Zum Inhalt der Seite

Wenn Ostern sein Frühling findet

Die Hüter des Lichts
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Kapitel 12 – Schmerzliche Erkenntnis

 

 

 

„Was?“, fragte Hase in der Hoffnung sich verhört zu haben.

 

„Ich will das du mich zurück bringst, bitte.“

 

„Aber du... du bist noch nicht fit genug...“

 

„Hase, ich bin seit einer Woche hier, ich habe noch ein Leben... zumindest hatte ich das“, seufzte Sophie und ihr fielen wieder die Polizisten ein, die sie in ihrer letzten Nacht angehalten hatten. Und was war mit ihrem Job, ob Jamie sie krankgemeldet hatte? Es gab so viel zu klären. Und Brad, sie wollte unbedingt zu Brad. Sie hatte so ein schlechtes Gefühl, sicherlich war er inzwischen stinksauer auf sie weil sie einfach verschwunden war und verrückt vor Sorge. Sie musste ihn sehen, sich ihm erklären und dann wollte sie einfach in seine Arme sinken.

 

„Hase, bitte. Ich will nach Hause, ich kann nicht einfach hier bleiben. Ich vermisse Brad“, flüsterte sie.

 

Hases Herz zog sich schmerzhaft zusammen. Warum nur wollte sie unbedingt zu diesem Stück Yetischeiße zurück? Er gönnte ihr alles Glück der Welt und würde alles und jeden akzeptieren, doch gab sie sich ernsthaft mit diesem faulen Ei ab.

 

Stumm und mit vereistem Gesichtsausdruck löste er sich von Sophie, stand auf und ging aus der Höhle. Verwirrt sah Sophie ihm nach, lief ihm jedoch sogleich hinter her. Er lehnte am Höhleneingang, seinen Bumerang in der Hand. Immer wieder ließ er ihn seine Runde kreisen, wobei er den Blumen auf der Wiese den Köpfen abschlug.

 

„Hase?“, suchte Sophie verunsichert das Gespräch und legte ihm eine Hand auf seine haarige Schulter.

 

„Ich werde dich gehen lassen...“, seufzte er schwer.

 

„Wirklich?“, lächelte Sophie mit großen Augen.

 

„Ja, aber ich will das du zurückkommst wenn es dir nicht gut gehen sollte. Du musst das nicht alleine durchstehen, ich will das du das weißt.“

 

„Ach was, das wird nicht nötig sein. Brad und ich schaffen das schon“, lachte sie und umarmte ihn.

 

Geschockt hielt Hase inne. Damit hatte er nicht gerechnet und die Gefühle die sich in seinem Inneren bildeten überforderten ihn noch mehr. Kaum das er die Umarmung erwidern wollte, löste sie sich schon von ihm. Wahrscheinlich glaubte sie das es zu viel für ihn war.

 

***

 

Schon eine Stunde später stand Sophie vor ihrem Haus, in Jeans und T-Shirt gekleidet, welches Hase ihr schnell aus ihrem Schlafzimmer gebracht hatte. Brad war natürlich zu Hause und wie sollte sie ihm erklären das sie plötzlich mitten in der Wohnung stand ohne durch die Tür herein gekommen zu sein.

Mit klopfendem Herzen stand sie vor dem Haus und klingelte. Das Haus war schon älter und bisher wurde keine moderne Gegensprechanlage installiert, weswegen man nie wissen konnte wer klingelte. Doch Brad machte bereitwillig auf. So schnell sie konnte lief Sophie die Stufen hinauf, doch gestaltete es sich schwieriger als gedacht. Ihr Körper hatte sich noch nicht ganz erholt, der Hunger und der Stress in letzter Zeit hatten ihre Spuren hinterlassen. Und ihre Muskeln fühlten sich so an als wären sie fast nicht vorhanden.

Die Wohnungstür war nur angelehnt, scheinbar erwartete Brad mal wieder seine gewohnten Kunden.

 

„Hey Süße, bist ja schneller wieder da als erwartet. Hast du die Hähnchenkeule mitge....“, Brad erstarrte als er sah wer zur Tür hineingekommen war. Die Farbe wich ihm regelrecht aus dem Gesicht und er hatte Mühe damit seinen Mund zu verschließen.

 

„Von wem sprichst du?“

 

„Hey, Sophie“, lächelte er. „Natürlich von dir, das mit dem Hähnchen war ein Scherz. Jamie hat mir schon erzählt das du wieder kommst“, lachte er und nahm sie in die Arme.

