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Your Name

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Kapitel 11

Kapitel 11

 

 

Noch fünfzehn Minuten. Mein Countdown auf dem Handy läuft bereits runter. Noch einmal sehe ich zu dem Umschlag in meiner Tasche. Ich bin so gespannt was Mitsuha dazu sagen wird. 

Ungeduldig starre ich den Bildschirm vor mir nieder. Eigentlich sollte ich vor meinem Urlaub wenigstens noch meine Mails bearbeiten, aber ich habe einfach keine Lust mehr. Satoru, mein Arbeitskollege und Vertreter, wird das schon irgendwie hinkriegen. Er war schließlich derjenige, der mich bereits nach der Mittagspause nach Hause schicken wollte.

„Und alles bereit?“

Erschrocken sehe ich auf und erkenne Satoru der sich gegen die Trennwand meines Schreibtisches lehnt. Mein Blick fliegt von dem Umschlag zurück zu ihm.

„Hoffentlich. Bis Mitsuha nach Hause kommt habe ich noch eine knappe Stunde Zeit. Ich konnte ja schlecht gestern alles vor ihren Augen packen.“, lache ich.

Satoru lächelt mir entgegen und zuckt mit den Schultern. „Ich hatte dir bereits angeboten früher frei zu machen.“

„Nein schon gut. Ich krieg das irgendwie hin.“

…hoffe ich zumindest.

Mein Terminkalender meldet sich gemeinsam mit meinem Handy und signalisiert mir Feierabend… und gleichzeitig Urlaub!

Auch wenn ich gerne in die Arbeit gehe, nach dem Umzug, brauche ich das wirklich. Ich glaube Mitsuha geht es ähnlich. Es hat Tage gedauert bis wir die ganzen Kartons ausgeräumt hatten. Noch immer stehen so viele Sachen rum, weil wir noch keinen Ort dafür benennen konnten.

 

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„Schönen Urlaub!“, ruft mir Ayumi entgegen.

Ich lächele. Endlich etwas Freizeit. Nach dem ganzen Umzugsstress kann ich das wirklich gebrauchen.

„Danke.“ rufe ich zurück und verabschiede mich winkend.

Mit einem Ping öffnet sich der Aufzug und verfrachtet mich in den einladenden Urlaub. Die U-Bahnen sind brechend voll, doch das tangiert mich nicht. Ich stöpsele meine Kopfhörer ein und lasse mich von den beruhigenden Klavierklängen treiben und starre in die vorbeiziehende Landschaft.

Mein Handy vibriert lautlos in meiner Hand. Takis Bild erscheint auf meinem Display. Ich schmunzele als sich sein verspieltes Lächeln sehe.

 

Taki        16:57

 

Und? Bereit für den Urlaub?

Wenn du zu Hause bist, habe ich eine kleine Überraschung für dich.

 

Eine Überraschung?

Nun bin ich neugierig. Über den ganzen Nach-Hause-Weg grübele ich über Takis Überraschung. Ich habe keine Ahnung was er vorhaben könnte, zumal Dates oder ähnliches noch nie Takis Stärke waren. Ich beschließe einfach mich überraschen zu lassen. 

Es dämmert bereits, als ich endlich die Tür zu unserer Wohnung aufschließe. Mein Schlüssel fällt in die Schale auf der Kommode neben der Haustür. Das klirrende Geräusch lockt Taki aus der Schlafzimmertür. Fast abgehetzt hängt er im Türrahmen.

„Hey.“, sagt er lachend, bevor er mich am Eingang abholt und mich küsst.

„Hallo.“, hauche ich ihm entgegen. „Und? Wo ist meine Überraschung?“

 

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Klar dass sie das nicht vergessen hat. Ich lache, greife nach ihrer Hand und ziehe sie Richtung Schlafzimmer. Ich hatte gerade noch Zeit das Bett zu machen und die Koffer demonstrativ hinzustellen. Es hat also alles genau gepasst. Mitsuha sieht zum Bett und betrachtet die beiden Koffer.

„Taki, was ist das?“, fragt sie mich neugierig.

„Naja weißt du, die letzte Zeit hat uns echt viel Kraft gekostet…“, ich greife nach ihren zierlichen Händen. „…und ich weiß auch nicht. Ich hatte eben das Gefühl, dass du, auch wenn es nur manchmal ist, das Leben auf dem Land ein klein wenig vermisst.“

Ich ziehe den Umschlag aus meiner Hosentasche und halte Mitsuha alles hin.

Neugierig betrachtet sie das weiße Papier, bevor sie zwei Zugfahrkarten herauszieht.

