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More Than A Feeling

28 Gefühle
von

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Mut

Er hatte es geschafft! Er hatte gewonnen - die Bezirksmeisterschaften im Karate in seiner Altersklasse. Das hieß nun offiziell, dass er aufsteigen durfte! Er wusste noch gar nicht was das Beste an dem ganzen war. Der Pokal, das Glücksgefühl, das stolze Lächeln seiner Eltern oder eben die Tatsache, dass er bald den Fortgeschrittenenkurs besuchen konnte.

Nach seinem glorreichen Sieg, fuhr er mit seinen Eltern in die beste Pizzeria der Welt. Zumindest sah er das so. Er durfte zur Feier des Tages sogar Cola trinken und ein Eis zum Nachtisch essen. Es war wirklich der perfekte Tag! Niemals hätte er sich das träumen lassen, denn wenn er ehrlich war, hatte er ganz schöne Zweifel gehabt. Er hatte die letzten beiden Trainings vor dem Turnier versäumt, da er einmal für die Schule hatte lernen müssen und einmal krank gewesen war.

Zum Glück war Wochenende, denn der Tag zog sich wirklich lange hin. Nach einem Besuch bei seinen Großeltern, die sich eine Filmaufnahme des ganzen Kampfes anschauen durften, war es bereits dunkel und nach einer ausgiebigen Dusche, durfte er sogar noch mit seinen Eltern den Spätfilm im Fernsehen ansehen. Wenn er sich das recht überlegte, dann würde er öfter bei irgendwelchen wichtigen Dingen gewinnen. Es hatte wirklich nur Vorteile!
 

Zwei Wochen nach seinem Sieg begann der Karateunterricht wieder. Er freute sich schon auf den neuen Kurs, doch ihm war inzwischen auch ziemlich unbehaglich zumute, wenn er ehrlich war. Die Kinder in seiner Klasse hatten ihn noch eine Woche nach dem Turnier bewundert und mit großen Augen angesehen. Doch die Kinder in seiner Klasse waren auch … nun ja … gleich alt wie er. Die Karateschüler im Fortgeschrittenenkurs waren um zwei, drei Jahre älter als er. Manche waren schon in der Pubertät und überragten ihn um einiges. Er könnte schwören, dass der große Kerl mit den dunklen Haaren sogar doppelt so groß war wie er selber!

Er hatte schon überlegt eine Krankheit vorzutäuschen oder einfach seinen alten Kurs wieder zu besuchen. Auch wenn er vor zwei Wochen sehr stolz auf sich war und geglaubt hatte er könnte alles schaffen, war er sich jetzt nicht mehr so sicher. Die großen Kids würden ihn zertreten! Seine Mutter rief ihn nach unten - sie wollte früher fahren, da sie noch einen Termin hatte und das Trainingscenter auf dem Weg lag. Mit einem mulmigen Gefühl im Magen stieg er in das Auto. Kurz war er versucht seiner Mutter seine Sorgen zu beichten, vielleicht würde sie ja eine Lösung finden - oder ihm sagen, dass er das schon schaffen würde. Die Chancen standen 50:50.

Gute zehn Minuten später stieg er am Trainingscenter aus und verabschiedete sich mit einem Winken von seiner Mutter. Er schulterte seinen Rucksack und betrachtete das große Gebäude vor ihm. Immer noch war er versucht einfach kehrt zu machen. Die anderen waren bestimmt um Ecken besser als er. Er wäre nicht nur der kleinste und jüngste, sondern auch der schlechteste Schüler in der Gruppe; würde quasi von vorne anfangen. Nach seinem größten Karateerfolg war das nicht gerade aufbauend. Um ehrlich zu sein, machte es ihm sogar etwas Angst. Er seufzte schwer und betrat nach ein paar Minuten schließlich doch das Gebäude.

