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The Deficiency

von

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Chapter 6

"Mist!"

Frustriert drehte ich mich auf den Rücken und verschränkte die Arme während ich wütend an die Decke starrte, als wäre sie mein Feind.

Ich versuchte endlich einzuschlafen, eine halbe Ewigkeit schon, aber Schlaf war etwas, das in meinem Fall einfach nicht passieren würde.

Nicht an diesem Abend, nicht heute.

Meine Gedanken rasten. Wirbelten wie wild durcheinander, während ich einfach nur dalag und über die verrücktesten Dinge nachgrübelte.

Nicht über die erste Attacke auf einen lokalen von Yirks kontrollierten Fernsehsender die wir geplant hatten, sondern darüber, wie ich in einer Englischstunde vor ungefähr einem Monat was über eine von diesen alten griechischen Tragödien gelernt hatte.

Genauer gesagt über Ödipus Rex.

Das ist eine Oper in zwei Akten. Der Text geht irgendwie zurück auf eine Tragödie, die Ödipus Tyrannos heißt, die ein Mister Sofa-Irgendwas geschrieben hat.

Keine Ahnung, wie er wirklich heißt und warum man sich so einen unaussprechbaren Namen überhaupt merken soll, jedenfalls hatte ich in der Stunde zum ersten Mal das Wort "Hybris" gehört und dieses Hybris ist wie eine Krankheit.

Extremer Hochmut.

Vollkommen übertriebenes Selbstvertrauen.

Der Glaube daran, dass du alles tun kannst, was du willst und besser als irgendwer sonst.

Weil du eben mehr weißt als alle anderen.

Weil du besonders bist.

Eben d u.

Soweit so gut, das Problem mit diesem "Hybris"-Ding ist nur, es geht meistens nicht wirklich gut für den aus, der es hat.

Zum Beispiel kann es so enden, dass man irgendwann völlig entsetzt feststellt, das etwas, irgendwas das man in dem Glauben das einzig Richtige zu tun, getan hat, in Wirklichkeit so vollkommen falsch war, dass man sich am liebsten seine eigenen Augen ausreißen würde, wortwörtlich.
 

Über diese ganzen alten Helden und Könige zu lesen hatte mir irgendwo Angst gemacht, mich aber auch beruhigt.

Kurz hatte ich mich gefühlt als wäre ich selbst etwas Besonderes und würde zu einem ganz speziellen Menschenschlag gehören, der schon eine sehr, sehr lange Zeit existiert, aber eben besonders ist.

Leute wie ich, die wissen, dass sie großartige Dinge tun können und sie einfach tun.

Und dann bestraft werden dafür, d a s s sie tun, was sie tun.

"Mann..."
 

Mit einem Ruck setzte ich mich auf und stopfte mir demonstrativ ein Kissen zwischen Wand und Rücken.

Wenn ich schon nicht schlafen konnte, würde ich nicht einfach nur hier liegen bleiben und an die Decke starren.

Vielleicht sollte ich einfach ein Buch lesen um runterzukommen. Ein bisschen Musik hören, um mich abzulenken oder...

"Argh, Rachel warum denkst du überhaupt über sowas nach?"

W a r u m ?

Warum hockte ich im Dunkeln und führte Selbstgespräche wie eine Geistesgestörte?

Vielleicht, weil ich plötzlich die Anführerin unserer kleinen Soldatentruppe war?

Ja, genau d e s h a l b!
 

Jake hatte mir oft genug gesagt, dass ein Anführer genauso Angst haben und zweifeln darf, wie der Rest seiner Crew. Im Gegensatz zu ihnen darf er es aber nicht zeigen.

Unter keinen Umständen ganz egal wie hässlich es wird und genau das ist auch der Deal an dem Ganzen: Die Leute wollen einen Anführer der Größe und Kraft ausstrahlt.

Jemand, der nicht sofort in die Knie geht und an diesen ganzen typisch menschlichen Schwächen zerbricht, sondern einen, der selbstbewusst ist.

Einen tapferen Helden.

Einen lebenden G o t t .
 

Menschen wollen einen Anführer, der so handelt, wie sie selbst gerne handeln würden.

Noch ein paar so schlaue Worte von Jake.

Ich verstand, auch was er damit meinte, vollkommen und absolut.

Das Problem war nur, auch wenn es keiner von den Anderen glauben würde, am allerwenigsten Marco, ich w a r durcheinander und ich m a c h t e mir Sorgen denn der Anführer zu sein bedeutet auch, sich um andere Menschen zu kümmern und schwierige Entscheidungen für sie zu treffen.