„Hidaprovinz?“

„Ich dachte wir könnten ein paar Tage aufs Land und eventuell noch das Grab von Oma besuchen.“

Ich mustere Mitsuha und versuche ihren Gesichtsausdruck zu deuten. Ich weiß nicht was ich erwartet habe, aber ihre Regungslosigkeit ist irgendwie unbefriedigend.

„Stimmt etwas nicht?“, harke ich nach.

Mitsuha steckt die Zugfahrkarten zurück in den Umschlag, sieht mich an und schenkt mir schließlich ein zartes Lächeln.

„Das ist eine sehr schöne Idee. Danke Liebling.“

Mehr sagt sie nicht. Ich spüre lediglich ihre Arme um meine Mitte. Sie drückt ihren Körper fest gegen meinen. Ich kann nicht anders, ich lege meine Arme um sie, ziehe sie noch näher an mich heran und drücke ihr ein Kuss ins Haar.

 

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In zwei Stunden geht es auch schon los. Taki scheint alles bis ins kleinste Detail geplant zu haben. Anerkennend bestaune ich seine Auswahl an Kleidung für mich. Kein anderer Mann hätte so zielgenau die richtige Kleidung für mich auswählen können. Da hätte man schon mal Ich sein müssen.

Ich ergänze seine Auswahl nur noch um ein Paar Kuschelsocken und zwei Pullover, bevor ich den Koffer verschließe.

Ein letzter Blick auf die Uhr. Perfekt!

„Können wir?“, Taki sieht mich an und reicht mir seine Hand.

Lächelnd ergreife ich sie. Ein wenig wehmütig lasse ich unsere kleine feine Wohnung zurück, doch ich freue mich der Hektik dieser wundervollen Stadt wenigstens für ein paar Tage entfliehen zu können, aufzuatmen und einfach zur Ruhe zu kommen.

 

Der Bahnhof ist gegen Abend schon etwas leerer geworden. Auch die Züge wirken wie verlassen. Nur vereinzelt sieht man in den Abteilen Menschen. Männer und Frauen die hochkonzentriert auf ihre Smartphones, Tablets oder Notebooks starren.

Wir lassen uns an einer der freien Sitzecken nieder. Taki verstaut unsere Koffer in den Tragefächern über uns. 

Kaum fünf Minuten später rollt der Zug dann los. Der Blick aus dem Fenster gewährt uns eine traumhafte Sicht auf den Fuji. Während ich die naturale Umgebung so betrachte, schleicht sich eine zarte Aufregung bei mir ein. Es ist Jahre her, dass ich Zuhause war…

 

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Mit jedem weiteren Meter werden die Gebäude weniger und kleiner. Nur noch vereinzelt ragen größerer Mietshäuser in den Himmel, bevor sie schließlich gänzlich verschwinden. Das letzte Mal, dass ich soweit von Tokio weg war, war als ich Mitsuha gesucht hatte. Wer hätte gedacht, dass wir uns ausgerechnet in Tokio wiederfinden. Warum mussten unsere Erinnerungen verblassen? Wieso konnte sie nicht, nach meinem Aufwachen, neben mir stehen und mich in die Arme schließen, mir sagen, dass alles was ich getan hatte richtig war. Stattdessen ließ mich das Schicksal der Einsamkeit und einer großen Gedächtnislücke über, die ich erst jetzt, fünf Jahre danach füllen konnte. Die ganze Geschichte wirkt fast tragisch, aber immerhin hat sie ein Happy End. Mitsuhas kalte Finger, die sich zwischen meine schieben, reißen mich aus meiner Trance. Ich lächele ihr schwach entgegen, nehme ihre Hand hoch und drücke ihr einen Kuss auf den Handrücken, bevor ich meine Augen erneut von ihr abwende und in die Nacht starre.

 

Nach einigen Stunden kommt endlich die erlösende Ansage. Wir sind da. Ich habe eines der Onsen in der Umgebung rund um die Geisterstadt Itomori für uns gebucht. Schließlich gehört auch ein wenig Entspannung dazu.

Selbst auf dem Weg zu unserer Unterkunft merken wir, dass wir definitiv auf dem Land sind. Wer hätte gedacht, dass es in einem so fortschrittlichen Land wie Japan immer noch unbefestigte Straßen gibt?!

 

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Die Stille ist beinah erdrückend. Nur von der Ferne kann man einzelne Autos hören. Die taudurchdrungene Luft füllt meine Lungenflügel. Meine Augen betrachten die abendliche Landschaft. Ein kleiner Ort am Fuße des Berges der uns nur noch Meter von meiner Heimat trennt. Das eigenartige Gefühl von Zuhause schleicht sich in meinem Herzen ein. 

