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X-fach X-mas

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Tag 5

Jodie blickte in den Spiegel in ihrem Schlafzimmer. Sie musterte sich, rümpfte die Nase und zog das nächste Oberteil an. Und dann ging das Spielchen von vorne los. Bluse, Pullover, Shirt, Top, Hose, Rock, Kleid. Farbe, Muster, kariert, gepunktet. Nichts gefiel ihr. Entweder es war übertrieben oder es sah aus, als würde sie einen Kartoffelsack tragen. Wie immer, wenn sie hübsch aussehen wollte, empfand sie in ihrem Kleiderschrank nur Leere. Am liebsten wäre sie noch einmal einkaufen gefahren, aber dafür war es zu spät. Er würde sie bald abholen. Deswegen hatte sich Jodie für ein Outfit entschieden: eine blaue Bluse und einen knielangen, weißen Rock. Es war nicht perfekt, aber sie konnte sich schließlich nicht nackt mit ihm treffen und das, was sie trug, war ein guter Kompromiss. Außerdem zeigte es, dass sie sowohl für alles offen war als auch, dass sie keine Erwartungen an ihn hatte. Es wäre natürlich etwas anderes, wenn sie sich bei ihr zu Hause getroffen hätten, denn dann hätte sie ganz andere Vorbereitungen treffen können.

Jodie sah an sich herunter. Sollte sie vielleicht zwei oder drei Knöpfe ihrer Bluse geöffnet lassen? Oder lieber nicht? Vermutlich würde sie es von der Situation abhängig machen. Noch immer war sich Jodie nicht sicher, was Shu mit der Einladung zum Essen bezweckte. Wollte er sich wirklich mit ihr treffen und essen gehen oder wollte er sie für ein Alibi benutzen? Vielleicht gab es auch eine Observation und sie musste ihn dabei unterstützen. Es wäre nicht das erste Mal.

Sofort verbannte die Agentin das Gefühl der Hoffnung. Sie wollte nicht wieder enttäuscht werden. Dass ihr Treffen überhaupt noch stattfand, grenzte schon fast an ein Wunder. Eigentlich wollten sie sich noch am gleichen Abend treffen, an dem er gefragt hatte, aber die Arbeit war ihnen dazwischengekommen. Danach hatten sie das Thema erst einmal totgeschwiegen, bis Shu vor einigen Tagen ein Datum festsetzte. In ihrem Kopf hörte Jodie eine Stimme, die ihr sagte, dass es kein Date war. Dass sie sich keine Hoffnungen machen sollte.

Als es an ihrer Haustür klingelte, warf Jodie einen weiteren Blick in den Spiegel. Sie strich sich die Haare glatt, legte Parfum auf und lief in den Flur. Sie betätigte den Summer, schlüpfte in ihre Stiefel und zog sich eine Jacke an. Dann griff sie ihre Tasche und öffnete die Tür. Sie schloss die Tür und ging zum Fahrstuhl. Die Tür sprang auf und als Jodie rein wollte, lief sie beinahe gegen Shuichi. Er hielt sie fest und sie spürte sofort die Geborgenheit in seiner Nähe. Am liebsten hätte sie ihre Augen geschlossen und sich an ihn geschmiegt. Aber sie widerstand dem Drang und blickte ihn an. Egal was er auch trug, ihm stand einfach alles.

Shuichi musterte sie ebenfalls. Auch er musste mit sich kämpfen. Innerlich ärgerte er sich, dass er nicht darauf gewappnet war. Er kannte Jodie und hätte wissen müssen, dass sie sich rausgeputzt hatte und wusste, wie sie ihre Reize einsetzen konnte. Er hatte nur Glück, dass er seine Fassade noch aufrechterhalten konnte. Aber es würde schwer werden, je weiter der Abend ging.

„Shu…“, fing sie an.

Er lächelte. „Lass uns gehen. Ich habe einen Tisch reserviert.“

Sie nickte und folgte ihm nach unten und dann nach draußen. Gemeinsam gingen sie zu seinem Wagen. Shuichi öffnete die Tür und ließ sie einsteigen. Während der gesamten Fahrt schwiegen sie einander an. Eigentlich war Jodie keine ruhige Person – außer etwas beschäftigte sie. Aber nun sagte sie kein Wort. Und Shuichi traute sich nicht zu fragen was los war. Währenddessen graute es Jodie vor dem restlichen Abend. Was, wenn sie sich nichts zu sagen hatten? Vielleicht war auch schon alles gesagt.

Shuichi parkte seinen Wagen. „Das Restaurant bietet amerikanische Küche an“, begann er. „Es ist allerdings kein Diner.“

Jodie spähte nach draußen. „Oh“, murmelte sie und stieg aus. „Ich wollte hier schon immer amerikanisch Essen. Ich habe gelesen, dass es hier auch keine Burger gibt, was gut ist, weil Burger haben wir auch in Japan an vielen Ecken.“ Da war sie wieder, die Frau, die vor sich hinplapperte

„Lass uns rein gehen.“

Jodie nickte und folgte ihm.

Im Inneren tummelten sich sowohl Amerikaner als auch Japaner. Shuichi ließ sich vom Kellner zu seinem reservierten Platz bringen und setzte sich. Das war ein weiterer Vorteil des Restaurants. Kellner und Köche stammten ebenfalls aus Amerika und konnten daher das Essen so zubereiten, wie Jodie es kannte.

Im Restaurant ging es zwischen den beiden ähnlich zu, wie während der Fahrt. Am Anfang sprachen sie lediglich über die Gerichte und schwiegen sich dann an. Jedes Gespräch, das sie versuchten, endete abrupt. Obwohl es nicht ihre erste Verabredung war, benahmen sie sich so. Allerdings war Jodie auch weiterhin für ihre Verhältnisse ungewöhnlich still.

„Wie geht es dir?“, fragte er schließlich, um die Stille zu durchbrechen.

„Ganz gut“, entgegnete Jodie ruhig. „Und dir?“

„Auch.“ Er sah sie an. „Heute Abend…“, begann er.

Jodie lächelte und nahm ein Stück von ihrem Nachtisch. „Shu, warte einen Moment. Ich möchte zuerst etwas sagen.“

„Nur zu.“

„Erst einmal…danke für die Einladung. Es hat mich gefreut, dass wir das ausgemachte Treffen von damals jetzt nachgeholt haben. Aber…ich möchte gern wissen, ob das hier ein…Date ist.“

„Was?“, gab Akai erstaunt von sich. Sie fragte sich dies tatsächlich?

„Oder eine Beschattung?“ Sie sah sich um. „Wer ist denn die Person, die du nicht aus den Augen lassen kannst?“

Shuichi war immer noch wie vorm Kopf gestoßen. Er war nicht einmal auf die Idee gekommen, dass sie das Treffen als etwas ansehen würde. Er öffnete den Mund, aber kein Laut kam über seine Lippen.

Jodie lächelte. „Ich habe es mir schon fast gedacht“, sagte sie. „Alles gut, mach dir keine Gedanken.“

Der Agent ärgerte sich über sich selbst. Warum konnte er ihr nicht die Wahrheit sagen? Was hinderte ihn daran. „Das verstehst du…falsch…“

Sie schüttelte den Kopf. „Du musst mir nichts erklären. Es ist in Ordnung. Ich weiß, dass du mich nicht benutzt. Und das mit dem…Date…war auch nur ein…Scherz. Du hättest mal dein Gesicht sehen sollen.“ Sie hielt ihre Fassade aufrecht, dabei war ihr eigentlich nach weinen zu Mute. Hier und jetzt.

„Jodie, dass…“

Sie schüttelte den Kopf. „Lass gut sein, Shu, lass gut sein. Lass uns…einfach nur den Rest des Abends genießen.“ Sie senkte den Kopf. „Bitte…“

Er schluckte. Er hatte ihr nicht nur in der Vergangenheit wehgetan, sondern auch jetzt. Und dass nur, weil er seine Gefühle nicht in Worte fassen konnte.



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