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Alle Mann an Deck!

Pirates Lullaby
von

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Tag der Entscheidung

Ein leises Seufzen entglitt ihren Lippen, als sie gen Horizont blickte und die Sonne dabei beobachtete, wie sie aufging und das Leben in Port Taledo begrüßte. Die kleine Hafenstadt war schon in den frühen Morgenstunden geschäftig und in der Nacht waren besonders das Tavernenviertel für die Raufereien und den Lärm, den betrunkene Matrosen und Piraten verursachten, bekannt.

Charleen erwartete ein Schiff, welches unter einer schwarzen Flagge, der Jolly Roger, segelte. Das Kaperschiff Saint Morgue von Hengest Reel sollte bald einlaufen, zumindest hatten dies ihre Kontaktmänner behauptet.
 

Die junge Frau war nun bereits seit zwei Jahren in der kleinen Hafenstadt. Dadurch, dass die Stadt eine Händlerstadt inmitten einer kleinen Insel nahe der Karibik war, war sie sehr beliebt bei Piraten und allerlei anderen Halunken. Sie konnte es ihnen auch nicht verübeln, war Port Taledo doch alles andere als eine Stadt, in der rechtschaffene Bürger ihren Tätigkeiten nachgehen konnten.
 

Tavernen, Bordelle und alles was das Herz eines Piraten noch höher schlagen ließ, konnte man hier finden. Für Frauen kein Platz, außer diese wollten dem horizontalen Gewerbe nachgehen.

Durch ihren natürlichen hellen Teint, den braunroten Haaren und dem Körper mit dezenten und kaum merklichen weiblichen Kurven wurde sie wenigstens davor verschont, von einem der Bordellen angeworben zu werden oder dass sie es überhaupt versuchten.

Charleen hatte in den Jahren, die sie nun hier war, sich am Leben gehalten, in dem sie stahl, mordete und gelegentlich in der ein oder anderen Taverne aushalf, wenn es keine Aufträge der anderen Art gab.
 

Doch dieses Leben konnte und wollte sie nicht ewig führen, sie wollte weiterziehen und zu diesem Zweck hatte sie sich ein Piratenschiff ausgesucht, bei dem sie anheuern wollte.

Es gab da nur ein Problem um das sie sich noch kümmern musste.

Hengest Reel tolerierte keine Frauen an Bord seines Schiffes, wie die meisten Kapitäne von Piraten.

Das war in der Tat eine Herausforderung und Charleen war sich sicher, dass sie diese zu bewältigen wusste. Sie hatte bereits vor Monaten Nachforschungen bezüglich der Piraten an Bord der Saint Morgue angestrebt. Ein Haufen trunkwütiger Halunken und doch fähige Männer, was das Kapern von anderen Schiffen betraf.
 

Sie hatte bereits zu Beginn erfahren, dass sie keine Chancen auf einen festen Fuß an Bord des Schiffes hatte, zumindest nicht als Frau. Da sie genügend Kontakte zu den Frauen in den Bordellen und zu Schaustellern in den Laientheatern hatte, konnte sie bald von sich behaupten, dass sie auch als Mann durch ging. Sie hatte Monate auf den Augenblick hingearbeitet und daran nicht nur an ihrem Aussehen, sondern auch an ihrer Ausdrucksweise, ihrem Verhalten und insbesondere an ihrem Umgang mit dem Säbel gefeilt.

Sie war sich sicher, dass sie es heute an Bord des Schiffes gelangen und das Leben des Piraten Charles beginnen konnte.
 

In der Ferne konnte sie bereits die Segel von einem neuen Schiff erkennen. Sie hatte sich zu dem Zweck auf dem höchsten Felsen der Küstenklippen postiert, wollte sie doch als Erste erfahren, wenn es soweit war.

Als sie die Segel entdeckt hatte, machte sie sich auf den Weg in die Stadt. Der Ab- und Aufstieg auf diesen Aussichtspunkt war lang und beschwerlich, weswegen es keiner wagte dort oben zu siedeln oder gar einen begehbaren Weg zu ebnen. Sie hatten es nicht für notwendig erachtet.
 

