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Der Schatten des Doktors

von

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Ankunft mit Überraschungen

„Mmmmh … ah … was?“, murmelte Rose und schreckte hoch als sie jemand sanft an der Schulter rüttelte. Einen Moment war sie sichtlich irritiert, dann stellte sie ernüchtert fest, dass sie wohl eingenickt war und den Rest des Fluges mehr oder weniger verschlafen hatte.
 

Sie öffnete unwillig die Augen, als jemand in ihr Ohr rief: „Hallo, Miss Smith! Bitte, wachen Sie auf!“ Es war Richards, der sich halb über sie gebeugt hatte und nun besorgt auf sie hinuntersah. Der Sanitäter stützte sie bei ihren Bemühungen, sich wieder richtig aufzusetzen.
 

„Ist ja schon gut … “ Rose stöhnte und realisierte im ersten Moment erst einmal nicht, wo sie war, aber die Geräusche im Hintergrund erinnerten sie wieder die Ereignisse der letzten Stunden. Sie lockerte ihre verkrampften Schultern, öffnete und kniff die Augen zusammen, um die Müdigkeit zu vertreiben.

Dann stellte sie mit Erstaunen fest, dass sie inzwischen nur noch die Handschellen trug, die Verbindungskette zur Wand war abgenommen worden. Außerdem achtete niemand außer dem Sanitäter auf sie.
 

Eine ideale Gelegenheit, um …
 

'Nein!', ermahnte sie sich. 'Nein, so dumm bin ich nicht – außerdem bringt mir das nur unnötig Schmerzen und Scherereien ein. Und wirklich befreien werde ich damit weder mich, noch den Doktor, der in einer noch viel misslicheren Lage als ich steckt.'
 

Ein eisiger Windstoß ließ sie frösteln, so dass sie unwillkürlich in die Richtung blickte, aus der die Böe gekommen war. Das Luftschiff musste gelandet sein, denn zwei Türen im hinteren Bereich standen nun weit offen und erlaubten den Blick nach draußen, auch wenn sie zunächst nicht mehr als nachtschwarzen Himmel und Scheinwerfer sehen konnte, deren grelles Licht alles andere verschluckte.
 

Soldaten schoben den Doktor auf der fahrbaren Trage gerade an einem großen, mit schweren Planen bedeckten und sorgsam festgezurrten Gegenstand vorbei, der alles sein konnte – ein Gestell mit Ausrüstung, eine Vorratslieferung auf einer Palette oder … sie schluckte und vergaß den Gedanken gleich wieder, da ihr etwas anderes viel deutlicher ins Auge fiel.
 

Der zur Bewegungslosigkeit verdammte Körper des Timelords wurde während der Fahrt durch den Gitterboden des Schiffs und der Gangway ordentlich durchgerüttelt, das konnte sie selbst aus dieser Entfernung und gegen das Licht sehen.
 

Hörte das denn niemals auf? Wut kochte hoch. Warum behandelten sie den Doktor immer noch wie einen leblosen Gegenstand, wie ein Ding? 'Verdammt noch mal, weil er in den Augen dieses mies gelaunten Sergeanten wohl eines ist! Du hast den Mistkerl doch reden gehört! Und du weißt genau, dass nicht alle so denken!'
 

Sie biss sich auf die Lippen und zwang sich tief durchzuatmen, um ihren Jähzorn jetzt nicht an dem Einzigen auszulassen, der aus der ganzen Bande noch halbwegs menschlich denken und zu fühlen schien.
 

„Wir sind gelandet wie Sie sehen können!“ Richards half ihr dabei, auf die Beine zu kommen und hielt sie fest, als sie aufgrund ihrer noch immer vorhandenen Benommenheit strauchelte. Oh, dieser eher klein gewachsene und dünne Mann war ja doch kräftiger, als sie dachte.
 

„Machen Sie ruhig langsam“, gab er ihr einen freundlichen, gut gemeinten Rat. „Unterhalb der Gangway wartet bereits ein Rollstuhl auf Sie, wenn das nötig sein sollte.“
 

„Ich denke, ich kriege mich schon wieder ein und kann auch weiter auf meinen eigenen Beinen stehen.“ Rose grinste schief und ließ sich von ihm durch das Luftschiff führen. „Und wo ist eigentlich 'hier'?“ fragte sie dabei leise und schauderte, als die Böe nun auch noch von feinem Nieselregen begleitet wurde, wie sie an dem feinen Prickeln auf ihrem Gesicht merkte.
 