Den neuen Trainingsraum hatte er bald gefunden. Durch das Fenster in der Tür konnte er sehen, dass schon ein paar Leute hier waren. Er fühlte sich noch kleiner, als er ohnehin war. Ein hübsches Mädchen ging an ihm vorbei und warf ihm einen etwas skeptischen Blick zu, als sie den Raum betrat. Er sah wie sie den Kopf schüttelte und der letzte Rest seines nicht wirklich vorhandenen Mutes, sank ihm in die Hose.

Gerade wollte er aufgeben und sich umdrehen, als das Mädchen von vorhin den Kopf wieder zur Tür heraus streckte.

»Hey, du bist sicher unser neues Mitglied, oder?«, fragte sie freundlich und schenkte ihm ein Lächeln.

Mehr als ein Nicken brachte sie nicht zustande.

»Wir haben ein Video deines Kampfes gesehen, du warst echt gut! Ich freu mich schon dich live zu sehen.«

»Danke«, gab er etwas unsicher zurück, lächelte dann aber.

»Komm rein, du solltest die anderen kennen lernen«, ermunterte sie ihn und hielt ihm die Tür auf.

Kurz warf er noch einen Blick zurück, Richtung Ausgang des Trainingscenters. Er hatte schon viele Dinge geschafft in seinem kurzen Leben. Da würde er das auch hinkriegen! Die großen Kids schienen auch gar nicht sooo schlimm zu sein, wie er zuerst gedacht hatte. Er wandte sich wieder um, nahm all seinen Mut zusammen und folgte dem Mädchen nach drinnen. Und als der erste Schritt über die Schwelle getan hatte, war der Rest nur noch halb so schlimm.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  konohayuki
2017-08-04T11:51:53+00:00 04.08.2017 13:51
Und weiter mit dem nächsten Gefühl.

>Der Pokal, das Glücksgefühl, das stolze Lächeln seiner Eltern oder eben die Tatsache, dass er bald den Fortgeschrittenenkurs besuchen konnte.
Das Beste ist ganz eindeutig, dass er sich so darüber freuen kann. Viele Leute können das ja nicht mehr. Der Bursche ist mir jetzt schon sehr sympathisch.

>Nach seinem glorreichen Sieg, fuhr er mit seinen Eltern in die beste Pizzeria der Welt.
Das Komma ist überflüssig. Und ich kann ihn mir echt sehr gut vorstellen, ein richtiges Energiebündel!

>[...]die sich eine Filmaufnahme des ganzen Kampfes anschauen durften, war es bereits dunkel und nach einer ausgiebigen Dusche, durfte er sogar noch mit seinen Eltern den Spätfilm im Fernsehen ansehen.
Durften. Natürlich :D Aber Großeltern sind doch eigentlich immer für ihre Enkel zu begeistern und für das, was sie so machen. Das Komma nach "Dusche" ist überflüssig.

> Er könnte schwören, dass der große Kerl mit den dunklen Haaren sogar doppelt so groß war wie er selber!
Mindestens, ne? Gut, aber das ist verständlich. Ist was neues, ungewohntes, da kann einem schonmal ein bisschen mulmig werden. Man verlässt ja die Gewohnheit, und da der Mensch ein Gewohnheitstier ist ...

>Auch wenn er vor zwei Wochen sehr stolz auf sich war[...]
Müsste es hier nicht "gewesen war" sein? Irgendwie hört sich nur das war nicht richtig an, gerade, wenn darauf dann "geglaubt hatte" folgt.

>Da würde er das auch hinkriegen!
Richtige Einstellung! Sehr gut.

Sehr schönes Kapitel mit sehr guter Message. Auch, wenn einem etwas Angst macht, sollte man es doch ausprobieren.
Ich finde, in diesem Kapitel erkennt man sich selbst doch ein bisschen, auch wenn es vielleicht nicht dieselbe Situation ist, in der man sich so gefühlt hat. Gefällt mir sehr gut!

Liebe Grüße,
kono
Helfer der KomMission


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