 

Sophie lehnte sich an ihn, wie lange hatte sie auf diese Berührung warten müssen. Moment, Jamie?

 

„Jamie wusste doch gar nicht das ich heute wieder komme. Was geht hier vor?“

 

„Das würde ich auch gern wissen“, erklang eine Stimme hinter ihr. Dort stand eine rothaarige junge Frau, vielleicht etwas älter als sie, in aufreizender Kleidung und eine Tüte in der Hand, die stark nach Fritten und Hähnchen roch.

 

Eine grausame Vorstellung bildete sich in Sophies Kopf und ihr Herz begann zu rasen, sie spürte wie ihre Hände schwitzten. „Wer ist sie?“

 

„Das ist Lucy, eine gute Freundin von mir“, versuchte Brad sich zu retten und wirkte mehr als nur nervös.

 

„Ah, eine gute Freundin. Gestern war ich noch die tollste Frau als ich unter dir lag“, erzählte Lucy unscheniert.

 

„LUCY“!, schrie Brad wütend. „Sophie, ich muss dir etwas erklären....“

 

„Na jetzt bin ich aber gespannt“, schnarrte Lucy und verschränkte die Arme vor ihrer Brust, die Tüte ungeachtet auf den Boden geschmissen.

 

„Du warst plötzlich verschwunden und ich hatte nur noch eine merkwürdige Erinnerung an einen bewaffneten Hasen, der mir droht. Jake und ich hatten dieses scheiß Spice ausprobiert... und, na ja, ich dachte du wärst bei einer Freundin, aber als ich merkte das dein Handy, dein Schlüssel und deine Handtasche hier war, glaubte ich du hättest mich verlassen. Ich habe bei Jamie angerufen, aber er wollte erst nicht so recht sagen was los ist und dann meinte er nur das es dir nicht gut geht und du bei deiner Großmutter wärst.... Glaub mir doch Sophie, ich wusste nicht was mit dir war, ich bin hier fast durchgedreht und na ja... Lucy hat mich abgelenkt... ich war so verwirrt, bitte glaub mir.“

 

„Ist das wahr?“, fragte Sophie. Sie konnte nicht leugnen das es sie schmerzte, doch warum musste nur alles so schwer und kompliziert sein. Sie wollte doch einfach nur glücklich mit ihm sein.

 

„Wenn du davon ausgehen willst das er bereits ein Monat verwirrt war“, mischte sich Lucy wieder ein. „Und einmal schon vor einem Jahr.“

 

Nun erkannte Sophie sie wieder. Sie war eine Kundin von Brad gewesen, sie wusste das sie sich gut verstanden, hatte sich aber nie dabei was gedacht, da Lucy nur alle paar Monate gekommen war um eine Kleinigkeit zu kaufen und auch nur selten länger blieb.

 

„LUCY, VERDAMMT NOCH MAL!“, schrie Brad und Tränen waren in seinen Augen zu sehen.

 

„Ach komm schon, Brad. Schenk ihr reinen Wein ein, wir wussten beide das der Tag kommen würde.“

 

„Woher willst du das wissen, sie ist schwanger von mir, wir kriegen ein Kind. Und vergiss nicht was ich dir gesagt habe.“

 

„Pff, ich soll mein Maul halten und mir nicht einfallen lassen das du das Liebste verlierst, ja ich hab das hier doch nicht geplant. Das ist doch eindeutig auf deinen Mist gewachsen. … Weiß sie eigentlich das du seit zwei Monaten deine Abende im Casino verbringst?“, schwenkte Lucy weiterhin ihre verbale Keule.

 

„ACH VERPISS DICH LUCY!“, schrie Brad, schubste sie aus der Wohnung und schmiss die Tür zu.

Stumm hatte Lucy alles mit angehört und sie fühlte sich schwindlig. Was war nur aus ihrer heilen Welt geworden? Es war nie perfekt, aber nun entglitt alles ihren Händen.

 

„Brad, was ist hier nur los?“, fragte sie während die heißen Tränen ihre Wangen hinunter liefen.

 

„Schatz, bitte nicht weinen. Ich weiß das ich scheiße gebaut habe, aber ich war so überfordert. Ich meine, das Kind und jetzt die Polizei, die haben mich am Arsch... ich bin am Arsch.“

 

„Aber wieso? Glaubst du etwa das ich nicht auch überfordert war?“, schluchzte sie. Am liebsten hätte sie getobt, hätte geschrien, doch fehlte ihr einfach die Kraft.

