Late night whisper
Ungläubig sah Atobe auf sein Bett hinunter. In das teure seidene Laken und das ergonomische Kissen aus Europa hatte sich diese verwilderte weisshaarige Wespe geschmiegt, eines dieser bekannten Anime-Kissen mit Armen und Beinen umklammert. Seelig schlafend. So sah er beinahe liebenswert aus, wenn sein Shirt eine normale Farbe gehabt hätte das so hoch gerutscht war dass er den flachen trainierten Bauch sehen konnte. Aber das verwaschene hellblau war eine Zumutung und hatte nichts in seinem Bett verloren.
Er hatte ihn bereits drei Mal laut angesprochen, aber der Trickser schien davon gänzlich unbeeindruckt. Er war eine wahre Zumutung. Bediente sich an seinem Morgenmantel, seinem Tee, seinen Haarpflegeprodukten die bei diesem Mopp auch nichts helfen würden und was das Schlimmste war, er vergriff sich an seinem Kabaji. Nie würde er Niou die Demütigung während der Kissenschlacht vergeben. Und auch jetzt hatte er Kabaji irgendwo hin geschickt und er musste sich persönlich darum kümmern den Abschaum Rikkais aus seinem Bett zu...rollen. Oder zu ziehen. Es widerte ihn an ihn einfach so anzufassen, er war sich nicht sicher ob der angenehme Rosenduft inzwischen auch von Niou ausging oder ob er sich ungeduscht in sein Bett gelegt hatte und sein Geruch einfach überdeckt wurde. Wüsste Oshitari von seinem Dilemma, er wäre in schallendes Gelächter ausgebrochen. Aber auch er hatte inzwischen anderes zu tun als sich um die Wünsche seines Königs zu kümmern. Auch diesen verrat würde er nicht vergessen, selbst wenn Oshitari eine einigermassen akzeptable Ausrede für seine Abwesenheit hatte. Dieser selbsternanne Speedstar war noch nerviger als Mukahi an dessen Gegenwart er sich inzwischen gewöhnt hatte. Sogar mit Shishido hatte er sich abgefunden. Lediglich Ootori mochte er in seiner Nähe, sofern ein Klavier in der Nähe war.
"Wie lange willst du mich noch anstarren? Bist du so ein Stalker wie Mizuki?", grinste ihn die Wespe plötzlich unverblümt an, lag jedoch genau so unbedarft auf dem Bett herum.
"Ore-sama starrt nicht. Und selbst wenn, würde er so etwas wie dich nicht anstarren. Raus aus meinem Bett", befahl er, wirkungslos.
"Ich werde es Yukimura und Sanada melden." Eine andere Wahl als diese Trumpfkarte auszuspielen blieb ihm leider nicht übrig.
"Na und? Wir sind kein Team mehr, König Hohlkopf. Was interessiert es mich was Captain Schneeflocke und Sandan dazu meinen? Ich war eben zuerst da. Pirin." Diese unverfrorene Frechheit liess Atobe wütend die Fäuste ballen, aber er wäre nicht der König des eisigen Reiches Hyotei wenn er nicht Ruhe bewahren könnte. Und so blieb ihm auch der trotzige Unterton in Nious Stimme nicht verborgen. Doch statt purer Genugtuung oder Schadenfreude empfand er eher...so etwas wie Anteilnahme. Er verstand ihn, diesen verrückten Trickser. Er trug dieses Gefühl schon seit Jahren in sich und der stete dumpfe Schmerz war inzwischen so alltäglich dass er es für gewöhnlich gar nicht wahr nahm. Dieses schleichende Gefühl der Einsamkeit.
"Du darfst in Ore-samas Zimmer schlafen. In dem Bett da drüben", willigte er grossz¨gog wie er nun einmal war ein und deutete auf das gegenüberliegende Etagenbett welches noch unbenutzt war und bisher als provisorischer Aufbewahrungsschrank gedient hatte.
"Nee ich bin zu müde um aufzustehen, komm du doch her wenns dir so wichtig ist"; grinste Nioh und rückte ein gutes Stück näher zur Wand. Amüsiert hob Atobe die Augenbrauen. Offenbar hatte es die Wespe heute wirklich nötig etwas Nähe zu geniessen. Etwas guten Geschmack befand sich offenbar doch unter dieser schrecklichen Modesünde wenn er sich dafür an seine königliche Hoheit wandte. Obwohl es ihn schauderte bei dem Gedanken daran mit diesem unwürdigen Individuum das Bett zu teilen zog er seine warmen Pantoffeln aus und legte sich, obwohl er wusste dass er es vermutlich gleich bitter bereuen würde, neben dem Trickser ins Bett. Alles blieb unerwartet friedlich.
"Entferne diese Hässlichkeit bitte aus meinem Bett", grollte Atobe, der einfach die Augen unmöglich beruhigt schliessen konnte in dieser Situation, ganz egal wie friedlich Niou gerade wirkte.
"Was?! Du kannst Kuroo Tetsuro nicht aus dem Bett verbannen! Er ist eine Katze! Miau!", protestierte Niou energisch und klammerte sich an dem Kissen fest. Entgeistert blinzelte Atobe zwei Mal ehe er sich räusperte.
"Ich meinte das, was du wohl ein Shirt nennst", berichtigte er ihn und Niou seufzte erleichtert auf. Dafür dass er behauptet hatte er wäre müde sass er enorm flink aufrecht und zog sich das Ding vom Körper. Sah doch schon viel annehmbarer aus. Damit konnte er leben.
"Gute Nacht dämlicher König", murmelte Niou, sich wieder wie eine Katze einkuschelnd in eine Decke die nicht ihm gehörte. Kopfschüttelnd zog er die Decke so hoch dass er auch das Kissen nicht mehr ansehen musste und widmete sich endlich seinem Schönheitsschlaf. Neben dem hoffentlich sauberen, nicht schnarchenden und auch nicht sabbernden Trickser. Ansonsten wäre es definitiv das letzte Mal dass er ihm erlaubte hier zu schlafen. Auch wenn er seinen Hintern mit Armani-Shorts in Szene setzte.
"Danke." Die Worte waren so leise dass Atobe kurz glaubte sich verhört zu haben. Gegen seinen Willen schlich sich ein nachsichtiges Lächeln auf seine Lippen.
"Gern geschehen, Wischmopp"
