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Jagdversuch in den Frostbrandebenen

14. Türchen des Fanfic-Adventskalenders 2023
von

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Die eiskalte Luft der Frostbrandebenen wehte Aelissa um die Nase, zerrte an ihrer leicht schneebedeckten Lederrüstung. Die jugendliche Nyss genoss es zwar, sich Draußen nützlich zu machen und gleichzeitig den Umgang mit dem Bogen zu lernen, doch das Wetter war gerade an diesem Tag besonders unfreundlich. Andererseits war es eine gute Ablenkung von dem, was das Leben ihr in den letzten Monaten vor die Füße geworfen hatte.

Dazu gehörte auch die Offenbarung bei ihrer Akolythenprüfung, die mitten im tiefsten Winter stattgefunden hatte. Oder war es Sommer?

Kalt war es doch ohnehin immer, und das war auch gut so. Manche der Eisjäger, die sich in den wärmeren Süden vorgewagt hatten, waren fast schon froh, sich wieder in der kalten Heimat zu befinden.

Es wäre ihnen einfach zu warm dort – angeblich, auch wenn sie die abenteuerlichsten Geschichten erzählten, von dampfbetriebenen Arbeitsmaschinen und...wie hießen die noch gleich...Lokomotiven?

Als junges Mädchen hatte Aelissa so manche Stunden damit zugebracht, diesen höchst seltsamen wie auch interessanten Erzählungen zu lauschen, die so manch einer bei einem kalten Bier zum Besten gab. Sehr zum Ärger ihrer Mutter, die das neugierige Mädchen mehr als einmal erfolglos ermahnt hatte, dass Schlafenszeit wäre.

 

Doch all das war gerade verdammt unwichtig. Sie musste ihre Gedanken sortieren und sich zusammenreißen.

Konzentration.

Einatmen, ausatmen. Auf die Jagd konzentrieren, wenn sie schon nicht ihrem Gott in dessen Tempel dienen durfte.

Arkanistin sollte sie sein...pah. Eher noch würden die Zwerge aus Rhul und die Nyss beste Freunde werden. Ihr waren diese untersetzten Gestalten schon immer suspekt – genauer gesagt, seit ihre Mutter mit Gruselgeschichten über die bärtigen Zeitgenossen angefangen hatte.
 

„Aelissa“, zischte es zu ihrer Linken. „Konzentrier dich. Augen auf das Ziel.“

Verächtliches Schnauben ihrerseits folgte und die hellblauen Augen verengten sich leicht. Gegen den Schnee in den Augen anblinzelnd versuchte Aelissa, das Ziel ihrer heutigen Jagd klarer zu fokussieren, doch es nützte alles nichts. Die Sicht blieb weiterhin so gut wie zuvor, großartig.

Davon abgesehen...sie war doch voll bei der Sache, oder nicht?
 

Nun, offenkundig nicht, denn das elchähnliche Tier, welches sie verfolgt hatten, stob davon und war bald darauf außer Sicht, noch ehe überhaupt ein Pfeil abgefeuert worden war.

Fast schon trotzig wandte sich die Weißhaarige ab und stapfte durch knöcheltiefen Schnee den Weg zurück, den sie gekommen waren – frustriert und wütend darüber, dass sie sich nicht einmal auf die Jagd konzentrieren zu können schien.

Das war nicht das, was sie sich erhofft hatte. Die Eisjäger auf eine ihrer Jagden zu begleiten, war keine gute Idee gewesen, absolut nicht. Es führte ihr vielmehr vor Augen, wie lächerlich nutzlos sie eigentlich abseits ihres tief verwurzelten Glaubens an Nyssor war.

Vielleicht wäre es wirklich besser, sich der Studien von Runen zu widmen.
 

Nein, niemals.
 

Trotzig stapfte sie weiter, zurück zu den provisorischen Schneehütten, die sie sich gegen die Witterung gebaut hatten. Eigentlich hätten sie jetzt ihre Beute von ihrem Leid erlösen und die nächsten Spuren verfolgen sollen, aber so würde das nichts werden. Zumindest sah Aelissa keinen Sinn darin, sich weiter mit der Jagd zu befassen, wenn sie sich ohnehin nicht konzentrieren konnte. Unter diesen Umständen wäre sie alles, aber keine Hilfe.

Ergo mussten die erfahrenen Eisjäger wohl oder übel ohne die leicht trotzige Nyss weiter jagen. Sie war im Endeffekt nur mitgekommen, um zu lernen und die Jagd als potenziell neues Berufsfeld für sich zu entdecken.

Doch daraus wurde nichts – und das nur, weil ihr diese verdammte Prüfung nicht mehr aus dem Kopf gehen wollte.
 

