fall ist irgendetwas geschehen, das dann das Fass zum Überlaufen gebracht hat. Und die Magier haben es geschafft, Asrim zu überrumpeln.“

Neyo wollte sich gar nicht so genau vorstellen, was nötig sein musste, um dieses Wesen in die Knie zu zwingen.
 

„Frag mich bitte nicht, wie genau ihnen das gelungen ist“, meinte Jyliere. „Te-Kem ist auf jeden Fall überzeugt, dass wir es kein zweites Mal auf diese Weise versuchen sollten. Wahrscheinlich würde es sowieso nicht funktionieren, Asrim ist vermutlich darauf vorbereitet.“

Neyo beobachtete, wie Jyliere sanft über seinen bandagierten Arm strich, auf seinem Gesicht einen Ausdruck, als hätte er alles dafür gegeben, um Neyo sein Leid irgendwie nehmen zu können.

„Es hieß überall, Asrim wäre tot“, erzählte Jyliere weiter. „Te-Kem war bis vor wenigen Wochen auch felsenfest davon überzeugt. Unarc zumindest hat ihm und auch uns berichtet, dass der Vampir ausgelöscht wäre.“
 

„Warum?“, fragte Neyo verwirrt nach.

Jyliere zuckte kurz mit den Schultern. „Unarc war vieles, aber kein Lügner. Ich glaube einfach, er war überzeugt, dass Asrim tatsächlich tot war! Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass er so leichtfertig gewesen wäre, es vor uns zu verheimlichen.“ Er senkte seinen Blick. „In letzter Zeit denke ich auch viel darüber nach, wie Unarc damals vor gut achtzig Jahren gestorben ist. Es hieß, es wäre ein Unfall gewesen – ein schrecklicher, magischer Unfall –, aber inzwischen ...“

Neyo holte einmal tief Luft. „Du glaubst, dass Asrim seine Hände im Spiel hatte?“

„Es wäre immerhin möglich“, gab der Magier zu. „Grund genug hätte Asrim sicherlich dafür gehabt.“

Neyo konnte nur zustimmen. Für eine mächtige und stolze Kreatur wie Asrim musste es ausgesprochen demütigend gewesen sein, von ein Magiern übertrumpft zu werden.
 

„Aber warum ist er dann wieder zurück?“, wollte Neyo wissen. „Wieso jetzt, nach all dieser Zeit? Um auch noch Rache an Te-Kem und all den anderen Magiern zu nehmen? Das hätte er schon vor Ewigkeiten tun können, oder nicht?“

Jyliere schloss kurz seine Augen. „Wie gesagt, niemand weiß, was Unarc genau mit ihm angestellt hat. Vielleicht war er aus irgendeinem Grund damals nicht in der Lage dazu. Oder möglicherweise ...“

Er verstummte, sein Blick auf Neyo gerichtet, als wäre dies all die Antwort, die er benötigte. Und Neyo spürte, wie sich ein Knoten in seinem Magen bildete.

„Möglicherweise ist er meinetwegen hier“, beendete er den Satz mit schwerer Stimme.
 

„Es kann kein Zufall sein“, gab Jyliere nickend zu. „Und da er schon mal hier ist, hat er sich wahrscheinlich auch noch gedacht, dass es ganz amüsant werden würde, Te-Kem und alle anderen in Angst und Schrecken zu versetzen.“

Neyo spürte, wie die Übelkeit in ihm hochstieg. Er erinnerte sich wieder an Sharif, an sein dämonisches Lächeln. Er hatte Neyos Namen gekannt und mit ihm gesprochen, als wären sie bereits alte Bekannte. Als wäre es nur eine Frage der Zeit, bis Neyo sich ihm und Asrim anschließen würde.

„Heißt das ... wäre ich nicht hier ...?“ Neyo konnte den Gedanken kaum ertragen. Reann und Calvio wären in jener Nacht beinahe gestorben.
 

