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Das Baumhaus

von

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Das Baumhaus
 

"Verflixter Mist!"fluchte sie und nahm dann doch noch mit etwas Mühe die letzte Sprosse der kleinen Leiter. Sie drückte gegen die schwere, morsche Holztür und diese ließ sich unter quietschendem Protest öffnen. Langsam betrat sie den kleinen Raum, der sich trotz der zwei Jahre, die sie nicht mehr hier

gewesen war, nicht besonders verändert hatte. Selbst die Muscheln und die Spielkarten waren noch da wo sie sie damals

hingelegt hatte. Vorsichtig setzte sie sich auf ihr altes, klammes Lieblingssitzkissen und schaute bedächtig aus dem

Fenster. Früher waren sie oft hier gewesen und später hatte sie hier vor allem möglichen Problemen Zuflucht gesucht. Es waren jugendliche, dumme Probleme gewesen. Sie begann zu schmunzeln bei dem Gedanken, doch dann verdunkelte sich ihre Miene. Nur die Sache mit ihm beschäftigte sie immer noch.

Draußen startete ein Regenschauer. Sie kannte ihn schon solange sie denken konnte und vor ca. 10 Jahren hatten sie

zusammen an diesem Baumhaus gearbeitet. Es war 8 und sie

7 gewesen. Und schon damals war er anders als andere Jungen.

So richtig erwachsen und vernünftig und deshalb durfte sie immer mit ihm spielen. Der Regen prasselte nun heftig auf das

Wellblechdach. Das Geräusch und der muffige Geruch hier störte sie nicht im Geringsten. Er war für sie immer eine Art Vorbild gewesen wie für andere Mädchen Jungs aus so einer Boygroup

und wie es sich für einen Groupie gehörte, folgte sie ihm wie

ein Hund seinem Herrchen. Oft meinte er lachend, dass sie ihn mehr an einen Hund als an eine Freundin erinnerte, doch das störte sie nie. Als sie aber älter wurden bekamen sie immer mehr unterschiedliche Interessen und Freunde. Irgendwann kam er dann gar nicht mehr zum Baumhaus und ging lieber anderen

Dingen nach. Damals hatte sie ihn schrecklich dafür gehasst

und ihn, wenn sie ihn z.b. auf der Strasse traf, ignoriert.

Sie kramte aus ihrer mitgebrachten Tasche ein Blatt Papier

und ihren Lieblingskuli heraus. Sie wollte einen Brief an ihn schreiben. Ihm alles sagen, doch sie hielt inne. Vor knapp drei Jahren traf sie ihn zufällig wieder. Sie saß mit ihrer besten Freundin in ihrem Lieblingscafe und las die Karte. Plötzlich klopfte jemand von Aussen an die Fensterschreibe. Er! Sie hatte ihn lachend herein gewunken und sie hatten stundenlang über Gott und die Welt gesprochen. Seitdem waren sie wieder Freunde gewesen. Doch plötzlich verliebte sie sich in ihn. Nein, sie hatte die Liebe zu ihm nur lange Zeit

unterdrückt! Der Regen war inzwischen zu einem richtigen Gewitter herangewachsen. Das Tageslicht war fast so dunkel wie

die Nacht und wurde nur durch die Blitze manchmal etwas erhellt. Schnell merkte sie, dass er ihre Liebe nicht erwiderte und deshalb hielt sie sie vor ihm und dem Rest der Welt geheim wie einen wertvollen Goldschatz. Sie schloss kurz die Augen und öffnete sie dann wieder. Die Luft war schwer, feucht und irgendwie warm. Gewitterluft. Irgendwann kam er dann mit seiner neuen Freundin an. Das Mädchen mochte sie nicht besonders und deshalb beschloss sie nach reiflicher

Überlegung, dass sie ihn nicht mehr sehen würde. Sie seufzte

schwer, vergrub ihren Kopf zwischen den Armen und fixierte eine ihrer zahllosen dunkelblonden Haarsträhnen. Die ersten Wochen waren grauenhaft gewesen, doch sie suchte nie ihr altes geheimes Versteck auf, denn viel zuviel erinnerte hier an ihn. Die halbe Wand war blau und die andere rot gestrichen, weil sie sich nicht einigen können, und natürlich sein Geheimversteck.