Gut, dass sie selbst immer noch ihre Jacke trug. Dem, der Hälfte seiner Kleidung beraubten, Doktor erging es da mit Sicherheit wesentlich schlechter.
 

Der Sanitäter brachte sie ruhig zum Ausgang, schien erleichtert darüber zu sein, dass sie ihm keine Schwierigkeiten machte, sondern mitspielte. „Wir sind in der Nähe von Basis Torchwood Zwei gelandet“, sagte er ebenso leise wie sie. „Sie hätten das ohnehin bald erfahren, deshalb verrate ich ihnen jetzt sicherlich kein Geheimnis mehr.“
 

„Nein, das tun Sie wirklich nicht.“ Rose seufzte. Eigentlich hätte sie sich schon längst denken können, dass es sich nur Schottland handeln konnte!
 

Das Schlamassel hätte nicht größer sein können. Jetzt hingen sie also genau bei der Splittergruppe fest, über die am wenigsten bekannt war, und die sich auch während der Cybermen-Krise bedeckt gehalten hatten.
 

Die Waliser hatten wenigstens zeitweise versucht, mit ihnen zusammen zu arbeiten, waren nach der Zerstörung ihres Hubs durch die Cybermen in Cardiff aber völlig untergetaucht und operierten nur noch als Einzelpersonen oder kleine Gruppen, jedenfalls nicht mehr mit den Ressourcen, die hier aufgefahren wurden.
 

Ihr Vater hatte den schottischen Teil von Torchwood einmal als reaktionäre, paramilitärische Bande bezeichnet, die schon seit dem Untergang der Monarchie und der Ausrufung der präsidialen Republik nach der Abdankung von König Edward VIII. so gut wie immer auf die Befehle von Torchwood London gepfiffen und meistens ihr eigenes Ding durchgezogen hatten.

Vermutlich wurden sie dabei durch die Angehörigen der königlichen Familie wie Prinzessin Elizabeth und ihrem Sohn Charles unterstützt, die zwar noch immer ihre Titel führen und auf repräsentativen oder karitativen Anlässen auftreten durften, aber ansonsten keine Befugnisse mehr hatten.
 

Sie schürzte die Lippen. Na toll …
 

Dann spähte sie nach draußen. Viel war ohnehin nicht durch die Dunkelheit und die auf das Luftschiff gerichteten Scheinwerfer zu sehen. Das Luftschiff schien jedenfalls über einem Flugfeld niedergegangen zu sein, wie sie an den fest in den Boden einbetonierten Verankerungen erkennen konnte, die seitlich der Gangway zu erkennen waren.
 

Dann ließ sie ihren Blick schweifen.
 

Ganz am rechten Rand ihres Sichtfeldes war ein hohes Gebäude zu erkennen, vermutlich der Hangar. Das machte sie aber immer noch nicht schlauer. Aber auf jeden Fall hatte das ganze eher Ähnlichkeit mit einer Armeebasis als mit einem zivilen und eigentlich privaten wissenschaftlichen Institut, als das Torchwood bei seiner Gründung einmal gedacht gewesen war.
 

Richards schob sie sanft in Richtung Gangway. Rose machte ein paar Schritte auf die inzwischen freie Treppe zu und blickte nach unten. Den Doktor hatten die Soldaten bereits nach unten gebracht und auf der Wiese abgestellt. Zwei Mann hielten neben der Trage Wache, die Mützen gegen den Wind und den Nieselregen tief ins Gesicht gezogen. Ein dritter stellte gerade die Kiste mit den Habseligkeiten des Gefangenen daneben ab.
 

Der Timelord lag reglos da. Seine Augen waren geschlossen und der Kopf leicht zur Seite gesunken. Sie hielt den Atem an, während sie die letzten Stufen hinunter ging und ihn dabei nicht aus den Augen ließ. Wenigstens eines hatten sie inzwischen getan - ihm endlich den Knebel abgenommen.

