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Der Schatten des Doktors

von

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Im Alarmzustand

Mit jeder Faser ihres Körpers spürte Rose, wie sich die Situation zuspitze. Aus einem spontanen Impuls heraus trat sie erst neben und dann vor den Timelord, als könne sie ihn so vor dem Hass des jungen Soldaten schützen.
 

Denn sie konnte und wollte nicht glauben, dass dieser überhaupt zu einer solchen Tat fähig war. Dazu hatten sie zu viel miteinander erlebt. Der Doktor rettete Leben – er vernichtete sie nicht! Und gerade in dieser Inkarnation fehlte ihm die Düsternis und Melancholie, die „ihr“ Doktor besessen hatte und auch manchmal bei John durchschimmerte. Und durch die Augenblicke der Kälte möglicher wurden …
 

John … das gab ihr einen leichten Stich, aber sie schob die Gedanken beiseite. Im Moment brauchte sie all ihre Sinne, um die Situation zu entschärfen.
 

„Rose!“, wisperte der Doktor mit heiserer Stimme in ihren Rücken. Sie spürte die Berührung seiner Hände, als wolle er sie aus dem Weg schieben. Auch jetzt dachte er zu allerletzt an sein Leben und seine Sicherheit. „Nicht … Bringen Sie sich bitte nicht wegen mir in Gefahr. Der Mann ist unberechenbar.“
 

„Gerade deswegen bleibe ich wo ich bin!“ stellte Rose sich stur und schüttelte seine Hände ab. „Nein, sie bleiben, wo sie sind, Doktor! Ist das klar? Ich bin ein Mensch! Und auf seinesgleichen wird er wohl kaum kämpfen, oder wie sieht es aus?“

Deshalb sah sie den Soldaten ernst an.

„Denn ist es wirklich zweifelsfrei bewiesen, dass Sie den Schuldigen vor sich haben, Mister?“, wandte sie sich selbstbewusst an den von rasendem Zorn erfüllten Mann, der auch auf die verzweifelten Worte seines Kollegen nicht mehr richtig reagieren wollte. „Mal, die Frau hat recht. Komm zur Vernunft, verdammt, und höre ihr bitte zu.“
 

„Der Bastard kann Ihnen sonst etwas erzählt haben. Schöne Worte und nichts dahinter. Der Killer in Southhampton hat mit den gleichen miesen Tricks gearbeitet und damit meinem Bruder und seine Kameraden in die Falle gelockt!“
 

„Sind sie sich da wirklich sicher? Oder ist das nur eine Vermutung von Ihnen, weil Sie unbedingt einen Schuldigen finden wollen, um ihren eigenen Schmerz abzutöten!“, hakte Rose weiter nach, um Mal aufzurütteln und zum Nachdenken zu bringen.
 

„Halten Sie endlich ihren Mund, Miss!“ Malcolms Stimme bebte vor Zorn, aber noch immer war er nicht dazu bereit, die Waffe zu senken. Rose schüttelte den Kopf. „Wenn sie stur sind, dann kann ich das auch sein“, erklärte sie und sah ihm tief in die Augen.
 

Einen Augenblick herrschte Schweigen. Die Spannung zwischen ihnen war deutlich spürbar. „Nicht alle Außerirdischen wollen uns schaden, und schon gar nicht der Doktor“, fügte die Blonde dann ruhig hinzu. „Denn ich kenne ihn. Ich habe ihn eine ganze Weile begleitet“, gab sie dann auch offen zu und enthüllte damit das Geheimnis, dass sie vor dem Doktor eigentlich hatte geheim halten wollen.

Der Gallifreyan stieß seinen Atem mit einem belustigte Laut aus, aber mehr geschah auch nicht. Ansonsten blieb er so ruhig wie zuvor, so als sei er davon nicht sonderlich überrascht. Aber musste sie das wundern? Er war nicht dumm … gerade wenn es darum ging. Vermutlich hatte sie sich schon mehrfach verraten, zuletzt bei ihrer Unterhaltung in diesem Raum. Deshalb wählte sie die folgenden Worte mit Bedacht aus.
 

