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Die Entführung

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Hallo zusammen! :)

Da bin ich wieder, dieses Mal mit einem brandneuen Abenteuer der beiden Herren. Es hat etwas länger gedauert und als kleine Entschuldigung für die Durststrecke gibt es gleich einen Zweiteiler von ganzen 24 Word-Seiten. Wie immer gehört nichts mir, die Rechte liegen bei der Autorin.

Viel Spaß beim Lesen wünsche ich euch! Komplett anzeigen

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Es dauert, aber schlussendlich finde ich den Mut dazu, Takato und Kou heimzusuchen.
 

Nun, nicht ganz. Ich finde den Mut, den Entschluss zu fassen, erst zu Takatos, dann zu Kous Adresse zu fahren und mich ihnen zu stellen. Ihnen, ihrer Wut und Enttäuschung, die sich sicher darüber fühlen, dass ich sie beinahe ein Jahrzehnt alleine gelassen habe und ohne ein Wort verschwunden bin. Aus guten Gründen, aber dennoch mildert es nicht meine Nervosität nicht, die ich empfinde, als ich die Wohnung verlasse um mich meinem momentanen Auftrag zu widmen, der mich an ein langweiliges Fotoprojekt fesselt.
 

Bei dem Gedanken daran stöhne ich unwillig auf, ganz zum Missfallen einer vorbeilaufenden, alten Frau, die mich tadelnd ansieht. Ich hebe die Augenbraue und beachte sie nicht weiter, ganz auf mein erstes Ziel für den heutigen Tag fixiert. Takato. Was er wohl macht? Ob er wohl schon geheiratet hat, so wie er es immer wollte? Hat er Kinder? Ich habe mich nicht getraut, ihn über die sozialen Netzwerke zu stalken, also muss ich mich kopfüber ins kalte Wasser stürzen.
 

Nervös fingere ich an meinem Rucksackriemen und fädle mich in den Fußgängerverkehr ein. Ich möchte laufen, meine Unruhe weglaufen und die Stadt atmen. Böse Zungen würden behaupten, dass ich Zeit schinde, aber das weise ich ganz weit von mir.

Ebenso wie die Tatsache, dass ich mir unterwegs Frühstück und einen Tee kaufe und mich kurz auf der Bank vor dem Laden niederlasse um die angenehm kühle Luft zu genießen. Ich habe schon ein paar Ideen für den Auftrag und muss schauen, ob ich sie so umsetzen kann wie gedacht.
 

Vielleicht sind meine sowieso schon vorhandene Grundnervosität, meine Gedankenverlorenheit und meine fehlerhafte Annahme, dass ich mich hier nicht in einem Kriegsgebiet befinde, die Gründe dafür, dass ich meinen Instinkt zunächst nicht wahrnehme, der mir mit einem unangenehmen Prickeln in der Magengrube zu verstehen gibt, dass etwas nicht stimmt.
 

Ganz und gar nicht.
 

Ich weiß auch nicht genau, wann ich begreife, dass es nicht rein mein Nervenkostüm ist, das ein Wiedersehen fürchtet, aber als es passiert, ist es kein schönes Gefühl. Nicht, dass das jemand falsch versteht. Es ist nie ein schönes Gefühl, dieser Moment des Begreifens, dass etwas nicht so ist, wie es sein sollte. Für gewöhnlich steigert es sich, doch durch meine Unaufmerksamkeit habe ich die Anfänge dessen nicht mitbekommen.
 

Ich rufe mich zur Ordnung und atme tief ein, versuche gleichzeitig zu ergründen, was es ist, das meinen Instinkt ausgelöst hat. Ich sehe nichts und niemanden, den ich in mein unmittelbares Auge fassen würde, auch der zweite Blick gibt mir keinen Aufschluss darüber, welcher Gefahr ich am Besten jetzt sofort entkommen sollte.
 

Ich befinde mich in einem der besseren Viertel, dessen ruhige Nebenstraße umsäumt ist von Mauern aus Natursteinen, die mit Metallzäumen gekrönt sind. Ich bin der Einzige, der momentan hier unterwegs ist und es ist übertags. Überall hängen Sicherheitskameras und hinter einigen der Fenster sehe Bewegungen von Bewohnern. Eine alte Frau gießt auf ihrem Balkon ihre Blumen, sonst ist nichts.
 

Rein gar nichts.
 

Ich runzle die Stirn und laufe weiter, vorbei an der Mitarbeiterunterkunft der italienischen Botschaft. Auch die Bäume, die den Weg säumen, wirken harmlos.

Mein Instinkt hat mich viel zu oft aus Gefahrensituationen gerettet, als dass ich ihn jetzt ignorieren würde und so beschleunige ich mein Tempo. Am Ende der engen Straße tun sich Wolkenkratzer auf, die mehr Leben und größere Ablenkungsmöglichkeiten versprechen, sodass ich mich zuerst einmal in Sicherheit bringen kann. Minato bietet die entsprechenden Möglichkeiten dazu und so falle ich in einen leichten Trab, das kleine Restaurant vor Augen, dass sich an der linken Ecke weiter vorne befindet.
 

