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Love Letter - still you

von

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33

Elsas Blick liegt auf dem Ring an ihrer rechten Hand. Ihre linke wird von Viktor gehalten, der seinen Sportwagen steuert, mit dem sie auf dem Weg zu Conny und Gregor sind. Alles in ihr fühlt sich an, als wäre es zusammengezogen, regelrecht zusammengeschnürt. Alles abgestumpft. Sie hat das restliche Essen nicht einmal mehr geschmeckt. Sie wollte nur noch raus, hat auf Viktors Fragen nur noch einsilbig geantwortet. Doch er hat das mit einem Lachen der Aufregung zugeschoben. Seine Stimme erklingt ebenso aufgeregt neben ihr. Er hört sich glücklich an.

“Ich kann die Blicke der anderen nicht erwarten! Was sie wohl dazu sagen werden? Ich meine, seit Conny und Gregor geheiratet haben, werde auch ich ständig von aller Verwandtschaft darauf angesprochen. Und du weißt auch, wie sehr die Klatschpresse ständig darauf hinausgeht, dass wir beide endlich heiraten müssen. Also nicht, dass ich es derentwegen mache und …”

Elsas Hals schnürt sich weiter zu. So sehr, dass sie keine Luft mehr bekommt. Krampfhaft versucht sie, tief einzuatmen, doch es geht nicht. Röchelnd beugt sie sich nach vorn, umschließt mit beiden Armen ihren Oberkörper. Nicht gut. Gar nicht gut.

“Elsa?” Nun klingt Viktors Stimme angespannt. Das Glück ist daraus komplett verschwunden.

“Fahr … links … ran …”, bekommt Elsa heraus.

Kaum dass er das getan hat, reißt sie die Türe auf und versucht den Sicherheitsgurt zu lösen. Das macht schlussendlich Viktor, als er bemerkt, dass sie es nicht hinbekommt. Sofort stolpert Elsa aus dem Auto. Hier draußen geht das Atmen besser. Immer noch krampfhaft strömt die Luft in ihre Lungen. Sie stützt sich mit beiden Händen auf ihren Knien ab und unterdrückt erneut die aufkommende Übelkeit. Doch das Gefühl des Eingeschnürrtseins schwindet nicht. Ebenso das schwere Gefühl an ihrer rechten Hand, von dem alles andere auszugehen scheint. Der Ring – der Verlobungsring. Und so sehr es ihr Herz schmerzt, ist ihr bewusst, was sie zu tun hat. Und dieser Gedanke lässt sie schlussendlich ruhiger werden.

“Elsa, Liebes.” Viktor kommt an ihre Seite und stützt sie, streicht über ihren Rücken. “Was ist los? Hast du das Essen nicht vertragen? Sollen wir ins Krankenhaus fahren?” Die Sorge steht ihm ins Gesicht geschrieben.

Langsam schüttelt Elsa ihren Kopf, während sie sich wieder aufrichtet. Von Sekunde zu Sekunde wird alles in ihr noch ruhiger.

“Das ist es nicht, Viktor.”

“Was dann, Elsa? Ich mache mir wirklich Sorgen um dich. Was kann ich tun, dass es dir besser geht?”

Seine Fürsorge treibt Elsa Tränen in die Augen. Viktor ist ein toller Mann. Und er hat jemanden verdient, die ihn wirklich liebt.

“Es … es tut mir leid”, flüstert sie, als die Tränen in ihre Augen treten.

“Was genau meinst du damit, Elsa? Was …” Viktor stockt mitten im Satz, als er beobachtet, wie sie den Verlobungsring von ihrem Finger zieht. “Elsa?”

Ihre Hand schließt sich um das Schmuckstück, das eigentlich glücklich machen sollte. Doch nun macht es eher unglücklich. Von wegen, sie muss mit Viktor nie weinen. Nimm das, Mario Hongo! Und schon springen ihre Gedanken zu demjenigen, der Grund für all das hier ist. Für den Schmerz, der in ihrem Herzen tobt. Und auch für den, der nun Viktor trifft. Elsa hält inne. Nein, das ist falsch. Sie kann Mario nicht die Schuld dafür geben, dass sie mit Viktor zusammen ist und auch nicht, dass sie nun dessen Antrag ablehnt. Es war und ist alles ihre eigene Entscheidung.