„Asrim wäre so oder so irgendwann zurückgekehrt“, sagte Jyliere mit solcher Entschlossenheit, dass es schwerfiel, ihm nicht zu glauben. „Vielleicht erst in einem Jahr oder einem Jahrzehnt, aber irgendwann wäre es soweit gewesen! Unarc war damals nicht der einzige, der ihn tot sehen wollte, und ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass Asrim dies ungesühnt hätte sein lassen.“

„Aber ... es ist so lange her ...“

Jyliere lächelte leicht. „Vampire sind Wesen der Ewigkeit. Für sie ist das Konzept von Zeit etwas völlig anderes als für uns. Ein Jahrhundert vergeht für sie wie ein Wimpernschlag. Es macht für Asrim absolut keinen Unterschied, ob es nur einen Tag oder hundert Jahre her ist.“

Unwillkürlich musste Neyo wieder an Asrims Worte denken. „Wir sind die Ewigkeit, Neyo. Wenn wir wirklich lieben oder hassen, dann vergeht dies nicht nach ein paar Monaten oder Jahren.“

Für Asrim fühlte es sich wahrscheinlich noch an, als wäre es erst gestern geschehen. Der Verrat, die Demütigung. Er hasste aus tiefster Seele und würde vielleicht erst wieder Frieden finden können, wenn die Verantwortlichen und deren Kinder und Kindeskinder in ihren Gräbern lagen.
 

„Und .. was machen wir jetzt?“ Neyo hörte, wie dünn seine Stimme war. Er fühlte sich plötzlich ganz schwach und unsicher.

Jyliere strich ihm einmal kurz über die Schläfe, eine Geste, die er stets bei Menschen, die ihm nahestanden, anwendete, um sie zu beruhigen. Neyo merkte sofort, wie sich sein Herzschlag wieder ein wenig verlangsamte. Er wusste nicht, ob es Magie war oder einfach nur die Berührung, aber es spielte im Grunde keine Rolle. Neyo war bloß dankbar, dass er nach all den Jahren in der Dunkelheit endlich jemanden gefunden hatte, der ihm so nahe war.

„Wir finden einen Weg, wie wir dich retten können“, versicherte Jyliere ihm. „Magie ist schier grenzenlos und hier in dieser Stadt befinden sich die klügsten Köpfe und die größten Experten. Ich lasse nicht zu, dass dieses Monster dich mitnimmt.“

Neyo zwang sich zu einem Lächeln, auch wenn er wusste, dass dies ein schwieriges und vielleicht sogar unmögliches Unterfangen werden würde. Und er konnte nur hoffen, dass Jyliere dies nicht irgendwann bitter bezahlen würde.

 
 

 

 
 

*  *  *  *  *  *  *  *  *  *

 

 

 
 

„Neyo ist was?“

Reann spürte, wie ihr Herz schneller zu schlagen begann, als sie den Worten ihres Lehrmeisters lauschte, der mit besorgter Miene von Nachtwandlern und gefährlichen Bissen erzählte und dabei keinen Zweifel ließ, dass die Situation mehr als bedrohlich war.

„Heißt das ... Neyo wird zu einem ... Vampir?“ Reann schüttelte ihren Kopf, während sie gleichzeitig wusste, dass es wahr war. Sie sah es in Jylieres Blick, in seinen tottraurigen Augen, und fühlte, wie sie selbst die Hoffnung verließ. Nachdem sie gehört hatte, dass sich Neyos Gesundheit wieder auf einem stetigen Weg der Besserung befand, war sie erleichtert gewesen, aber nun brach dies alles wieder zusammen.
 

„Er befindet sich nicht in Verwandlung“, erklärte Jyliere sofort mit Nachdruck. „Aber ich denke, er ist schon von Geburt an dafür prädestiniert, wenn ich es einmal so formulieren darf. Ich habe von sogenannten Sa’onti bereits gehört. Irgendwann setzt bei ihnen ein bestimmter Prozess ein und wenn sie dann nicht das Blut eines Nachtwandlers trinken, dann ...“

Reann holte einmal tief Luft. „Dann was?“

Jyliere schloss kurz seine Augen, als könnte er sich so nur für einen Moment vor der Wahrheit verstecken. „Er stirbt, Reann. Gerade jetzt, in diesem Augenblick. Jede Minute, die wir vergeuden, ist er dem Tod einen Schritt näher.“

Reann wusste nicht, was sie darauf hätte antworten sollen. Sie dachte bloß an den breit grinsenden Neyo, der stets mehr Lebensfreude ausgestrahlt hatte als sonst irgendjemand, und vermochte sich einfach nicht vorzustellen, dass seine Zeit bald abgelaufen war.
 