Sie wusste selbstverständlich wo es war und auf einmal kam

ihr die Idee einfach mal einen Blick reinzuschauen. Das Versteck war lediglich ein loses Bodenbrett. Sie stemmte es mühelos hoch, nahm einen dunkelblau bemalten Schuhkarton heraus und sah hinein. Neben ein paar Comics, einem Taschen

messer, einigen Murmeln und einem Feldstecher fand sie ein altes Photo von ihnen beiden, das sie als kleine Knirpse zeigte. Und das das Photo auch schon so einiges erlebt hatte sah man daran, dass alle Ecken ziemlich zerknickt aussahen. Sie legte alles schön säuberlich zurück in den Kasten. Es war letztes Jahr im Herbst gewesen. Sie hatte ihn nicht vergessen

aber wie bekanntlich heilt die Zeit alle Wunden. Ihre Mutter

war in ihr Zimmer gestürmt und berichtete ihr verwundert, wer

da am Telefon sei. Sie ging wie in Trance zum Apparat. Es war

ein einseitiges Gespräch gewesen. Er war fröhlich, aufgesetzt

fröhlich. Irgendwann schluckte er und bat sie zu ihrem damaligen Lieblingsspielplatz zu kommen. Sie wollte nein sagen, doch sie schaffte es nicht. Und dann stand er vor ihr. Es war wie immer und doch anders. Sie setzte sich in eine Schaukel und hörte ihm geduldig zu. Er erzählte, dass sie sich

getrennt hatten und ihm alles unheimlich leid tun würde.

Er sah sie dabei nicht an, sondern drehte ihr den Rücken zu.

Plötzlich stockte er und sie wusste, dass er weinte. Sie

hatte ihn noch nie weinen sehen. Er war schon immer sensibler gewesen als die anderen. Sie sagte kein Wort, sondern trat zu

ihm und nahm ihn einfach in den Arm. Da hätte sie es ihm können oder vielmehr sagen müssen. Sie setzte sich hin und nahm wieder Papier und Stift zur Hand, denn der Himmel zog wieder auf und Licht kam in den dunklen Raum. Sie wollte viel sagen, fand aber nicht die richtigen Worte. <<Ich liebe dich..und auch wenn es Dir nicht so geht!!>> Sie legte den Zettel zu den

anderen Sachen in den Karton und stellte diesen wieder an seinen alten Platz. Die Sonne kam wieder hervor. Morgen würde sie fahren und in einer neuen Stadt an einer neuen Schule-ein neues Leben ohne ihn anfangen. Ohne ihn! Sie lachte bei dem Gedanken. Sie sah sich noch einmal um, kletterte die Leiter

herunter und lief zu ihrem Fahrrad. Sie hatte ihm gesagt, dass sie erst übermorgen fahren würde, doch in Wirklichkeit ging ihr Zug am nächsten Morgen schon. Während sie mit dem Rad den Feldweg hochpräschte wusste sie, dass sie ihre Kindheit in diesem Baumhaus gelassen hatte und etwas völlig Neues auf sie hinter der nächsten Biegung wartete.

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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Miwako22
2004-05-10T07:48:58+00:00 10.05.2004 09:48
Ich habe die Geschichte gerade zu einer Nostalgischen Musik gelesen und es hat irgendwie voll gut gepasst. lol
Von:  Time1981
2003-09-21T12:58:22+00:00 21.09.2003 14:58
Hi du!

Ich muss dich leider enttäuschen, denn das war die komplette Geschichte. Ich habe lange Zeit überlegt, ob ich sie weiterführen soll, doch ich bin zu dem Schluss gekommen, das es fehl am Platze wäre. Nicht alle Liebesgeschichten enden gut.
Sorry, und bitte nicht übelnehmen.
Deine/Eure Time
Von: abgemeldet
2003-09-21T10:11:30+00:00 21.09.2003 12:11
Hm, jetzt bin ich aber mal echt gespannt, wie das weitergeht ;) wundervolle Idee, wundervoll geschrieben, schreib schnell weiter ;)
Highheel


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