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Der Zirkel der Macht - Buch 1
von

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Kapitel 1

1
 

"Die Nacht des Brennens steht bevor! Der Tod kommt!"

Bea saß kerzengerade in ihrem Bett. Kalter Schweiß lief ihr die Stirn herunter, an den Wangen vorbei, und den schlanken Hals entlang. Ihr Herz hämmerte schnell in ihrer Brust.

"Es war nur ein Traum", sagte sie mit leiser Stimme in der annähernden Dunkelheit. "Nur ein Traum…"

Ihre Kehle war trocken. Sie fuhr sich einmal mit der Hand über den Hals, als ob es davon besser würde, wischte dann die kalte, klebrige Flüssigkeit mit dem Handrücken von ihrer Stirn und tastete im Dunkeln nach dem Lichtschalter. In ihrem Kopf hallte die mächtige Stimme nach, tosend wie ein Wasserfall, gigantisch wie der Himmel selbst: Die Nacht des Brennens steht bevor. Der Tod kommt. Der Tod kommt. Der Tod kommt.

Ihr Herzschlag beruhigte sich langsam wieder, als ihre Nachttischlampe schließlich brannte, und das Zimmer in schummriggelbes Licht tauchte. Ein Schauer lief durch ihren Körper, von den Zehen hoch bis zum roten Haaransatz und ließ sie zusammenzucken. Ihr Kopf ruckte heftig zur Seite, die Folge des plötzlichen Erwachens.

Sie umschlang ihren Oberkörper kurz mit den Armen, vielleicht um die Kälte zu vertreiben, die im Januar nachts in ihre Wohnung kroch. Sie trug nicht mehr als einen seidenen Yûkata in kräftigem Rot und leuchtendem Weiß, ihrem üblichen Schlafgewand.

Ihre Augen schlossen sich kurz, als lausche sie nach Innen, und dann löste sie sich wieder aus der engen Umklammerung. Ihr war nicht länger kalt. Ihre Magie wärmte sie nun.

Ihr Blick – ihre Bewegungen noch immer fahrig – suchte den Radiowecker neben ihrem Bett. Die rötlichen Leuchtziffern zeigten 2:11, wurden zu 2:12, während sie ihn anstarrte. Sie drückte ihren Kopf gegen die linke Schulter und begann ihr Kinn dagegen zu reiben, während ihre linke Hand zugleich anfing ein wenig Leben in ihre rechte Schulter zu massieren. Dann schlüpfte sie ganz aus ihren Bettlaken heraus und tappste lautlos in der Stille der Nacht zu ihrem Ledersessel.

Mit einer gedankenlosen Bewegung wischte sie die Schnittzeichnungen und Farbskizzen beiseite, die sie vor drei Stunden hatte unfertig liegen lassen. Ihre Hand fand im gelbmatten Zwielicht den Schalter ihrer Lavalampe, die daraufhin blutrot zu leuchten begann. Die Flüssigkeit in dem hohen Glaszylinder würde in den nächsten Minuten heller werden, bis sie in einem kräftigen Vulkanrot glimmten, und dann würden auch die Luftblasen, die für Lavalampen so typisch waren, beginnen innerhalb des Zylinders aufzusteigen und wieder abzusinken. Als nächstes schnippte sie mit ihrer kleinen, zierlichen Hand in Richtung der Fenster. Einmal in Richtung des rechten Fensters, einmal in Richtung des linken. Die zwei Dutzend Kerzen und Teelichter, teilweise einzeln, teilweise in mehrarmigen Kerzenhaltern postiert, entbrannten unvermittelt, und bald erfüllte ein angenehm warmes und wohliges Licht den Raum.

Findracors Stimme klang noch immer in Beas Erinerung wieder:

Die Nacht des Brennens steht bevor. Der Tod kommt.

Sie lehnte sich in dem schwarzen Ledersessel zurück und schloss die Augen. Ein entspannter Ausdruck legte sich auf ihr Gesicht, der kaum ihren wahren Gefühlen gerecht wurde. Innerlich war sie noch immer so aufgewühlt wie zuvor.

Aber dem konnte sie nicht nachgeben. Sie hatte Findracors Ruf vernommen, und in Anbetracht der bedrohlichen Worte, die er in ihren Traum gesandt hatte, galt es keine Zeit unnötig zu verschwenden. Sie versuchte die nötige Ruhe zu finden, die nötige Trance, um den Sprung auf die Halbebene zu schaffen, aber es fiel ihr schwer. Sie war kein Nachtmensch, war schon immer grantig und quengelig gewesen, wenn man sie um ihren Schlaf brachte, und daran hatte sich auch im vergangenen Jahr nur wenig geändert.