Es dauerte meist um die zwei Stunden, bis man die Stadt erreicht hatte. Zumindest wenn man schnell war und den Weg kannte. Charles erreichte bald die Hafenstadt und durchquerte die Gassen. Sie wollte, bevor das Schiff eintraf, noch ihre Habe aus ihrem Zimmer holen, für welches sie gegen Untermiete bei einer Taverne im abgelegenem Viertel des Hafens bezogen hatte.

Als sie die Taverne betrat, ging sie gleich in ihre Kammer, holte dort die wenigen Güter, die sie besaß.

Das Zimmer war recht spärlich möbliert. Ein Bett mit einer harten Matratze sowie Bettzeug, ein kleiner aber robuster Schrank und ein Hocker.

Sie legte ihr Entermesser ab, welches sie zuvor am Gürtel trug und begann ihre Sachen zu packen. Dabei handelte es sich um eine kleine Kette aus Silber, einer Muskete, ein wenig Munition und ein paar Kleider.

Die Kleider beliefen sich dabei auf einem Hemd, einer Schärpe und einer weiteren Weste. Sie hatte diese Kleidung vorbereitet für den Augenblick, wenn sie Port Taledo verlassen würde und dieses Leben hinter sich ließ.
 

Sie legte sich die Kette um den Hals und betrachtete diese. Der Anhänger war eine kleine Uhr, welche schon vor Jahren stehen geblieben war. Trotz dessen, dass sie nicht funktionierte, behielt Charles diese Uhr, war sie ihr doch sehr wichtig.

Sie verstaute die Kette unter ihrem Hemd. Dabei betrachtete sie sich im Spiegel. Als sie damit begann sich wie ein Mann zu kleiden, hatte Charles einen Spiegel aus einem der Bordelle gestohlen. Schließlich konnte sie nicht immer zu den Huren gehen, damit diese ihr halfen, auch wenn die Stunden nach dem Anproben immer sehr reizvoll gewesen waren. Aber auf Dauer konnte sie sich die Besuche nicht leisten, musste sie doch immerzu einen gewissen Betrag bei der Leiterin des Bordells abliefern, glaubte diese doch, dass die Frau um des Vergnügen willens dort war.
 

Nachdem Charles noch einmal sicher gegangen war, dass alles saß und ihre Brust genügend abgebunden war, zurrte sie die rote Schärpe, die ihre Hüften verdeckte an. Auch wenn sie mittlerweile auch ohne Spiegel zurecht käme, war es ihr immer noch am liebsten, wenn sie dort alles kontrollieren konnte. Da sie aber mit hoher Wahrscheinlichkeit diesen nicht mitnehmen konnte, musste sie fortan ohne auskommen.

Nachdem Charles die Kleider in einem kleinen Stoffbeutel verstaut hatte, füllte sie ihre Muskete mit Schwarzpulver und steckte eine Kugel in den Lauf und legte das restliche Schwarzpulver, sowie den paar Kugeln, die sie noch hatte zu ihren Kleidern. Danach steckte sie sich die Muskete griffbereit in ihre Schärpe, griff daraufhin nach ihrem Schwert und steckte es in die dafür vorgesehene Scheide.
 

Da sie nun fertig war, schulterte sie ihren Beutel und verließ die kleine Kammer. Sie hatte eh nie wirklich viel für das Zimmer übrig gehabt, daher würde sie sich weniger Gedanken darum machen. Oder so etwas wie Heimweh verspüren. Charles verließ das Gebäude, auch wenn sie dem Wirt noch die Pacht für die letzten Tage schuldig war und machte sich auf den Weg zu den Docks.

Das Piratenschiff müsste mittlerweile geankert haben und die Mannschaft müsste bereits am Hafen angekommen sein. Als sie die Docks erreicht hatte, sah Charles, wie das Beiboot des Kapitäns anlegte und Hengest an Land trat.
 

Dieser wies seine Leute an, das Boot ordentlich zu befestigen, sonst könnten sie zurückschwimmen, sollte es abhandenkommen. „Riley, du kümmerst dich darum, dass das Boot bewacht wird. In drei Stunden wird dich Matthew ablösen.“ Mit diesen Worten wandte sich der Kapitän um und machte sich auf den Weg zur Stadt. Er hatte einiges zu erledigen und zudem sehnte es ihn nach einer Flasche Rum und netter Gesellschaft.