„Wie lange?“, wollte sie wissen.

Jyliere seufzte. „Ich bin mir nicht sicher“, gab er zu. „Vielleicht sogar nur noch Wochen.“

Reann schnappte nach Luft. Als sie an diesem Morgen zu Jylieres Villa gefahren war, hatte sie eigentlich mit einem gewöhnlichen Tag gerechnet, mit Studien und belanglosen Diskussionen, die sie davon ablenken sollten, wie sehr ihr Vater unter der Sorge für seine Familie litt. Sie hatte einfach nur fliehen wollen und hatte sich auf Normalität gefreut.

„Und wenn wir ihm das Blut eines Nachtwandlers besorgen, verwandelt er sich, habe ich das richtig verstanden?“, hakte sie mit einem Schaudern nach. „Er würde dann wie ... er?“ Ihr war absolut bewusst, dass Jyliere genau wusste, dass sie von Sharif sprach. „Es muss doch irgendeine Alternative geben. Irgendein Spruch oder Zauber oder irgendwas.“
 

Sie war zwar nicht allzu optimistisch, als sie daran dachte, dass Magie rein gar nichts bei der Bisswunde bewirkt hatte außer Schmerzen für Neyo, aber dennoch hatte sie das Gefühl, dass sie sich an etwas klammern musste. Neyo war gewiss niemand, den sie als Freund bezeichnen würde, aber trotzdem hatte er es nicht verdient, auf diese Art und Weise zu sterben.

„Ich habe bisher von nichts derartigem gehört“, gab Jyliere zu. „Allerdings ist die Forschung in dieser Hinsicht auch noch nicht weit fortgeschritten. Es gibt wirklich nur sehr wenig bekannte Fälle. Und der letzte, von dem ich in alten Aufzeichnungen gelesen habe, ist schon fast siebzig Jahre her.“

„Es wäre also möglich?“, hakte Reann nochmal nach. „Es muss nicht zwangsläufig das Ende bedeuten?“
 

Jyliere zögerte kurz, als wäre da noch etwas, das er gerne ausgesprochen hätte, es aber auf irgendeinem Grund nicht über die Lippen brachte. Schließlich aber nickte er. „Ich will die Hoffnung gewiss nicht aufgeben. Und wenn du mir helfen würdest ...“

„Natürlich“, meinte Reann sofort. Neyo hatte ihr Leben gerettet. Das mindeste, was sie tun konnte, war zu versuchen, dies zu erwidern.

Jyliere schien ihren schnellen Zuspruch sehr zu begrüßen. Einen Moment später setzte er jedoch eine ernste Miene auf, als er mit Nachdruck sagte: „Aber wir erzählen nichts deinem Vater. Sobald er auch nur glauben sollte, dass Neyo in irgendeiner Verbindung mit den Vampiren steht, wird er nicht besonders erfreut reagieren.“
 

Reann vermochte nicht zu widersprechen. Te-Kem benahm sich seit dem Angriff ausgesprochen unberechenbar. Sollte er je von Neyos Zustand erfahren, würde er vor keinen Mitteln zurückschrecken, um seine Tochter zu schützen.

