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Sengoku-Jidai I [Remake]

Tōunamento
von

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Hund

Nachdem sich Tansui der kleinen Gemeinschaft angeschlossen hat, ist eine weitere Woche vergangen. Das "Akuma no Hi" hat von Liza etwas sehr entscheidendes gefordert. Ihr Körper ist gealtert, wenngleich nicht sehr stark, weil sie es auf kurze Dauer benutzt hat. Es nahm nur ein oder zwei Jahre ihres Lebens. Damit befindet sich die Menschenfrau zumindest körperlich auf dem Niveau ihrer … Ja, was sind all diese Dämonen eigentlich für sie? Freunde? Lehrer? Bekannte? Jaken ist für sie ein Freund - ein sehr guter Freund, der zufällig auch ihr Koch ist. Sie würde ihn immer beschützen, insofern es in ihrer Kraft liegt.

Hakku ist für sie wie ein großer Bruder. Sie mag ihn, seinen Witz und auch seine lockere Art, mit der er die Dinge von dieser Welt sieht. In der Zeit, als sie ihre Wunden auskurieren musste, wurde er sowohl von Sesshomaru, als auch von Tansui trainiert. Egal wie schlimm es um ihn stand und wie niederschmetternd die Trainingseinheit war, am Ende hat er immer gelacht und breit gelächelt.

Auch wie es um Sesshomaru steht, ist ihr in der Stadt, wo sie die Jungfrau besiegt hat, längst klar geworden. Er ist mehr für sie, als nur ihr Lehrer; ihr Mentor. Sie hat sich wirklich in ihn verliebt - verliebt in einen gefühlskalten Dämon. Bei Tansui hat Liza selbst das geringste Gefühl. Da diese ja erst vor kurzem hinzugestoßen ist, vertraut sie ihr nicht und duldet sie nur missmutig in ihrer Gemeinschaft, doch Hakku ist nun einmal ihr Schüler.

»Kümmere dich gut um Hakku«, ertönen die kühlen, aber beschützenden Worte der Fuchsfrau. »Ich hoffe, er wird stärker denn je zu mir zurück kommen.«

»Und ich hoffe, dass meine Schülerin nicht schwächer sein wird, wenn ich wieder komme«, kontert Sesshomaru gewohnt kalt und herablassend, während er sieht, wie die beiden Schüler sich freundlich voneinander verabschieden. Aufgrund der anstehenden Verhältnisse haben sich die Lehrer dazu entschlossen ihre Schüler fürs Erste auszutauschen. So trainiert Sesshomaru Hakku und Tansui Liza. Im Rahmen des Tōunamento ist es begrenzt erlaubt. Keiner von beiden verstößt dabei gegen die Regeln, da dieser Tausch lediglich dazu dient, die Schwächen ihrer Schüler auszumerzen und vielleicht sogar zum Rangaufstieg verhilft.

»Was ist mit ihren Fähigkeiten?«, erkundigt sich Tansui.

Die Antwort des Hundefürsten erfolgt schnell. »Begib dich mit ihr zum früheren Palast längst vergangener Könige am Rand meiner Heimat. Dort wirst du sehen, wie stark ihre Fähigkeiten sind. Jetzt wo sie wieder völlig genesen ist, wird sie ihre volle Stärke zeigen können.«

»Und warum bleibst du nicht einfach hier? Wir können unsere Schüler gemeinsam trainieren.«

»Ich möchte einen alten Freund aufsuchen und ihn etwas über meine Schülerin fragen.«

Sie nickt. »Ihr Geruch ist überall an dir. Wenn es der ist, an den ich denke, sollte ihm das genügen.« Aufmerksam ist Tansuis Augenmerk auf den Splinter und die Königin gerichtet. »Muss ich etwas beachten?«, fragt sie den Hundedämon schließlich nach kurzem Schweigen.

»Ich würde dir raten das Wort "Monster" nicht in ihrer Gegenwart zu gebrauchen und schon gar nicht, wenn du sie damit meinst. Wie mir scheint, ist sie darauf sehr labil.« Er kennt den Grund dafür nur zu gut, doch das Vertrauen seiner Schülerin zu missbrauchen und diese Info rauszugeben ist nicht seine Art.

»Verstehe«, dringt es auch nur kurz von Tansui.

Einer der wenigen sympathischen Aspekte, die der Hundefürst an ihr, trotz halbdämonischer Abstammung, zu schätzen weiß. Sie ist nicht wie die meisten anderen Mischlinge. Sie akzeptiert einfach, wie ein Dämon. »Und Hakku?«, fragt er dagegen.

»Hakku hat keine Triggerpunkte, wenn du das meinst«, antwortet die Wasserherrscherin ruhig.

»Ist er immer noch so träge, wie damals?«, präzisiert Sesshomaru sein Anliegen.

Erst dann versteht sie genau, was der Erdenherrscher meint. »Nein, das nicht, aber er ist sehr leicht abzulenken und es fällt ihm schwer sich zu motivieren«, fällt ihre Antwort entsprechend klar aus.

»Hast du ihm etwa noch keinen Grund gegeben?«, fragt er. Beide sehen mit ihren Augen, wie Hakku einen Schwächeanfall vortäuscht, weshalb sich Liza ihn besorgt packt.

»Ohne Treue ist unsere Verlobung für ihn kein Grund.« Wie zur Unterstreichung ihrer Worte sieht man, wie Hakkus Hände zum Hintern der Menschenfrau gehen, um ihn zu massieren. Sein Kopf reibt sich wollüstig zwischen ihren Brüsten, während die Schwarzhaarige selbst wie zu einem steifen Brett erstarrt. Die grünen Augen der Fuchshalbdämonin verengen sich zu tödlichen Schlitzen.

»Dabei ist Treue noch einer der wenigen Opfergaben, die sich leichter zurück holen lassen«, kontert Sesshomaru kühl. Seine goldenen Augen beobachten, wie Liza gewohnt emotional reagiert und Hakku schneller überwältigt, als er selbst für gewöhnlich Menschen tötet.

»Und? Wann willst du es ihr sagen?«, fragt Tansui ihn.

Da sie mit dieser Frage mehrere Möglichkeiten meint, bleibt er stumm, blickt aber zu ihr hinab. »Ihre Opfergabe«, wird sie deutlicher.

»Jeder Ableger muss selbst heraus finden, was seine Opfergabe ist, die das Element von ihm verlangt«, antwortet er unbeeindruckt.

»Und die Möglichkeit in ihre eigene Zeitepoche zurück zu kehren?« Tansui ist, wie ihre hündischen Dämonen nicht blind. Auch ihr ist unlängst aufgefallen, dass Liza keine Frau aus ihrer Zeitepoche ist und einen gänzlich anderen Zeitstrom in sich trägt. Von ihren modernen Sachen und der manchmal sonderbaren Sprache abgesehen.

