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Katsuragi

von

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Forest of Wind

Yuri stand an den Klippen und schaute hinaus auf die stürmische See.

Er wusste, das er etwas vergessen hatte.

Etwas wichtiges.

Wichtiger, als alles andere von dem ihm sein Vater erzählt hatte.

Aber was es war, daran konnte er sich einfach nicht erinnern.
 

„Hier bist du, Junge. Das Abendessen wartet.“ Sein Vater gesellte sich zu ihm und schaute kurz hinaus auf das Meer, bevor er sanft an Yuris Arm zog. „Komm schon. Sonst wird es wieder kalt, wie letztes Mal.“

Oft schon hatte Roger Yuri an den Klippen gefunden und jedes Mal tat es ihm in der Seele weh den ehemaligen Gottesschlächter so zu sehen.

Roger Bacon wusste von dem Fluch, der Yuri seiner Erinnerungen beraubt hatte, aber bislang hatte er nichts gefunden, was dem jungen Mann helfen könnte. Es hatte so ausgesehen, als hätte der Fluch seine Wirkung verloren, doch dann, nach dem letzten Kampf, war Yuri verschwunden. Als er ihn endlich fand, wusste er nicht einmal mehr, wer Roger war – dabei hatte er ihn so gerne als alte, verrottete Mumie bezeichnet. So beleidigend das auch war, vermisste Roger Yuris altes ich.

Um ihn dazu zu bringen mitzukommen und auch um seine ehrlichen Tränen zu erklären, erklärte er Yuri, das er sein Vater sei. Eine Lüge, die er nicht so schnell auflösen würde.
 

Natürlich machte Yuri neue Erfahrungen und neue Bekanntschaften, aber der alte Yuri war einfach verloren gegangen. Nur selten glaubte Roger einen Funken Vergangenheit zu sehen, wenn Yuri etwas so verpeiltes sagte, das es wirklich nur von ihm hatte stammen können.

Aber der 'neue' Yuri Hyuga tat das nicht oft. Er setzte sich noch immer für andere ein, aber alles in allem, war er friedlicher geworden und nicht mehr auf Konfrontation aus.

Und aus irgendeinem Grund fand er ihn immer wieder an den Klippen.

„Gibt es Nachtisch?“

„Du warst nicht da, um welchen zu machen; also nein.“

„Hm“

„Aber ich habe etwas anderes für dich.“

Roger stand auf und ging zu einem der Regale in seinem futuristischen Haus. Als er zurück kam, trug er eine Flasche mit unansehnlich gefärbter Flüssigkeit darin.

„Was ist das?“ Yuri nahm die Flasche und hielt sie gegen das Licht. Es war für ihn nichts neues, das Roger ihm hin und wieder etwas zu trinken gab oder ihn an ein Gerät anschloss, um seine Erinnerungen zu retten. Aber Yuri zweifelte daran, das es überhaupt noch welche gab. Er war sich nur unsicher, wie er Roger beibringen sollte, das er sich damit abgefunden hatte und keinerlei weiteren Versuche mehr wollte. Als er seine Aufmerksamkeit wieder auf Roger lenkte, war dieser bereits mit einer Erklärung fertig oder aber er hatte gar keine gegeben. Das passiert auch manchmal. Dann sollte er es erst trinken, um sich nicht zu ekeln. Eigentlich war er deswegen inzwischen besonders vorsichtig. Aber bei dem Blick seines Vaters und dessen Hoffnung, das es nun vielleicht wirken würde, konnte er nicht widersprechen. Also trank er die ungesund aussehende Flüssigkeit und stellte das leere Glas auf den Tisch.

„Und?“, wollte Roger wissen. Yuri schüttelte den Kopf. „Aber es schmeckt ganz gut. Vielleicht, wenn es ein wenig kälter wäre und ein bisschen prickeliger...“
 

~
 

Yuri hatte noch immer den enttäuschten Blick vor Augen, mit dem ihn sein Vater angesehen hatte. Immer wieder passierte das, aber so sehr er wollte, das es aufhörte, so wenig Lust hatte er, weiter als Versuchskaninchen herzuhalten. Dabei wusste er genau, das es niemand anderen geben könnte. Das passierte nur wegen ihm. Dabei hatte er sich doch längst damit abgefunden.

Yuri schloss die Augen und zog seine Decke höher, als er sich auf die Seite drehte. Er sollte endlich schlafen. Müde genug war er und doch lag er noch immer wach da.

