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Das Spiegeln von Lichtern

Adventskalender 2022
von

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Das Spiegeln von Lichtern

Als er die Luft ausstieß, konnte er seinen Atem sehen.

 

Um ihn herum baute sich ein winterliches, zauberhaftes Bild auf; kniehoher Schnee, Eiszapfen an den Ästen von Bäumen und ein nachtblauer Himmel, voll mit glitzernden Sternen. Ein Anblick, der nicht durch etwas zerstört wurde. Normalerweise hatte Kyojuro keine Zeit dafür, sich an so einen Anblick sattzusehen. Es gab überall Spuren von Tod und Blut um ihn herum, sie schienen ihn stets zu verfolgen.

Doch heute schienen selbst die Dämonen zumindest um ihn herum, sich zurückzuhalten.

 

Vielleicht hatte dies aber auch einen ganz anderen Grund, als ein friedlicher Abend für alle.

 

„Du siehst in die falsche Richtung.“

 

Kyojuro begann ein wenig zu schmunzeln, als die bekannte Stimme zu hören war. Er versuchte sich das harmonische Bild einzubrennen, alles voller Schnee und Eis, ruhig und friedlich. Doch eine Berührung seiner Hand sorgte dafür, dass er sich nun wirklich losriss. Sein flammender Blick traf auf die Person, welche an seiner Seite stand.

Tiefschwarzes Haar und mitternachtsblaue Augen. Es war immer wieder seltsam und ungewohnt, diese Gestalt vor sich zu haben, statt dem bekannten pinken Haar und den katzenhaften, leuchtenden Augen. Nur das Grinsen blieb, wenngleich auch ohne den Reißzähnen.

 

„Ich genieße auch diesen Anblick“, merkte Kyojuro an, fühlte die Finger zaghaft zwischen seine gleiten, als würde er Akaza die Berührung verbieten.

Weit hergeholt war das nicht, wenn man ihre gemeinsame Vergangenheit bedachte, aber sie waren darüber hinweg. Kyojuro war darüber hinweg, ein weiteres Katz-und-Maus-Spiel zu treiben. Er hatte gelernt das es nicht so einfach war einem Upper Moon loszuwerden, wenn er nicht wollte, dass man ihn loswurde. Nachdem Kyojuro festgestellt und auch begriffen hatte, dass Akaza nicht vorhatte ihn zu töten, hatte er die unerwünschte Gesellschaft akzeptiert, bis sie schließlich... Auf ihre Weise eine Beziehung zueinander aufgebaut hatten.

 

„Das reicht jetzt, komm schon“, der Dämon zog an seiner Hand, um Kyojuro dazu zu bringen, sich zu bewegen. „Ich möchte einen guten Ort für das Feuerwerk finden und du willst vorher sicherlich noch etwas zu Essen, so wie ich dich kenne.“

 

Strahlend sah er Akaza an: „Ich hoffe darauf, das es etwas mit Süßkartoffeln geben wird!“

 

Er konnte erkennen wie Akaza die Augen verdrehte: „Natürlich hoffst du darauf.“

 

So wie Akaza eine unbestreitbare Vorliebe für Feuerwerke hatte, war es bei Kyojuro mit Süßkartoffeln. Auf einem Fest kam beides durchaus zusammen – nicht über all wurden Süßkartoffeln zubereitete, aber wenn es sie gab, war es eine große Freude für ihn.

Solch friedliche Abende wie heute waren eine Seltenheit. Nicht nur, weil Akaza trotz ihrer Beziehung zueinander niemals die Liebe zum Kampf verlieren würde und Kyojuro weiterhin regelmäßig herausforderte. Er hatte seine Missionen zu erfüllen, die Treffen der Säulen und das Training junger Dämonenjäger wie der junge Kamado. Davon abgesehen versuchte er auch seine Familie so oft wie möglich zu besuchen.

Es war ein Wunder, dass er Zeit für eine Beziehung hatte. Vor allem für eine Beziehung mit... einem Dämon.

 

In seinem menschlichen Aussehen getarnt, würde vermutlich niemand erahnen mit welcher Gefahr sie es hier zu tun hatten. Akaza war dazu fähig ein ganzes Dorf den Erdboden gleich zu machen, wenn er es wollen würde. Doch er lehnte den Tod von Frauen ab und sprach stets davon das Kinder alles andere als sättigend war – manchmal wünschte sich Kyojuro, dass er seine Neugierde für sich behalten würde. Doch die Männer wären nicht sicher und selbst Kyojuro könnte nicht jeden Tod vermeiden, wenn er gegen jemanden wie Akaza kämpfen müsste. Andererseits war Akaza eine Ausnahme, denn wenn dieser kämpfte, wurde alles andere uninteressant. Nur so hatten die Menschen überlebt, als sie sich zum ersten Mal am Zug begegnet waren.