»Sie muss lernen auf ihre Wortwahl zu achten. Liza sagte, sie will es selbst heraus finden.«

Diese Worte lassen die schlaue Füchsin schnell klar sehen. »Unsere Elemente gibt es zu jeder Zeitepoche«, lächelt sie noch geheimnisvoll, ehe sie bemerkt, dass sich Sesshomaru umwendet. »Hakku, es wird Zeit«, verkündet Sesshomaru gewohnt emotionslos. Der k. O. geschlagene Hundedämon steht schnell wieder auf und rennt zu seinem Cousin. »Ja, Sesshomaru«, grinst er noch. Als er dabei an Tansui vorbei geht, packt sie ihn sich am Handgelenk und schaut ihm ernsthaft in die Augen. »Er ist nicht ich, verstanden?«, zeigt sie sich sehr streng und gibt ihm damit einen Hinweis.

Zum Glück versteht er ihn und nähert sich ihr noch einmal mit einem sanften Lächeln. Liebevoll legt er eine Hand an ihre Wange und schenkt ihr einen hauchzarten Kuss auf den Mundwinkel. Diese kleine Geste lässt Tansui augenblicklich für einen kurzen Moment ihre Fassung verlieren und sie ihre grünen Augen weit aufreißen. Leicht färben sich die Wangen der Wasserfrau rosa ein, als ihr das wild schlagende Herz das Blut ins Gesicht pumpt. Sie hat so unendlich tiefe Gefühle für diesen Windkrieger. Umsonst hat sie seinen Antrag schließlich nicht angenommen und bleibt ihm weiterhin treu. Auch deshalb, weil sie weiß, dass er sonst nicht so ist.

»Ich erwarte das du mir keine Schande bereitest, Liza«, sind es dagegen die letzten kühlen Worte Sesshomarus an seine Schülerin.

»Ja, Meister Sesshomaru«, gibt sie sich unterwürfig und verneigt sich. Auch wenn er sie nicht anschaut und seinen Weg geht, weiß sie, dass er sie sehen kann. Hakku folgt nach seiner Verabschiedung seinem Cousin. Auch wenn Jaken in diesem Moment ebenfalls lieber hinterher gelaufen wäre, aber er hat die Anweisung bekommen sich nach wie vor um das Wohl der Menschenfrau zu kümmern. Da jetzt auch Tansui dabei ist und sie durch ihre menschliche Seite ebenfalls Hunger verspürt, ist es aber wenigstens nicht nur für eine Person. »Ich hoffe, Ihr kommt wohlbehalten zurück, Meister Sesshomaru«, äußerst sich der kleine Kappa-Dämon, bevor er mit seinen Augen beobachten kann, das zuerst der Hundefürst und dann dessen Cousin hinauf in den Himmel steigt.

Auch die beiden Frauen blicken den Männern noch einige Zeit hinterher, bis dann die erste Reaktion von der Feuerfrau erfolgt. »Und nun? Wie sieht bei dir das Training aus?«, fragt sie.

»Zunächst einmal brauche ich sämtliche Informationen über dich«, bleibt Tansui kühl.

Dagegen wirkt Liza sehr verwirrt. »Hä?«

»Ich bin nicht dein Meister. Ich kenne deine Stärken, Fähigkeiten und Schwächen nicht. Auch weiß ich nicht, wie gut er dich schon trainiert hat. Ich ziehe es vor meinen Schüler erst kennen zu lernen, bevor ich mich überhaupt ans Training wage. Sesshomaru wird es wohl auch nicht anders gehandhabt haben.« Diese Einstellung der Wasserfrau ist für Liza befremdlich. »Ja sicher, aber er hat mich gegen ein Sternzeichen antreten lassen und den Rest beim Training heraus gefunden.«

»Das sieht diesem Hund mal wieder ähnlich. Meine Instinkte sind aber leider nicht so stark ausgeprägt wie bei einem Daiyokai.« Dieses Mal knurrt die jüngere der Frauen. »Rede nicht noch einmal so abfällig über meinen Lehrer, klar!« Da stimmt auch Jaken zu. »Allerdings. Meister Sesshomaru hat sich schließlich deines Schülers angenommen.«

»Beruhigt euch. Ich kann eure Hochzeit zu dritt immer noch organisieren, aber jetzt steht erst einmal etwas Wichtigeres an«, meint die Fuchsfrau gelassen, ja fast schon etwas neckisch. »Sesshomaru bat mich, dich zu einem mir bekannten Ort zu schicken.«

»Und du vertraust mir? Einfach so«, zeigt sich Liza skeptisch.

»Der Einzige, der mein blindes Vertrauen genießt ist Hakku selbst. Ich kenne ihn dafür lange genug.« Ihre Arme in die Taschen ihrer Ärmel verschränkt, führt die Wasserfrau weiter. »Aber Sesshomaru meinte, es wäre für mich eine gute Möglichkeit zu sehen, wie stark du bist. Das heißt, ich werde dich zwar allein hinschicken, aber aus einer guten Distanz im Auge behalten.«

Mit hochgezogener Augenbraue fragt Liza weiter: »Aha und? Was soll ich machen?«

»Recherche betreiben. Es fehlen nicht mehr viele Gegenstände für Seinaru, wie dir vielleicht in deinem menschlichen Gehirn klar sein sollte.«

Beleidigt bläst die Schwarzhaarige ihre Wangen auf. »Natürlich weiß ich das. Wir haben schon den Hoffnungsträger, die Phönixfeder, den Feuerfächer, den Flammenschlüssel, den Bannbrecher und das Sirenengewand. Also fehlen uns nur noch der Drachenkelch, der Seelenstein, das Silberschloss von dir und das Licht

»Allein diese Aussage sagt mir, dass deine Augen noch nicht scharf genug sind«, erfolgt die Analyse der neuen Lehrerin schnell.

»Wie bitte?«, zeigt sich Liza dagegen sofort gereizt.

»Licht ist bereits im Schwert enthalten. Ich vermute mal dein Meister wird es schon im Schwert eingeführt haben, bevor er dich kennen gelernt hat«, antwortet Tansui unbeeindruckt und setzt mit den beiden den Weg zu den benannten Ruinen an.

»Ja, das stimmt«, mischt sich Jaken ein und wendet sich an Liza. »Meister Sesshomaru hat vor dir einen anderen Schüler gehabt.«

»Wirklich? Sowas geht?«, erkundigt sich die Menschenfrau weiter.

Tansui führt fort. »Sicher. Als Lehrer steht es einem zur Wahl, ob und welchen Schüler man an seiner Seite haben kann. Auch Hakku ist nicht mein erster Schüler.«

Das bringt Liza dazu, zu Jaken zu blicken. »Wie war der erste Schüler von Meister Sesshomaru so?«

»Oh, er ist ein sehr begabter Dämonenjüngling gewesen. Ihm gehorchten die Kräfte der Smaragde. Er hat bereits den Rang eines Drachen gehabt, als er zu uns stieß. Durch ihn erhielten wir die Gegenstände Hoffnungsträger und Licht«, protzt Jaken. »Aber als Element der dritten Generation ist er nicht so gut mit Meister Sesshomaru ausgekommen. Eine andere Lehrerin übernahm ihn.«

»Dann bin ich also die zweite Schülerin?«, möchte die Menschenfrau weiter wissen.