„Dein Vater ist ein guter Mann“, meinte Jyliere, als hätte er trotz alledem irgendwie das Bedürfnis, Te-Kem vor Reann zu rechtfertigen. „Und er tut das, was er für das Beste hält. Ich will ehrlich gesagt nicht einmal ausschließen, dass ich nicht ähnlich handeln würde, wäre ich an seiner Stelle.“ Er verstummte kurz und holte einmal tief Luft. „Er braucht nicht noch mehr Kummer und Sorgen.“

Reann nickte zustimmend. „Er hat schon mehr als genug, mit dem er sich herumschlagen muss.“
 

Jyliere setzte ein trauriges Lächeln auf, ehe er sich schließlich straffte und begann, ihr seinen bisher groben Plan zu schildern. Er sprach von alten Büchern und Schriftrollen, die sich in seinem Besitz befanden und irgendwie auf die ein oder andere Weise Vampire behandelten oder zumindest erwähnten, und ebenso von anderen Magiern und Freunden, die ebenfalls eine gewisse Kenntnis über diese spezielle Spezies hatten. Er schlug sogar vor, einige Schriftstücke aus Te-Kems privater Sammlung auszuleihen, da sich dort vielleicht ein entscheidender Hinweis finden könnte.

Reann nickte ergiebig und lauschte ihm, wie er von all den Quellen erzählte, die es auszuschöpfen galt. Nichts wollte er übersehen, nicht einmal eine winzige Kleinigkeit. Er überlegte sogar, sich hinter die Barriere Rashitars zu begeben und herauszufinden, ob die Barbaren womöglich etwas wüssten, was ihnen bisher entgangen war, da sie in der Regel öfters mit Untoten zu tun hatten als die bisher sehr behüteten Bewohner der Magierstadt.
 

„Und ... wie geht es Neyo mit dem Ganzen?“, erkundigte sich Reann schließlich, nachdem Jyliere verstummt war.

Der alte Magier seufzte daraufhin. „Was denkst du denn? Er fühlt sich körperlich elend und nun auch noch emotional. Die letzten Monate hat er angenommen, er würde allmählich verrückt und irgendwann desorientiert und vollkommen allein in einer Gasse verhungern. Und nun hat er zwar eine Erklärung für das alles, aber das macht das Ganze auch nicht besser.“

Reann blickte auf. „Das geht schon seit Monaten?“

„Es ist ein schleichender Prozess“, erklärte Jyliere. „Der Körper und seine Bedürfnisse verändern sich nach und nach. Es fängt mit Schlaflosigkeit und Appetitlosigkeit an und geht bis zu einem Punkt, wo seine menschliche Hülle nicht mehr imstande ist, es zu ertragen.“ Er schwieg und schloss kurz die Augen. „Ich habe gehört, es soll ein grauenvoller Tod sein.“
 

Reann biss sich auf die Unterlippe, ehe sie versuchte, sich dies vor Augen zu führen. Sie erinnerte sich daran, wie Neyo in der Nacht von Sharifs Angriff in der Bibliothek aufgetaucht war, als wäre nichts dabei, um diese Uhrzeit noch durch die Gänge zu streifen, und wie er lustlos auf etwas herumgekaut hatte, das seinem Gesicht nach zu urteilen wie Dung geschmeckt hatte. Ebenso hatte er es sofort vernommen, als Sharif in der Ferne die Fensterscheibe eingeschlagen hatte, während Reann rein gar nichts gehört hatte.

Reann war all das zu jener Zeit merkwürdig vorgekommen, doch der Angriff des Vampirs und alles, was danach geschehen war, hatte sie dies wieder vergessen lassen. Nun jedoch fragte sie sich, wie sie derart blind hatte sein können.
 

„Wo ist er?“, fragte sie nach.

„Auf der Westterrasse“, wies Jyliere die Richtung, seine Aufmerksamkeit bereits auf ein nahegelegenes Buchregal gerichtet. Reann zögerte kurz und erwog, ob Neyo überhaupt ihre Gesellschaft gutheißen würde, entschied aber letztlich, dass er sich damit abfinden müsste.

Sie fand ihn auf einer Bank sitzend, wie er reglos den Sonnenuntergang betrachtete. Er schaute nicht einmal auf, als Reann sich stillschweigend neben ihn setzte. Vielleicht war er gefesselt von dem Naturschauspiel, unter Umständen war es aber auch seine eigenen Gedanken, die ihn gefangen hielten.
 

„Du weißt Bescheid, nicht wahr?“, fragte Neyo schließlich, nachdem sie eine Weile schweigend nebeneinander gesessen hatten.

