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Persephone und Hades

Eine Liebesgeschichte aus der Griechischen Vergangenheit wird nun in die Gegenwart versetzt
von
Koautor:  Daelis

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Hades' Sicht Teil 1

Ich sah ihr nach, als meine Hände ihre Aufgabe erfüllt hatten und meine geliebte Persephone, das Licht meiner Welt, der einzige helle Schimmer in der tristen Unterwelt, in der doch Kummer und Verfall vorherrschend waren, in den verfluchten Styx gestoßen hatten, den Fluss, über dessen Wasser man sagte, es verbrenne gar die Götter.

Ich hatte es nie versucht, nicht ein einziges Mal, ahnte ich doch, dass es wahr sein musste, so düster dampfend der Fluss doch immer still da lag. Nicht einmal die Toten, deren Fleisch von ihren Knochen geätzt worden war, vermochten aus dem Styx zu steigen. Vielleicht war dieser still anmutende Fluss, dieser tödliche Quell, die einzige Chance für meinereines, um diese Welt tatsächlich aus eigenem Willen und Antrieb zu verlassen, doch das wollte – nein – das durfte ich nicht glauben, denn es hieße, dass ich meine Geliebte in die endgültige Verdammung gesandt hatte, in das alles auflösende Nichts.
 

Etwas ganz anderes war unser Begehr gewesen. Den Fluch der wütenden Demeter zu brechen, die uns eine Trennung auferlegt hatte, damit die Oberfläche der Welt, auf der die Sterblichen lebten, nicht unter ihrem Zorn leiden mussten und die Blüte von Frühling und Sommer erfuhren.

Immer, in all den Jahrhunderten, Jahrtausenden, hatte ich diese Monate verabscheut. Sie waren mir erschienen wie Äonen der Einsamkeit und des Leides, denn nichts anderes vermochte mein Herz zu spüren, während ich auf ihre Rückkehr wartete. Die Rückkehr meiner Liebsten, meiner wunderschönen Persephone.
 

Wie Säure und Gift hatte das dunkle Styxwasser, das doch niemals Wellen zeigte, sie eingehüllt und war über ihre Haut geflossen, hatte sie umfangen wie ein dunkler Schleier. Kein Ton war zu hören, es war still wie immer hier an den Ufern. Doch mein Blick haftete an ihr, sah ihre vor Schmerz geweiteten Augen, ihren stummen Schrei, erstickt vom giftigen Wasser. Mein Herz brach mir schier und mit jeder Faser meines Seins wünschte ich mir, ich könnte mit ihr tauschen, ihren Platz einnehmen und all ihr Leid auf mich ziehen, damit sie in Sicherheit wäre.

Ich bereute, was ich getan, was wir beschlossen hatten. Es war närrisch gewesen. Selbst wenn es funktionierte – war es diesen Preis wert? Ein stummer Schrei rang in meiner Kehle darum, zu erklingen, doch wie meine Geliebte blieb auch ich still und durchbrach des Styxufers ewige Ruhe nicht.
 

Immer tiefer sah ich sie sinken, während mein Körper in einer Starre gefangen war, einer Kälte, die ich nicht einmal aus der Zeit ohne sie kannte, wenn der Frühling die Erde der Sterblichen erfreute, wie Persephones Antlitz das Herz ihrer Mutter. Erst, als das dunkle Wasser endgültig über ihr zusammenschlug und ich sie kaum noch sehen konnte, brach der finstere Bann und neben der Angst um meine geliebte Gefährtin herrschte nun die Schuld in meinem Gemüt.
 

Ich zögerte nicht länger, streckte meine Hand aus in das kalte Nass des Flusses und spürte gleich dessen Gift, das meine Haut in Flammen zu setzen schien. Gleich dem Schmerz, der sich über meinen Arm und hoch in meine Schulter bis hin zu meinem schmerzhaft pochendem Herzen zog, übermannte mich zugleich die Schuld.

Was hatte ich getan? Wie hatte ich das zulassen können? Es wäre an mir gewesen, sie davon abzuhalten, sie fest in die Arme zu schließen und ihr diesen Irrsinn auszureden. Keine Trennung, kein Leid, kein Schmerz, war das Risiko wert, zu sterben, sie endgültig zu verlieren.

Es kümmerte mich nicht, dass sich Fleisch von meinem Arm löste und blutige Schlieren das Wasser färbten. Sie hatte nicht geblutet. Sie war nicht zerfallen, wie es gerade mein Arm tat, dessen war ich sicher. War es der Segen ihrer Mutter, der sie behütete, oder war es mein Fluch, der mir dies antat? Möglich wäre beides und es liefe wohl auf das gleiche hinaus. Ich gehörte in die Unterwelt, sie war mein Reich und niemals könnte ich sie länger als ein paar Stunden verlassen. Zeus, mein Bruder, hatte dafür gesorgt, als er mich in diese Finsternis verbannte. Und war der Styx, war sein Gift, ein Ausweg aus dieser Existenz, dann war er mir verwehrt. Ihr jedoch nicht.
 

Leise erwachte Hoffnung in meinem Inneren, wo doch noch Angst mich erfüllte, denn meine Hände bekamen nicht zu fassen, wonach sie suchten. Keine Persephone. Kein dunkles Haar, keine warme braune Haut, keine blitzenden Augen, kein Lächeln. Keine Persephone.

Ich blieb allein zurück. Allein in der Unterwelt, die schon so lange meine Zuflucht und zugleich mein Gefängnis war. Erst Persephone hatte mich gelehrt, diesen Ort zu lieben, den ich zuvor unendlich lange gehasst hatte. Erst sie hatte mich gelehrt, zu vergeben, Zeus nicht weiter zu grollen, sondern zu erkennen, wie wichtig meine Aufgabe hier war und die Ehre darin zu sehen.

Doch nun war sie fort. Meine Persephone...



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