»Tze, nein. Meister Sesshomaru hat einige Schüler vor dir gehabt, aber bisher bist du die einzige, die seinem Training Stand gehalten hat und mit ihm, auf eine mir unerklärliche Weise, zu harmonieren scheinst«, belustigt sich Jaken über das Unwissen der Jüngsten.

»Elemente der ersten Generation vertragen sich einfach am besten mit den anderen Elementen aus derselben Klasse«, dringt es ernst von Tansui. Es macht ihr bereits jetzt sorgen, dass Sesshomaru, als Erde, ausgerechnet Liza, eine Feuerkönigin, aufgenommen hat. Die Wasserfrau weiß ganz genau, dass es außer Hakku noch einige andere Windkinder gibt, die er hätte nehmen können. Selbst andere junge Erdableger gibt es. Auch Wasserkrieger gibt es zur Genüge. Warum muss es ausgerechnet sie sein? Eine Menschenfrau und dann noch das Feuer? Dieser Hund ist ihr einfach nur ein absolutes Rätsel. Vielleicht würde sie heute aber schon bald eine Antwort erhalten. Bereits im Kampf gegen sie vor einigen Tagen hat sie am eigenen Leib spüren können, wie stark die Magie ist, über die Liza verfügt. Tansui bleibt stehen, als die Menschenfrau sich ihr in den Weg stellt. »Was ist?«, fragt sie daher nach.

»Was bedeutet das eigentlich, wenn du oder Sesshomaru immer von den Generationen der Elemente sprecht?«, fragt die Schwarzhaarige offen.

»Hat er dir gar nichts beigebracht? Das zählt mit zum Grundwissen«, sagt Tansui zunächst nur mit hochgezogener Augenbraue.

Entschlossen blickt Liza nach wie vor in die grünen Augen ihrer neuen Lehrerin, antwortet aber nicht.

»Elementsableger, wie wir, teilen die Krieger in unterschiedliche Generationen ein. Dein Meister Sesshomaru, Hakku, leider auch du und ich gehören zu den Elementen der ersten Generation. Das ist natürlich die beste Generation der Klasse S.«

»Ich vermute mal, weil Wind, Wasser, Erde und Feuer die ersten Elemente auf der Erde gewesen sind«, äußert sich Liza.

Tansui nickt. »Und weil sie als Hauptelemente durchaus in der Lage sind jüngere Generationen zu absorbieren, um stärker zu werden. Blitz und Donner, Eis und Schnee, Pflanzen, Holz, Gestein und Lava sind zum Beispiel Elemente aus der zweiten Generation. Zur dritten Generation gehören Metalle, Mineralien, Edelsteine, Gift, Heilkräuter und so weiter.«

»Mhmm… So ganz versteh ich das aber noch nicht. Warum sind all diese Dinge in unterschiedliche Generationen eingeteilt?«, fragt Liza.

»Weil die Elemente ohne die vorherigen nicht Existent sein können. Metalle, Mineralien oder Edelsteine wären ohne Gestein nicht vorhanden. Gestein kann ohne Erde nicht bestehen«, erklärt Tansui den wichtigen Verlauf.

»Das ist natürlich einleuchtend.«

Aus dem Augenwinkel heraus erkennt Tansui, dass Liza offensichtlich noch etwas auf der Seele liegt, während sie den Weg weiter fortführt. Der nachdenkliche Blick und der gesenkte Kopf verraten der Wasserfrau, dass der Menschenfrau vieles im Kopf rum schwirrt. Allerdings spricht diese es nicht aus. »Was ist dir noch unklar? Wenn ich dich schon unterrichte, sollst du alles erfahren.« Allgemein ist es für die Wasserherrscherin unklar, warum Liza über so wenig Wissen der Elemente verfügt. Sie hätte erwartet, dass Sesshomaru sie darüber unterrichtet.

Nur zögerlich gibt Liza ihre Frage preis. »Eine Priesterin meinte mal zu mir, dass manche Elemente auf Licht und Finsternis basieren und ich habe mich gefragt …«

»Das ist nur ein Irrglaube«, unterbricht Tansui voreilig. »Elemente wie Zwielicht, Licht und Dunkelheit, ja selbst alle Lebewesen wie Dämonen, Menschen und Tiere unterstehen ihren Ablegern der vierten Generation. Das ein Element, wie zum Beispiel dein Feuer, sich in einem Gleichgewicht von Licht und Schatten befinden soll, ist ein Aberglaube der Menschen. So versuchen sie einzuteilen, was gut und böse ist. Primitiv, wenn du mich fragst.«

»Der Mensch ist schon immer primitiv gewesen und wird es wohl auch bleiben. Genauso wie sein Egoismus«, dringt es verbittert aus der Menschenfrau, die der Füchsin folgt.

»Was denn? Bist du solange unter Dämonen gewesen das du vergessen hast, selbst eigentlich ein Mensch zu sein?«, fragt Tansui verblüfft nach.