Reann musste angesichts seines Tonfalls leicht erschauern. Er klang so resigniert, so absolut. Als hätte er bereits aufgegeben und würde sich im Grunde nicht ansatzweise dafür interessieren, wer alles davon erführe, da es sowieso keinen Unterschied mehr machte.

„Wir finden einen Weg“, sagte sie zuversichtlich. „Hier sprudelt nur alles so vor Magie. Du hättest dir keinen besseren Ort aussuchen können für dein ... Problem.“

Das letzte Wort sprach sie dabei sehr zögerlich aus und bereute es sofort, kaum dass es ihre Lippen verlassen hatte.

Neyo schnaubte bloß. „Und warum hilfst du mir?“, hakte er nach. „Weil Jyliere dich mit großen Kulleraugen darum gebeten hat? Weil du das Gefühl hast, du würdest mir etwas schulden?“

Reann verschränkte die Arme vor der Brust. „Weil ich nicht will, dass du stirbst.“
 

Neyo schien diese Antwort zu überraschen und Reann fragte sich unweigerlich, ob er ihr kleines Gespräch damals in seinem Zimmer, als er sich in einem Schwebezustand zwischen Bewusstsein und Ohnmacht befunden hatte, bereits vergessen oder sich gar niemals daran erinnert hatte. Er war so sicher gewesen, dass sie ihr Leben für seines riskieren würde. So überzeugt, dass ihr sein weiteres Schicksal nicht vollkommen gleichgültig wäre. Doch nun wirkte er, als würde es ihn verblüffen und irritieren, dass sie sich überhaupt um seine Situation scherte.

„Du bist wirklich ein Idiot, Neyo“, meinte sie kopfschüttelnd. „Denkst du, ich wäre ein kaltherziges Miststück? Es stimmt, wir sind nicht gerade die besten Freunde auf der Welt, aber das heißt noch lange nicht, dass ich einfach die Hände in den Schoß lege und nichts tue, während ich dir dabei zusehe, wie es dir immer schlechter geht. Ich bin gut, in dem, was ich tue, und ich bin vielleicht imstande, dir zu helfen. Was wäre ich für ein Mensch, wenn ich das einfach ignoriere?“
 

Neyo musterte sie eine Weile schweigend, ehe er seinen Blick senkte. „Es tut mir leid“, sagte er leise. „Es ist nur ... ich fühle mich einfach ...“

Er beendete den Satz nicht, sondern rieb sich stattdessen die Schläfen, als würde er aufsteigende Kopfschmerzen bekämpfen.

„Hörst du immer noch die Stimmen?“, wollte Reann wissen. Als Neyo sie daraufhin erstaunt ansah, erklärte sie rasch: „Du hast mir davon erzählt. Erinnerst du dich noch?“

Neyo runzelte die Stirn. „Vielleicht“, meinte er letztlich zögernd. „Ich ... ich hab manchmal Probleme, Realität von Traum zu unterscheiden. Ich hab dir also davon erzählt?“

Er wirkte gequält, als hätte er eigentlich nicht beabsichtigt, dies irgendjemanden anzuvertrauen.

„Ich habe es nicht weitererzählt, wenn dir das Sorgen bereitet“, entgegnete Reann. „Es war zu jenem Zeitpunkt sowieso nicht das drängendste Problem.“

Daraufhin blieb Neyo eine Weile stumm, ehe er schließlich flüsterte: „Manchmal ... höre ich sie noch. Aber ich weiß, dass es keine Einbildung ist. Kein Anzeichen von Wahnsinn.“

Ihm schien es sehr wichtig zu sein, dies klarzustellen.
 

Reann nickte verstehend. „Dein Körper ... verändert sich. Und Vampire sind bekannt für ihre ausgesprochen scharfen Sinne. Das, was du hörst, sind Stimmen und Geräusche, die andere Menschen nicht mehr wahrnehmen können.“

Neyo schien überrascht, dass sie gar keine Erklärung benötigte. Und dass es sie offenbar nicht großartig kümmerte.