„Mitsuha?“, Taki unterbricht die Stille.

Ich sehe zu ihm und erkenne seine Hand die er mir einladend entgegenhält. Ich greife zuerst zu meinem Koffer und schließlich nach Takis Hand. Orientierungslos lasse ich mich von ihm durch das Dorf führen. Takis Augen sind stur auf den Bildschirm seines Handys fixiert. Hin und wieder gleicht er die Ansagen des Ortungsdienstes mit der Umgebung ab bevor er mich weiterzieht.

Nach einer knappen viertel Stunde haben wir unser Ziel dann endlich erreicht.

Taki hat wirklich nichts anbrennen lassen. Mit offenem Mund bestaune ich das augenscheinliche Gebetshaus, das sich später als Onsen entpuppt.

Kaum meinen Blick von der Umgebung abwendend stolpere ich Taki hinterher, der meine Hand bisher nicht einmal losgelassen hat. Mein Blick gleitet zu einer der offnen Schiebetüren. Eine offene Balustrade führt vom Haupthaus zu einem der kleineren Anbauten. Ich erkenne wie sich der Mond unterhalb der Balustrade im schwarz wirkenden Wasser spiegelt.

Unfassbar.

Dieser Ort erinnert mich an so viele Dinge aus meiner Vergangenheit. Wie einen Geist sehe ich mich in meiner Erinnerung die Balustrade des Miyamizu Schreins entlangschreiten. Es ist grotesk. Das vertraute Gefühl von zu Hause droht mich beinahe zu erdrücken und gleichsam genieße ich das nostalgische Gefühl.

„Können wir?“

Takis blaue Augen schieben sich in mein Sichtfeld und halten mir etwas gold-glänzendes entgegen. Stolz präsentiert er mir den Schlüssel mit samt Schlüsselanhänger in den unsauber die Ziffern 196 hineingeschlagen wurden. Immer noch ein wenig verloren greife ich nach meinem Koffer und folge Taki, der Anweisungen der Rezeptionistin vor sich hin murmelt.

 

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Mitsuha wirkt die ganze Zeit über abwesend. Ich kann es ihr kaum verdenken. Das alles hier erinnert mich an die Zeit vor fünf Jahren. Die Zeit in der ich in Mitsuhas Körper aufgewacht bin, die Welt durch ihre Augen gesehen habe. Ihrem Ausdruck nach zu urteilen scheint sie genauso zu fühlen. Ich ziehe den Reisverschluss meiner Kapuzenjacke auf und lege sie wohlgewärmt über Mitsuhas Schultern. Sie zuckt zusammen, als der weiche Stoff ihre nackten Schultern berührt. Sie scheint wohl gar nicht registriert zu haben, wie ihre Haut unter der kühlen Brise erschauderte.

Ich muss zwangsläufig lächeln. Es passiert so selten, dass sie so abwesend ist. Umso schöner ist es, dass ich mit der Reise mein Ziel erreicht habe. Sie mit mir hier und wenigstens ein kleines Stück Vergangenheit.

„Über was denkst du nach?“, frage ich ruhig, während ich mich zu ihr auf die Fensterbank setze und sie in meine Arme schließe.

„Ich weiß nicht… mein Kopf ist auf seltsame Weise leer. Wenn ich so nach draußen sehe ist es… ich weiß nicht…“

„…als wäre es gestern?“, ergänze ich fragend.

Mitsuhas Kopf dreht sich zu mir und sie sieht mich mit großen haselnussbraunen Augen an. Der Mond, der sich in ihrer Iris spiegelt, lässt ihre Augen glasig wirken. Ich frage mich ob sich Tränen ihren Augenwinkeln zu sammeln beginnen.

„Ja…“, flüstert sie mir schließlich zu.

Ich ziehe Mitsuha näher zu mir heran.

„Ich mag mir gar nicht vorstellen, was es damals für ein Gefühl gewesen sein muss, als der Komet einschlug.“

Mitsuha greift nach meinen Händen und schlingt sie fester um sich.

„In dem Moment, als die letzten Einwohner das Schulgelände erreicht hatten, war ich unendlich erleichtert. Aber zu sehen, wie der Komet alles zerstörte, war schockierend…“, flüstert Mistuha.

Ein Zittern fährt durch ihren Körper. Das Ganze scheint ihr nun doch näher zu gehen als ich geglaubt hatte. Ich drücke Mitsuha einen Kuss ins Haar.

„Komm, lass uns schlafen.“, schlage ich ihr vor.