Das die Menschenfrau stumm bleibt, überrascht Tansui. Hasst du deine eigene Spezies, deine eigene Existenz so sehr?, fragt sie sich unweigerlich. Sie kennt das Gefühl sich selbst zu hassen nur zu gut. Als Halbdämon ist man von der Außenwelt wie abgeschnürt. Dämonen verachten einen und versuchen einen zu töten. Menschen vertreiben und beleidigen einen. Anhand ihrer Aussage scheint aber auch Liza keine sonderlich großen Sympathien für ihre eigene Spezies zu haben. Ich wüsste zu gerne warum.
 

~~~*~~~
 

Nach dem die Frauen den ganzen Tag gelaufen sind, sind sie endlich in einem Dorf am Rand eines Gebirges angekommen. »Ab hier werde ich dich nicht weiter begleiten. Integriere dich und versuche neue Anhaltspunkte heraus zu finden. Ich werde hierbleiben und solange auf dich warten«, kommt es von Tansui.

Liza nickt stumm, ehe sie sich ins Menschendorf aufmacht. Warum nur muss es ein Menschendorf sein? Bist du solange unter Dämonen gewesen das du selbst vergessen hast, selbst eigentlich ein Mensch zu sein? Bei dieser Frage von Tansui muss sich Liza eingestehen, dass sie fast mit "Ja" geantwortet hätte. Sie ist schon so lange unter den Dämonen. Bald schon ein halbes Jahr. Ihr eigener Ehrgeiz, genauso stark wie ihre dämonischen Freunde zu werden, hat sie wirklich vergessen lassen ein Mensch zu sein. Unter Menschen ist sie sich nie wie ein Mensch vorgekommen. Als Dämon wurde sie beschimpft und unter Dämonen selbst fühlt sie sich wohl. Keiner hat sie wegen ihrer Fähigkeiten und Kräfte angefahren. Selbst Tansui bisher nicht. Sie ist erst wenige Tage da und auch wenn die Frauen sich nicht sonderlich leiden können, hat auch die Wasserfrau bisher nie ein Wort gegen Liza ausgesprochen. Auch wenn ihre vorübergehende Lehrerin sie spüren lässt, dass sie ihr Element, das Feuer, zutiefst verachtet. Das rechnet sie ihr hoch an. Jeder Schritt zum Menschendorf bereitet der Menschenfrau immer mehr Unbehagen. Am liebsten würde sie dort gar nicht hingehen. Kurz stoppt sie und blickt über ihre Schulter. Tansui wartet. Eine Rückkehr würde sie nicht dulden. Noch ein paar Sekunden wartet Liza, bis sie sich wirklich ins Dorf der Menschen aufmacht.

Tansui sieht, wie die Menschenfrau tatsächlich zögert. Welchen Schrecken hat Liza wohl mit ihrer eigenen Spezies erlebt, dass sie sich fürchtet unter Menschen zu sein und lieber unter Dämonen ist? Diese Frage stellt sich Tansui immer wieder. Normaler Weise meiden Menschen Dämonen, weil Dämonen Menschen fressen und töten. Bei der Schwarzhaarigen kommt es der Fuchsfrau allerdings so vor, als würde sie es auch noch begrüßen, wenn Dämonen so weiter machen. Tansui geht davon aus, dass sie noch lange genug Zeit miteinander verbringen werden, sodass sie schon noch Antworten auf diese Fragen erhalten wird. Jetzt aber will sich die Fuchsfrau ein Bild von den Fähigkeiten Lizas machen.
 

Der ist es selbst sichtlich unangenehm in dieses Menschendorf zu gehen. Erst recht, als die Menschen sich nach und nach zu ihr umdrehen, als hätten diese sie schon erwartet. »Ist was?«, fragt die Schwarzhaarige sogleich.

Das Raunen geht schnell in der Runde rum. Selbst mit ihren Ohren kann sie nur allzu gut verstehen, was die Menschen sagen: »Ein Tōunamento-Teilnehmer.«

»Ganz wie es der ehrenwehrte Mönch prophezeit hat.«

»Ob sie unsere Rettung sein wird?«

»Aber sie ist nur ein Mensch.«

»Und eine Frau.«

Liza versteht nicht, was die Leute mit all diesen Dingen meinen. Soll sie jetzt auf einmal so etwas wie eine Retterin sein? Inmitten der Menschenmengen bleibt sie stehen, als sie sieht, wie vor ihr ein Mönch auf sie zukommt. An seiner Seite ein kleiner Junge von vielleicht vier oder fünf Jahren. Da er dem ausgewachsenen Mönch ziemlich ähnlich sieht, vermutet Liza, dass es sich dabei um dessen Sohn handeln kann. »Herzlich Willkommen in unserer Siedlung«, begrüßt der Vater sie freundlich.

»Ihr scheint mich erwartet zu haben«, spricht Liza sofort, ohne großartig herum zu reden.

Zunächst herrscht Schweigen, doch mit einem freundlichen Lächeln erklärt der Mönch. »Mein Name ist Sōhei und das hier ist mein Sohn Miroku. Wir kamen her, um die Menschen aus den Fängen eines Dämons zu befreien.«

Ihr Blick geht zum kleinen Jungen. Ängstlich versteckt er sich hinter dem Rock seines Vaters, während seine blauen Augen zu ihr hinauf blicken. Als sich ihre Blicke kreuzen, versteckt er sich mehr hinter seinem Vater. Es stimmt sie traurig, dass selbst so ein kleines Menschenkind Angst vor ihr hat. Ist meine Aura denn so viel bedrohlicher geworden?, fragt sie sich unweigerlich. Liza würde nie einem Kind etwas antun. Je länger sie in die furchtsamen Augen des kleinen Miroku blickt, desto stärker zeigt sich ihr das Bild dessen, was er in ihr sieht. Ein Monster in Form eines Drachen. In seinen Augen ist sie kein Mensch. Selbst als sie versucht ihn wesentlich sanfter anzuschauen, als die anderen Menschen in dieser Umgebung, verschwindet sein Bangen nicht. Die furchterregende Aura eines Drachen bleibt für ihn. Ihr wird bewusst, dass sie ihm dafür auch keinen Vorwurf machen kann. Auch sie hat einst Angst vor diesen Wesen gehabt, als sie so klein war, wie er. »Und was habe ich damit zu tun?«, fragt Liza dann schließlich seinen Vater.

»Du bist eine Tōunamento-Teilnehmerin, wie ich es an deinem Handrücken unschwer erkennen kann. Sag, wo befindet sich dein Lehrer oder deine Lehrerin?«

»Dies ist eine Mission, die ich auf eigene Faust erledigen soll.« Es überrascht Liza, wie kurz und unmissverständlich sie sich ausdrücken kann, seitdem sie bei Sesshomaru in die Lehre gegangen war. Sie erhebt ihre Hand und zeigt dem Priester somit Element und Rang.

Es fällt ihm unschwer zu erkennen, dass sie im Rang Königin und ihr Element das Feuer ist. »Ich wünschte mir nur, es wäre ein anderes Element gewesen.«

Auch hier erfolgt ihre Antwort recht schnell. »Nehmt meine Hilfe an oder lasst es bleiben. Ich bin nicht diejenige, die von einem Dämon tyrannisiert wird.«

»Nun, es handelt sich um keinen Dämon, sondern um ein Sternenbild. Dafür sind meine Kräfte viel zu bescheiden, als das ich mich um ihn kümmern könnte. Der Wind trug es mir unlängst zu, dass sich aber ein Krieger aus dem Tōunamento in der Nähe befindet und sich dessen annehmen wird.«