 

Doch jetzt waren sie zwei normale, junge Männer. Natürlich fiel Kyojuro auf, dass tat er stets mit seinem flammenden Haar und dem auffälligen Haori, doch man sprach sie gar nicht an. Sie waren Fremde, zu Besuch bei einem Dorf für ein Fest. Kyojuro trug seine Uniform wie eh und je, Akaza war verhüllt in einem schlichten, dunklen Yukata und ihre Finger waren ineinander verschränkt. Es war nicht selbstverständlich, sich sorglos durch die Straßen gehen zu können – aber Kyojuro war eindeutig schlimmeres gewohnt, als intolerante Menschen. Er war jemand, der sein Herz auf der Zunge trug.

 

Kyojuro liebte die kühlen Finger zwischen seinen, dass streifen der Fingerspitzen auf seiner Handfläche, während alles einfach um sie herum voller Schnee war. Laternen erhellten die Straßen sanft und bald schon roch es nach dem besten Essen. Es brutzelte in der einen Ecke, rauchte aus der anderen heraus – Lachen und fröhliches Geplapper war zu hören. Wann immer er auf einem Fest war, sah er für was er doch kämpfte.

Für die Schwächeren, aber auch für das Glück.

Vielleicht würde auch Akaza das irgendwann verstehen können.

 

„Du bist wie immer, leicht zu beeindrucken“, schnalzte Akaza mit der Zunge, eindeutig etwas frustriert davon, nicht den Großteil der Aufmerksamkeit des Dämonenjägers auf sich zu ziehen.

 

Strahlend wie die Sonne, wandte Kyojuro seinen Blick sofort auf den Upper Moon an seiner Seite: „Aber es ist doch wirklich wunderschön um uns herum! Sieh nur all die Laternen! Es ist einfach wundervoll, alles hier sehen zu können!“

Es war ein kleines Wunder, dass Shinobu es geschafft hatte, sein Auge zu retten. Mittlerweile konnte er es beinahe so gut benutzen, wie vor der Verletzungen. Es reagierte im allgemeinen empfindlicher und er sah noch nicht so weit wie normalerweise, doch es genügte wirklich für alles, wozu er es brauchte.

 

„Wie ich sagte; leicht zu beeindrucken“, schnaubte der Dämon an seiner Seite.

 

Glucksend kam Kyojuro Akaza mit einem Schritt zur Seite näher, nahe genug bis sich ihre Schultern sanft berührten: „Du liebst es auch. Ich weiß es ganz genau.“

 

„Ich bin nur wegen des Feuerwerks hier“, antwortete Akaza stur. „...und wegen dir natürlich.“

 

„Oh, wie freundlich von dir“, schmunzelte er und beugte sich rüber, um einen Kuss einfach auf Akazas Wange drückte. „Ich fühle mich geehrt.“

Er konnte ganz genau sehen, wie die Wangen des Dämons etwas rosa wurden – und das nicht wegen der Kälte, welche ein Dämon nicht fühlen konnte. Kichernd löste er sich wieder weit genug, damit sie ordentlich laufen konnten, um Akaza einem Geruch folgend, mit sich zog.

 

Schnee knirschte unter ihren Sohlen, obwohl man die Wege freigeschaufelt hatte.

Dem guten Geruch folgend, landeten sie schnell an einem kleinen Stand, der allerlei an Essen verkaufte, sowie Getränke. Aus Letzteres verzichtete Kyojuro, aber eine frittierte Süßkartoffel ließ er sich nicht entgehen. Er kaufte auch Akaza ein, wenn auch mehr um sie später selbst zu essen, als das er wirklich glaubte, der Dämon würde sie ernsthaft verspeisen. Auch wenn Akaza ihm bewiesen hatte, dass er menschliches Essen verdauen konnte, machte dieser das nicht oft. Schon gar nicht, um satt zu werden, denn das funktionierte leider nicht.

 

Es wäre wohl zu einfach.

 

Kyojuro knabberte an seiner Süßkartoffel, hielt immer noch Akazas Hand sanft in seiner, während sie weiter durch den niedrigen Schnee liefen. Er betrachtete all die warmen Lichter der Laternen um sie herum, während er sich mehr von Akaza führen ließ, welcher nun auf der Suche nach dem perfekten Ort war, um das Feuerwerk zu sehen, welches auch sobald losgehen sollte. Kyojuro hinderte den Dämon nicht daran, er wusste wie sehr dieser das Feuerwerk liebte und immerhin hatte er seine Süßkartoffel bekommen – es war nur gerecht, wenn auch Akaza eine der liebsten Sachen bekam, die er hatte.

 

„Hier ist es perfekt!“, verkündete Upper Three stolz, als er sie auf einen kleinen, Schneebedeckten Hügel gebracht, über ihnen nichts als der nachtblaue Himmel, voller Sterne.

 

Nach ihren letzten, gemeinsamen Besuchen auf Festen, hatte Kyojuro gelernt das Akaza stets die perfektesten Orte dafür fand, ein Feuerwerk zu sehen. Daher zweifelte er keine Sekunde daran, dass dieser Ort wirklich perfekt war.