„Der Doctor hat immer auf unserer Seite gestanden, uns geholfen, uns beschützt“, sagte sie sanft. „Das Leben von uns Erdlingen war ihm immer heilig und er würde sich für jeden von uns opfern, glaube Sie mir. Manchmal ist das sogar passiert“, fügte sie dann hinzu und schluckte schwer. „Bitte beruhigen Sie sich Mal! Wenn Sie schon mir nicht glauben wollen, vertrauen Sie wenigstens Ihrem Chef und Doktor Sullivan, denn die beiden kennen den Mann hinter mir besser als Sie denken!“
 

„Rose, ich glaube, er will Ihnen nicht zuhören.“ Der Doktor ließ sich immer noch nicht abwimmeln. Wieder spürte sie seine Hand, diesmal auf ihrer Schulter, was den jungen Soldaten spöttisch schnauben ließ.
 

„Gehen Sie mir endlich aus dem Weg, Miss, denn mit Ihnen habe ich keinen Ärger. Stellen Sie sich bloß nicht auf die Seite dieser Alienbrut!“, schnaubte er verächtlich, immer mehr außer sich. „Oder hat der Typ sie bereits ordentlich durchgevö …“
 

Rose schnappte empört nach Luft und öffnete den Mund, um etwas zu sagen.
 

„Malcolm, hör auf!“ In diesem Moment mischte sich die andere Wache erneut ein, nachdem sie den Kollegen eine Weile nur mit großen Augen angestarrt hatte. „Verdammt noch mal, komm wieder zur Besinnung! Die junge Dame hat recht und bisher hat der Typ wirklich nichts getan! Der ist wirklich harmlos“
 

„Das dachten mein Bruder und seine Kameraden auch … und sie haben ihr Leben verloren!“
 

Der Ruhigere trat einen Schritt näher heran. „Verflucht noch mal, Mal! Verbeiße dich nicht so in die Sache! Du handelst dir mit dieser unüberlegten deiner Aktion nur Ärger ein und fliegst unter Umständen ganz raus, wenn du so weiter machst“, appellierte nun auch dieser an den Verstand seines Kumpels.

„Miss Tyler sagt nichts falsches: Bewiesen ist Überhaupt nichts, auch wenn er vielleicht ein Verdächtiger und so wie es aussieht auch ein Alien ist!“
 

„Ach verdammt, Blaine lasse dich nicht von dem Gerede einlullen, denn du hast doch den Sarge gehört, als er uns hier abgestellt hat, die beiden zu bewachen“, fauchte Malcolm. „Er meinte, dass der Mistkerl mit allen Wassern gewaschen sei und falsche Reden schwinge, aber auf der anderen Seite auch keine Skrupel gehabt habe, Clarke zu verletzen!“
 

„Moment mal? Wer ist denn Clarke?“, fragte der Doktor irritiert. „Mir hat sich niemand vorgestellt, der so heißt. Und ich wüsste nicht, wann ich jemanden angegriffen habe … “
 

„Halte verdammt noch mal die Klappe! Du kannst mir viel erzählen, denn du hast ihn doch angeschossen“, brüllte ihn der junge Soldat an, als habe er gar nicht verstanden, was der Doktor zu ihm gesagt habe.
 

„Angeschossen? Ich trage keine Waffen, denn ich hasse diese vermaledeiten Dinger!“, protestierte der Doktor. „Aber ich ahn …“
 

„Maul halten!“ Ein heftiges Beben ging durch seinen Körper. „Das da kann wirklich nur der Schweinehund sein, den Ian und sein Team im Containerhafen von Southhampton stellten, nachdem er die ganzen Leute im alten Archiv gekillt hat! Erst schön reden und dann … “
 

„Haben sie Beweise? Bildmaterial? DNA oder sonstige Spuren?“, konterte Rose nun etwas schärfer und versuchte es mit Vernunft. Der Doktor indessen lugte über ihre Schulter, nachdem sie es immer noch nicht zuließ, dass er sich neben oder vor sie stellte.
 