Ich nehme den blauen Getränkeautomaten als Fixpunkt, während ich meine Sinne darauf schule, die Umgebung in den Vordergrund zu rücken. Die Ecke, um die ich nun einen Bogen schlage, offenbart mir ein Restaurant, aus dem nun ein gebeugter, alter Mann tritt, der sich mir in den Weg stellt. Er sieht mich nicht und ich muss abbremsen um nicht mit ihm auf Kollisionskurs zu gehen. Als er mich sieht, lächelt er mich überrascht an und ich halte einen Moment lang inne.
 

„So eilig, junger Mann?“, fragt er mit einer brüchigen Stimme, deren Akzent ich nicht zuordnen kann. Ich tippe auf den Norden, aber sicher bin ich mir da nicht. Er scheint harmlos zu sein, ein einfacher Passant und keine Gefahr, vermutlich der Besitzer des Ladens. Das Haus, vor dem ich stehe, ist alt, ein Überbleibsel aus längst vergangenen Zeiten. Nur die Klimaanlagen sind neu und drehen sich träge.
 

„Ich bin auf der Durchreise“, erwidere ich und mache einen Schritt um ihn herum und er schnauft.

„Es ist immer Zeit für ein gutes Essen“, murmelt er und ich nicke. Ich nutze seine Ablenkung um weiterzulaufen und halte überrascht inne, als hinter der nächsten Ecke ein Krankenwagen steht. Das ist gar nicht mal so ungewöhnlich, da sich dahinter die Feuerwache befindet und für einen Moment schelte ich mich für mein Misstrauen. Der Mann und die Frau, die den Wagen beladen, sind Rettungssanitäter.
 

Ich gehe an ihnen vorbei und nehme eher aus dem Augenwinkel als wirklich bewusst wahr, dass sie mich anschauen. Ich drehe meinen Kopf und schaue zurück und das ist der Moment, in dem ich begreife, dass etwas ganz und gar nicht stimmt.

Ihre Augen verraten sie und ich verliere keine Sekunde. Ich kann mich besser verteidigen als früher, das heißt aber nicht, dass Flucht nicht das erste Mittel der Wahl ist.
 

Und meine Schnelligkeit habe ich mir bewahrt, selbst über die Jahre hinweg. Ich habe keine Zeit für eine Einschätzung, wer sie sind, was sie sind und warum sie hinter mir her sind. Dafür bleibt mir in der Sicherheit eines Versteckes noch genügend Zeit. Nun heißt es, den Überraschungsmoment der ersten Sekunde auszunutzen und ihnen zu entkommen.

Ich höre sie hinter mir laufen und jage über die kleine Kreuzung in Richtung Innenstadt. Ich kann die belebte Einkaufsstraße schon vor mir sehen, die mich durch ihre schieren Menschenmassen in Sicherheit bringen wird, wenn ich in der Lage sein sollte, meine Verfolger abzuschütteln.
 

Wenn und alleine die Vorstellung, dass dem nicht der Fall sein sollte, jagt mir Angst ein. Ich wäre dumm, hätte ich keine.
 

Eine Gruppe an Geschäftsleuten versperrt mir den Weg und zwingt mich dazu, dank ihnen auf die Straße auszuweichen. Nur knapp entkomme ich dem viel zu schnell fahrenden Wagen und schlage einen Haken zurück auf den Bürgersteig. Dabei renne ich fast ein Mädchen um und mit einer hastig gemurmelten Entschuldigung geht es weiter. Zumindest plane ich das und ich glaube nicht, dass das Bein, was sie mir stellt, ein Zufall ist. Ganz im Gegenteil.
 

Ich verliere die Balance und strauchele einen Moment, werde aufgefangen und an eine Brust gepresst, die ich nicht kenne.

„Mensch, Julian, schön dich zu sehen!“, höre ich und sehe hoch in ein Gesicht, das ich überhaupt nicht kenne. Die Nennung meines angenommenen Namens lässt schon sämtliche meiner Alarmglocken klingeln, ebenso wie das Lächeln, das so falsch ist, wie es schlimmer nicht sein könnte.
 

Ich wehre mich, doch der Mann hält mich so eisern fest, dass ich nicht loskomme. Ich kann ihm noch nicht einmal mein Knie in die Weichteile treiben, so sehr hält er mich gefangen.

Fluchend öffne ich den Mund um zu schreien. Das ist nicht immer das beste Mittel um Verfolger abzuschütteln, aber hier eröffnet es mir noch eine minimale Chance darauf, dass umstehende Passanten auf mich aufmerksam werden, bevor dieser Mann mich zum Teufel wohin mitnimmt.
 

Der erstickte Laut, der meine Lippen verlässt, ist dem Umstand zu verdanken, dass er mir bereits seine Hand auf den Mund presst, während er mit der anderen Hand meinen Kopf an seine Brust bettet. Ich wehre mich, insbesondere jetzt, da ich einen hochgradig unmissverständlichen Nadelstich in meinem Nacken spüre. Ich muss nicht fragen, was die kühle Flüssigkeit ist, die mich innerhalb von Sekunden meiner Sinne beraubt. Ich muss nicht fragen, was für ein Sinn das Ganze hat und so kann ich nur hilflos miterleben, wie ich unter besorgten Worten sanft zu Boden gleite.
 

„Julian…Julian…was ist mit dir? Julian! Sanitäter! Sanitäter!“
 

Meine Ohren rauschen und meine letzten Gedanken, als sie mich auf die Trage heben und anscheinend in einen falschen Krankenwagen schieben, drehen sich um die Tatsache, was für ein großangelegtes, abgekartetes Spiel das sein muss.
 