Die Heldin zu sein, als die ich geboren worden war – die Kriegerin zu sein, die ich in mir entdeckt hatte, seit wir alle mittendrin steckten in diesem verdammten Krieg- dabei ging es dann wieder hauptsächlich um mich.

Ich war kein Genie, aber schlau genug, um mir das selbst klarzumachen.
 

Und nur deswegen machte ich mir auch in Wirklichkeit Sorgen.

Plötzlich und aus heiterem Himmel hatte ich wirklich Angst, dass ich mich falsch entscheiden würde, wenn es darauf ankam.

Dass es sogar einen meiner Freunde treffen und das Resultat von dem Ganzen so schrecklich sein könnte, dass ich mir am liebsten die eigenen Augen ausreißen würde, nur um nicht länger hinsehen zu müssen was ich getan habe, ganz genauso wie der arme alte Grieche in dieser Geschichte.
 

V e r d a m m t !

Diese Gedanken störten mich.

Sie machten mich w ü t e n d.

Ich konnte es mir einfach nicht leisten, mir Sorgen zu machen und auf gar keinen Fall durfte ich es zeigen.

Nicht jetzt, nicht vor den Anderen.

Ich war die Heldin, die Kriegerprinzessin!

Eine von denen die diese ganz großen Taten vollbringen oder?

Natürlich, aber die Sache ist nur, damit man diese Taten überhaupt vollbringen k a n n , also Kriege gewinnen und Städte bauen und sowas alles, braucht man eine Menge Größe und Kraft.

Selbstbewusstsein.

Man muss arrogant sein um zu gewinnen, manchmal ein bisschen mehr, manchmal ein bisschen weniger.

Stolz und Selbstvertrauen und Arroganz sind genauso wichtig wie Mut, wenn es darum geht ein Held zu sein, zumindest ich sah es so.

Denn mal ehrlich, wenn wir, wir Helden, Krieger und Könige der Vergangenheit nicht die nötige Drecksarbeit und diese ganzen verrückten mutigen Dinge gemacht hätten, wer dann?

"Niemand. Niemand hätte irgendetwas getan."

Meine Stimme war nur ein leises Flüstern in der Stille meines Zimmers.

Mondlicht schimmerte silbern durch die Vorhänge.

Das einzig Helle in dem ganzen Dunkel und mir wurde schlagartig klar, dass es dieses Hybris auch eine Falle war.
 

Du bist, wer du bist.

Charakter ist gleich Handlung.

Handlung ist gleich Schicksal, allgegenwärtig.

Unvermeidbar.
 

T o c k, T o c k, T o c k!

Hastig schwang ich die Beine aus dem Bett und ging zum Fenster hinüber.

"Hi Tobias" Sagte ich und öffnete es, um ihn reinzulassen, doch es war nicht nur mein Freund der herein geflattert kam und sich auf meinem Schreibtisch hockte, sondern auch riesiger Uhu.

Circa fünfzig Zentimeter lang vom Kopf bis zum Schwanz mit einer Flügelspannweite von geschätzten neunzig bis hundertfünfzig Zentimetern.

Dazu noch diese typischen Federohren und große gelb orangene Augen über einem fies gekrümmten schwarzen Schnabel.

<Hey Xena! Hallo allerseits wäre zumindest schön gewesen. Ich meine, warum kriegt Tobias eine nette Begrüßung und ich nur diesen schockierten Gesichtsausdruck?>

"M a r c o ?!"

<Live und in Farbe. Schickes Nachthemd übrigens.>

"H e y!"

Schnell schnappte ich mir meinen roséfarbenen Morgenmantel der über der Sessellehne hing und warf ihn mir über, denn wenn Tobias mich mit zerzausten Haaren und in meinem Oversize-Snoopy-Schlafshirt sah, dass ich über meinen schwarzen Leotard gezogen hatte, war das eine Sache, aber ganz bestimmt halt das nicht für e i h n!

"Verdammt, was soll das? Warum kommst du so spät und wieso hast du M a r c o mitgebracht?!"

<Na ja...>

Ein bisschen verschämt plusterte Tobias sich auf.

<Da war so eine Kochshow die Ax unbedingt sehen wollte und dann, wie ich auf dem Weg zu dir war, hat Marco mich abgepasst. Er hat eine Nachricht bekommen... Von Lizzie.>

Lizzie.

Ein Controller und einer unserer nächsten Kontakte zum CYM, Naleks Fraktion

Zum ersten Mal hatten wir sie getroffen, bevor Lou und Issrin zu uns gekommen waren kurz nach Cassies Solo-Yirkpool-Aktion.

Zum letzten Mal vor der Sache mit Taylor.
 

Meistens wenn sie auftauchte, bedeutete es nichts Gutes und allein schon ihren Namen zu hören machte mich nervös, ganz besonders jetzt.
 