„Vor einem Monat, sagen Sie?“, erwiderte er nun nachdenklich. “Da war ich definitiv nicht in Southhampton“, erklärte er. „Sondern in London, weil ich dort ein paar Dinge erledigen wollte … meine Recherchen fortsetzen und ein paar alte Freunde besuchen, die ich schon lange nicht mehr gesehen habe.“

Er seufzte und Schatten huschten über sein Gesicht. Er sah den jungen Mann traurig an.

„Ich fühle mit Ihnen und bedauere ihren Verlust … aber bitte, bitte erzählen Sie mir doch erst einmal was dort eigentlich passiert ist. Vielleicht kann ich Ihnen dann wirklich dabei helfen den wirklich Schuldigen zu finden. Denn ich habe eine düstere Ahnung, wer dahinter stecken könnte. Glauben Sie … “
 

„Nein! Ich will verdammt noch mal dein Gelaber nicht mehr hören!“ Ein weiteres Zittern durchlief Malcolms Körper, während er unwillig den Kopf schüttelte. „Ich will das nicht mehr …“
 

Die Mündung seiner Waffe ruckte hoch, richtete sich wieder auf den Timelord, so als sei er längst über die Grenze hinaus, noch irgendwelche sachlichen Argumente wahrnehmen zu wollen und zu können, so sehr vernebelten unbändige Wut und Hass seinen Geist. „Nein … kein verdammtes Wort mehr von dir, ist das klar?“
 

Dann jedoch brachte ihn ein durchdringender Alarm zum Verstummen. Das Heulen einer schrillen Sirene hallte durch das ganze Gebäude und verschluckte auch in diesem Raum für einen Moment alle weitere Geräusche.
 

Rose riss die Augen auf. „Was hat das zu bedeuten?“, japste sie.
 

Dieser Augenblick reichte aus um gleich noch zwei Dinge auf einmal geschehen zu lassen.
 

Die Schrecksekunde genügte, um einen lange antrainierten Reflex in Malcolms Hand auszulösen. Er zog den Abzug vielleicht nur für eine Millisekunde durch, aber das reichte aus, um die Mechanik zu aktivieren und zwei Schüsse auszulösen.
 

Während die Kugeln an dem Ort vorbei zischten, wo vorher noch der Kopf des Gallifreyan gewesen war und dann in die Wand hinter den Betten einschlugen, kam Leben in den Doktor. Blitzschnell und biegsam wie eine Feder, etwas, was Rose bisher noch nicht bei ihm erlebt hatte, duckte er sich und sprang an ihrer Seite vorbei auf den den durchgeknallten Soldaten los.
 

Seine Arme und Beine kamen in eleganten Bewegungen zum Einsatz, was die blonde Frau erneut nach Luft schnappen ließ.
 

Moment mal!

Der Doktor beherrschte fernöstliche Kampfkunst?

Oder eine außerirdische Entsprechung davon?

Das war ihr tatsächlich neu!

Wow!
 

Und ehe sie oder der andere Soldat etwas unternehmen konnte, lag Malcolm stöhnend und benommen am Boden, krümmte sich so zusammen, als habe er Schmerzen. Die Augen waren weit aufgerissen, aber der wahnsinnige Hass schien aus ihnen verschwunden zu sein und war durch körperlichen Schmerz ersetzt worden.

Wenigstens für den Moment würde er an den Schlägen, die ihm der Gallifreyan versetzt hatte, zu knabbern haben. Und vielleicht wurde er dadurch auch für sachliche Argumente empfänglicher.
 

Der Doktor sicherte unterdessen mit einem angewiderten Blick die Waffe, die er seinem Gegner entrissen hatte, und reichte sie dann, mit dem Griff voraus Blaine.
 

„Entschuldigen Sie den Ärger“, sagte der Gallifreyan in den Raum. „Ich hasse Waffen und Gewalt, aber das heißt nicht, dass ich völlig wehrlos bin.“
 

„Ja … das sehe ich.“ Der verdatterte Soldat nahm die Waffe entgegen und senkte seine eigene, weil er nicht so recht wusste, was er davon halten sollte. Er wechselte einen fragenden Blick mit Rose, die ebenfalls mit den Schultern zuckte.
 

