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Bananeneis

von

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Seine Geheimnisse

„Sag mir, dass das nicht wahr ist", brachte Mara schließlich hervor, als sie ihre Stimme wiedergefunden hatte. Sie zitterte am ganzen Körper. Vor Wut, Enttäuschung, Unglaube, Trauer. Sie wusste nicht weswegen, doch schien das Entsetzen allmählich der Wut Platz zu machen.
 

„Mara, ich weiß nicht was du meinst." Erwin wirkte ehrlich verunsichert. Allerdings glaubte sie nicht, dass er tatsächlich so ahnungslos war, wie er tat.
 

„Wieso ruft dich die Ex meines Bruders an?"
 

Immerhin war Erwin so ehrlich und setzte kein falsches, entrüstetes Gesicht auf. Sein geübtes Pokerface dominierte seine Züge. Mara strich sich aufgebracht durch die dunklen Haare. „Ist das dein Ernst?“
 

Er sagte nichts. Sah sie einfach nur an.
 

„Scheiße, Erwin, sag doch was!"
 

„Was willst du jetzt von mir hören, Mara?" Im Gegensatz zu ihr klang er so ruhig wie eh und je. Fassungslos starrte sie ihn an.
 

„Warum sie dich anruft."
 

Erwin holte Luft, sagte jedoch nichts.
 

„Sag mir einfach, dass du nichts mit ihr hattest.“ Drohend fuchtelte sie mit dem Smartphone in seine Richtung.
 

Schweigen.
 

Dieses Schweigen war für Mara wie ein Faustschlag mitten ins Gesicht. Sie spürte, wie ihr Unterkiefer zu beben begann und kämpfte gegen das Brennen in ihren Augen.
 

„Sag mir, dass das nur ein blöder Scherz ist."
 

„Es ist kein blöder Scherz", nahm Erwin ihr die letzte Hoffnung. Entrüstet starrte sie ihn an. Erneut öffnete und schloss sie den Mund, ohne ein Wort zu sagen.
 

„Ja, ich hatte vor einiger Zeit mal was mit ihr."
 

Plötzlich schien die Welt all seine Farben verloren zu haben. Alles wirkte grau und trostlos. In ihrer Brust krampfte sich etwas zusammen. Nur konnte es nicht ihr Herz sein, denn das lag in tausend Scherben zu ihren Füßen.

Sie dachte an das kleine Kind, dessen blondes Haar, und es schien, als würde ihr der Boden unter den Füßen weggerissen werden.
 

„Ist das Kind von dir?", fragte sie tonlos und wappnete sich innerlich für den nächsten Schlag.
 

„Das Kind ist definitiv nicht von mir."
 

„Und was macht dich da so sicher?"
 

Noch immer wirkte sein Gesichtsausdruck undurchdringlich, aber kurz ließ Erwin sich anmerken, wie er mit sich selbst rang. Jedoch war diese Regung nur erkennbar, wenn man ihn etwas genauer kannte. Mara hatte es wahrgenommen, demnach dachte sie, sie würde ihm näher stehen. Allerdings schien sie sich da gehörig getäuscht zu haben.

„Ich werde es dir erklären, wenn du dich beruhigt hast", meinte er und seufzte.
 

Wie vor den Kopf geschlagen blinzelte sie mehrmals. Selbst jetzt wahrte er noch all seine Geheimnisse und ließ sie im Ungewissen. Mit ihrer Geduld am Ende schüttelte sie den Kopf und fasste einen Entschluss.
 

Stumm schritt sie auf ihn zu und übergab ihm sein Smartphone. Dann legte sie die Kette ab, die sie die letzten Monate mit so viel Freude getragen hatte. Nun glaubte sie, der kleine Anhänger würde sie in einen Abgrund ziehen. Sie wollte Erwins Geschenk nicht mehr.
 

Dieser setzte zum Sprechen an, doch kam sie ihm zuvor. „Ich werde dir das Geld für Levis Pflege zurückzahlen", sagte sie schlicht, schob sich an ihm vorbei und griff sich ihre Handtasche und Mantel.
 

„Mara, ich bitte dich", versuchte Erwin zu ihr durchzudringen, doch sie hörte erst gar nicht hin.
 

Sie schlüpfte in den Mantel und versuchte ihn möglichst nicht anzusehen. „Ich dachte eigentlich, dass wir würden uns mittlerweile einigermaßen vertrauen und könnten offen miteinander reden. Doch anscheinend habe ich mich da geirrt.“
 

An dem Blick, den sie ihm dann doch noch zuwarf, erkannte man, wie verletzt sie war. Ihr Mund zog sich zu einer geraden Linie, ehe sie weiter sprach. „Ich kann es einfach nicht glauben, dass du mir, selbst in dieser Situation, nicht sagen willst, was Sache ist. Vertraust du mir denn gar nicht?“
 

Ohne eine Antwort abzuwarten ging sie zur Wohnungstür. Sie musste raus. Sofort! Keine Sekunde mehr hielt sie in seiner Gegenwart aus. Ein Klos im Hals schnürte ihr die Luft zum Atmen ab. Genauso hinderte der Druck in ihrer Brust ihre Lungen daran sich auszubreiten, um den nötigen Sauerstoff einzusaugen.
 