Als Hengest Reel sich umdrehte, konnte Charles einen besseren Blick auf ihn werfen. Der Kapitän der „Saint Morgue“ war ein alter, rüstiger Mann mit harten, markanten Gesichtszügen, denen die Erfahrungen und das Leben auf hoher See nahezu ins Gesicht geschrieben waren. Vom üppigen Hut des Kaptains wurde von den Narben in dessen Gesicht abgelenkt, waren diese doch sehr auffällig. So reichte eine Narbe von seiner linken Kieferseite quer über seine Wange und endete genau zwischen seinen Augen. Auch die abgetragenen und teils ausgefranzten Kleider des Mannes bezeugten seine unzähligen Schlachten, die ihm durch seinem Ruf weit vorauseilten.
 

„Seid Ihr Hengest Reel?“, sprach sie und trat auf den Mann zu. „Was will ein Bursche wie du von mir?“, entgegnete dieser barsch, ging dabei weiter ohne darauf zu achten, ob der Jüngling ihm folgte oder nicht.

„Man nennt mich Charles Dunkeen. Ich möchte auf Eurem Schiff anheuern…“

Der Pirat blieb stehen und betrachtete Charles argwöhnisch. Der prüfende Blick machte sie nervös und sie schluckte leicht. Würde die Tarnung auffliegen oder würde sie den erfahrenen Piraten täuschen können?

Ihr Puls raste, je intensiver der Mann sie begutachtete, umso größer wurde die Angst, dass sie aufflog. Als sich jemand hinter den beiden räusperte, blickten sie beide zu der Quelle des Geräusches.

„Warum überlegt Ihr‘s Euch nich‘, Capt’n?“

Ein junger Mann mit einer Augenklappe auf dem linken Auge, grinste die beiden Männer an. Er trug ein rotes Kopftuch, sowie schlichte, abgewetzte Kleidung, die gern einen Schneider sehen würden.

„Wir haben in der letzten Schlacht viel einstecken und auch einige Männer beklagen müssen… Neuzugang käme uns nur Recht…“
 

„Hm… Wenn er so entschlossen ist, wie er tut, soll er sich seinen Platz an Bord erkämpfen. Wir brauchen fähige Männer, die mit Waffen umzugehen wissen…“, sprach der Kapitän und ging, würdigte dabei Charles keinen weiteren Blick mehr.

Der Mann mit der Augenklappe lachte und sah dem Piraten hinterher, dann sah er Charles an und grinste. „Was auch immer er in Euch sieht, aber er scheint Euch zu mögen… Man nennt mich Elias. Ich bin der 1. Maat und Smutje an Bord der Saint Morgue“, stellte er sich vor und schlug Charles auf den Rücken.

„Na dann komm mal mit. Bekommst später ‘ne Möglichkeit um dich zu beweisen. Bis dahin… lass uns trinken!“

Charles konnte dem Mann gar nicht wirklich widersprechen, drängte dieser ihn schon in die nächste Taverne. Es würde wohl das Beste sein, wenn sie sich erst einmal an den Piraten hielt.
 

Sie tranken nun seit Stunden, hatten sich neben Elias und dem Kapitän, einige Piraten in der Taverne Zum saloppen Gesang eingefunden, sangen, aßen und lachten zusammen. Charles hatte in der Zeit einige der Mannschaft kennengelernt und doch die meisten Namen wieder vergessen. Auch wenn sie gern mit den anderen trank, versuchte sie dieses Mal zu vermeiden, dass man ihr nicht zu oft nachschenkte.
 

Ein Knarzen ertönte und prompt schien die Musik, das Gelächter und die Stimmen der Piraten zu verstummen, hatte sich der Kapitän erhoben und bedachte Charles mit einem nachdenklichen Blick. „Komm mit Junge. Es wird Zeit…“, raunte er und wandte sich zum Gehen, warf dem Wirt noch einen Beutel zu, ehe er die Spelunke verließ.

Charleen schluckte. Nun hieß es wohl zu beweisen, dass sie es wert war, bei den Piraten aufgenommen zu werden. Das konnte ja heiter werden.
 

Trotz dessen, dass sie illegale Tätigkeiten ausübte, konnte sie direkten Kämpfen aus dem Weg gehen und die einzigen Erfahrungen mit dem Schwert beruhten auf das Training gegen einen abgestorbenen Baumstumpf. Und dieser wehrte sich nicht, wenn sie zuschlug oder es ausnutzte, wenn sie einen Fehler begann.