Nur wegen dieses einen Tages war ihre Welt zusammengebrochen. Sie hatte sich betrogen und auf gewisse Art und Weise sogar verraten gefühlt, als ihr während der laufenden Akolythenprüfung eröffnet wurde, sie hätte nicht die richtige Veranlagung, sondern eher die eines Arkanisten.

Jene Zauberweber, die mittels bestimmter Runen Magie wirken konnten, genossen innerhalb der Nyss durchaus ein gewisses Ansehen. Für jemanden, der von klein auf in die Fußstapfen des großen Bruders hatte treten wollen, wirkte so etwas jedoch eher wie ein Schlag ins Gesicht.
 

„Gemäß den alten Gesetzen ist es dir untersagt, die Priesterwürde zu erlangen, wenn eine Verbindung zur arkanen Magie besteht. Es tut mir Leid...Schwesterchen.“
 

Selbst jetzt noch hallten ihr Alastors Worte durch den Kopf, als er die Argumentationsversuche seiner kleinen Schwester ziemlich eindeutig abschmetterte. Wie so oft hatte er dabei die Geduld von Permafrost – ganz im Gegensatz zu manch anderen Nyss-Elfen, die ihr Problem nicht zu verstehen schienen. Oder es ganz einfach nicht verstehen wollten – typisch Erwachsene eben.

Statt sich also damit abzufinden, dass es eben nicht ihre Bestimmung zu sein schien, ihre Tage im Nyssor-Tempel zu fristen, starrte sie nun wie ein bockiges Kind vor sich hin und hockte auf einem der Felle, die sie im Inneren der behelfsmäßigen Schneehütte ausgelegt hatten.

Lange dauerte es nicht gerade, bis man das Knirschen nachgebenden Schnees von Draußen hören konnte. Zumindest eine Sache hatte Aelissa gelernt – Geräusche von Elfen und Tieren voneinander zu unterscheiden. Das hier klang jedoch weder nach den schweren Stiefeln der Eisjäger, noch einem der ihr bekannten, hier heimischen Tiere.

Das hier hörte sich an, als bemühte man sich darum, keine Geräusche zu machen...und das war bei Nyssor kein gutes Zeichen. Nur Raubtiere bewegten sich so...es musste fast so sein.

Zumindest fiel Aelissa nichts anderes ein.
 

Was sollte sie jetzt tun?

Wäre es am Besten, einfach zu warten und so zu tun, als wäre niemand hier? Das wäre das Naheliegendste. Einfach eins der Felle überziehen, sich selbst mit Schnee bedecken und hoffen, einfach übersehen zu werden. Mehr fiel der jungen Elfe in diesem Moment in ihrer Panik auch nicht ein.
 

***
 

„Du hast mehr Glück als Verstand, Mädchen! Der Kerberos hätte dich zerfetzen können, sei froh dass es nur unsere potenziellen Vorräte waren“, wurde sie eine gefühlte Ewigkeit später gescholten, als der kleine Nyss-Tross zurück zur heimatlichen Siedlung marschierte – zwei erlegte Ulk im Schlepp. Die anderen beiden hatten als Beute für die hungrige, dreiköpfige Bestie herhalten müssen, welche Aelissa in das Lager gefolgt war.

Sicher, reichen würde es so oder so für die nächste Zeit, doch es ging ums Prinzip. Den Erfolg der Gruppe leichtfertig aufgrund ihres jugendlichen Trotzes aufs Spiel zu setzen, war eigentlich nicht gern gesehen und dem Grunde nach wusste die Jugendliche das auch. Aelissa wirkte aktuell ohnehin relativ klein mit Hut, steckte ihr der Schreck des ganzen Vorfalls doch noch immer in den Knochen.

Trotzdem konnte sie nicht umhin, hörbar auszuatmen. Dass diese Erwachsenen sie auch jetzt noch belehrten...sie hatte ihre Lektion doch gelernt, was brachte es noch in irgendwelchen Wunden zu stochern?

„Im Namen des Wintervaters, es tut mir Leid, dass ich ihn in unser Lager gelockt habe! Wie oft noch? Ich werde es wieder gut machen – egal wie“, brummte sie.
 

Und das würde die Jugendliche auch – irgendwann. Auch wenn sie da vermutlich eher ihre Mutter um Rat würde fragen müssen, wie sie das wieder geradebog. Oder ihren großen Bruder, Alastor hatte bis jetzt immer gute Ideen gehabt und war die Stimme der Vernunft, die seine kleine Schwester wieder auf den Boden der Tatsachen holte.
 

Einlösen konnte Aelissa dieses Versprechen einer Wiedergutmachung jedoch nie – auch wenn sie mehrere Versuche unternommen hatte. Manchmal war der Permafrost eben doch nicht so permanent, wie man ihm immer nachsagte; der Überfall der Everblight-Legion war der beste Beweis dafür.



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