"Okay, was will sie und warum kommt sie damit ausgerechnet zu d i r?"

Sogar in meinen eigenen Ohren klang meine Stimme übertrieben gelangweilt, aber die beiden schienen es trotzdem zu schlucken.

<Tja, der gute Jake ist ja nicht da wie wir alle wissen und meine Adresse war leider die einzige die sie sonst noch so kennt. Du weißt schon, weil wir Stammkunden bei P e d r o ´s und so. Früher hat mein Dad oft dreimal in der Woche bei denen bestellt. Mann, die Thunfischpizza solltet ihr echt mal probieren.>

"Also, sie hat deine Adresse herausgekramt und ist zu dir gekommen, ich versteh´schon aber w a r u m und ich möchte es bitte wissen, noch bevor du uns die Pasta beschreibst!"

<Oh wie schade, ich wollte grad mit den Nudeln al dente anfangen, aber na ja... Lizzie hat mir jedenfalls gesagt, dass wir zu Nalek kommen sollen so schnell wie´s geht. Ich hab ihr natürlich klargemacht, dass das n i c h t geht. Dass wir uns erst rausschleichen können, wenn unsere Leute schlafen und so weiter.>

"J a, deswegen haben w i r uns das ja auch so ausgemacht"

Genervt rollte ich mit den Augen.

"Komm einfach mal auf den Punkt, gibts zur Abwechslung mal irgendwelche guten Nachrichten? Ist der Visser vielleicht gestorben? D a s wäre nämlich der einzige Grund für mich unsere Mission für heute abzusagen, ich hoffe das hast du ihr auch genau so gesagt!>"

<Natürlich eure M a j e s t ä t habe ich auch verkündet, dass die unglaubliche X e n a jetzt am Drücker sitzt und höchstpersönlich für jedem Mist verantwortlich ist, der unter ihrem Kommando schiefläuft bis Jake wieder da ist. Wer wäre ich denn ihr eine solch überaus w i c h t i g e Information vorzuenthalten, aaaber es gibt tatsächlich auch eine gute Neuigkeit.>

"Ach ja?"
 

Inzwischen hatte ich mir die Bürste von der Kommode geschnappt und angefangen mir die Haare zu kämmen.

Erstens, weil ich aussah, als wäre ich durch einen Orkan gelaufen, zweitens, weil mich das entspannte und drittens, weil Marcos dämliche Sprüche mich wahnsinnig machten, wenn ich ihm mit mehr als einem halben Ohr zuhörte.

Keine Ahnung wie Jake das packte, ohne ihm mehrmals am Tag den Hals umzudrehen!

"Und die wäre?"

Fffft!

Fffft!

Fffft!

Ha! Kein einziger Knoten. Die neue Spülung zahlte sich wirklich aus!
 

<Wir sind definitiv eingeladen zum Kriegsrat aber es gibt wenigstens noch Kakao, Kekse und Kuchen als Henkersmahlzeit, bevor wir uns wieder mal eine vollkommen bescheuerte Kamikaze-Nummer aufhalsen lassen und abkratzen. Fenya und Eileen werden auch dort sein, genauso wie Mister Tidwell. Ax-man ist grad unterwegs und sammelt Cassie ein, wir müssen sie also nicht erst holen gehen.>

"Aha und was ist dann die S c h l e c h t e Nachricht? Ein Schild in Josephs Garten mit der Aufschrift "Hirnis müssen draußen bleiben?"

Fffft!

Fffft!

Fffft!
 

<Nein.>

Marco lachte, doch es war ein komisches Lachen, sogar für ihn, weil es fast schon deprimiert klang.

Viel zu ernst.

Fast t r a u r i g und dann sage er es.

Sagte es, während er mit seinen Uhuaugen meinen Bürstenstrichen folgte

<Ganz ehrlich Leute? Ich weiss auch noch nichts Genaueres, aber Lizzie hat gesagt, die Sache ist auf jeden Fall wieder mal verdammt ernst und ...->

"U n d?!"

<Es geht um Tom.>



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Chai-Cherry-Tea
2020-01-14T18:05:00+00:00 14.01.2020 19:05
Das Kapi hat überzeugt xD ich fand Rachel sehr authentisch mit den Zweifeln an der Anführerrolle und mochte es, wie schön du das "Hirni" eingebaut hast, das war echt lustig. Ich freue mich auch schon darauf Fenya/Eileen und Tidwell/Illim zu lesen <3

Antwort von:  Fandalite
15.01.2020 06:46
Danke!
In dem Kapi bin ich aber auch noch sehr nah am Original ;)
Schön, dass ich dich gut unterhalten konnte.


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