Sie folgte dem Kapitän hinaus und bemerkte, dass neben Elias ihnen noch ein paar Schaulustige folgten. Scheinbar empfanden sie es immer als ein Spektakel, wenn jemand seine Fähigkeiten unter Beweis stellte. Oder war sie die Erste?
 

Charleen achtete nicht wirklich darauf, wo sie lang gingen, hatte sie während des Marsches ihre Augen hauptsächlich auf die Rückseite der Weste Reels geheftet. Als dieser jedoch stehen blieb, bemerkte sie auch, dass er sie und die anderen zum Strand etwas abseits der Häfen geführt hatte.

Reel drehte sich zu Charles um und musterte sie. „Wir sind hier, da du beweisen willst, meiner Mannschaft zu Nutze zu sein… Zieh dein Schwert, ich werde dein Prüfer sein…“, ertönte ruhig und raunend aus der Kehle des Piratens. Charles fiel erst jetzt auf, was für eine tiefe und raunende Stimme der alte Mann hatte. Wahrscheinlich so tief und rauchig aufgrund des Alters und zur Nachfolge vom Rauchen und Trinken.
 

Kurz nachdem er sie dazu aufgefordert hatte, zog sie ihr Entermesser und begab ich in Kampfposition. Sie hatte damit gerechnet, dass sie würde kämpfen müssen, dass sie aber gegen den Kapitän ihre Klinge erheben müsse, hatte sie zu keinem Zeitpunkt geahnt. Nervosität führte dazu, dass sich eine gewisse Anspannung in ihr breit machte und ihr Puls nahezu raste.

Charles versuchte dies jedoch beiseite zu schieben und den Kapitän genau im Auge zu behalten. Dabei beobachtete sie genau seine Bewegungen, zog auch er kurze Zeit, nachdem sie ihre Klinge gezogen hatte, auch sein Schwert.
 

„Na los Junge!“
 

Es fiel ihr auf, als sie den Kapitän angriff, dass der Alkohol seine Wirkung doch zeigte und größere Auswirkungen auf sie hatte, als sie es wollte. Charles wollte ihn angreifen, knickte jedoch weg und stolperte durch den Sand. Verdammter Mist! schoss es ihr durch den Kopf und Reel lachte auf.

„War das schon alles?“
 

Charleen knurrte, schnaubte leise und stand auf. Sie funkelte den Kaptain an und richtete sich auf. Sie nahm ihr Entermesser fester in den Griff und stürmte dann wieder auf den Piraten zu. Charles holte aus und versuchte ihn mit ihrer Klinge zu treffen, doch er parierte und drückte sie zurück.

„Wenn du noch nicht mal mir Widerstand leisten kannst, dann bist du hier fehl am Platz!“
 

Die Worte des Piraten fuchsten die junge Frau. Sie wollte sich beweisen, sie musste es einfach. Charleen eilte wieder auf ihn zu und zielte erneut auf die Schultern des Kapitäns. Sie wusste, er würde parieren, doch sie hatte eine Idee. Und es kam auch wie es kommen musste und Hengest holte ebenso erneut zum Parieren aus, womit er jedoch nicht rechnete, war das Charles sich im Schwung der Bewegung in den Sand fallen ließ und nach seinen Beinen schlug.
 

Der Pirat musste ausweichen und konnte diesen Schlag nicht parieren. Er grinste.

„Schon besser… Aber noch nicht gut genug!“, knurrte der alte Seebär und ging nun selbst zum Angriff über.
 

Es entstand ein langwieriger Schlagabtausch zwischen den beiden und wurde jeher damit beendet, dass der Pirat Charles zu packen bekam und ihr den Knauf seines Schwertes in den Bauch rammte, wodurch sie bewusstlos wurde.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: abgemeldet
2016-01-27T16:25:00+00:00 27.01.2016 17:25
Ich finde, dass Du das rege Treiben am Hafen sehr authentisch dargestellt hast. Auch die Vorgehensweise von Charleen leuchtet mir soweit ein und ist auch durchdacht (soweit, ich das als Laie sagen kann XD). Ich hoffe ja einmal, dass sie als Charles von der Piratenmannschaft nicht entdeckt wird!


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