Dieser Erklärung still lauschend, blickt Liza erneut zum kleinen Sohn des Mönches, dann zu den Kindern des Dorfes. In allen liegt das gleiche Gefühl in den Augen – Angst. Angst vor ihr. Die Männer selbst blicken sie voller Verachtung und Hass an. Die wollen sie auf jeden Fall aus dem Dorf so schnell wie möglich raus haben. In den Augen der Frauen selbst liegt nur ein Gefühlschaos aus mütterlicher Fürsorge und bittenden Blicken. »Ich werde es tun«, spricht sie, als sie sich ein letztes Mal den kleinen Miroku anschaut. Danach wieder zu seinem Vater. »Aber nicht für die Menschen hier.« Diese Aussage ruft auf den Gesichtern aller Bewohner nichts weiter als blankes Entsetzen wach. »Aber als Tōunamento-Teilnehmerin gehört es zu meinen Pflichten mich allen Herausforderungen zu stellen.«

Der Mönch nickt. »Dann begib dich zu den Ruinen am Rand des Waldes. Sie befinden sich westlich von hier.«

»Eine Frage hätte ich aber auch«, spricht sie, bevor sie sich auf den Weg machen will. Ihre Augen entschlossen in die des Priesters gerichtet. »Befindet sich ein Gegenstand des Preises hier irgendwo in der Nähe?« Wenn er sich schon mit den Rängen auskennt und es sogar auf ihrem Handrücken lesen kann, geht sie davon aus, dass er auch weiß, wovon sie spricht.

Sein eigener Blick ernst auf sie gerichtet, antwortet er schließlich. »Leider nein. Mir ist nichts bekannt.«

Die Schwarzhaarige nickt einfach, ehe sie schließlich geht. Egal welches Sternenbild es ist, sie würde es besiegen. »Papa. Glaubst du wirklich sie wird es besiegen können? Ganz ohne Lehrer?«, fragt sein Sohn Miroku seinen Vater, nach dem Liza verschwunden ist. »Es gibt eine Lektion, die du nie vergessen solltest, mein Sohn. Lass dich nie vom Äußeren täuschen. Auch wenn sie einen niedrigen Rang hat, spüre ich gewaltige Kräfte in ihr. Ihr Lehrer, wer es auch immer ist, weiß schon warum er sie fördert.«
 

Die Menschenfrau geht ohne weiter zu überlegen zu den benannten Ruinen. Noch hat sie keine Ahnung was sie erwarten wird, aber ihr flaues Gefühl im Magen verrät ihr nichts Gutes. Was, wenn es dieses Mal ein Sternenbild ist, was sie nicht besiegen kann? Tansui ist immer in ihrer Nähe und würde eingreifen, sollte es zu kritisch werden, aber sie vertraut ihr nicht. Im Gegenteil. Liza hasst sie – sowohl als Frau, als auch durch das Element, das sie vertritt. Feuer und Wasser stoßen sich von Natur aus ab. Nach dem sie einige Minuten gelaufen ist, sieht sie sich vor den niedergebrannten Ruinen eines alten Gebäudes wieder. Anhand der Größe erkennt sie, dass es einst ein sehr prachtvolles Gebäude gewesen sein muss. Vielleicht das Anwesen eines hohen Herren. »Komm raus! Welches Sternenbild du auch immer bist! Ich bin dein Gegner!«, ruft Liza schließlich nach dem Sternzeichen. Nichts bewegt sich, außer der Staub der Erde, der vom eisigen Winterwind aufgewühlt wird. Ein Hund tritt hervor. Die blauen Augen der Menschenfrau weiten sich geschockt, als sie ihn wieder erkennt. Es ist genau jener verwahrloste Hund, den sie damals am Tag ihres Aufbruchs gesehen hat.

»Wie ich sehe, erkennst du mich wieder«, erklingt eine freundliche, männliche Stimme. Danach sieht die Menschenfrau, wie der Hund sich in ein gleißendes Licht hüllt und seine Gestalt ändert. Vor ihr steht nun ein sehr attraktiver Mann. Seine rotbraunen Haare, die zu einem Chonmage frisiert sind, erinnern sie an das Fell, das er als Hund hat. An seinem muskulösen Körper trägt er einen bescheidenen dunkelbraunen Jinbei. Seine Ausstrahlung scheint die Ruhe selbst zu sein. Locker steht er vor ihr, während er mit geschlossenen Augen und einem warmen Lächeln zu ihr blickt. »Dein Herz ist wahrlich groß«, hört sie seine Worte, als sie sich wieder etwas gefangen hat. »Ich bin das Sternenbild Hund und es wird mir eine Freude sein gegen dich zu kämpfen«, bleibt er weiterhin höflich und nett zu ihr.

Betrübt senkt Liza ihren Kopf. »Ich … kann nicht gegen dich kämpfen.« Sie hat schon immer eine Schwäche für Hunde gehabt. Schon lange bevor sie zu Sesshomaru gestoßen ist oder Hakku kennen gelernt hat. Sie liebt Hunde und hat sich immer einen als Haustier gewünscht. Jetzt gegen einen zu kämpfen, auch wenn er das Sternenbild ist, lässt ihr Herz schwer werden.

»Wie zerbrechlich du sein kannst«, spricht er nach wie vor freundlich und sanft zu ihr. »Doch zögere bei mir nicht mehr, als bei den anderen Sternzeichen. Ich weiß um deine Liebe zu uns Hunden. Du hast uns stets große Freundlichkeit und Liebe entgegen gebracht. Wenn du gegen mich kämpfst, wäre es mir eine Ehre sein.« Er verneigt sich höflich vor ihr. Ja, er kennt sie. Er und seine vier Brüder sind die einzigen Sternzeichen gewesen, die stets über sie gewacht haben. Sie ist jedem von ihnen begegnet, auch wenn sie es nicht gewusst hat. Ihr Vater ist ein sehr guter Freund von ihnen gewesen. Es war sein Wunsch eines Tages genau diese Freundschaft zu vertiefen. Durch die Geburt seiner Tochter wäre dies möglich gewesen, da jeder aus seiner Familie männlich ist. Er weiß aber auch, wie es um ihr Herz bestimmt ist. Es betrübt ihn nicht. Er selbst hat ihren Vater stets geschätzt und hinterfragt keinen seiner Züge, die ihm und seinen Brüdern vertraut sind.

»Ja aber …«, will sie widersprechen, wird aber vom Sternenbild unterbrochen.

»Ich empfinde keinen Schmerz, Feuerkönigin. Also behandle mich, wie jeden anderen Gegner.« Egal wie lange er redet, doch seine Augen sind geschlossen. Dennoch ist es, als kann er sie direkt anblicken. Ist er etwa … blind?, fragt sie sich unweigerlich. Als hätte er ihre Gedanken gelesen, lächelt er, greift sie aber an. Liza weicht seinem direkten Schlag einfach aus, während sie lauscht. »Ja, ich bin blind. Trotzdem sehe ich genug.« Ihre blauen Augen weiten sich geschockt. Ein Hund und dann noch blind? Wie soll sie gegen ihn kämpfen? Das ist nicht gut. Immer wieder weicht seinen Angriffen aus, greift aber selbst nicht an. »Ich höre jede deiner Bewegungen. Ich rieche deine Distanz. Ich spüre deine Aura. Alles an deinem menschlichen Dasein verrät dich.«