„Ich habe einmal venusisches Aikido gelernt. Das ist zwar ein wenig eingerostet, da ich es in meinen letzten Leben nur selten benutzt habe, aber ich scheine nichts vergessen zu haben.“ Der Doktor grinste kurz und schüttelte dann die Hand mit der er zugeschlagen hatte aus, runzelte dann die Stirn. „Was ist das eigentlich für ein Höllenlärm?“
 

Er ging an dem liegenden und noch immer benommen nach Atem ringenden Malcolm zur Außentür der Krankenstation.
 

„Jemand versucht unautorisiert in der Basis einzudringen“, antworte Blaine und folgte ihm hastig, um eine Hand auf seine Schulter zu legen und hinzu zu fügen. „Sir, das bedeutet, dass Sie mit Ihrer Begleitung am Besten hierbleiben sollten, denn auf den Gängen ist jetzt die Hölle los! Und ich kann dann bestimmt nicht mehr für ihre Sicherheit und die von Miss Tyler garantieren.“
 

„Ich höre es!“ Der Doktor nickte, auch wenn man ihm deutlich ansah, dass er doch am liebsten nach draußen gestürmt wäre, um höchstpersönlich nach dem Rechten zu sehen – so wie er war, nur halb angezogen und ohne Schuhe.
 

Nun hörte auch Rose das Trampeln von Stiefeln und Bellen von Befehlen. Und sie war in den letzten Jahren oft genug in militärischen Basen gewesen, um zu wissen, was los war, wenn die Truppe in Alarmzustand versetzt worden war.
 

Auch im Gesicht des Doktors arbeitete es. Er schien sichtlich besorgt. Rose bereitete sich auf alles vor, denn sie kannte seine spontanen Entscheidungen. Dass er jetzt noch auf Blaine hörte, war ein Wunder, aber das musste nicht heißen, dass es immer so blieb. „Ich könnte helfen!“, erklärte er dann. „Nun, vielleicht können wir ja gemeinsam …“
 

„Wem, willst du denn schon helfen? Etwa den Eindringlingen?“ Keuchend wälzte sich Malcolm auf die Seite und stützte sich ab. Er war immer noch wütend und zeigte eine aggressive Haltung gegenüber dem Timelord, aber nicht mehr ganz so verschlossen gegenüber vernünftigen Argumenten. Er wehrte allerdings dessen ausgestreckte Hand, der ihm aufhelfen wollte, ab. „Finger weg, du Alien-Abschaum.“
 

„Ist jetzt bald gut?“ fuhr Rose plötzlich dazwischen, als sei sie eine Mutter, die ihren kleinen Jungen zurecht weisen musste. Und vielleicht klang sie jetzt wie ihre Mutter, aber Jackie war ein gutes Vorbild, wenn es darum ging, Idioten in die Schranken zu verweisen.
 

„Jetzt komm endlich wieder auf den Boden der Tatsachen, du Knallschote! Wer sich hier wie Abschaum aufführt, das bist du! Die ganze Zeit feindest du uns an, ohne einen von uns überhaupt einmal anzuhören! Und warum? Weil den Bruder von jemandem umgebracht wurde, der ganz offensichtlich auch nicht von der Erde stammt! Aber verflucht noch mal, du kannst die Leute aus dem All nicht in eine Schublade werfen. Genau so wenig wie uns Menschen!“

Sie stützte die Hände in die Hüften.

„Glaubst du, dein Bruder würde es toll finden, wenn du vielleicht den Einzigen killst, der vielleicht eine Chance hat, das Monster aufzuhalten, hm?“, giftete sie und blickte auf den Soldaten hinunter. „Und was, wenn das, was in Southhampton passiert ist, auch hier geschieht?“
 

„Dann …“, Malcolm setzte sich hin und barg das Gesicht in Händen. „Ach verdammt …“
 

Rose spürte nun Mitgefühl mit ihm und blickte zu dem Doktor hin, der gerade jetzt besorgt drein sah und tief Luft holte. „Was genau ist in Southhampton passiert“, fragte er, sichtlich alarmiert.



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