“Es tut mir leid, Viktor, aber ich kann das nicht”, flüstert sie, während sie dem Älteren den Ring entgegenhält, ohne ihn dabei ansehen zu können.

“Wie …? Warum …?” Viktor blinzelt verwirrt, nimmt den Ring aber an sich. Nun sind es seine Finger, die sich hart darum schließen. “Ist dir hier draußen gerade der Gedanke gekommen, dass du mich nicht heiraten kannst?”

Sie schüttelt ihren Kopf.

“Während der Autofahrt?”

Wieder ein Kopfschütteln.

“Wann dann? Warum gibst du mir den Ring zurück?”

“Viktor …” Sie beißt sich auf die Lippen. Sie ist es ihm schuldig, dass er die Wahrheit kennt. Und auch weiß, dass er nicht schuld ist. An nichts von all dem. “Vorher, als du gefragt hast, ob ich angespannt bin … Ich war es tatsächlich, weil ich befürchtet habe, dass du mir einen Antrag machen wirst …”

“Befürchtet.” Keine Frage. Einfach nur eine tonlose Wiederholung.

“Ich hatte Angst davor, dass du es tun würdest. Denn es war mir bewusst, dass ich ihn nicht annehmen könnte.”

“Aber du hast ihn angenommen.” Immer noch dieser tonlose Tonfall.

“Ja. Da waren so viele Menschen. Ich habe mich nicht getraut, abzulehnen. Ich wollte nicht, dass es dann direkt morgen in der Zeitung steht.”

“Das wäre weniger schlimm für mich gewesen, als das hier jetzt”, presst Viktor zwischen seinen zusammengebissenen Zähnen hervor.

Elsa hält inne. Erst jetzt wird ihr das bewusst. Hätte sie sofort nein gesagt, wäre es vielleicht bereits morgen in der Zeitung gestanden. Aber … so hat sie Viktor erst glücklich gemacht, um ihn dann in ein Loch zu stürzen. Ihr Atem kommt stockend hervor. Sie ballt ihre Hände zu Fäusten, um so das Zittern ihrer Finger zu verbergen.

“Sag mir wenigstens warum, Elsa. Warum kannst du meinen Antrag nicht annehmen und mich nicht heiraten?”

Der Moment der Wahrheit. Und sie muss ehrlich sein. Zu ihm – und auch zu sich selbst.

“Es ist …” Welche Worte sind die richtigen, um so etwas zu erklären? Ihr ist bewusst, was diese Worte für eine Auswirkung auf ihre Beziehung haben werden. “Ich weiß, dass wir schon eine Weile zusammen sind und ich habe auch Gefühle für dich, Viktor. Aber … mein Herz gehört jemand anderem.”

Sein Blick verdüstert sich. Seine ganze Haltung ändert sich. Von dem bis gerade noch enttäuschten und in sich eingesunkenen zu diesem ablehnenden Ausdruck. Doch ihr ist bewusst, dass er das nur macht, um sich zu schützen.

“Hast du etwas mit einem anderen am Laufen? Hast du mich betrogen?”

Schockiert macht Elsa mit vor sich abwehrend gehobenen Händen einen Schritt nach hinten.

“Nein! Das habe ich nicht, könnte ich auch niemals!”

“Aber du sagtest gerade, dass …”

Schon dreht sie ihren Kopf wieder und ein trauriges Lächeln erscheint auf ihren Zügen.

“Ich habe gesagt, dass mein Herz jemand anderen gehört. Und das schon sehr lange. Doch es ist dir gegenüber nicht fair, wenn ich nun so weitermache und dich sogar heirate. Meine Gefühle für dich und die für ihn … die sind nicht miteinander zu vergleichen.”

“Du sagtest … schon sehr lange. Das bedeutet …”

“Viele Jahre, Viktor. Aber das zwischen ihm und mir … das konnte nie sein. Es kam immer etwas oder jemand dazwischen.”

“Aber du sagst, du empfindest etwas für ihn. Empfindet er nichts für dich?”

“Ich … weiß es nicht. Ich denke schon, ja … aber es sollte eben nicht sein.”

“Du … Elsa … Willst du mir ernsthaft sagen, dass du bereits über ein Jahr mit mir zusammen bist und dabei eigentlich die ganze Zeit über einen anderen Mann liebst? Sogar schon, als wir das erste Mal ein Paar waren? Ist das dein Ernst?”