~~**~~
 

Ich hasse Entführungen.
 

Ich hasse die Benommenheit nach Betäubungsmitteln. Ich hasse den trockenen Hals, ebenfalls bedingt durch die Drogen sowie durch den Knebel, der gerade so tief in meinem Mund steckt, dass mir das Atmen durch den Mund unangenehm ist. Ich hasse das Gefühl von Fesseln auf meiner Haut und die Schmerzen, die ich sowohl in meinem Magen als auch in meiner Hüfte und meinem Rücken spüre, dumpf noch, aber mit jeder Minute intensiver werdend. Ich hasse es, dass ich Minuten nicht von Sekunden oder Stunden unterscheiden kann, da mir durch die Augenbinde jedwedes Zeitgefühl genommen ist.
 

Doch am Meisten hasse ich das Warten und die damit verbundene Unsicherheit und Angst vor dem, was kommen wird.
 

Jede Geiselnahme, jede Entführung ist anders, eben weil die Menschen, die sich dazu entschlossen haben, einem anderen Menschen seine Freiheit zu rauben, anders sind. Ihre Motive sind vielfältig und wenig durchschaubar, oftmals unlogisch, aber immer davon beeinflusst, dass sie etwas wollen.
 

Das herauszufinden ist die große Herausforderung, die hier vor mir liegt und an der ich mich festhalte, um nicht in Angst und Panik auszubrechen und dumme Dinge zu tun. Nicht, dass ich überhaupt dazu in der Lage gewesen wäre, so sicher, wie ich an diesen Holzstuhl gefesselt bin, aber wer weiß, was die Zeit bringt.
 

Momentan macht mir die Frage, wer es sein könnte, Sorgen. Ich gehe davon aus, dass es jemand ist, der mit Asami im Clinch liegt und der uns beide zusammen beobachtet hat. Dass ich entführt werde, um Asami zu schwächen, ist nichts Neues. Besser wird es dadurch allerdings nicht, wenn ich da an Fei Long denke. Asami hatte damals noch eine Art Waffenstillstand mit seinem chinesischen Rivalen geschlossen, also nehme ich diesen raus aus meiner mentalen Rechnung. Bleiben nur noch die anderen Unterweltakteure, die Asami vermutlich tausendfach vor den Kopf gestoßen hat.
 

Die Übelkeit und der immer wieder aufkommende Schwindel halten meine Wut in Schach, die zwar aufflammt, aber nicht Besitz von meinem ganzen Körper ergreift. Wut auf mich, dass ich nicht auf meinen Instinkt gehört habe, als es überlebensnotwendig war. Wut auf Asami, dass es wieder wegen ihm passiert. Am Größten ist die Wut jedoch auf die noch unbekannten Entführer und auf das, was sie tun werden.
 

Währenddessen lausche ich auf alles, was mir einen Hinweis darauf geben könnte, wo ich mich hier befinde. Es ist still, bis auf wenige, weiter entfernte Ausnahmen menschlicher Geräusche. Türen, die zugeschlagen werden. Eine Klimaanlage, die in einem der Nebenräume läuft. Unterdrückte Stimmen, deren Worte ich nicht verstehen kann.

Ich versuche, die Gerüche zu identifizieren, die sich an meine Nase schlängeln und bleibe an modrigem Holz hängen, gepaart mit etwas Säuerlichem. Verschütteter Essig, vielleicht?
 

Schwierig zu sagen.
 

Ich warte. Was bleibt mir auch anderes übrig?
 

~~**~~
 

Das Lachen des britischen Geschäftsführers der Exportfirma, mit der ich seit Jahren zusammenarbeite, dröhnt gewohnt laut durch den abgetrennten Bereich des Restaurants, in dem wir uns zum Abendessen getroffen haben. Er lachte gerne und viel, ebenso wie er gerne viel Geld verdient. Das zumindest ist etwas, was uns eint. Viel mehr als das schätze ich jedoch seine Zuverlässigkeit, mit der wir unseren gemeinsamen Geschäften nachgehen können und seine absolute Ruchlosigkeit.
 

„Wie steht es um die kommende Lieferung?“, frage ich, während ich an meinem Wein nippe und der bärtige Mittfünfziger macht eine lapidare Handbewegung, ich ihm auch nur eine Sekunde abnehme. Er kokettiert gerne mit Flappsigkeit, auch um seine potenziellen Gegner im Unklaren über seine wahren Motive zu lassen, doch dahinter steckt eiserne Disziplin und ein noch größerer, eiserner Wille.

„Der Frachter trifft am Donnerstag um 15 Uhr Ortszeit im Hafen von Kobe ein. Von dort aus wird die Fracht weiterverladen und kommt mit den entsprechenden Containern über Umwege am Montag nach Tokyo, wo sie ausladefähig sind und von meinen Spezialisten in Empfang genommen werden. Eine Qualitätsprobe der Ware ist natürlich vorgesehen.“
 

Ich nicke und Kirishima macht sich die entsprechenden Notizen für den Transfer. Mein Smartphone vibriert währenddessen kurz auf und ich sehe Akehitos Nummer aufleuchten. Das Symbol für ein Foto leuchtet ebenso auf und ich beschließe, mir das, was er mir von seiner Suche nach geeigneten Motiven geschickt hat, nachher anzuschauen.
 

Zachary Maloy lässt man besser nicht aus den Augen.
 