Diese Wörter "menschliches Dasein" rufen in ihr ein bekanntes Gefühl von Verachtung für sich selbst wach. Sie hasst es so sehr ein Mensch zu sein. So schwach und angreifbar zu sein. »Dann sei kein Mensch«, spricht das Sternenbild Hund zu ihr, während er sie weiter angreift. »Dämonen empfinden keine Gefühle ihren Gegnern gegenüber. Egal wie stark die Sympathie auch ist. Wer ihr Gegner im Kampf ist, wird ihr Gegner solange bleiben, bis der Kampf vorbei ist. Sie sind Monster.«

Ein weiteres Wort mit dem er sie trifft. Monster. »Niemand ist ein Monster«, kontert Liza endlich und findet langsam zu ihrem gewohnten Kampfeswillen. Sie stützt sich mit ihren Beinen gegen eine der übrig gebliebenen Mauerüberreste, holt Schwung und rast auf den Hund zu. Mit einem gekonnten Hieb ihrer Faust, erwischt sie ihren Gegner genau an der Wange.

Davon lässt sich der Hund allerdings nicht beeindrucken. Stattdessen packt er sich innerhalb weniger Sekunden ihren Arm, mit dem sie ihn geschlagen hat und nutzt ihn als Schleuder. Er wirft sie einfach hoch. »Hast du nicht selbst deine eigene Rasse als Monster bezeichnet?«, kontert er, ehe er sie nach einem kraftvollen Tritt in den Rücken in die zerfallenen Ruinen wirft. Laut krachend, und mit einer gewaltigen Wolke aus Asche, stürzt das ohnehin schäbige Gebäude schnell ein. »Dies war einst eine prachtvolle Residenz, gefüllt mit Leben der Menschen. Ihrem Lachen, ihren Tränen, ihrer Liebe und ihrem Hass. Durch die Flammen brannte es schließlich nieder und vernichtete alles, was einst hier hauste«, redet das Sternebild weiterhin zu den Trümmern, in die er die Menschenfrau geworfen hat.

Es dauert nur wenige Sekunden, als sie sich von all diesen Trümmern befreit, in dem sie ihren ganzen Körper mit dem Feuer umgibt. Aus der Staubwolke erkennt er noch, wie sie mit ihren Armen die alten Trümmer beiseite wirft. »Menschen sind die egoistischsten Lebewesen, die es gibt. Sie halten sich immer für etwas Besseres und stellen sich über jedes Leben, das sonst noch auf dieser Welt existiert«, dringen die zunächst noch verbitterten Worte aus dem Mund der Menschenfrau. »Aber eines muss ich uns anrechnen. Wenn wir ein Ziel haben, kämpfen wir. Selbst wenn wir umfallen, kämpfen wir weiter. Gefühle sind unsere Stärke!« Danach hastet Liza, noch immer mit den Flammen um ihren Körper, auf den Hund zu. Er fängt ihren Schlag mit Leichtigkeit ab, doch die Stärke und die Wucht, die bei dem Aufeinanderprallen entsteht, wirft eine enorme Druckwelle wach.

Endlich sieht er in ihren blauen Augen genau jenen Kampfeswillen, von dem die anderen Sternzeichen erzittern. So unerschütterlich und stark, wie die Kraft eines Drachens. Erneut will er sich den Arm der Schülerin packen, doch die hat schon längst agiert und lässt das Feuerabbild ihrer selbst verschwinden. Er vernimmt hinter sich ihre Aura. Im letzten Moment kann er sich noch rechtzeitig umdrehen und ihren Tritt mit seiner Hand abfangen. Davon lässt sie sich nicht abschrecken und tritt mit ihrem zweiten Fuß unter sein Kinn. Er muss sie loslassen, woraufhin sie einen Rückwärtssalto macht. Kaum das beide wieder auf der Erde gelandet, geht sie in die Hocke und tritt ihm, mit einer gekonnten Drehung, die Beine weg. Er fällt haltlos zu Boden, doch noch bevor Liza ihn ein weiteres Mal treffen kann, verschwindet sein Körper plötzlich. »Was?«, fragt sie sich, ehe sie selbst einen Tritt in ihren Rücken kassieren muss und auf den Boden gedrückt wird. Schnell weicht sie dennoch seinem weiteren Tritt aus und rollt sich zur Seite. Dieses Mal schlägt er sicher zu ihr hinab, wodurch sie seinen Schlag mit beiden Händen abwehrt. Sein Schlag ist um ein vielfaches fester, als der ihres Meisters. Das wundert Liza jedoch nicht. Er ist ein Sternenbild. Alle Sternenbilder sind stark – zumindest jene, die sie bezwungen hat.

Sie sinkt tiefer in die Erde ein, je länger sie seinem Schlag standhält. Immer tiefer und tiefer, bis mittlerweile eine gewaltige Kuhle entstanden ist. Sie fragt sich, ob ihm ihre Flammen etwa nichts anhaben können? Vielleicht ist er sogar ein Feuer-Hund? Hat sie ihn damals so falsch eingeschätzt? Sie hielt ihn für einen Erd-Hund, weil er anfänglich so misstrauisch gewesen ist. An diesem Punkt muss sich Liza eingestehen, dass sie nicht viel schlauer geworden ist, als damals. Noch immer lässt sie sich leicht täuschen, wie bei der Jungfrau und noch immer verlässt sie sich viel zu sehr auf die Stärke des Feuers, wie bei Kenshin und Tansui.

Ein Lächeln bildet sich auf den Lippen ihres Gegners, ehe er sie mit einem Schlag in der Bauchgegend trifft. Die Schmerzen lassen sie ihre Deckung vernachlässigen und er kann ihr ungehindert ins Gesicht schlagen. »Einsicht ist der erste Weg zur Besserung«, spricht er Weise zu ihr. Seine flache Hand auf ihrem Gesicht gedrückt, lächelt er trotzdem sanftmütig zu ihr hinab. »Ja, ich bin ein Feuer-Hund.« Einmal mehr wird ihm klar, dass ihre Flammen ihm dennoch nicht schaden, die heiß und schützend um sie flackern. Das Feuer ihres Vaters ist um ein vielfaches heißer gewesen und hat sogar ihm geschadet.

Entgegen aller Erwartungen kann sie sich dennoch aus dieser Situation befreien, in dem sie mit beiden Händen sein Handgelenk packt und ihre Beine kraftvoll in seine Bauchgegend stemmt. Sie wirft ihn somit über sich, sodass er nun derjenige ist, der auf der Erde liegt. Mit ihrem eigenen Schwung dreht sie sich selbst und landet auf dem Hund. Ihre Schenkel pressen sich kraftvoll gegen seinen Kopf. Dieses Mal legt sie ihre Hand auf seinen Kopf und ist bereit ihn mit ihrem Feuer den Rest zu geben. Der Schock sitzt tief, als nicht ein einziger Funken aus ihrer Hand heraus kommt. »Aber …«, kommt es sofort überrascht von ihr. Sie spürt einen starken Druck um ihre Hüften und wird vom Sternenbild förmlich hoch geschleudert.

»Dein Feuer wird dir bei mir nichts bringen. Als Feuer-Hund bin ich immun gegen direkte Feuertechniken!«, knurrt der Blinde sie an, ehe er zu ihr hinauf springt und sie erneut angreift. Seine Schlag-Salve trifft sie immer wieder kraftvoll und vor allem schmerzhaft. Er beendet seine Serie in dem er ausholt und sie mit einem starken Tritt in ihrem Brustkorb zu Boden wirft.