„Wäre die Situation nicht so drastisch, wäre das Ganze eigentlich ziemlich faszinierend“, meinte sie, in einem halbherzigen Versuch, die Stimmung wieder ein wenig aufzulockern. „Stell dir nur vor, was du alles hören könntest. Wen du alles belauschen könntest.“

Neyo lachte auf, offenbar trotz alledem amüsiert, dass einer Frau wie Reann solche Gedanken zu kommen vermochten. „Ich könnte wichtige Staatsgeheimnisse mithören“, sagte er lächelnd. „Oder ich könnte Calvio belauschen, wie er liebevoll mit seinen Puppen spricht.“

Reann runzelte die Stirn. „Calvio hat Puppen?“

Neyo grinste. „Nicht, dass ich wüsste. Aber es wäre schon irgendwie witzig.“
 

Reann kicherte bei dem Gedanken, aber schnell hatte sie wieder eine ernste Miene aufgesetzt, als ihr Blick auf Neyos bandagierten Arm fiel. Es war so surreal und gleichzeitig so erschreckend.

„Ich würde dir gerne sagen, dass alles wieder gut wird“, meinte sie unvermittelt. „Aber du weißt selbst, dass das bloß eine Lüge wäre, nicht?“

Neyo musterte sie mit einem undefinierbaren Gesichtsausdruck. „Du denkst also, es ist zum Scheitern verurteilt.“

Sofort schüttelte sie energisch ihren Kopf. „Nein, natürlich nicht!“, erwiderte sie. „Jyliere ist ein Genie und wenn dich jemand retten kann, dann ist er es.“ Sie holte einmal tief Luft. „Aber selbst, wenn du geheilt wirst und diese Vampire auf die ein oder andere Weise aus Rashitar verschwinden, heißt das nicht automatisch, dass alles wieder gut wird, nicht wahr? Ich meine ...“ Sie hielt inne, sich überhaupt nicht sicher, worauf sie eigentlich hinauswollte. „Das Schicksal hat dich dafür auserkoren, ein Unsterblicher zu werden. Und wenn wir dies eben verhindern, wirst du dich womöglich bis an dein Ende fragen, ob irgendetwas Entscheidendes in deinem Leben gefehlt hat. Ob ... ob du etwas verpasst hast.“
 

Neyo runzelte die Stirn. „Du meinst, ich würde es eines Tages bereuen?“

Reann blickte auf. „Ich glaube, du würdest es bereuen, wenn du das Angebot der Vampire annimmst. Und ich glaube ebenso, dass du es bereuen würdest, es ausgeschlagen zu haben.“ Sie hob ihre Schultern. „Ich denke einfach, dass es für dich kein Richtig oder Falsch gibt.“

Neyo schnaubte abfällig. „Ich bin demnach verflucht, ganz gleich, wie ich mich entscheide?“ Er schüttelte den Kopf. „Das ist ehrlich gesagt nichts Neues. Ich bin schon seit dem Tag meiner Geburt verdammt.“

„Neyo ...“

„Nein, ist schon in Ordnung“, unterbrach er sie. „Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass ich nicht darüber nachgedacht habe. Die Verlockung ... sie ist einfach ziemlich groß. Alles würde so viel einfacher werden.“ Er atmete einmal tief durch. „Aber ich habe die Angst in deinen Augen gesehen, als Sharif dich festgehalten hat. Und ich will auf keinen Fall so werden. Da fühle ich liebe Reue bis zum Rest meines Lebens, als für solch einen Ausdruck auf dem Gesicht eines anderen verantwortlich zu sein.“

Reann merkte, wie ernst es ihm war. Aber sie kam nicht umhin, sich zu fragen, wie überzeugt er davon noch sein würde, wenn der Tod ihn fest in seinem Griff hatte und das Ende nahte.


Nachwort zu diesem Kapitel:
So, wieder ein paar kleine Häppchen, was damals geschehen ist, dass Asrim sich auf so einem 'netten' Rache-Trip befindet. Te-Kems Daddy hat dabei eine entscheidende Rolle gespielt. Ich hatte das zwar vorher schon mal irgendwo angedeutet, wenn ich das noch richtig im Kopf habe, aber noch nicht so konkret gesagt.