Ich lache und scherze mit ihm und nach weiteren zwei Stunden haben wir die kommenden drei Deals soweit besprochen, dass morgen die Verträge aufgesetzt und unterschrieben werden können. Er ist ein Fuchs, stets bemüht, das Beste für sich herauszuholen und die Verhandlungen sind entsprechend hart.

Der Erfolg ist dennoch unverkennbar und mit einem amüsierten, aber siegessicheren Lächeln verlasse ich schließlich das Restaurant.
 

Auf dem Weg zu meinem Wagen rufe ich Akihitos Nachricht ab.
 

Es ist kein Bild, das er gemacht hat. Es ist ein Bild, das ihn zeigt. Gefesselt. Geknebelt. Bewusstlos.
 

Ich bleibe stehen. Starre das Bild an. Eiskalte Wut folgt beinahe in der gleichen Sekunde, in der ich begreife, was das zu bedeuten hat.
 

„Kirishima“, sage ich leise und er bleibt stehen. Er kennt den Ton nur zu gut. Alarmiert sieht er mich an und ich reiche ihm das Handy. Aus Wut wird Hass, unbändig und zerstörerisch. So vor neun Jahren das letzte Mal gefühlt.
 

Jemand hat Akihito. Ich weiß nicht wer. Ich weiß nicht wann und wo es passiert ist. Ich weiß gar nichts. Ich habe nur dieses Bild, aufgenommen von seinem Handy.
 

„Finde ihn“, sage ich und die Kälte in meiner Stimme ist nicht annähernd genug Kompensation für das, was in mir kocht bei dem Gedanken daran, dass jemand Akihito Schaden zufügen könnte.
 

~~**~~
 

Die Zeit ist mein Feind.
 

Je mehr Zeit verstreicht, desto unruhiger werde ich. Desto mehr Angst habe ich davor, was kommen mag. Ich weiß, dass es mittlerweile Stunden sein müssen, in denen ich hier sitze und niemand etwas von mir will. Meine Hüfte bringt mich um und mein Rücken ist mittlerweile so verspannt, dass ich Bauchschmerzen habe. Ich muss mich konzentrieren um meine Atmung ruhig zu halten. Immer wieder gehe ich vergleichbare Situationen durch um einen Fixpunkt zu finden, an dem ich mich orientieren kann.
 

Ich bin nicht zum ersten Mal entführt worden. Ob es Verbrechersyndikate, Warlords, Terroristen oder Separatisten waren…sie alle hatten ihr Glück schon einmal versucht. Das machte keines der Male besser, wirklich nicht.
 

Meine Gedanken drehen sich im Kreis, schon seit einer Ewigkeit und da scheint es mir beinahe eine Erlösung zu sein, als sich unweit von mir eine Tür öffnet. Erlösung und Horror zugleich und meine Atmung beschleunigt sich ohne mein Zutun. Mein Herz schlägt schneller, definitiv angetrieben von einer Angst, die lange Zeit hatte, hochzukochen.

Ich höre Schritte, die auf mich zukommen und vor mir stehen bleiben. Die Finger, die sich an dem Knebel zu schaffen machen, lassen mich erschrocken zurückzucken, auch wenn sie mich von dem erstickenden Stück Stoff befreien.
 

Der erste, hastige Atemzug, den ich frei nehmen kann, kratzt in meiner Kehle und lässt mich husten und röcheln. Ich muss mich beinahe übergeben, so sehr huste ich und komme nur schwerlich wieder in meinen normalen Atemrhythmus zurück.
 

Es wird gewartet, bis ich mich beruhige.
 

„Julian McEvans.“
 

Die Stimme, die meinen den Namen meiner angenommenen Existenz ausspricht, als würde sie den Namen eines lästigen Insektes buchstabieren, ist dunkel und verächtlich. Ein Mann, wenn ich schätzen müsste, vom Klang her Mitte oder Ende dreißig, vielleicht sogar älter. Leichter Akzent schwingt in den Worten mit, den ich allerdings nicht ganz deuten kann.

Dass er meinen angenommenen Namen nennt, kann gut oder schlecht sein, ich tippe aber eher auf schlecht. Abwartend verharre ich, die trockenen Lippen geöffnet um mehr Luft hinein zu lassen. Ich hätte gerne etwas zu trinken, doch ich benötige auch eine Toilette, was ein Zwiespalt ist, der sich vermutlich nicht so einfach lösen lassen wird.
 

Als die Stille andauert, beschließe ich, dass etwas Eigeninitiative vielleicht nicht schaden wird. „Warum bin ich hier?“, frage ich ruhig, sonor beinahe und erkenne darin mein antrainiertes Verhalten für Krisensituationen wieder. Ich fühle nichts von der Ruhe in mir, aber das erreicht meine Stimme nicht.

Wieder antwortet mir nur Stille und ich zucke zusammen, als mir eine Hand durch meine Haare fährt. Ich weiche vor allen Dingen zurück. Ich will nicht angefasst werden. Der Mann lässt von mir ab und schnaubt verächtlich.
 

„Wegen ihm.“

Zwei Worte, die keinen Sinn ergeben. Oder vielleicht…

„Wegen wem?“, frage ich, auch wenn ich die Antwort schon erahne.