Anhand seiner sich langsam hebenden und senkenden Brust konnte sie erkennen, dass er immer noch atmete. Trotzdem hoffte sie, dass er einfach nur schlief und nicht inzwischen gegen viel schlimmere Verletzungen kämpfte, die man äußerlich nicht sehen konnte.
 

Als sie zu ihm gehen wollte, hielt der Sanitäter sie jedoch fest. „Nicht … wir sollen Sie getrennt von ihm halten, Befehl vom Chef.“ Sein Griff an ihrem Arm wurde fester. Trotzdem spannte sich Rose an und wollte sich losreißen.

„Bitte, es ist alles okay. Der Mann, Ihr Begleiter schläft nur …“, fügte Richards hastig hinzu. „Ich habe ihn mir auf Befehl vom Chef eben angesehen, bevor ich sie geweckt habe und auch den Knebel abgenommen, damit er zumindest freier atmen kann. Wenn es zu Komplikationen gekommen wäre, hätte ich sie sicherlich mehr unternommen … “ Der nervöse, leicht panische Unterton in seiner Stimme ließ sie aber stutzen.
 

„Das glaube ich Ihnen nicht!“, unterbrach sie ihn giftig.
 

Der Sanitäter bewegte nervös den Kopf. „Der Mann ist in einem Zustand, den ich nicht richtig einschätzen kann – so weit geht meine Ausbildung nicht. Ich kann durchaus Verletzungen aller Art versorgen, weiß welche Hilfe bei Schocks sinnvoll ist … aber sein Zustand ist … ist mir in dieser Form noch nicht begegnet.“, gab der Sanitäter besorgt zu.

„Ich habe versucht ihn zu wecken und mit der Lampe in seine Augen geleuchtet, aber die reagierten kaum noch …als ob er in ein tiefes Koma gefallen sei. Und auch seine Körpertemperatur und sein Herzschlag machen mir Sorgen.“ Er holte tief Luft. „Beide sind viel zu niedrig … ein Mensch müsste schon längst tot sein. Ich unterrichte auf jedenfalls gleich den diensthabenden Arzt der Basis, damit er sich ihn genauer anschaut!“
 

„Das will ich hoffen, sonst mache ich Ihnen die Hölle heiß!“, drohte Rose noch einmal und wollte sich mit Richards Geständnis vorerst zufrieden geben und ihm nicht mehr zusetzen, horchte dann aber auf, als Motorengeräusche erklangen. Ein kleiner Lastwagen kam in Sicht, gefolgt von einem Jeep.
 

„Ist das unser Begrüßungskomitee?“, hakte sie nach.
 

„Ich glaube ja!“ Der Mann an ihrer Seite nickte, enthielt sich aber weiterer Erklärungen und reckte den Hals, während die beiden Fahrzeuge in unmittelbarer Nähe des Luftschiffs anhielten. Rose sah, wie zwei Personen in ziviler Kleidung aus dem Jeep ausstiegen, und eine Gruppe Soldaten aus dem Luftschiff auf den Lastwagen zueilten.
 

Da die Neuankömmlinge die Krägen ihrer Mäntel hochgeschlagen und die Hüte tief ins Gesicht geschoben hatten, konnte die junge Frau nicht einmal erkennen, ob es sich um Männer oder Frauen handelte.
 

Der grauhaarige Sergeant trat auf die beiden zu und salutierte. Noch wirkte alles sehr militärisch, aber musste immer noch nichts zu sagen haben, denn die größere Gestalt erwiderte das mit knappen Worten und einer schroff wirkenden Kopfbewegung und trat dann auf den Doktor zu. Eine behandschuhte Hand packte das Kinn des bewusstlosen Timelords und drehte das Gesicht ins Licht der Scheinwerfer, als wolle er den Gefangenen genauer in Augenschein nehmen.
 

Das nutzte Rose aus, um sich von dem Sanitäter loszureißen, um auf die Männer und die Trage zuzugehen. Der rothaarige Sanitäter folgte ihr hastig und griff nach ihrem Arm, doch Rose schüttelte seine Hand unwillig ab und trat auf die andere Seite der Trage.
 