Und sonst ... joah ...
Habt ihr jetzt Mitleid mit Neyo? Vielleicht sogar Mitleid mit Alec?
Und ist eigentlich schon jemanden aufgefallen, dass sowohl Neyo als auch Alec Verletzungen am Arm haben? ;p Zwar aus unterschiedlichen Gründen, aber ich fand's 'witzig', dieselbe Stelle dafür zu nehmen ... Komplett anzeigen

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Von: abgemeldet
2014-09-25T10:15:32+00:00 25.09.2014 12:15
Sehr schön, dass hier erklärt wird, warum Neyo schon vor Jahren eine so bedeutende Rolle gespielt hat. Er trägt das Blut in sich... wenn man das so nennen kann. Jedenfalls ist es vorherbestimmt gewesen. Und es ist doch das ideale Alter, um unsterblich zu werden. Er hat im Moment echt die Arschkarte...
Was ist nun besser? Qualvoll sterben oder ewig leben? Also für mich wäre die Antwort klar. Unsterblich zu sein, ist eine erschreckende Vorstellung. Was man da noch alles zu sehen kriegt in der Zukunft, will ich gar nicht wissen.
Aber so ein Tod, der sich monatelang anbahnt und immer mehr Schmerzen verursacht, je näher man ihm kommt?
Ja, doch... eine verdammt bescheidene Situation. Da helfen auch die schlauen Sprüche nicht viel, auch wenn wenigstens Reann ihn ein bisschen davon ablenken kann. Das macht sie gut, finde ich. Und man spürt auch, dass sie ein sehr inniges Gefühl für ihn hegt. Es ist sicher keine Liebe und als Bromance kann man das ja auch nicht bezeichnen, wo sie doch ne Frau ist, aber in die Richtung geht es sicher. Man sagt ja auch immer, was sich neckt, das liebt sich. Sie sind wie ein Geschwisterpaar. Können nicht wirklich mit, aber vor allem nicht ohneeinander und gerade jetzt ist es gut, dass sie sich haben.
Hach ja... ist aber nicht so spannend, wie es sein könnte, was wohl daran liegt, dass man einfach schon weiß, wie sich Neyo entschieden hat. XD
Da düse ich lieber schnell weiter zum nächsten Kapitel.

Ach ja... Ta-Kems Papa hatte also etwas gegen die innige, heißblütige Beziehung seines Sohnemanns mit dem heißen Vampir? So ist das also... ja, ja... hehe... meine Güte. Ich werde so enttäuscht sein, wenn zwischen den beiden doch was anderes war, einfach weil so alles darauf hindeutet, aber... ich bin ja nur ein kleiner Leser. WIR sind ja nur kleine Leser. Mittlerweile habe ich ja mitgekriegt, dass ich bei weitem nicht die Einzige bin, die genau so denkt.
Von:  SamAzo
2014-09-06T13:14:16+00:00 06.09.2014 15:14
Ja, das mit der Rache hattes du bei dem Gespräch zwischen Te-Kem und Jyliere erwähnt.
Weswegen und warum... nun da lassen sich, wie bereits von DoctorMcCoy erwähnt, interessante Thesen zu entwickeln. ;)
[Und bislang finde ich nichts, was gegen diese bereits vorhandene These spricht also... ich bin für alles offen. xD]

Mitleid... nicht wirklich. Aber das hatte ich in dem vorherigen Kommentar ja schon erwähnt...
Leide Alec... leide...
Und ja, das bezieht sich auch auf Neyo, wenn auch nicht so sehr.
Antwort von:  Nochnoi
09.09.2014 23:04
Ach ja, diese netten Theorien *lach*
Ihr könnt euch ja irgendwann zusammensetzen und eure Theorien zusammen spinnen :D

Na, da kann sich Neyo ja glücklich schätzen, dass du ihn ein kleines bisschen weniger leiden sehen magst als Alec xDD


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