„Asami Ryuichi.“
 

Natürlich. Verdammt nochmal, natürlich ist es wieder wegen ihm! In diesem Moment könnte ich über den Umstand kotzen und die Fesseln – es sind Kabelbinder – knarzen leise unter der Wucht, mit der ich an ihnen zerren möchte.

„Warum?“

„Weil du dumm genug warst, dich mit ihm einzulassen und auf ihn und seine Schmeicheleien hereinzufallen.“
 

Was…?
 

Ich runzle die Stirn, was eine Geste ist, die man unter der Augenbinde vermutlich nicht sieht. Dumm genug, sich mit ihm einzulassen? Auf seine Schmeicheleien hereinzufallen? Bei allen Göttern, die gerade zuhören und lachen mögen, bin ich etwa an eine verflossene Flamme geraten, die nun auf Rache aus ist? Ernsthaft? Schon wieder?

Ich spüre, dass jedes weitere Wort eines zuviel ist und schweige. Wie mein Gegenüber auch für eine lange Zeit.
 

„Ich werde dir zeigen, dass es nicht klug war, sich mit diesem Mann einzulassen. Du wirst erkennen, dass es bessere gibt, die dich weniger in den Abgrund reißen als er. Ich werde dir zeigen, dass du dich für ein Monster entschieden hast.“
 

Ich bin versucht zu lachen. Das habe ich schon längst erkannt, dafür brauche ich keine Nachhilfe, ganz sicherlich nicht. Ich weiß, wozu dieser Mann in der Lage war. Ich weiß aber auch, dass er bereut, doch das werde ich diesem potenziell Irren vor mir nicht auf die Nase binden. Ich werde ihm gar nichts auf die Nase binden, was auch nur in Ansätzen nach Widerstand aussieht, denn eines habe ich durchaus gelernt. All die Mächtigen, die sich einen drauf runterholen, sich vor einem gefesselten und wehrlosen Menschen zu profilieren, stehen darauf, wenn man ihnen Widerstand leistet. Das ist für sie ein Ansporn, weiter und weiter zu gehen.
 

„Ich würde gerne zur Toilette, wenn Sie es erlauben“, wechsle ich das Thema und auch meinen Sprachduktus, lasse meine Stimme so ruhig und besonnen klingen, wie ich es just in diesem Moment vermag. Stille antwortet mir und ich kann zweifelsfrei spüren, dass ich beobachtet werde. Ich tippe, dass es mehr als ein Augenpaar ist und erlange wenig später die Gewissheit, als der Redner einen unbestimmten Laut von sich gibt und jemand daraufhin meine Fesseln löst. Erst die Beine, dann die Hände.
 

Alles in mir giert danach, mich loszureißen und einen Fluchtversuch zu wagen, doch ich halte still. Es kostet mich Mühe, aber ich weiß, dass der erste Fluchtversuch niemals nach dem ersten Lösen der Fesseln geschehen darf. Sie müssen unvorsichtiger werden. Das sind sie noch nicht.

Jetzt fixieren sie meine Hände vor meinem Körper, erneut sind es Kabelbinder, die sich in meine Haut graben. Habe ich schon gesagt, dass ich sie hasse? Egal. Ich sage es immer wieder. Scheiß auf Kabelbinder.
 

Dass sie mich wieder knebeln, ist aber viel schlimmer und im ersten Augenblick wehre ich mich tatsächlich dagegen. Mir wird unmissverständlich klargemacht, dass das nicht erwünscht ist und ich beruhige meinen aufgewühlten Instinkt, der schreien und toben möchte. Ich beruhige ebenso sehr meine Atmung, die mich glauben lässt, dass ich ersticke.
 

Sie ziehen mich mit und ich erhalte eindeutige Instruktionen, wie ich mich zu verhalten habe.
 

Es ist entwürdigend, aber wenigstens ist es mir erlaubt, mich selbst zu erleichtern. Niemand hilft mir dabei und gerade jetzt bin ich froh um die Augenbinde, die verhindert, dass ich sehe, wer mir dabei zusieht.
 

Und ob derjenige, der sich anscheinend mit Asami eingelassen hat, mit hungrigen Augen darauf starrt und sich ausmalt, wie es wäre, wenn er mich genauso fickt, wie er vermutlich von Asami gefickt wurde. Das Fei Long-Prinzip, souffliert mein überreizter Verstand hilfreich und ich schlucke ein bitteres Lachen.
 

~~**~~
 

„Keine Spur?“, hakte ich langsam nach und starre Suoh in die Augen, der schweigend den Kopf schüttelt.

„Keine, Asami-sama“, bestätigt er und ich stehe ruckartig auf. Er weicht zurück und es soll mir in diesem Moment recht sein. Mir wäre alles recht, nur um ein Ventil für meine Wut zu finden. Es ist Mitternacht und Akihito ist seit mehreren Stunden verschwunden, vermutlich schon, seit er heute Morgen die Wohnung verlassen hat.
 

Ich habe ihn nicht bewachen lassen, weil ich seine Wünsche respektiert habe. Ich habe ihn nicht bewachen lassen, weil ich nicht damit gerechnet habe, dass es jemand auch nur wagen würde, sich in seine Nähe zu begeben. Ich habe ihn nicht bewachen lassen, weil er ein eigenständiger Mensch ist, der auf sich aufpassen kann.
 

Und nun bezahlt er dafür.
 