Die Menschenfrau kann den Schmerz nicht beschreiben, der ihr durch Mark und Bein schießt. Würde sie dieses Mal wirklich verlieren? Gegen einen Hund? Jedes Sternenbild hat seine Stärken und Schwächen. Stärken findest du schnell heraus. Für dich sind die Schwächen entscheidend heraus zu finden. Damit ersparst du dir viel Zeit und vor allem Kraft, erinnert sie sich an Sesshomarus Worte, als er sie damals begann zu trainieren. Bisher hat sie beim Hund allerdings keine Schwäche ausfindig machen können. Und was, wenn ein Gegner keine Schwäche hat?, erinnert sie sich an ihre eigene gestellte Frage.

Jeder Gegner hat eine Schwäche, war es seine Antwort.

Na schön. Dann werde ich seine Schwäche finden, schießt es ihr durch den Kopf. Die Schwarzhaarige nimmt noch einmal ihre Kräfte zusammen und wendet sich im Fall. Der Aufprall ihrer Beine erzeugt eine massive Luftdruckwelle, sodass der Boden unter ihr nachgibt. Ihre entschlossenen blauen Augen richten sich gen Himmel, wo der Hund schon auf sie hinabstürzt. Mit seinen eigenen Feuerkräften lässt er ein schlichtes Katana in seinen Händen erscheinen, das er nun direkt auf sie richtet. Ich mag ihn nicht direkt mit meiner Feuermagie schaden können, aber ich kann sie dennoch nutzen. Entschlossen will sie sich ihm weiterhin stellen. Liza geht in die Hocke und stemmt ihre Arme nach oben, um seinen Schlag abzufangen.

Eine kraftvolle Druckwelle – stärker als die beiden zuvor – weht nicht nur den Staub der Erde auf, sie zerstört auch noch die kompletten Überreste der alten Ruine. Der aufgewühlte Dreck lichtet sich nur langsam. Zunächst erkennt man nur das Sternenbild Hund. Angestrengt drückt er seine Klinge, doch er schafft es nicht sie vollständig gen Boden zu führen. Der Widerstand, der ihm entgegen kommt, hat schier keine Schwachstelle. Was ist das für eine Stärke? Das ist keine Stärke eines normalen Menschen, fragt er sich gerade noch, bis er durch sein eigenes, empfindsames Gehör vernimmt, dass der Wind den Staub wegfegt.

Die langen schwarzen Haare der Menschenfrau haben sich in der Mitte gespalten und schweben nach oben, wie zwei gewaltige Hörner – Hörner eines Drachens. Aus ihrem Rücken sind zwei gewaltige Drachenflügel aus puren Flammen geschossen. Das Blau ihrer Augen hat sich in ein leuchtendes Gold umgefärbt, während sich die Pupillen zu engen Schlitzen verengt haben. Ihre feinen Adern in den Augen sind so auffällig funkelnd, dass es an reißende Magma erinnert. Selbst die Haut auf ihrem Körpers hat sich zu Schuppen geformt. Trotz geschlossener Augen erkennt man das volle Ausmaß seines Schocks im Gesicht. Das Schwerthorn eines Feuerdrachen?, erkennt er diese Art der Magie sofort. Mein alter Freund, du überraschst mich immer wieder, schießt es ihm lächelnd durch den Kopf. Lizas Vater ist immer für eine Überraschung gut gewesen. Schon beim gemeinsamen Schachspiel verzückte ihr Erzeuger ihn mit sehr unvorhergesehenen Zügen.

Seine Neigung zu Hunden spiegelt sich auch in seiner Tochter wieder. Ihre Vorliebe zwischen ihr und dieser stolzen Sippschaft kommt also nicht einfach von irgendwoher.

Mit ihren flachen Händen hält sie die Klinge fest von sich. Gleichzeitig springen die beiden voneinander und landen am Rand des Kraters.

Es dauert nicht lange, bis beide anschließend aufeinander zustürmen. Kaum mehr als das gewaltige Donnern erklingt bei jedem zusammenprallen. Dämonen würden den heftigen Schlagaustausch in den luftigen Höhen erkennen. Beide schenken sich nichts. Das sanftmütige Sternenbild sieht, wie sie seine Klinge mit bloßem Handrücken jedes Mal abwehren kann. Ihre Haut ist so hart und unnachgiebig geworden, wie die Schuppen eines Drachen, doch immer noch geht sie in keinen direkten Angriff über. Ihre menschliche Seite hindert sie aus Vorliebe, Zweifel und Mitgefühl daran. »So langsam verstehe ich, warum die Menschen dich immer als Monster betiteln«, provoziert er sie weiter, nachdem jeder auf ein zusammen gestürztes Dach der Ruinen gelandet sind. »Du hast nichts menschliches an dir. Du bist schon eine Bestie geworden, wie deine Begleiter.« Die feuerroten Flügel ändern ihre Farbe und werden orange.

»Es ist meine menschliche Seite, die dich noch am Leben erhält, Hund!«, kontert Liza knurrend.

»Dann leg sie ab, wenn du es so sehr verachtest, Mensch zu sein«, fällt seine Aussage weiterhin provozierend aus.

»Das kann ich nicht«, antwortet sie ernst, ehe sie ein weiteres Mal aufeinander zustürmen.

»Und wieso nicht?«, fragt er sie lächelnd.

Ihre Antwort lässt nicht lange auf sich warten. »Weil sie das Einzige ist, was mich noch an meine Eltern erinnert.« Immer wieder kreuzen sich Sternenbild und Mensch. »Meine Mutter ist ein Mensch!«, dringt es weiter ernst aus ihrem Mund, bevor Liza, dieses Mal schneller als der Hund, angreift. Brutal schlägt sie mit ihrer schuppenbesetzen Hand sein Gesicht. Ihre Attacke sticht durch seinen Körper, wie ein Pfeil aus tausend Klingen. Ihre schuppenbesetzte Haut schneidet ihn so brutal, wie Schwerter. »Und sie ist die sanfteste, verständnisvollste und liebste Person, die ich je in meinem Leben haben werde.« Ein weiteres Mal greift sie ihren Feind an. Sie attackiert ihn von hinten mit ihrem Ellenbogen. Der Schmerz ihrer vorherigen Attacke ist noch nicht einmal abgeklungen, da blüht die neue Fuhr in ihm auf. Selbst ihre eigenen Flammen beginnen ihm zu Schaden, wie einst bei ihrem Vater. Gewaltsam knallt er auf dem kalten Boden auf.

Sie selbst landet sicher mit ihren Beinen auf der Erde. »Und auch mein Vater, der mir diese Gabe vermacht hat, war ein Mensch. Er ist so stark und herzlich gewesen, wie ich es seit dem von keinem anderen Mann mehr kennen gelernt habe. Seine Flammen sind auch Meine!« Das Sternenbild Hund blickt mit einem schockierten Blick zur Menschenfrau. Noch im letzten Moment erkennt er, wie ihre schwarzen Haare noch länger werden und immer spitzer zulaufen, wie Hörner eines Drachens. Selbst ihr Pony verändert nun seine Form und bildet ein drittes Horn. Diese Kraft … Diese Aura … Sie kommt mir so vertraut vor. Nachdem ihre Gestaltwandlung beendet ist, kommt es ihm so vor, als würde sich ihm das Gesicht eines vertrauten Freundes zeigen. Als würde er aus dem knisternden Feuer das Gebrüll eines Drachens vernehmen können. Erst da beantwortet sich seine Frage. Jetzt verstehe ich. Deshalb gabst du ihr den Körper eines Menschen und genau deshalb soll sie es auch glauben, einer zu sein. Das sieht dir ähnlich, mein Bester.