Eine Weile regt Mitsuha sich keinen Milimeter, doch sie steht schließlich auf. Wir bereiten das Futon vor und kuscheln uns in die samtig weichen Bademäntel.

 

Es hat lange gedauert, aber Mitsuha schläft mittlerweile tief und fest in meinen Armen. Ich, trotz dass ich seit dem frühe Morgen auf den Beinen bin, bin hellwach. Mich beschleicht das Gefühl, dass ich einen Riesen Fehler begangen habe, oder eher gesagt einen großen Fehler begehen werde. Aber das Ausmaß meiner Entscheidung ist mit erst nach Mitsuhas Verhalten so richtig bewusst geworden. Ich hätte nicht Gedacht, dass die Wunden der Vergangenheit so tief bei ihr sitzen. 

Wie wird sie morgen wohl reagieren?

Schließlich hat sie sich jahrelang erfolgreich herausreden können. Das Geld, der Job, die Sorge um Yotsuha… und nun?

Mir wird mulmig. Ich fürchte mich ein wenig vor Mitsuhas Reaktion, schließlich wird sie morgen wieder auf ihn treffen - ihren Vater.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Halli Hallo :)
Da bin ich wieder :D

Und wie versprochen, ein neues Kapitel Your Name. Ich bin gespannt was ihr sagen werdet. Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Von:  Timxn
2021-01-25T14:43:04+00:00 25.01.2021 15:43
Hey,

ich wollte dir bis hierher einmal für diese kreative FF danken, da mich persönlich das Ende des Films ein wenig leer gelassen hat... Aber mit dieser Geschichte kann ich mich soweit erstmal abfinden :) Trotzdem fänd' ich es cool, noch mehr zu lesen, da mir dein Schreibstil echt gut gefällt und all die Dinge in deiner FF recht nah liegen und zur Geschichte bzw. dem Film passem.

LG
Von: abgemeldet
2019-12-01T18:05:32+00:00 01.12.2019 19:05
Ohoho das klingt jetzt schon spannend, Taki wenn mitsuha dich dafür nicht köpfen tut... aber einer muss den Schritt
Machen wenn nicht Taki wer dann 🤓

Bin gespannt wann es weiter geht 🥺😁
Von:  Narudia
2019-10-15T04:56:11+00:00 15.10.2019 06:56
huhu,

oh ein neues kapitel. ohje arme mitsuha klar nimmt sie das mit es ist teil ihrer Vergangenheit ob nun schön oder nicht es war ein traumatisierendes Erlebnis. und dann hat er scheinbar auch noch ein treffen mit ihrem vater geplant. das war nicht wirklich gut durchdacht gewesen. naja schauen wir mal wohin das ganze führen wird.

lg narudia
Antwort von:  TheOnlyOne
28.10.2020 07:54
Och Mensch die Geschichte liegt bei mir derzeit komplett auf Eis. Hoffe aber auch hier bald weiterzuschreiten :)

Ja es wird noch interessant werden. Ich mochte Mitsuhas Vater nicht. Schrecklich wie ignorant er war...
Antwort von:  Narudia
29.10.2020 05:58
Da stimme ich dir voll und ganz zu, ich fand ihren Vater auch schrecklich, ja er hat die Liebe seines Lebens verloren, aber er hat 2 Kinder mit dieser sie sind ein Teil von ihr, aber anstatt das anzunehmen verlässt er die beiden und sieht nur sich und seine Macht.
Von:  Blue_StormShad0w
2019-10-05T13:03:29+00:00 05.10.2019 15:03
Guten Tag.
Ein tolles Kapi!
Na, eine schöne Idee, die Taki da hatte. Mal raus aus den hektischen Alltag der Stadt und ein paar schöne Tage auf's Land. Was kann's schöneres geben? Und dann mit jemandem, den man sehr liebt. 😊
Hm, so schön wie Mitsuha das auch findet, so sehr kommen ihr da auch nostalgische und wehmütige Erinnerungen hoch. Ich hoffe da, dass beide dennoch schöne Tage zusammen haben werden - wobei, wenn da noch ein Treffen mit Mitsuhas Vater bevorsteht? Na, dass kann ja noch was werden ... 😑 Wer weiß, was er da dabei herauskommen wird?
Gut, dann bis zum nächsten Mal wieder! 👋😃
Antwort von:  TheOnlyOne
07.10.2019 13:58
Hallooo :)))
Dankeschön <3
Das ist doch für jeden eine schöne Vorstellung, oder nicht?
Mit Sicherheit wird es schön ;)
Tja wie Mitsuha auf das Treffen reagieren wird, wird sich noch zeigen ;)


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