Die Leere in seinem Kopf fühlte sich anders an, als sonst. Es war ihm nicht möglich es zu beschreiben, aber es fragte zum Glück keiner und somit konnte er ganz alleine herausfinden, was es heißen könnte.
 

~
 

Das zirpen von Zikaden ließ ihn wach werden. Oder zumindest glaubte er es im ersten Moment. Aber stehend in einem Wald hatte er ganz sicher noch nicht genächtigt. Glaubte er zumindest.

Der Wind der ihm entgegen wehte, als er die letzten Bäume hinter sich ließ fühlte sich warm an und die Sonne lud dazu ein, auf der einsamen Bank zu verweilen, um in das unter ihm liegende Tal zu schauen. Yuri setzte sich und überlegte, wie er hergekommen sein könnte. Er war doch eben noch im Bett in Wales und dort regnete es seit über einer Woche.

Yuri lauschte dem Wind und den Zikaden, während er die Augen schloss.

Wie war er her gekommen?

„Yuri?“, hörte er hinter sich und Schritte kamen näher. Der Angesprochene öffnete die Augen und sah die rothaarige Frau an, die dort neben der Bank stand. „Ich bin so froh dich zu sehen.“ Sie hatte Tränen in den Augen und war sichtlich erleichtert, aber er konnte doch nicht sagen, wer das war.

„Wer bist du?“, fragte er also. Sie presste die Lippen aufeinander und setzte sich neben ihn.

„Wir waren Freunde und haben viel miteinander erlebt.“ Und es tat weh zu sehen, das er es vergessen hatte. Aber eigentlich hätte sie damit rechnen müssen. Der Mistelzweig-Fluch hatte das ausgelöst und das letzte Mal, als sie sich gesehen hatte, war dieser aktiv geworden.

„Sag nichts...“, fügte sie leise an, bevor er etwas sagen konnte. „Ich... wollte dich einfach nur mal wiedersehen. Sehen, das es dir gut geht, auch wenn du dich nicht mehr an mich erinnerst.“

Sie legte ihre Hand auf seine und schaute über den Wald, den man von hier wunderbar überblicken konnte. „Wir waren hier, zusammen. Du, ich, Anastasia, Kurando, Lucia, Gepetteo, Joachim und Blanca. Ich habe keinen von ihnen wiedergesehen.“ Dafür jemand anderes, aber darüber schwieg sie sich aus. Es lag nun in ihrer beider Vergangenheit, aber es war noch immer sicherer nichts zu sagen.

„Warum waren wir hier?“

Sie hatte damit gerechnet, das er sie fragte, wieso er ihr glauben sollte, aber er tat es einfach. Wieder musste sie innehalten, um keine Tränen zu vergießen.

„Wir waren hier, weil das hier dein Zuhause ist. Katsuragi... Wir haben deine Tante besucht, Kurandos Mutter, damit sie uns helfen konnte. Ob er und Anastasia hier her zurückgekommen sind, nachdem Kampf gegen Kato?“

Sie wusste es nicht und erwartete auch keine Antwort von Yuri. Woher sollte der das wissen?

„Hier... also dort unten in dem Dorf... hab ich dir gesagt, das ich dich liebe.“ Daraufhin verfiel sie dann doch ins schweigen. Jetzt hatte sie es doch wieder gesagt, obwohl sie es nicht hatte tun wollen.

Sie spürte seine Finger, die sich um ihre schlossen und den leichten Druck, den er auslöste.

„Katsuragi...“, wiederholte er leise und schaute über den Wald, so wie Karin es getan hatte. Er hatte keinerlei Erinnerung an diesen Ort. Aber die Frau neben ihm, löste ein angenehmes Gefühl in ihm aus. Yuri verstand es nicht wirklich, aber er wusste, das er sie tatsächlich einmal gekannt hatte.

„Tut mir leid, aber... ich muss wieder los.“ Sie stand auf und löste sich von seiner Hand. „Vielleicht... sehen wir uns ja mal wieder. Ich fänd es schön.“

Yuri nickte, auch wenn er keine Ahnung hatte, ob das hier irgendwann noch einmal passieren könnte.
 

~
 

Regentropfen prasselten wie Hagelkörner gegen die Scheiben des Hauses und rissen Yuri aus dem Schlaf. Einige Momente blieb er einfach nur still liegen und starrte an die naheliegende Wand, bevor er die Augen noch ein wenig weiter öffnete, erstaunt über seine eigene Erkenntnis:

„Karin...“



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  CaroZ
2015-11-26T21:18:39+00:00 26.11.2015 22:18
Das ist zwar nicht gerade deine aktuellste Geschichte, aber ich dachte, ich lass mal was da. :)

Offenbar bin ich der erste Kommentator, der das Spiel kennt.^^ Ich hab schon Teil 1 sehr gerne gespielt, Teil 2 war anders, aber auf seine Weise auch echt gut.