 

„Sehr gut! Aber... wir haben gar nichts zum Hinsetzen“, merkte Kyojuro an.

 

„Wieso?“, und prompt ließ sich Akaza in den Schnee fallen.

 

Gut, als Dämon war das wohl kein Problem. Die Kälte oder Nässe durch den Schnee machte wohl nichts aus, aber als Mensch? Kyojuro war nicht sehr empfindlich für Krankheiten oder dergleichen, aber er konnte sich gut vorstellen, eine Erkältung davon zu bekommen, sich jetzt hier in den Schnee zu setzen.

 

„Das ist für mich keine Option“, erwiderte Kyojuro daher, immerhin ein wenig an der Süßkartoffel knabbernd, welche einst mal Akaza gehörte hatte. Wenn man genau hinsah, erkannte man die Eindruckstellen von Reißzähnen, als Akaza zumindest ein oder zwei eigene Bissen genommen hatte.

 

Akaza grinste ihn an, seine Reißzähne leuchteten beinahe, als er mit den Händen flach auf seine Oberschenkel klopfte: „Na, komm auf meinen Schoß!“

 

Für einen kurzen Moment neigte Kyojuro dazu, die Fassung zu verlieren. Dabei war dieses Angebot im Nachhinein nicht einmal blöd. Es war auch nicht so überraschend, dass Akaza es so einfach heraushaute, dem Dämon entkamen solche Worte so einfach, wie es bei Kyojuro war, wenn es um Lob und der Liebe zur Menschheit und seiner Bestimmung ging.

Er zögerte einen Moment, vielleicht verlegen von Akazas direkten Blick und dem Grinsen. Dann kniete er im Schnee, fühlte wie seine Knie sich schnell feucht anfühlten und krabbelte schließlich in Akazas Schoß, einen Arm über dessen Schultern legend, um sich zu halten und gleichzeitig seine Kartoffel essen zu können.

 

Akaza schien noch breiter zu grinsen, wenn das überhaupt möglich war... „Du bist so warm, Kyojuro~“, schnurrte der Dämon und vergrub sein eiskaltes Gesicht in Kyojuros Nacken.

 

Er sog scharf die Luft ein, verhinderte ein fiepen, indem er sich auf die Zunge biss und jammerte dann doch: „Akaza! Du bist eiskalt!“ Kyojuro fühlte das Kratzen der Reißzähne über seine Haut; bekam sogleich eine noch stärkere Gänsehaut.

Der vermutlich einzige Grund dafür, dass Akaza so schnell damit aufhörte, war das erste fiepende Geräusch einer Rakete in die Luft. Der Dämon löste seine Zähne von Kyojuros Hals, um stattdessen zum Himmel hoch zu sehen.

 

Aufatmend lehnte sich der Dämonenjäger etwas zurück, bis er mehr an Akaza lehnte, als selbst zu sitzen. Die Süßkartoffel am Spieß war vergessen, als die ersten Raketen in die Luft schossen und den nachtblauen Himmel mit bunten Lichtern erfüllten.

Ein Feuerwerk war immer sehr faszinierend und wunderschön, es fesselte auch Kyojuro für eine Zeitlang, doch schließlich fand er etwas viel Interessanteres. Sein Blick ging zurück ins Gesicht von Akaza. Es war ihm mittlerweile so bekannt, sowohl die menschlichen, als auch dämonischen Züge. Mittlerweile wieder unter sich, hatte Akaza sein dämonisches Aussehen wieder zugelassen.

Pinkes Haar, leuchtende Augen, welche ein ein zersplitterter Spiegel wirkten – ein Spiegel, der dennoch all die bunten Lichter des Feuerwerks spiegelte.

 

Etwas, dass so viel schöner aussah, als das Feuerwerk im Himmel zu beobachten.

 

Ihre gemeinsame Zeit war stets limitiert. Akaza konnte nur nachts an seiner Seite sein und Kyojuro musste dennoch ein paar Stunden schlafen,. Tagsüber sahen sie sich logischerweise nichts, aber hin und wieder schaffte es die Flammensäule doch, den Tag über zu schlafen und dann die gesamte Nacht mit Akaza zu verbringen. Sein Rhythmus geriet dadurch jedes Mal durcheinander, aber es war die gemeinsame Zeit mit Akaza wert.

 

Jedes. Einzelne. Mal.

 

Seine warmen Finger rieben über Akazas kalte Haut am Hals, folgten den blauen Markierungen, ehe er seinen Kopf an dessen Schulter lehnte und die Augen schloss. Das Fiepen und Explodieren von Feuerwerkskörper im Hintergrund, Akazas Armen, die sich um ihn legten und an sich drückten und die Kälte, die von überall kam – es war auf seine Art mehr als nur perfekt.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Kuro_Kami
2022-12-26T23:33:28+00:00 27.12.2022 00:33
Sehr schön geschrieben und das Zusammenspiel der beiden ist sehr niedlich.


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