Bei Viktors Tonfall, der immer lauter wird, zuckt die Angesprochene zusammen. Sie kann verstehen, dass er so reagiert. Und das ist in Ordnung. Trotzdem …

“Viktor … ich … Es tut mir leid und ich kann es nicht oft genug sagen.”

“Bringt mir nur nichts, oder? Elsa, du hast gesagt, es war mir gegenüber nicht unfair. Aber das war es dem anderen Mann auch nicht, oder? Wenn er dich liebt. Und du ihn, warum seid ihr dann nicht zusammen? Warum bist du stattdessen mit mir eine Beziehung eingegangen? Eine, die anscheinend niemals eine Zukunft hatte!”

Auch ihr wird es in diesem Augenblick bewusst. Doch soweit hat sie niemals nach vorn geschaut. Sie hat immer nur für den Augenblick gedacht. Vielleicht, weil tief in ihr noch die Hoffnung war, dass sie und Mario doch irgendwann zueinanderfinden würden.

“Es tut mir wirklich leid.”

“Wenigstens das.” Mit einem Stöhnen, das tief aus Viktors Innerem kommt, legt er seinen Kopf in den Nacken und fährt mit der freien Hand durch seine Haare. Er sieht aus, als hätte sie ihn geschlagen. So gesehen hat sie ihn das auch, oder? Sie hat ihm eine verpasst, dorthin, wo es wehtut. Ins Herz. “Elsa. Ich kann es nicht fassen. Wirklich nicht. Warum bist du mit mir zusammen, wenn du einen anderen liebst? Warum hast du uns beiden das angetan? In dem Glauben, dass dir das hier nicht vollkommen egal ist.”

“Ist es nicht, wirklich nicht. Das musst du mir glauben.” Tränen laufen über Elsas Wangen. “Es ist nur … Als wir das erste Mal zusammengekommen sind, da war auch er in einer Beziehung. Und es war klar, dass das zwischen uns nicht mehr möglich ist. Und dann kamst du an und hast mich um ein Date gebeten. Ich mag dich, das habe ich schon immer. Mein Herz hat bei der Vorstellung schneller geschlagen und ich dachte, du bist derjenige, der mich vielleicht über ihn hinwegbringen könnte. Doch das war es nicht. Und dann … ich habe mit ihm geredet, als ich von Paris zurückgekommen bin. Und er meinte, dass ich zu dir zurücksollte, da du mich zum Lachen bringst – im Gegensatz zu ihm, da ich seinetwegen ständig weinen musste. Dann bin ich zu dir wegen der Zeitungsartikel, und da hast du mir erklärt, dass du mit mir zusammen sein willst. Er hingegen war in einer Beziehung, dazu hat er mich ja zu dir geschickt … da dachte ich eben, wenn mich jemand glücklich machen kann in der ganzen Situation, dann du. Aber heiraten … Das ist etwas, das ich nicht kann. Das ist mir vorher klar geworden. Und als ich aus dem Auto gestiegen bin, ist es mir endgültig bewusst gewesen. Wir beide, soviel ich auch für dich empfinde, es reicht nicht. Es wird niemals reichen können. Die Verliebtheit für dich ist nicht mit der …, mit der Liebe für ihn zu vergleichen. Und es bricht mir das Herz, dir das jetzt anzutun.”

“Ja …” Viktors fast schwarze Augen liegen auf ihr, ehe er sein Gesicht verzieht. Der Schmerz wird noch deutlicher. “Elsa, ich kann so nicht weitermachen. Nicht damit”, er hebt ihr den Verlobungsring entgegen, “denn das war immer mein Wunsch. Heiraten und eine Familie gründen. Und ich kann und will daran nichts ändern. Das ist nun einmal mein Traum. Und das bedeutet …”

“... dass wir beide nicht mehr zusammen sein können.” Elsa lächelt traurig, ehe sie nickt. “Das war mir bewusst, Viktor. In dem Moment, als ich entschieden habe, dir endlich die Wahrheit zu sagen.”

“So sehr ich dich auch liebe, Elsa. Ich komme nicht damit klar, dass du die Gefühle, dich ich für dich habe, einem anderen entgegenbringst. Daher …”

Er muss es nicht aussprechen. Sie versteht ihn. Eine weitere Träne läuft über Elsas Wange.

“Meinst du, wir können Freunde bleiben?”