„Ich hätte es dir gerne unter anderen Umständen gesagt“, hörte sie Erwin hinter sich, als sich ihre Finger um den kalten Türgriff legten.
 

„Ich will es gar nicht mehr hören“, sagte sie atemlos und trat auf den Hausflur. Erwin folgte ihr.
 

„Nicht.“ Sie blieb stehen und warf ihm einen kurzen Blick über die Schulter zu.

Er stoppte ebenfalls. Dabei hielt er einen gewissen Abstand, denn er respektierte den Freiraum, den sie nun brauchte.

Als sie sich vergewissert hatte, dass er ihr nicht weiter folgte, ging sie weiter. Ungeduldig wartete sie auf den Aufzug am Ende des Flures. Gleichzeitig kämpfte sie gegen den Drang, sich noch einmal umzudrehen. Ein heller Ton kündigte die Ankunft des Aufzuges an und die Türen öffneten sich surrend.
 

Mara stieg in den Aufzug. Schließlich wandte sie sich nochmals um und sah zu Erwin, der noch immer an Ort und Stelle verharrte. Sie schluckte. Erneut spürte sie diesen Schmerz in ihrer Herzgegend. Die Türen schlossen sich und verschluckten seinen Anblick. Der Aufzug setzte sich ruckelnd in Bewegung. Sie legte den Kopf in den Nacken und verbat sich zu weinen.
 

Unten angekommen durchquerte sie hastig die Lobby und trat hinaus auf die belebte Straße. Dort steuerte sie direkt Levis Wagen an, ohne ihre Umgebung weiter zu beachten. Dabei wäre sie beinahe vor ein fahrendes Auto gelaufen. Allerdings konnte der Fahrer rechtzeitig bremsen. Hupend machte er seinem Ärger Luft, woraufhin Mara ihm im Vorbeigehen den Finger zeigte.
 

Eilig entriegelte sie den Wagen und ließ sich auf den Fahrersitz plumpsen. Stöhnend fuhr sie sich mit beiden Händen über das Gesicht. Sie konnte noch gar nicht fassen, was da gerade passiert war.
 

Ihr Blick wanderte zu dem Hochhaus auf der anderen Straßenseite, in dem Erwins Wohnung lag. Da erkannte sie, wie eben dieser aus dem Gebäude trat und sich umsah.
 

Bevor er sie entdecken konnte, startete sie den Motor. Noch einmal sah sie zu ihm hinüber. Er sah in ihre Richtung. Ihre Blicke trafen sich für den Moment. Kurz zögerte sie. Dann legte sie den Gang ein und sauste davon.
 

.•:*´¨`*:•☆ ☆•:*´¨`*:•.
 

Levi saß in seinem Bett und sah aus dem großen Fenster. Da vernahm er die schnellen Schritte auf dem Flur, die sich seinem Zimmer näherten. Er blickte auf die Uhr, rechnete nicht damit, dass seine Schwester so früh schon auftauchen würde. Und doch war sie es, die sich durch die halb geöffnete Tür schob. Stumm schloss sie die Tür, ehe sie mit gesenktem Haupt zu dem Stuhl neben seinem Bett schritt.
 

„Du bist früh“, stellte er fest. Dabei beobachtete er, wie sie sich steif auf dem Stuhl nieder ließ. „Und du hast meine Kleidung vergessen.“
 

Mara sagte nichts, sah ihn nicht mal an. Da wusste Levi, dass etwas nicht stimmte.
 

Wortlos musterte er sie. Ihre Hände ballte sie auf ihren Oberschenkel zu Fäusten, ihre Schultern bebten. Eine Weile verging, in der er sie einfach nur ansah und wartete.

Letztendlich hob sie den Kopf und er sah die Tränen über ihre Wangen kullern. Ihre Augen waren geschwollen und gerötet vom Weinen.
 

„Ich bring das Arschloch um“, knurrte er bei dem Anblick seiner Schwester.
 

Diese hielt nichts mehr auf dem Stuhl. Sie krabbelte zu Levi ins Bett, legte den Kopf an seine Brust und ließ ihrem Kummer freien Lauf.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  opa_regenhosenteddy
2016-04-09T21:50:20+00:00 09.04.2016 23:50
D:
War auch zu schön um wahr zu sein....
Aber so verdammt traurig. :<
Bin gespannt auf das nächste Kapitel!


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