Zum Inhalt der Seite

Der Schatten des Doktors

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Der Vergangenheit auf der Spur

„Fassen wir einmal zusammen …“ John staunte noch immer über die Tatsache, dass ihm der Master über ein Terminal in der Wand – wenn auch nur sehr eingeschränkten - Zugriff auf die Datenbank seiner Tardis gewährt hatte, um die gesammelten Informationen über Penelope Gate und Ulysses miteinander abzugleichen. Im Großen und Ganzen deckten sich die meisten, auch wenn sie teilweise aus anderen Quellen stammten. Nur einige Hinweise waren neu, unter anderem auch zwei Bilder, des Paares die ihm irgendwie entgangen waren.
 

So schälte sich nach und nach ein faszinierendes Bild heraus, dass ihn für Momente seine Lage vergessen und die Neugier die Überhand gewinnen ließ. Vielleicht gab ihm das auch die Kraft, stark zu sein, wenn sich ihm wieder die düsteren Gedanken aufdrängen wollten. Er hoffte es zumindest – jetzt galt seine Aufmerksamkeit aber dem Bildschirm.
 

„Penelope Gate war ein herausragender Geist, einer der wenigen Menschen ihrer Zeit, die in der Lage waren, vierdimensional zu denken. Damit war sie den meisten Ihres Fachs weit voraus, durchbrach nicht nur Grenzen, an denen sonst keiner zu kratzen wagte, sondern auch solche an die man damals nicht einmal dachte …“
 

Eine Mischung aus Stolz und Wehmut erfüllte ihn. Wäre er der Doktor gewesen – er hätte diese junge Frau mit Sicherheit auch kennen lernen wollen und wahrscheinlich sogar an Bord der Tardis geholt. Nun vielleicht hatte Ulysses ja genau das getan. Nicht alle Timelords dieses Universums mussten so arrogant und eingebildet sein, wie der, in dessen unmittelbarer er sich befand.
 

Der Master schnaubte abfällig über die Äußerung und winkte gelangweilt ab, als er kurz über die Schulter zu diesen hinsah. Der bärtige Mann lehnte sich lässig gegen die Konsole. Würde jetzt wieder eine Bemerkung über den beschränkten äffischen Geist der Erdlinge kommen?
 

Nein? Auch gut.
 

Seine Aufmerksamkeit kehrte zum Bildschirm zurück. „Sie bastelte sich aus dem Material, an das sie ohne Probleme kam, wohl eine Zeitmaschine zusammen. Die Energiequellen, die sie zur Verfügung hatte, reichten allerdings nur aus, um das Modell ein paar Stunden in die Zukunft zu schicken. Das reichte aber aus, um jemanden auf sich aufmerksam zu machen, der ebenfalls gerade in Cambridge weilte. Dieser ganz spezielle Timelord gab sich als wohlhabender amerikanischer Gelehrter und Gentleman aus, als ein gewisser Doktor Ulysses, der von der gebildeten, aber recht konservativen Gesellschaft wohl sehr gerne eingeladen wurde, weil man es schätzte, dass er wohl anders als viele neureiche Besucher der neuen Welt höchst gebildet und ein angenehm gesitteter Umgang war …“
 

Er rieb sich über das Kinn. Natürlich wusste er sehr wohl, wer Ulysses war, aber gegenüber dem Master spielte er bewusst den Dummen und fragte deshalb: „Mich würde schon interessieren, was ein Bewohner Gallifreys gerade dort gewollt hat, denn eigentlich dürften die Erkenntnisse und Entdeckungen, die dort zu dieser Zeit gemacht wurden, nicht besonders aufregend für jemanden von ihrer Spezies …“
 

Der bärtige Timelord machte eine unwillige Handbewegung. „Es ist für dich unwichtig zu wissen, was Ulysses dort trieb.“
 

„Natürlich, ja …“, John presste die Lippen aufeinander. 'Vermutlich wichtige Timelord-Geschäfte, um die Menschen klein zu halten und vom richtigen Weg abzubringen, oder aber die Peinlichkeit, dass es ein Angehöriger seiner geistig weit über den Menschen stehenden Spezies, wagt, diese doch irgendwie faszinierend zu finden und sich ohne Vorbehalte unter sie zu mischen', dachte er bissig. 'Nichts was ein jämmerliches Halbblut etwas anzugehen hat. Aber für alles andere, für die Drecksarbeit bin ich gerade gut.' Dann schluckte er jedoch seinen Groll herunter. Es nutzte nichts, sich zu ärgern, also machte er in der Zusammenfassung der Erkenntnisse weiter.
 

„Ulysses unternahm daher alles, um mit Professor Gate und seiner Familie in Kontakt zu kommen und Penelopes Vertrauen zu gewinnen. Weil sie ihn wohl nur für einen weiteren lästigen Verehrer hielt, blieb die junge Frau jedoch sehr misstrauisch und distanziert.