Das ist eine nette kleine Geschichte, die selbst diesem wirklich schlechten Ende des Spiels einen Hoffnungsschimmer abgewinnen kann. Hat mir gut gefallen!

Viele Grüße
Caro
Antwort von:  SamAzo
27.11.2015 00:12
Ahh, endlich jemand der es kennt. Ist ja nicht so, als wäre Shadow Hearts ein sehr bekanntes Spiel.
Dabei ist es so gut... (SH wie auch SH:C)

Schön, das es dir gefallen hat. ^_^
Von: abgemeldet
2015-10-09T22:25:37+00:00 10.10.2015 00:25
Oh, ein schöner OS =D
Ich kenne das Spiel nicht, aber ich glaube das ist nicht einmal das Schlechteste. Im Grunde geht's mir da ja wie Yuri - man erfährt die Vergangenheit aus den Andeutungen der anderen, ohne selbst zu wissen, was damals war und dieses Gefühl kommt echt gut rüber. Hat mir wirklich sehr gefallen!
Auch Karin und Roger fand ich sehr interessant und man merkt, wie viel ihnen Yuri bedeutet und wie schwer die ganze Situation auch für sie ist ... hach. Schön <3
Das Ende gibt dem ganzen noch einen besonderen Kick. Ein kleiner Hoffnungsschimmer, dass er doch noch an seine Erinnerungen gelangt, die schon für immer verloren erscheinen (und ich würde ja irre gerne wissen, wie er reagiert, wenn er erfährt, dass Roger nicht sein Vater ist und er ihn belogen hat ^^)
Gefällt mir!
Antwort von:  SamAzo
11.10.2015 01:54
Vielen Dank. ^_^
Es ist gut zu wissen, das man auch als 'nicht Kenner' die Geschichte versteht bzw nachfühlen kann.

Puh, wie Yuri reagieren würde...
Das käme wohl ganz darauf an, ob er seine Erinnerungen in dem Moment hat, oder nicht. Wenn sie da sind, müsste sich Roger auf ein paar, nach Beleidigungen klingende, Namen anhören müssen, die alle nicht so gemeint sind. (Yuri hat da seine ganz eigene Art... hatte...)
Ohne seine Erinnerung... Er vertraut Roger. Zu erfahren, das so etwas wichtiges eine Lüge war, könnte er ihm übel nehmen. Allerdings ist er nicht nachtragend und wenn Roger ihm erklärt, weswegen er es getan hat... Aber ganz genau kann ich das gar nicht sagen.
Von: Puria
2015-09-20T16:23:19+00:00 20.09.2015 18:23
Oh, es ist jetzt wahnsinnig gemein, dass ich das Spiel nur namentlich kenne und mir die Figuren (und die angedeuteten Ereignisse) nichts sagen. Denn ich denke, mit dem Wissen würde sich für mich noch einmal eine Bedeutungsebene mehr eröffnen. Aber gut, da lässt sich aktuell nichts dran ändern. ;)
 
Zwar fehlt mir einiges an Wissen, dafür kann man sich auch ohne recht gut und schnell in den OS einfinden. Das 'Aftermath' liegt quasi greifbar in der Luft und auch die Thematik des Gedächnisverlusts rührt beim Lesen, da man merkt wie Yuri und auch die Menschen um ihn herum mit dem Umstand zu kämpfen haben.
Karins Bedürfnis, den Menschen wiederzusehen den sie liebt, ist nachvollziehbar und der Moment wirkt wirklich schmerzhaft, da es sicher schwer ist, jemand gehen zu lassen, den man liebt.
Umso glücklicher macht dann natürlich die letzte Szene, bei der es vielleicht zu diskutieren wäre, was genau zur Erinnerung führte? War es der Trank? Die Begegnung mit Karin? Beides?
 
Abschließend bleibt mir nur noch zu sagen, dass das Thema wunderbar im OS verwoben wurde. Alles dreht sich irgendwie um das 'Weißt du noch', ohne dass die Worte explizit fallen müssen. Ein schöner Beitrag zum WB und zum KH-Fandom!
 
Greetings
Puria
Antwort von:  SamAzo
21.09.2015 20:14
Danke. ^^


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