Mit hochgezogener Augenbraue blickt sie zu ihm und beobachtet, wie er wieder aufsteht. Ein weiteres Mal rennt er auf sie zu und attackiert sie mit seiner Klinge, der sie dieses Mal ausweicht. Ihre gewaltigen Flügel lassen sie mit einem Schlag hoch in den Himmel hinaufsteigen, in den er ihr bedingungslos folgt. Schier sinnlos versucht sie vor ihm zu fliehen und fliegt von einer Seite zur Nächsten, bis sie sich sogar dafür entscheidet wieder zu Boden zu fliegen. Nichts. Das Sternenbild Hund bleibt hartnäckig an ihren Versen. Selbst noch, als sie auf der Erde irrationale Wege sprintet, um seinen Angriffen auszuweichen, folgt er ihr. Ein weiterer Schlag kommt von ihm und dieses Mal trifft er ihre Schulter mit der scharfen Klinge. Im letzten Moment kann sie sich noch abfangen und stützt sich mit einer Hand auf dem Boden. Danach landet sie auf ihren Beinen und blickt zum Hund. Ihre Flammen und die sonderbare Form versiegen, als sie sich wieder aufrichtet. »Ich liebe es mit Hunden zusammen zu sein«, lächelt sie ihn dann einfach sanftmütig an. »Ihr könnt ganz schön verschmust sein, verspielt, treu, aber vor allem seit ihr ganz schön anhänglich«, zwinkert sie zu ihrem Gegner.

Dieses Mal ist es das Sternenbild, das sie verwirrt anschaut. »Du bist so damit beschäftigt gewesen mich anzugreifen und mir zu folgen, dass du gar nicht gemerkt hast, wie ich einen Angriff für dich vorbereitet habe.« Sie deutet ihm mit einem Finger nach unten zu schauen.

Durch seine Instinkte und geschenkten Sinne, spürt er diese simple Bewegung und blickt zu Boden. Unter ihm leuchtet das Symbol eines Pentagramms rot auf, doch noch hat sie es nicht aktiviert. Mit einem Lächeln blickt er zur Schwarzhaarigen, ehe er sein Schwert wieder verschwinden lässt. Höflich verneigt er sich vor der Feuerkönigin. »Hiermit hast du mich besiegt. Auch für mich würde Hitzewelle nicht versiegt bleiben. Es hat mir Spaß gemacht gegen dich zu kämpfen, junge Liza. Ich hoffe, wir werden in Zukunft öfter Gelegenheit zu solchen Spielereien haben.«

Lächelnd nähert sich die Frau dem Sternenbild und reicht ihm ihre Hand hin. »Du hast mir etwas sehr wichtiges beigebracht, Feuer-Hund. Etwas was ich schon lange vergessen habe.«

Er schlägt ein, fragt sie aber dennoch. »Und was?«

»Nicht alle Menschen sind schlecht. Die Treue eines Hundes dem Menschen gegenüber gilt wohl auch für Sternzeichen.« Ganz überraschend spürt Liza, wie sich die Arme des Sternenbildes um sie legen. Er umarmt sie. Sehr sanft und zärtlich. Ihre Wangen färben sich rot. Ihre blauen Augen schimmern verträumt, bevor auch sie ihre Arme um ihn legt. Sie hat schon lange nicht mehr eine so einfache und zaghafte Geste genießen können. Der Schnee fällt an diesem Abend leise hinab, bleibt am Boden oder auf den Ruinen liegen, sowie am umliegenden Wald, doch auf der Haut des Feuer-Hundes und der Feuerkönigin schmilzt jede Schneeflocke. »Bleibe dir selbst treu, Liza. Es wird keinen Hund auf der Welt geben, der dich nicht mag, sowie du bist. Selbst mein Bruder der Erd-Hund ist auf deiner Seite«, spricht er ein letztes Mal voller Sänfte zu ihr, bevor sich sein Körper langsam auflöst. Die Sterne schwirren um seinen Körper herum, wie Glühwürmchen.

»Werden wir uns wieder sehen?«, fragt Liza ihn.

Er nickt zunächst stumm, aber glücklich lächelnd. »Der schwerste Gegner steht dir und deinen Freunden noch bevor. Wenn die Zeit gekommen ist und du uns rufst, werden wir kommen. Alle fünf Hunde-Brüder auf einmal.« Ein letztes Mal streichelt er sie zärtlich an ihrer Wange und schenkt ihr einen Kuss auf die Stirn, ehe er verschwindet. Einmal mehr wird ihm selbst klar, dass sie mehr von ihrem Vater hat, als ihm bewusst ist. Zumindest weiß er aber, dass seine Brüder und er sie beschützen werden, wenn die Zeit reif ist. Ich bitte euch. Passt auf sie auf. Meine Schwestern werden sie vor eine sehr folgenschwere Entscheidung knallen lassen. Ihr seid die einzigen, die sie dann noch haben wird, erinnert er sich an die Worte seines alten Freundes, gefolgt von dessen wissenden Lächeln. Vielleicht schlägt ihr Herz dann doch zu einem von euch um. Heute, wo er sich mit der Familie seines engsten Freundes auskennt, ist ihm mehr als deutlich bewusst, das genau das nicht passieren wird. Ein letztes Mal kann er lächeln, bevor sein Körper im Sternenmeer verschwindet. Entschuldige, alter Freund. Aber selbst für mich sind ihre Flammen zu heiß, um sie bändigen zu können.
 

Noch sehr lange blickt sie in den Himmel, zu dem sie seine Sterne fliegen sieht. Bis zu diesem Zeitpunkt ist ihr nie klar geworden, welche Ehre es eigentlich ist, gegen die Sternzeichen anzutreten. Sie zählen zu den machtvollsten Wesen.

Stärker noch als die Dämonen.

Stärker als jeder Geistlicher.

Stärker als es je ein Ableger werden kann.

Dennoch sind einige von ihnen menschlicher, als sie es vom Menschen kennt. Der auffrischende Winterwind weht ihre Haare an ihrem Körper entlang.

»Ich habe nun dein Können gesehen. Wir werden morgen mit dem Training anfangen«, dringt plötzlich die Stimme Tansuis aus dem Nichts an ihre Ohren.

Die Fuchsfrau ist ganz überrascht, als sie das Funkeln in den klaren blauen Augen der Menschenfrau sieht. Als hätte sie eine Erleuchtung gehabt. Sesshomaru muss gewusst haben, dass sich hier der Hund aufhält und vielleicht sogar extra auf Liza gewartet hat. Er hat etwas in ihr bewegt. Mehr als es die junge Frau wahrscheinlich ahnt. Kein Hass. Keine Furcht. Reines Glück glänzt in diesem Moment in den Augen der Menschenfrau. Dieses Mal sanfter bewegt die Halbdämonin ihren Kopf zur Seite und spricht ruhiger. »Komm.«

Ruhig und völlig ausgeglichen nähert sich Liza der Wasserfrau, die anschließend vorangeht.



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