Das änderte sich ganz offensichtlich erst, als er während eines schweren Unwetters zur Stelle war und sie aus dem brennenden Gartenhäuschen rettete, in das ein Blitz eingeschlagen war. Aufgrund der Notizen ihres Vater ist wohl sicher, dass sie die Energie der Entladungen für ein Experiment hatte verwenden wollen, dabei aber die Instabilität und die Kraft unterschätzt hatte.

Aufgrund der Geräusche, die von Augenzeugen erwähnt wurden, steht wohl außer Zweifel, dass Ulysses sie mit seiner eigenen Tardis aus dem unsicheren Zeitfeld gepflückt hat, das sich um den Prototyp ihrer Zeitmaschine herum entwickelt hatte.

Sie berichteten auch von einem heftigen Streit zwischen der jungen Frau und ihrem Retter, als die beiden wie aus dem nichts aus einem nahegelegenen Heckenlabyrinth erschienen …“
 

Die Worte kamen ihm so erschreckend leicht von den Lippen. John schmunzelte dabei auch noch in sich hinein, wurde dann aber wieder ernst. Manchmal wünschte sich, seine eigene Liebesgeschichte mit Rose hätte so stürmisch angefangen und wäre nicht nur die Weiterführung einer alten Beziehung gewesen, in der er nur den Ersatzcharakter spielte.
 

„Was auch immer direkt danach geschehen ist, darüber schweigen unsere Quellen ja leider … aber eines ist sicher, „Die Eiserne Jungfrau, die nur für die Wissenschaft lebt und Männer gerade einmal als Diskussionspartner akzeptiert, schien sich besonnen zu haben. In der Folge wurde sie jedenfalls immer öfters in Gesellschaft des amerikanischen Gelehrten gesehen, mit dem sie nicht nur fachsimpelte, sondern auch … glaubt man dem Klatsch der „Cambridge Gazette“ … schließlich sogar recht zärtlich zugetan war. Nun, um dem Gerede zuvor zu kommen, heirateten sie schließlich in kleinem Kreis und brachen dann zu einer großen Hochzeitsreise auf.“
 

Er sah zum Master hin.
 

„Florenz in seiner Blütezeit unter Leonardo dem Prächtigen, die Große Bibliothek zu Alexandria, kurz bevor sie in Flammen aufging … und noch ein paar Orte mehr, die nur ein Timelord mit seiner menschlichen Braut besuchen konnte. Es scheint, als habe er mit ihr die Stätten der irdischen Gelehrsamkeit besucht, die sie gerne hat sehen wollen … aber nichts davon, lässt darauf schließen, dass sie sich irgendwo für länger niedergelassen haben.“
 

John runzelte die Stirn, auch wenn er genau dieses Wissen durch seine Recherchen bisher nicht erlangt hatte. Wie denn auch … mit den menschlichen Mitteln, die ihm zur Verfügung gestanden hätten. Ein wenig ärgerte es ihn doch, dass er selbst nicht mehr in der ferneren Vergangenheit gegraben hatte. Aber machte das wirklich so viel aus? Denn die aus den Daten gezogenen Erkenntnisse waren eher ernüchternd.
 

„Aber das ist alles nichts, was uns wirklich weiter bringt, um sie zu finden, der einzige klare Hinweis sind die Notizen über ihre Abreise nach Amerika und der Vermerk des Arztes der Familie Gate, dass er dem Unterfangen nur unter Vorbehalt zustimme, da er eine Schiffsreise für eine junge Frau im Zustand guter Hoffnung für gefährlich halte. Tja, und das war es …“
 

Verärgert darüber, dass ihn der Master einerseits die ganze Arbeit machen ließ, andererseits Informationen vorenthielt, die das Bild vermutlich runder machen würden, fügte er doch ein wenig frustriert hinzu: „Und der Kontinent ist verdammt groß, nicht so ein überschaubares Ländchen wie Großbritannien. Sie können überall und nirgends hingegangen sein. Und ich denke nicht, das sie lange an Bord des Schiffes geblieben sind, in dessen Passagierliste ihre Namen stehen. Schließlich hat die „Atlantic Star“ New York niemals erreicht, weil sie durch einen Sturm mitten im Nordatlantik untergegangen.“
 

Unwillig tippte er mit den Fingern gegen das wie eine Arbeitsplatte heruntergeklappte Wandelement, vor dem er stand und starrte auf den milchigen Bildschirm voller sich überlappender Bilder und Icons, die auf Textdateien hinwiesen.
 

„Immerhin haben wir dadurch zumindest ein klares Datum für die angebliche Abreise aus Southhampton nämlich den 23.Mai 1889.“
 

Moment einmal, konnte das eine Möglichkeit sein, den Gesuchten doch noch auf die Schliche zu kommen und sie abzufangen? Er drehte sich plötzlich zum Master um und sah diesen herausfordernd an.
 