Ich weiß nichts. Wie es ihm geht, ob er überhaupt noch am Leben ist…nichts. Nur das Foto von seinem Handy habe ich und dieses können wir nicht orten, weil das Signal so oft umgeleitet wurde, dass eine Herkunft nicht mehr eindeutig bestimmbar ist. Gerade eben ist es aus.
 

„Was ist mit den Daten der Verkehrsüberwachung?“

„Sind im Zulauf. Kirishima erwartet innerhalb der nächsten Stunde die Auswertungsergebnisse.“
 

Ich knirsche mit den Zähnen und akzeptiere die halbe Stunde. Ich kann sie sowieso nicht beschleunigen, nicht mit den Mitteln, die mir zur Verfügung stehen. Es sind gute Mittel, aber gerade eben nicht gut genug, um Akihito zu finden.

Als würde kein Jahrzehnt dazwischen liegen, werde ich zurückgeworfen zu dem Zeitpunkt, als er das erste Mal verschwunden ist. Fei Long hatte sich seiner damals bemächtigt und ich war rasend vor Zorn. Sorgen hatte ich damals keine, mir ging es nur darum, meinen Besitz wiederzuerlangen, der mir gestohlen worden war. Genauso habe ich empfunden, als Akihito vor neun Jahren weggelaufen ist. Ich wollte meinen Besitz zurück.
 

Doch nun mischt sich etwas Anderes in den unbändigen Zorn: Sorge. Diese ist neu und dort, wo die Wut in mir brennt, bildet Sorge eine eiskalte Faust in meinem Magen.
 

Ich starre blind auf die Menschen im Club unter mir und warte die langen Minuten, bis Kirishima mit den Ergebnissen der Verkehrskameras zurückkehrt. Seine Mimik ist ernst und wie Suoh ist auch er vorsichtig in meiner Gegenwart. Natürlich. Die Beiden erinnern sich nur zu gut daran, was passiert, wenn man mir Akihito nimmt und ich nicht darauf vorbereitet bin.
 

Mit präzisen Bewegungen platziert er seinen Laptop auf dem Tisch und ruft das Videofenster auf. Akihito ist der Gesichtserkennung nicht entgangen und so folge ich seinem Weg aus der Wohnung heraus durch Tokyo hindurch. In Minato sehe ich, wie er unruhig wird, zu laufen beginnt. Ich sehe seinen Beinahezusammenstoß mit einem alten Mann und sein Weiterlaufen die Straße hinunter, bis ihn jemand in seine Arme zieht. Das Gesicht sagt mir nichts, wohl aber Akihitos Angst, als er zu Boden sinkt und die beiden Sanitäter, die ihm hinterhergelaufen sind, herbeieilen und ihn mit dem Mann zusammen auf seine Trage verfrachten, in den nahen Krankenwagen verfrachten und mit ihm wegfahren.
 

Es würde mir nichts außer Befriedigung bringen, wenn ich Kirishimas Bildschirm zerschlüge, also sehe ich davon ab.

„Die Überprüfung der Kennzeichen hat nichts ergeben, ebenso wenig wie die Fahndung nach den beteiligten Personen“, erläutert Kirishima, bevor ich danach fragen kann und ich nicke knapp. Asiaten, soviel wissen wir. Japaner. Das bedeutet, jemand möchte mich herausfordern oder erpressen. Die Liste derer ist lang und ich bin mehr als nur bereit, sie deutlich kürzer werden zu lassen. Die Unterwelt weiß es besser, als mir Widerstand zu leisten. Es wird Zeit, das noch einmal zu verdeutlichen.
 

Mein Handy pingt und ich greife beinahe augenblicklich danach. Es ist wieder nur ein Bild, kein Text, und wieder kommt es von Akihitos Handy. Ich starre darauf. Er liegt auf der Seite, seine Hände mit Kabelbindern hinter seinem Rücken gefesselt. Er ist immer noch geknebelt und trägt diese verdammte Augenbinde, sodass mir jeder Einblick auf sein Gesicht fehlt. Seine Beine hat er leicht angezogen und erinnert mich so unwillkürlich an den Jungen, den ich damals aus Fei Longs Klauen befreit habe. Dieses Mal trägt er Kleidung, doch das macht es nicht besser, als mein hilfreicher Verstand mir vorgaukelt, was die Unbekannten mit ihm anstellen werden.
 

~Was willst du?~, schreibe ich innerhalb von Sekunden und meine Nachricht kommt nicht an. Akihitos Telefon ist erneut aus.
 

Mit Bedacht lege ich meins zur Seite. Mein Spirituosenschrank hat da weniger Glück. Innerhalb der nächsten Minuten zerstöre ich alles, was sich dort befindet und finde so ein dringend benötigtes Ventil für meine Wut.
 

~~**~~
 

Ich muss geschlafen haben, denn ich bemerke erst, dass jemand bei mir ist, als ich unsanft mit einem Schuh getreten werde. Ich zucke instinktiv zurück, weniger vor Schmerz, denn eher vor Überraschung und Angst, dass während meines Schlummers etwas geschehen ist, was ich nicht beeinflussen konnte.
 

Nicht, dass ich auch nur eine Sekunde irgendetwas von dem, was hier geschieht, beeinflussen kann. Unwilliges Stöhnen entringt sich mir, als mein Körper mir jeden einzelnen Schmerz mitteilt, den er angesammelt hat. Rücken, Hüfte, Arme und Beine, Kiefer. All das schmerzt unter der außergewöhnlichen Beanspruchung und ich würde mir wünschen, dass mir zumindest etwas Erleichterung davon verschafft würde. Der Boden war hart und kalt – keine gute Kombination. Mein Magen tut weh und ich habe das Gefühl, dass es mehr als zehn Stunden her sein muss, dass ich zuletzt etwas gegessen habe. Meine Zunge und mein Gaumen kleben an dem Stoff des Knebels, weil ich ebenso lange nichts mehr getrunken habe.
 

„Du bist wach.“
 

Der Mann wieder. Ich verharre in der Bewegung und höre, was er mir dieses Mal zu sagen hat.
 

„Du hast dich mit einem Monster eingelassen, einem Mann, der nur sein eigenes Fortkommen kennt. Er ist egoistisch, sadistisch und er wird dich zerstören, wenn du ihm nicht zu Willen bist. Wusstest du das? Weißt du, was er macht? Ihm gehört die Unterwelt, Julian. Er befehligt Männer, die dieses Land von innen heraus zerstören. Menschenleben sind ihm egal. Du bist ihm egal und er wird dich wegwerfen, wenn er mit dir fertig ist. Wie er es bei den Anderen auch schon getan hat.“
 

Ich schlucke. Definitiv ein betrogener Ex-Liebhaber. So einer wie Sudoh damals, der mich brennen sehen möchte, weil er sich von Asami mehr erhofft hat. Das wird nicht gut für mich enden, insbesondere auch deswegen, weil mir kein Recht eingeräumt wird, etwas zu sagen. Der Mann macht keine Anstalten, den Knebel zu lösen.
 

„Lass mich raten, er hat dir schöne Augen gemacht, dich becirct, dir gesagt, wie hübsch du bist. Er hat dir geschmeichelt, denn charmant kann er sein, wenn er will. Vielleicht fühlst du dich ja auch zu ihm hingezogen, weil er so ein dominantes Auftreten hat. Er verspricht Sicherheit und guten Sex. Doch ist es das wirklich wert? Denkst du nicht an deine Zukunft?“
 

So langsam wird aus Vorsicht Wut, stelle ich mit Schrecken fest. Was fällt dem Mann ein, so etwas zu sagen? Was verspricht er sich davon? Ich möchte schreien und ihn anbrüllen, was da Ganze hier soll und dass es ihn nichts anzugehen hat. Ich möchte ihn dafür schlagen, dass er mich hat entführen lassen und mich nun schmoren lässt. Dass er mir Dinge erzählt, die mir schon längst bewusst sind!
 

„Weißt du, was er vor knapp zehn Jahren getan hat?“, fragt der gesichtslose Mann mit ruhiger Stimme und was bleibt mir anderes übrig, als zu warten. Nein sagen kann ich ja schlecht.

„Er hat einen jungen Mann in den Selbstmord getrieben.“

Dass Asami kein unbeschriebenes Blatt ist, weiß ich. Doch das… ich schlucke. Warum sollte Asami das gemacht haben?
 

„Er hat ihn systematisch zerstört. Ihn entführt, ihn solange psychisch und physisch unter Druck gesetzt und ihn vergewaltigt, bis dieser Junge ihm hörig war. Er hat ihn jedes Mal, wenn der Junge weggelaufen ist, wieder zurückgeholt und ihn schließlich in den Selbstmord getrieben. Seine Leiche wurde nie gefunden. Und seitdem vergnügt sich der Mann, an den du dein Herz gehängt hast, in einer Tour mit Männern und Frauen, wirft sie danach weg wie nichts. Nur dich hält er. Er gibt dir sogar die Wohnung des Jungen, die er sich wieder so hergerichtet hat, wie sie früher mal war. Er wird mit dir das Gleiche machen wie mit dem jungen Mann, dich ebenso zerstören wie er ihn zerstört hat mit seinem besitzergreifenden Sadismus.“
 

Mit jedem Wort, dass dieser Mann sagt, läuft es mir kälter den Rücken hinunter. Mittlerweile ist mir heiß und kalt und Blut rauscht in meinen Ohren. Meine Gedanken sind merkwürdigerweise zu einem abrupten Halt gekommen, auch wenn sie noch wie verrückt hin und her zu irren scheinen. Sie befinden sich in eben jenem Zwischenstadium, das keine klaren Schlussfolgerungen mehr erlaubt.

Er redet von mir. Von Takaba Akihito. Dieser Mann kennt mein früheres Ich, er weiß aber nicht, dass wir ein und dieselbe Person sind und ist wütend auf mich, weil er denkt, dass ich jemand Neues wäre.
 

„Du wirst dich von ihm fernhalten, Julian McEvans. Zu deinem eigenen Schutz. Geh in dein Land zurück und komm nie wieder nach Japan. Nie wieder.“
 

Meine Gedanken kreisen wie wild um die Frage, wer das sein könnte. Wer kannte mich damals und wer hat ein Interesse daran, mein Andenken zu wahren? Wer wusste, dass ich verschwunden bin?

Die Frage, die sich mir stellt, ist, ob ich die Antwort jemals erfahren werde. Ich kann mein altes Ich nicht preisgeben, nicht, wenn ich weiterhin unbehelligt bleiben möchte. Ich muss ihn glauben lassen, dass ich nur Julian McEvans bin, Fotograf aus Europa. Doch zu welchem Preis?
 