 

„Ich weiß, aber ich... ich war auch nur im Casino um Geld zu gewinnen, wegen dem Kind. Ich weiß das es dämlich ist, aber ich wusste mir nicht anders zu helfen. Ich werde mit den Geschäften aufhören bevor das Kind da ist, versprochen.“

 

Noch lange hörte Sophie die Versprechungen, die Bitten ihm zu verzeihen, die Tränen in seinen Augen, doch der Schmerz den die andere Frau verursacht hatte, fraß sie von innen auf. Sie wollte ihn, aber sie spürte das sie nicht mehr konnte und alles bestand nur noch aus Schmerz. Unaufhörlich liefen die Tränen und nichts konnte sie beruhigen.

Wenn sie Pech hatte würde Brad bald ins Gefängnis kommen, denn es hatte sich herausgestellt das die Folie welches das Gras umwickelt hatte, welches im Auto gefunden wurde seine Fingerabdrücke aufwies. Aber deswegen war sie nicht unschuldig, schließlich lebte sie mit ihm zusammen. Hinzukam, das sie einen Brief auf dem Tisch fand, der an sie adressiert war. Von ihrer Arbeitsstätte, eine fristlose Kündigung. Sie war weder mit einer ärztlichen Bescheinigung entschuldigt worden, noch hatte sie sich gemeldet und fadenscheinige Geschichten von ihrem angeblichen Bruder reichten nicht aus. Sie hatte es versaut. Die Ausbildung gerade erst hinter sich, hatte sie eine Chance fest angestellt zu werden in ihrer Lieblingsgärtnerei, doch nun hatte sie die Probezeit nicht überstanden. Dabei hätten nur ein paar Wochen gefehlt bis zum Vertrag.

Ihre Eltern wussten von nichts, wie sollte sie ihnen die Umstände der letzten Wochen erklären?

 

Die Scherben ihres Lebens lagen vor ihren Füßen und der Mann den sie liebte saß weinend neben ihr und klagte wie überfordert er doch mit der Sache wäre.

 

„Ich hab es verloren“, kamen die leisen Worte aus ihrem trockenen Mund, nachdem er wieder begann darüber zu reden. Er hatte versprochen der beste Vater der Welt zu werden, doch sie wusste das es nie dazu kommen würde. Und das nicht nur weil es kein Kind geben würde.

 

„Was?“, war alles was aus Brads Kehle kam. „Aber ist es nicht vielleicht besser so?“, fragte er nach einer langen Pause, in der er sie in den Arm genommen hatte.

Fassungslos sah Sophie ihn an und stieß ihn von sich. Der Schmerz zog sich wie ein kaltes Schwert durch ihren Körper.

„Ich meine, im Moment können wir es uns nicht leisten.... also, die Polizei, das Geld....“

 

„Ich kann dich mir auch nicht leisten“, sagte Sophie nur und stürmte weinend aus der Wohnung. Ihr Herz krampfte sich zusammen, sie hatte das Gefühl das ihr etwas die Luft abschnürte und einmal wäre sie fast die Treppe hinunter gefallen. Sie hörte seine Rufe, sein Flehen zurück zu kommen, doch sie ignorierte es.

 

Auf der Straße angekommen lief sie einfach in irgendeine Richtung, sie wollte einfach nur noch weg, auch wenn sie nicht wusste wie und wohin. Es war früher Abend und die Sonne würde bald untergehen, wo sollte sie jetzt nur hin? Wo konnte sie hin ohne lästige Fragen beantworten zu müssen? Laut schluchzend lief sie den Gehweg entlang und hasste Brad das er ihr das angetan hatte. Immer wenn sie glaubte es könnte nicht mehr schlimmer werden, brachte er den nächsten Clou. Und nun gafften die Leute die ihr entgegenkamen blöd an, dabei wollte sie einfach nur ihre Ruhe.

 

Die Blicke in ihrem Rücken nicht mehr aushaltend, bog sie in eine kleine Nebengasse, in der einige Mülltonnen standen. Kaum war sie für die anderen Fußgänger nicht mehr zu sehen, öffnete sich der Boden unter sie und verschlang sie. Vom Gefühl des Fallens überrascht blieb ihr Herz einen Schlag lang stehen, doch sobald sie die flauschigen Arme spürte die sie an den großen warmen Körper drückten, krallte sie sich an Hase und ließ ihren Gefühlen freien lauf während sich der Tunneleingang über sie schloss.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück