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Nur Ein Kuss

von

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"Spiel uns noch einen zu!!"

"Sag mal reicht es nicht langsam?"

"Jungs, kommt schon, es gibt gleich Abendessen!"

Die Drittklässler und einige Spieler von Nekoma saßen schon seit einer Weile am Spielfeldrand, einige waren auch schon duschen gegangen und Tsukishima hatte sich nach dem Ende des Pflichttrainings überhaupt nicht mehr beteiligt.

"Komm schon nurnoch einen, bitte, Senpai!", bettelte Hinata Shouyou. Ihm tat zwar inzwischen alles weh und morgen würde er definitiv Muskelkater haben, aber er hatte noch immer nicht das Gefühl, genug Bälle geblockt zu haben. Erst langsam verstand er richtig, worauf es überhaupt ankam, dass es mehr war als einfach nur mit erhobenen Armen in die Luft zu springen. Und jetzt, wo er das Gefühl hatte, kurz vor einem Durchbruch zu stehen, konnte er auf gar keinen Fall aufhören.

"Das hast du vor einer Viertelstunde auch schon behauptet", moserte Tanaka, griff aber nach einem der wenigen verbliebenen Bälle im Korb.

"Ach komm schon, Kageyama, jetzt sag doch auch mal was, du willst doch auch noch trainieren, oder etwa nicht?"

"Ja.", war die knappe Antwort. Dieser Typ war echt nicht zu fassen!

"Dann musst du das auch sagen, Idiot, sonst bin ich ja ganz alleine der Dumme", beschwerte sich Hinata und boxte den Anderen in die Seite. Etwas, das er sich erst seit Kurzem traute und worauf er einigermaßen stolz war.

"Du schaffst das auch ganz gut ohen meine Hilfe, ganz alleine der Dumme zu sein!", fuhr ihn Kageyama an und hätte Tanaka nicht seinen Arm ausgestreckt, ihm ihn zurükzuhalten, wäre er bestimmt sofort auf Hinata losgegangen. Stattdessen starrte er ihn einfach nur in Grund und Boden. Es wäre fast beängstigend, wenn es nicht so lustig gewesen wäre.

"Okay, dann anders! Tanaka-senpai, würdest du uns bitte noch einen Ball zuspielen, damit der Idiot hier noch ein bisschen trainieren kann, was er wirklich dringend nötig hat, wie wir alle wissen, weil er uns sonst morgen wieder blamiert? So besser?" Kageyama grinste so breit, dass er Blumen damit zum Verwelken bringen konnte.

"Überhaupt nicht!!", schrie Hinata entrüstet auf und wollte sich nun ebenfalls auf den anderen stürzen, doch genauso blitzschnell wie vorhin streckte Tanaka den zweiten Arm aus, um Hinata und Kageyama auseinanderzuhalten.

"Stop! Sonst fliegt ihr beide raus!" Wie aus dem Nichts war Daichi hinter ihnen aufgetaucht und wenn Kageyamas Blick Hinata eben fast lächerlich vorgekommen war, so ließ ihm der vorwurfsvolle Ausdruck in den Augen ihres Kapitäns das Blut in den Adern gefrieren. Kageyama konnte einem Angst machen, wenn er wütend war, aber das war nichts gegen Daichis Zorn, der mehr etwas von dem einem Elternteils hatte, dem man versprochen hatte, es auf keinen Fall jemals wieder zu enttäuschen. Schon aus Reflex hörte Hinata auf, gegen Tanakas Sicherheitsabstamdsarm anzukämpfen.

"Euer Ehrgeiz in allen Ehren, aber irgendwann ist auch mal Schluss. Und ich glaube, der Punkt ist heute schon lange überschritten. Spart euch eure Kräfte lieber für morgen auf."

"Ach komm schon Daichi, lass die Erstklässler sich doch noch ein bisschen austoben", versuchte Sugawara vom Spielfeldrand aus beruhigend einzugreifen.

Daichi warf einen verzweifelten Blick in die Runde, traf aber nur auf entschlossene Gesichter, die nicht bereit waren, so einfach aufzugeben. Deswegen zuckte er schließlich mit den Achseln und seufzte schicksalsergeben.

"Also gut, aber nurnoch ein paar Bälle. Vergesst nicht, dass wir noch aufräumen müssen und es gibt wirklich gleich Abendessen. Ihr könnt mir nicht erzählen, dass ihr keinen Hunger habt."

"Ach, das geht schon!", versicherte Hinata schnell, aber in Wahrheit ignorierte er das Knurren seines Magens schon eine ganze Weile. Aber er wollte nicht vom Spielfeld, solange Kageyama noch trainierte, das würde ihm wie eine Niederlage vorkommen.

"Also, bereit?"

"Ja!!", riefen Hinata und Kageyama in unisono. Sie brachten sich in Stellung, Hinata stand ein Stück weiter vom Netz entfernt als Kageyama und konnte so für einen kurzen Moment den Rücken des Anderen betrachten. Seit ein paar Tagen war es irgendwie seltsam zwischen den beiden geworden. Also, es war schon immer seltsam zwischen ihnen gewesen, vom ersten Moment an dem sie sich begegnet waren, aber seit Kurzem war es irgendwie anders seltsam. Seit diesem einen Moment im Clubraum.

Für einen kurzen Moment nahm er Kageyamas Anblick tief in sich auf. Er war groß, so viel größer als Hinata. Breite Schultern unter einem gebräunten Nacken, an dem nasse Haarsträhnen klebten. Hinata hatte Lust, einfach den Arm auszustrecken und die Haare beiseite zu wischen, die Kontur des Nackens und der Kinnlinie nachzuziehen und dann...

Doch Hinata hatte keine Zeit, sich weiter in diesen Gedanken zu vertiefen, denn schon schmetterte Tanaka den Ball über das Netz und für einen kurzen Moment existierten nurnoch er und der Ball. Er versuchte zu ahnen, wie er fliegen würde so wie er immer schon im Vorraus zu ahnen schien, wie Kageyama springen würde. Doch noch bewegte sich sein Körper einfach nicht so schnell wie Hinata es von ihm verlangte.

"Ja, der geht schon wieder an mich!", brüllte Tanaka und machte eine Siegerpose. Und wo war sein Tshirt eigentlich schon wieder hin?

"Noch einen!"

Die Bälle flogen schnell, Hinata wusste, dass Tanaka sich nicht zurückhielt, nur weil er noch nicht so gut war und er war ihm dankbar dafür. Seine Gegener würden sich schließlich auch nicht zurükhalten, eher im Gegenteil. Sie würden seine Schwäche ausnutzen.

"Noch einen!"

Die letzten hatten sie fast alle geblockt (auch wenn Hinata zugeben musste, dass das nicht unbedingt sein Verdienst war), sie konnten jetzt nicht aufhören. Es fühlte sich einfach so gut an, im Einklang mit seinem Team (mit Kageyama) über das Feld zu fliegen.

"So, wir gehen jetzt", schallte Daichis Stimme durch die Halle. Er, Sugawara und der Kapitän von Nekoma hatten ihre Taschen geschultert und waren quasi schon so gut wie aus der Tür. "Wenn ihr unbedingt bis ganz zum Schluss trainieren müsst, dann müsst ihr auch alleine aufräumen: In spätestens einer halben Stunde müsst ihr hier aber fertig sein, wenn ihr noch etwas vom Abendessen abbekommen wollt."

"Ist gut, Chef, wir sind hier auch gleich so weit", versprach Tanaka und schnappte sich einen weiteren Ball.

Hinata blickte sich verwundert um. Waren hier vorhin nicht noch mehr Leute gewesen? Hatten nicht auf dem Nebenfeld nicht auch noch andere Spieler trainiert? Er suchte die Halle nach weiteren bekannten Gesichtern ab, aber wieder blieb sein Blick kurz an Kageyama hängen. Bildete er sich das ein oder vermied er es heute absichtlich, Hinata in die Augen zu schauen?

"Oi, Kenma, willst du nicht auch noch mitkommen?"

"Gleich."

Was, Kenma war auch noch hier? Stimmt, da saß er, neben der Bank am Rand, wo vorher die Gruppe mit den anderen Nekoma-Spieler gesessen hatte, und hielt seine Konsole in der Hand. Er schien noch in irgendein Spiel vertieft. Irgendwie übersah man ihn so leicht, was für den Zuspieler von Nekoma allerdings nicht nur ein Nachteil war. Er war schwer zu durchschauen. Trotzdem hatte Hinata, der wusste, dass man ihm selbst jedes Gefühl von der Nasenspitze ablesen konnte, ihn von Anfang an gemocht.

"Wenn du dich doch nur so für Volleyball begeistern könntest wie für deine Spiele", seufzte Kuroo dramatisch, dann klopfte er Daichi auf die Schulter. "Na, wie auch immer. Bis gleich. Versprecht mir, dass ihr Kenma nicht einschließt okay? Wir brauchen unseren Zuspieler morgen noch."

Hinata lachte, dann brachte er sich wieder in Position. Er versuchte sich auf den Ball zu konzentrieren und das gute Gefühl von vorhin, als er den Ball aufgehalten hatte, wieder in sich wachzurufen, um es für die letzten Bälle reproduzieren zu können. Wie hatte er die Arme genau gehalten, wie war er abgesprungen, wie hatte er die Richtung des Balles vorhersehen können? Indem er sich auf Kageyama eingestellt hatte.

Wieder blickte er Kageyama unverwandt an und seien Gedanken schweiften ab. Er war so groß und obwohl Hinata wusste, dass er mit einem Sprung bei ihm sein konnte schien er manchmal so unendlich weit entfernt, nicht greifbar und irgendwie nicht real. Überlebensgroß. Wie aus einer anderen Welt.

Kageyama griff sich in den Nacken, als würde er die die Blicke des Anderen auf sich spüren und versuchen, sie wie eine lästige Fliege zu vetreiben.

"Keine Sorgen, ich hau dir keinen Ball an den Kopf, wir trainieren ja keine Angaben!", konnte Hinata sich nicht verkneifen.

Die Antwort war ein vernichtendes Funkeln.

"Du meinst wohl, du haust mir nicht schon wieder einen Ball an den Kopf! Und ganz ehrlich, wenn du das nächste Mal Angaben machst, ziel bitte einfach direkt auf mich, denn dann landet er vielleicht endlich mal auf der anderen Seite des Netzes!"

"Du könntest mir ja auch endlich deinen Sprungaufschlag beibringen, du Fiesling!"

"Dafür müssen aber erst die Grundlagen sitzen, Idiot. Außerdem hast du mich auf der Hinfahrt angesabbert, dir bringe ich überhaupt nichts bei!"

"Pfft, angesabbert. Musst du gerade sagen.", murmelte Hinata mehr zu sich selbst als zu dem Anderen.

"Was soll das denn heißen?" Natürlich hatte er ihn trotzdem gehört.

"Ihr hört jetzt sofort auf zu streiten, sonst setzt's was!", drohte Tanaka und machte sich wieder bereit, den Ball übers Netzt zu schlagen.

Vor ein paar Tagen war der Moment gwesen, an dem es zwischen ihnen beiden seltsam geworden war. Vielleicht war es das auch schon länger gewesen, aber da hatte Hinata es das erste Mal bemerkt. Sie hatten länger trainiert und waren mal wieder die letzten in der Halle gewesen. Da war noch alles normal. Kageyama hatte ihn wie immer getriezt, aber er war inzwischen schon so daran gewöhnt, dass die Drohungen und fiesen Kommentare keinen großen Eindruck mehr auf ihn machten. Als sie sich im Clubraum umgezogen hatten, hatte Hinata die Blicke des Anderen gespürt, ganz ähnlich wie Kageyama seine Blicke gerade im Nacken gespürt haben musste. Hinata war es sonst egal, vor wem er sich umzog, im Team hatten sich alle schon gegenseitig nackt gesehen, sie hatten ja auch nichts voreinander zu verstecken. Doch Kageyamas Blicke waren anders gewesen und auf einmal war sich Hinata wie die Beute eines Raubtiers vorgekommen. Als er sich umdrehte, um sein seltsames Gefühl zu bestätigen, wich Kageyama ihm aus und starrte betont in die andere Richtung. Aber war er nicht röter als vorher, oder waren das nur die Hitzeflecken von der Anstrengung des Trainings? Hinata war sich nicht sicher und er wollte die Idee eigentlich gerne von sich schieben.

Aber als sie dann auf dem Heimweg stumm nebeneinander her gelaufen waren, hatte Hinata verstohlene Blicke zu Kageyama hinüber geworfen und das war das erste Mal gewesen, dass er ihn so gesehen hatte. Irgendwie realer als zuvor. Und es war auch das erste Mal gewesen, dass er sich Dinge vorgestellt hatte.

Mist, jetzt hatte er Tanakas Angriff fast verpasst! Hinatas Körper schaltete auf Automatik, als er den Ball wie ein Zeitlupe auf sich zukommen sah, setzte zum Sprint an und in dem Moment, in dem er sich vom Boden abstieß, wusste er, dass er zu spät und mit zu viel Kraft gesprungen war. Mit voller Wuch traf er Kageyamas Seite und riss sie beide aus der Luft.

Hinata landete hart auf dem Anderen. Er wollte sich wieder hochrappeln, doch für einen kurzen Augenblick konnte er sich nicht bewegen, war wie gelähmt. Der Körper unter ihm fühlte sich so warm an. Für diesen Moment war Kageyama definitiv real, er konnte ihn berühren, wenn er wollte, konnte seine schweißnasse Haut spüren, darunter die Bewegungen der Muskeln.

Hinata musste sich aus diesen Gedanken reißen, musste von Kageyama runter. Er drückte sich hoch. Das Gesicht unter ihm war vor Verlegenheit pink angelaufen, Kageyamas Lippen standen leicht offen und sein Blick wich ihm definitiv aus. Er versuchte Hinata von sich zu schieben, aber offenbar fehlte auch ihm im Moment die Kraft dafür. Und ging sein Atem nicht auch seltsam unregelmäßig?

"Runter, Idiot", verlangte Kageyama mit seltsam rauher Stimme, den Kopf immer noch zur Seite gedreht. Er biss sich peinlich berührt auf die Unterlippen und sah dabei einfach umwerfend aus. Dann schlich sich fast unbemerkt seine Zungenspitze heraus und leckte sich über die trockenen Lippen. Dieser Anblick schickte warme Schauer durch Hinatas ganzen Körper. Oh, er musste schnell von Kageyama runter. Ganz schnell!

Aber Hinata konnte es sich einfach nicht verkneifen.

"Na, wer sabbert jetzt wen an?"



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