Viktor hält inne, ehe er mit den Schultern zuckt.

“Ich hoffe es. Aber lass mir Zeit. Ich muss damit abschließen. Aber es wäre mir wichtig, dass wir miteinander auskommen, vielleicht sogar Freunde bleiben. Denn unsere Geschwister sind verheiratet und dadurch werden wir miteinander verbunden bleiben.”

“Ja. Ich danke dir.”

“Dafür nicht. Nun gut”, ein tiefes und zittriges Seufzen entkommt Viktor, ehe er sich zum Auto dreht. “Kommst du? Willst du noch zu Conny und Gregor oder nach Hause? Ich fahre dich schnell.”

“Ehrlich gesagt”, Elsas Blick fällt über ihre Schulter, während sie mit einer Hand eine Haarsträhne hinter ihr Ohr streicht, “ich würde noch da rein wollen.” Sie deutet auf den Park hinter sich, vor dem Viktor geparkt hat, als er so abrupt stehen geblieben ist.

“Da?” Viktor blickt ebenfalls in die Richtung. Er kennt den Park. Sie alle kennen ihn. Als Schüler sind sie dort oft gewesen. Seine Grundschule, die Nanyo, ist gar nicht so weit weg. Und Elsas Grundschule, die Kitahara ebenfalls nicht. Bei der Erinnerung kommt ihm etwas Weiteres und seine Aufmerksamkeit legt sich wieder auf sie. Elsas Gesicht ist verweint, ihre Augen leicht angeschwollen und gerötet. Dazu die Lippe, auf der sie anscheinend herumgekaut hat. “Du bist dafür nicht passend angezogen, oder? Außerdem wird es bereits dunkel.”

“Das ist egal. Ich will einfach nur … Ich brauche ein wenig Zeit. Ich werde einfach da hochgehen und so weit von hier ist meine Wohnung ja auch nicht entfernt.”

Viktor will erneut etwas einwerfen, ihr Abendkleid und ihre High Heels betreffend. Doch er entscheidet sich dagegen. Es ist nun nicht mehr seine Sache. Sie sind kein Paar mehr. Er presst seine Lippen aufeinander.

“Willst du das wirklich?”

“Ja. Geh du nur, Viktor. Du musst nicht nach mir schauen.”

“In Ordnung. Aber ruf mich an, wenn etwas ist, ja?”

“Natürlich.” Und damit dreht Elsa sich herum und geht davon. Entfernt sich von Viktor und auch dem, was einmal zwischen ihnen war.

“Elsa”, ertönt ihr Name hinter ihr noch einmal und sie dreht sich herum, um zu Viktor zu sehen, der bereits an sein Auto getreten ist und die Türe geöffnet hat. “Wer ist es?”, fragt er. Und obwohl er wirklich fertig aussieht, sind seine Augen abwartend auf sie gerichtet, lassen erkennen, dass er es wissen will.

Mit geweiteten Augen erwidert sie seinen Blick, öffnet ihren Mund und schließt ihn unverrichteter Dinge wieder.

“Dann frage ich anders, Elsa. Kenne ich ihn?” Ihr schuldbewusster Gesichtsausdruck sagt ihm alles. Daher nickt er nur und dreht sich herum. “In Ordnung. Aber auch wenn das zwischen uns jetzt zu Ende ist, ruf mich an, wenn etwas ist, ja? Ich bin trotzdem für dich da.”

Elsas Blick verfolgt ihrem nun Ex-Freund, der in sein Auto steigt und davonfährt.

In ihrer Seele schlagen zwei Herzen. Das eine trauert. Um die Beziehung mit Viktor, die wirklich schön war und in der sie sich geborgen gefühlt hat. Und das andere ist voller Hoffnung, dass nun vielleicht doch etwas anderes möglich ist. Etwas, das sie sich lange verboten hat, zu denken.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Viktor ist toll. Und er wird es auch immer bleiben.
Ich mag ihn sehr, auch wenn ich hier nun sein Herz gebrochen habe ... Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Centranthusalba
2023-12-06T19:42:00+00:00 06.12.2023 20:42
😭😭😭😭😭😭😭😭😭💔💔💔💔💔🤧🤧🤧🤧
Mehr kann ich gerade nicht sagen
Antwort von:  Tasha88
06.12.2023 21:20
ich weiß. .. :(


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