„Sind Sie der Leiter dieser Operationsbasis?“ fragte sie laut, um auf sich aufmerksam zu machen, und musterte den Unbekannten mit hoch erhobenem Kopf. „Dann möchte ich mich über die grobe Behandlung beschweren, die wir Ihren Leuten zu verdanken haben“, fügte sie scharf hinzu. „Wir sind angegriffen und niedergeschossen worden … und das hier-“, sie deutete auf den Doktor. „Das hier geht gar nicht! Der Mann hat ihren Leuten überhaupt nichts getan, dafür wurde er auf diese entwürdigende Art und Weise gefesselt und während des Fluges auch noch geknebelt!“
 

Der Angesprochene stutzte und löste den Griff, um seine Hand zu seiner Kopfbedeckung zu heben und diese ein Stück zurück zu schieben,
 

Er musterte sie schweigend und zog dabei eine Augenbraue hoch.
 

Rose tat es ihm gleich und stellte fest, dass ihr Gegenüber nicht mehr sonderlich jung war, vielleicht sogar schon in seinen Siebzigern, aber ja, er hatte sich verdammt gut gehalten. Wache Augen musterten sie unter auffälligen dunklen Augenbrauen, das ansonsten glattrasierte Gesicht wurde von einem gut gepflegten und mit Grau durchzogenen Schnurrbart geprägt.

Tiefe Furchen erzählten von einem harten, wenn nicht sogar aufregenden Leben und alles andere an seiner Haltung verriet, dass sie hier einen altgedienten Soldaten vor sich hatte. Und er kam ihr irgendwie vage bekannt vor, wenn sie auch nicht sagen konnte, woher.
 

Ein Schmunzeln huschte plötzlich um die Mundwinkel des Mannes. „Es ist wirklich angenehm, Sie kennenzulernen, Miss …“
 

In diesem Moment wurde er lauten Motorengeräuschen und dem Quietschen einer Winde unterbrochen. Denn aus dem vorderen Teil des Luftschiffes wurde nun noch etwas anderes ausgeladen, Unter der Plane, deren Befestigung sich gelöst hatte und die nun durch eine Böe hoch flatterte, war für einen Moment eine große blaue Kiste zu erkennen, die sie nur all zu gut kannte.
 

Rose schnappte laut nach Luft. Also hatte sie vorhin richtig vermutet: Torchwood hatte auch die Tardis einkassiert. Kein Wunder, wenn sie daran dachte, wo sie geschnappt worden waren. Die Leute aus Schottland waren wirklich gründlich in dem, was sie taten.
 

Andererseits – sie ließ die Luft wieder aus ihren Lungen entweichen - ersparte es dem Doktor und ihr auch die Mühe, nach der Tardis zu suchen oder sich durch das halbe Land kämpfen zu müssen, wenn es ihnen irgendwie gelang hier raus zu kommen …
 

Eine Räuspern riss sie aus ihren Gedanken. „Miss Tyler …“
 

„Ja“, antwortete sie zerstreut und bemerkte erst im nächsten Moment, dass sie mit ihrem richtigen Namen angesprochen worden war. Ihre Augen weiteten sich, als sie den älteren Mann wieder ansah, der nun fast schon verschmitzt lächelte. „Sie wissen wer ich bin?“
 

„Auch wenn Ihr Vater vielleicht anderes behaupten wird, ich bin durchaus über die derzeitige Leitfigur von Torchwood London, seine Familie und ihre Rollen in der Cybermen-Krise informiert“, erwiderte er ruhig. „Sie haben es zwar ganz gut geschafft, sich aus den Medien heraus zu halten, aber nun, auch Torchwood Schottland ist nicht unbegabt, was das Sammeln von Informationen angeht.“
 

Er senkte plötzlich seine Stimme, so dass nur noch sie ihn noch verstehen konnte. „Und dann sollten Sie noch wissen, dass ich sehr wohl darüber informiert bin, woher Sie und ihre Mutter eigentlich stammen und wem wir bei der Bekämpfung der Cybermen eine Menge zu verdanken haben. Ich wundere mich deshalb ganz und gar nicht über Ihre Anwesenheit und die Gesellschaft, in der sie sich befinden.“
 

„Woher …“Rose legte plötzlich den Kopf schief und verstummte. Sie sah den alten Mann genau so misstrauisch wie irritiert an. „Und wer zum Teufel sind dann eigentlich Sie?“



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