„Sie sagten ja, dass es für einen Timelord keine kalten Spuren gäbe. Warum also wagen wir nicht den kleinen Sprung und schauen uns an, ob Ulysses und seine frisch angetraute Gemahlin tatsächlich an Bord gehen. Denn wie die beiden zu der Zeit aussehen, wissen wir ja!“, forderte er den Master heraus und rief ein stark vergilbtes Hochzeitsfoto auf.
 

Der zog nur eine Augenbraue hoch, zeigte aber ansonsten keine Regung. John verkniff sich ein Seufzen. Wollte ihn der Timelord etwa zappeln lassen, um dann eine abschlägige oder zynische Antwort zu geben zuzutrauen war es ihm ja …
 

Dann zuckte er zusammen, denn der Master klatschte in die Hände. „Das wollte ich von dir hören, mein Junge!“, meinte er amüsiert. „Das sind endlich einmal intelligente Worte, nicht nur freches aber hohles Geschwätz, Jammern oder gar jähzorniges Geschrei.“
 

'Denk doch was du willst, Mistkerl!' Johns verzog das Gesicht, trat dann jedoch trotzdem aufgeregt und ein wenig neugierig näher an die Konsole heran, um dem Master auf die Finger zu schauen, der ihn in diesem Fall sogar gewähren ließ. Mit effizienten Bewegungen stellte der Timelord die Raum-Zeit-Koordinaten ein und legte dann den Hebel um, mit dem er die Tardis aktivierte.
 

Unwillkürlich glänzten Johns Augen. Auch wenn er hier keinen besonderen Status genoss und jederzeit mit Schmerzen und Tod rechnen musste – es fühlte sich doch verdammt gut an, zu hören, zu sehen und mit jeder Faser seines doch nur zu menschlichen Körpers zu spüren, wie sich der Zeit-Rotor in Bewegung setzte, die Tardis dematerialisierte und sanft in den Vortex glitt.
 

Ein angenehm warmes Kribbeln fuhr durch seinen ganzen Körper und er wollte einfach nur noch die Augen schließen, um diesen Moment zu genießen, ihn mit allen Sinnen einzufangen und mitzunehmen.
 

Im nächstem Augenblick musste er allerdings sich festhalten, denn ein heftiger Ruck ging durch das Schiff, gefolgt von weiteren nicht minder unangenehmen Erschütterungen. Es fühlte sich an, als ob sie gerade in einem Stein gefangen seien, der flach geworfen, an der Wasseroberfläche entlang hüpfte, als würde er von dieser abprallen.
 

Der Master fluchte heftig, so dass John nicht einmal mehr fragen musste, was gerade passierte. Er wusste es einfach: Dem Schiff gelang es nicht die „Wände“ des Vortex an der gewünschten Stelle zu durchdringen, nein es prallte regelrecht an ihnen ab, wurde stattdessen zurück in den Zeitstrom geschleudert.
 

Ein erneuter Versuch führte zum gleichen Ergebnis. Ebenso wie der dritte und der vierte, auch wenn der Master zwischendurch die Koordinaten veränderte, ihre Ankunftszeit um Stunden oder gar tage und Wochen verschob, und dabei immer grimmiger und wütender mit seinen Händen über die Konsole fuhr.
 

Jemand war sehr trickreich dabei vorgegangen, eine Barriere zu errichten, die es unmöglich machte, in die Jahre zwischen 1888 und 1890 in den Süden Englands oder in die Vereinigten Staaten zu springen. Und das musste jemand sein, dessen Können offensichtlich sogar das des Masters überstieg, der aus noch unbekannten Gründen nicht zulassen wollte, dass jemand die damaligen Ereignisse genauer unter die Lupe nahm.
 

'Doktor, warst du das?', fragte er sich stumm und hielt sich derweil an der Wand fest, um zu verhindern, dass er aus lauter Neugier selbst Hand an die Konsole anlegte und dem Master damit noch mehr über sich verriet. Außerdem war mit dem gerade nicht gut Kirschen essen, so wütend wie der gerade war.
 

Schließlich gab der Timelord mit einem wütenden Schlag gegen den Zeitrotor auf, gegen die Barriere anzukämpfen und ließ das Schiff unwillig zu seiner Ausgangsposition zurück. Mit einem finsteren Gesicht schaltete er den Zeitrotor ab und mahlte mit dem Kiefer, murmelte etwas zu sich selbst und wandte sich dann wieder John zu.
 

„Und was tun wir jetzt?“, fragte dieser, konnte in seiner Stimme und in seinen Augen jedoch nicht seine Schadenfreude verhehlen, mitzuerleben, dass auch die Arroganz des Masters angekratzt werden konnte.
 

Das kam ihn teuer zu stehen denn nur Sekunden später schrie John laut auf. Er ging mit einem gequälten Wimmern in die Knie, weil heftige Schmerzwellen, ausgehend vom Arm durch seinen Körper rasten und nicht nur dafür sorgten, dass ihm die Tränen in die Augen schossen, sondern auch, dass jedes Hochgefühl, jede Freude und jeder andere Gedanke als an das, was ihm gerade angetan wurde, verschwand.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück