Eine voreilige Konfrontation
„Wie genau sollen wir vorgehen?“
„Nun lass mich erstmal nachdenken.“
„Das kann ja nix werden..“
„Wenn du einen Plan hast, dann spucks aus Souzen.“
„Wir warten einfach in der Nähe der Schule, bis wir wen Verdächtiges sehen...“
Einfach, aber brilliant. Warum fiel ihm sowas nicht ein? Gemäß der Frage zog Kanba auch die gleiche überredete Fresse. Souzen brauchte nur zu übersetzen.
„Dir fällt sowas nicht ein, weil du nie genug nachdenkst.“
„Ach, lass mich doch in Ruhe, du Supergenie.“
„Für so ne einfache Idee braucht man ja kein Genie sein.“
„Oh ja, fall mir noch in den Rücken, Akari.“
Alle drei beobachteten die näher liegende Umgebung. Irgendwo musst die Schule einen Punkt haben, von dem aus man mindestens 3/4 der Umgebung augenscheinlich abdecken konnte. Vielleicht das Dach? Kanba unterbreitete den beiden seinen Vorschlag auf erhöhte Position, dem keiner widersprach und alle machten sich auf dem Weg dorthin. Akari äußerte dann mittendrin plötzlich auftauchende Sorgen.
„Glaubt ihr, wir können den Dieb wirklich fangen?“
„Zu Dritt wird das ein Klacks! Oder, Souzen?“
„Es besteht eine relativ gute Chance...“
„Ich bin wohl der Einzige, der sich Sorgen macht, was?“
„Wir schaffen das schon, keine Bange.“
Kanba klappste Akari freundschaftlich auf die Schulter, danach erreichten sie das Schuldach. Doch dort oben angekommen, erwartete sie eine deftige Überraschung...
„Was zum Geier wollt ihr denn bitte hier? Könnt ihr mir das mal verraten?“
Oh je, das würde böse enden. Wie's aussah wollten noch mehr Leute den Dieb bei frischer Tat erwischen. Beide Dreier-Teams standen sich wie bei einem Showdown gegenüber. Die Aufstellung des gegnerischen Teams lautete, Yuuki Kiri, Kizuna Honowa und Muteki Katasa. Gerade bei Katasa konnte Kanba lediglich seufzen. Vom Regen in die Traufe. Honowa und Katasa mal beiseite gelegt, starrte Kiri von den dreien am fiesesten herüber. Herabwürdigend finster, was sie sogleich auch aussprach.
„Ihr Versager könnt nahause gehen, wir erledigen das. Stellt euch uns nicht in den Weg.“
Souzen wirkte zwar oftmals unstimmig , jedoch nahm er keinesfalls alles kompromisslos hin, weshalb sofort seine Gegenstimme folgte.
„Sind wir nicht auf derselben Seite? Es wäre viel angenehmer, wenn wir alle zusammen arbeiten.“
Katasa schnalzte die Zunge und Kiri schnaubte erbost. Letztendlich schien nur Honowa diesen Vorschlag für voll zu nehmen, indem er nickte und bei den anderen beiden Bestätigung suchte. Kanba meinte ja, Honowa war kein schlechter Kerl.
„Tzz! Wir zusammen? Das ist nicht mal als Scherz lustig. Steckt mich bloß nicht mit euch in eine Schublade. Verschwindet, sofort.“
Souzen trat einen Schritt vor, woraufhin jeder angespannter wurde. Kanba wusste, dass Souzi sehr zielstrebig war. Viele unterschätzten diese Stärke von ihm. In seinem Blick lag ein direkter Kampfeswille.
„Du meinst also, weil wir vielleicht nicht so gut sind wie du, willst du uns verscheuchen...?“
Kanba musste etwas unternehmen, ansonsten würde die Situation eskalieren. Dafür kannte er Souzen schlichtweg zu gut. Dieser Blick sagte bereits alles.
„Souzen, lass uns do-“
„Kanba, halt dich da bitte raus...“
Kanba vernahm so ein ganz leises zischen in den Ohren. Tat er es etwa bereits? Verdammt. Alle Würfel rollten wohl schon.
Selbst Katasa blieb ruhig und Honowa blieb von Anfang an bei seiner eigenen Meinung. Yuuki Kiri trat ebenfalls zwei Schritte vor.
„Wenn du eine Abreibung haben willst, kannst du sie gerne bekommen.“
Die umliegende Luft schien so dick, dass man sie mit einer Gabel hätte aufpieksen können. Ob dieser Kampf wirklich unvermeidbar war? Und würde Yuuki tatsächlich so leicht wie behauptet gewinnen? Sollte einer zu weit ausholen, würde Kanba definitiv dazwischen gehen. Das Zischen wurde minimal lauter.
„Zeig mir, was du kannst... Aber denk vorher an deinen Vater. Was wird er sagen, wenn er erfährt, dass du Streit in der Schule anfängst? Er ist sehr krank und du machst ihm das Leben schwer. Deine Mutter ist enttäuscht, oder?“
Kanba wollte wegsehen.
„Wohe-... W-Was fällt dir ein, du Bastard?! Halte dich aus meinen Angelegenheiten raus! Dir werde ich's zeigen!“
Der Kampf war bereits entschieden. Yuuki Kiri konnte noch so böse gucken, nachdem sie wutentbrannt drei Schritte losgeprescht war, fiel sie bewegungslos um wie ein Reissack, sich schmerzend den Kopf haltend, während Souzen auf sie zuging und nun 'herabwürdigend' auf Kiri nieder blickte. Sie schrie kurz auf. Katasa wollte eingreifen, doch Honowa unterband das.
„Na, wie ist das so?... Der Unterlegene zu sein. Wie vermutet, deine Mutter wäre tief enttäuscht...“
Seiner Gegnerin floß eine Träne über die Wange, während sie zornig zu ihm nach oben blickte.
„Halt, deine Schnauze! Was, was .. machst du.. mit mir? Hör damit auf, du Stück Dreck! Ahh!“
Kiri wand sich mehrmals unter den nicht sichtbaren Schmerzen. Akari schaute weg, verständlich. Ihm ging das Ganze vielleicht sehr an's Herz.
„Du verstehst wohl immer noch nicht... Dann werde ich wohl ti- “
„Souzen, hör auf.“
Souzens Hand befand sich auf dem direkten Weg in Richtung seines Gegners Stirn, doch als Kanba ihn darum bat, stoppte diese halbwegs erschrocken. Sofort machte der Sohn des Awai-Clans kehrt von seinem am Boden liegenden Feind und trat schnell durch die Tür, durch die sie kamen, zurück in den Gang. Kizuna Honowa ging nun auf Yuuki zu um ihr aufzuhelfen. Kanba blieb stehen und schaute ein letztes Mal den Dreien entgegen. Keiner der fünf Anwesenden bekam ein Wort heraus. Kanba hätte, wenn Souzen still geblieben wäre, bestimmt das Gleiche getan. Kein Grund zum böse sein.
„Lass uns gehen, Akari...“
„Ähm, ja. Okay.“
In den Gesichtern Aller lag ein befremdlicher Ausdruck. Reue? Angst? Verachtung? Hoffentlich ergab dieser Vorfall keine Spaltung der Klasse. Wie Souzen demonstrierte, sollten beide Teams jetzt erstmal voneinander getrennt arbeiten. Und deshalb, verschwanden die Zwei, ebenfalls zurück in die Gänge, wo sie Souzen hinter der nächsten Ecke entdeckten, der mit den Rücken zu ihnen im Gang lungerte. Keiner erhob das Wort für mehrere Sekunden. Im dunklen gelben Licht der Nachmittagssonne wirkte Souzen irgendwie verletzt.
„Kanba, Ich...“
„Ahh, die blöde Kuh denkt immer, sie wäre was Besseres. Ich würde sie ja mögen, wenn sie nicht so egozentrisch wäre. Vielleicht wird sie nun netter, was meinst du?“
Kanba schlang seinen Arm um Souzen und schaute ihn eindringlich fragend an. Akari durchschaute sein Spiel und lächelte breit.
„Ja, bestimmt.“
Souzen schmunzelte kurz und die drei suchten nach einem anderen Ort, um auf den Dieb zu warten. Kampf hin oder her, von der Idee konnte die drei keiner mehr abbringen.