„Wirst du zurückkehren?“
 

Eine einfache Frage und doch weicht ein unwilliger Laut aus meiner ausgedörrten Kehle. Die Antwort ist nein. Ich werde nicht zurückkehren. Ich lasse mich nicht erpressen. Ich habe mich für das Hierbleiben entschieden.
 

„Das dachte ich mir“, interpretiert er genau das in mein gedämpftes Stöhnen, was ich ausdrücken wollte und packt mich aus dem Nichts heraus. Ich zucke zusammen und dieses Mal ist das Etwas, was aus meinem Mund dringt, ängstlich. Seine Worte bedeuten nichts Gutes, sie können nichts Gutes bedeuten. Er zieht mich an meinem Hals hoch und ich röchle in das Stück Stoff. Nun habe ich wirklich keine Luft mehr und das Erstickungsgefühl ist real.
 

Ich wimmere und er lässt mir wenigstens soviel Luft, dass ich nicht innerhalb der nächsten Minuten das Bewusstsein verliere und abgehackt atme ich in den Knebel hinein. Unwürdige Laute verlassen meine trockene Kehle und ich möchte ihn davon abhalten, mir Schlimmeres anzutun, insbesondere jetzt, da ich die unmissverständliche Schärfe einer Klinge an meiner Wange spüre. Er wird mir wehtun, das weiß ich.
 

„Ich kann dich auch für ihn unattraktiv machen, was hältst du davon? Wenn ich dir dein Gesicht aufschlitze, dann wird er von dir ablassen. Er wird dich wegschicken und du bist ihn ein für alle Mal los.“
 

Zum Teufel mit der Ruhe, die ich bewahren sollte. Zum Teufel mit der Appeasementpolitik, die einem das Leben als Geisel einfacher machen soll. Ich schüttele den Kopf, wieder und wieder, presse ihn nach hinten soweit ich kann. Bloß weg von diesem Mann.

Er schnaubte verächtlich und stößt mich zu Boden, wo ich benommen liegen bleibe, da ich mich mitnichten habe abfangen können. Mein Kopf hat einiges abbekommen und mir ist schwindelig. Dazu ist mir so schlecht, dass ich kurz davor bin mich zu übergeben.
 

Die Schritte, die sich entfernen, lassen mich erleichtert aufatmen. Die Tür, die zufällt, ebenso. Ich bin wieder alleine – glaube ich. Zumindest ist es still um mich herum und jetzt gerade bin ich dafür sehr dankbar.
 

~~**~~
 

Dieses Mal ist es kein Bild.
 

~Ich habe dich gewarnt, Asami. Ich habe dir gesagt, dass ich dein Glück zerstören werde für das, was du getan hast. Aber du wolltest nicht hören und dein momentaner Stricher bezahlt nun den Preis dafür. Wieviel soll ich von seinem Gesicht noch übrig lassen, dass du anscheinend so schön findest?~
 

Ich starre auf mein Telefon und lese die Nachricht. Einmal, zweimal, dreimal, bis sie Sinn ergibt. Jedes einzelne Wort seziere ich, bis mir einfällt, wo ich genau diesen Wortlaut schon einmal gehört habe.

Ich zeige Kirishima mein Handy und seine Augen weiten sich. Er rückt sich die Brille zurecht, während er blinzelt und dann kritisch die Stirn runzelt. Auch er weiß sofort, wer sich dahinter verbirgt, schließlich war er damals bei mir, als die Drohung ausgesprochen worden war. Lächerlich, zu seiner Zeit. Dumm. Ungelenk. Ich habe ihn damals ausgelacht für eben diese Worte.
 

Heute bleibt mir das Lachen im Hals stecken.
 

Ich ziehe mein Telefon zu mir zurück und muss meine Hände mit aller Kraft aus ihrer starren Verkrampfung lösen um eine Nummer zu wählen, die ich seit Ewigkeiten nicht mehr gewählt habe. Es gab keine Veranlassung dazu, im Gegensatz zu heute.
 

„Ryuichi Asami, na so etwas“, meldet sich eine honigweiche, zynische Stimme am anderen Ende der Leitung und ich grolle. Ich habe keine Zeit und schon gar keinen Sinn für Spielchen.

„Wo ist er?“, fragte ich leise und langsam und wenn ich keine Antwort erhalte, dann werde ich mich noch in der kommenden Stunde ins Flugzeug setzen und die Antworten aus meinem Gegenüber herausfoltern.
 

~~**~~


Nachwort zu diesem Kapitel:
Kommentare, Kritik und co. sind natürlich immer gerne gesehen! Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Onlyknow3
2020-09-29T09:29:13+00:00 29.09.2020 11:29
War es wirklich so einfach? Wusste Asami wer sich dieses mal seinen Akihito gekrallt hat?
Kann er ihn unverletzt daraus holen dieses mal?
So wie wir Asami kennen wird der Typ dafür bezahlen, was er Akihito antut.
Weiter so, freue mich auf das nächste Kapitel.

LG
Onlyknow3
Antwort von:  Cocos
29.09.2020 11:59
Um deine Fragen zu beantworten: Jein. Ja. Jein. :D

Danke danke. ;) Das nächste Kapitel steht dir ja schon zur Verfügung, also ist der Cliffhanger nicht ganz sooo gemein. Viel Spaß dir beim Weiterlesen!

LG
Coco


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