Die nötige innere Ruhe für den Sprung wollte und wollte nicht kommen. Es brauchte einen Moment bis Bea erkannte, was los war: Sie empfand Furcht. Furcht vor Findracor. Sie konnte sich nicht daran erinnern, so schon einmal empfunden zu haben. Zunächst war es ein Gefühl der Aufregung gewesen, als sie Findracor vor einem Jahr aus seinem Schlaf erweckt hatte. Aufregung, die schon fast an Euphorie grenzte. Als sie sich langsam an seine Existenz gewöhnt wurde daraus Zuversicht und Hoffnung, gepaart mit Ehrfurcht, die allesamt mit der Zeit einer selbstverständlichen Vertrautheit gewichen waren. Und der Sicherheit, dass Findracor da war und über sie wachte.

Bea fragte sich, warum sie überhaupt nie Angst empfunden hatte angesichts der Existenz des großen Drachen. Aber vielleicht lag es einfach daran, dass sie schon seit Jahren vergeblich auf irgend etwas gehofft hatte, das ihrem durch und durch banalen und unzufriedenen Leben eine Wendung gab und sie aus allem herausholte. Und genau das hatte er getan, der Rote Drache aus ihren Träumen, dessen Lebensraum sie nun durch Meditation und Trance nach Belieben betreten konnte.

Doch nun hallte seine donnernde Stimme in ihrer Erinnerung wieder – Die Nacht des Brennens steht bevor. Der Tod kommt. – und die vertraute Sicherheit war mit einem mal verschwunden. Sie hatte das Gefühl, ihn zum ersten Mal überhaupt so zu sehen wie er wirklich war: Eine Naturgewalt, älter als die Menschheit selbst, und weitaus mächtiger.

Sie griff nach dem roten Drachen, der kleinen Statue aus rotem Stein, die an einem Lederband um ihren Hals hing, und umklammerste sie fest mit ihrer kleinen Hand, ganz so als suche sie dort Halt. Dann konzentrierte sich erneut erneut auf die Barriere zwischen den Welten und auf Findracors Heimstatt, die Halbebene des Elementaren Feuers.

Ihre Seele dehnte sich, zog sich wieder zusammen, und sie wusste, dass sie nicht länger auf Erden war. Zumindest nicht ihr Geist, ihr Inneres. Sie öffnete ihre Augen, oder vielmehr das, was sie in dieser Welt anstelle von Augen besaß. Sie nannte es ihren Astralkörper, das idealisierte Bild ihres eigenen Selbst, das an diesem Ort als Gefäß ihres Bewusstseins fungierte.

Der Anblick erfüllte sie mit der selben Ehrfurcht wie immer, wenn nicht gar mit noch mehr, angesichts der plötzlichen Erkenntnisse. Die Halbebene reichte in die Unendlichkeit, war in keine Richtung durch Wände oder Boden begrenzt. Das Dunkelrot der Flammen und das absolute Schwarz der Endlosigkeit vermischten sich irgendwo in weiter ferne zu einer dunkelrötlichen Farbe, die auf Erden nicht existierte, die jenseits des physikalischen Farbspektrums lag, wie ihr Freund Alex es ausgedrückt hätte.

"Du hast mich gerufen", sprach sie. Die Stimme kam ihr klein vor, leise, und schien ungehört in der Endlosigkeit zu verklingen.

Ein goldenes Licht begann sich aus den Flammen zu schälen, eine goldene Fläche, endlos wie die Nacht, wie der Tod, wie das Feuer selbst. Bea konnte Findracors Blick spüren. Er selbst war zu nahe, als dass sie ihn hätte in seiner Gesamtheit erkennen können. Die goldene Fläche war das einzige, das von ihm zu sehen war - und ihre eigene Reflektion darin, klein, zierlich, mit feuerrotem mittellangem Haar, in ein Abbild ihres seidenen Schlafgewandes gehüllt.

"Das habe ich in der Tat", erklang die Stimme Findracors, sanft und doch zugleich stark genug, um den gesamten Halbraum des Elementaren Feuers auszufüllen.

"Was wünscht du? Was soll ich tun?", fragte Bea, und bemerkte selbst eine demütige Unterwürfigkeit in ihrer Stimme, die sie sonst nicht an sich kannte, auch nicht ihm gegenüber, Findracor, dem Herr des Feuers.

"Die Nacht des Brennens steht bevor", wiederholte er die Worte, die sie schon in ihrem Traum gehört hatte. "Der Tod kommt. Aber du kannst ihn aufhalten. Du besitzt die Macht und das Wissen, um das Steuer herumzureißen und die Leben der Menschen zu retten."

"Was soll ich tun?", fragte Bea, "Was genau ist die Nacht des Brennens?"

"Wisse, Tochter, was du zu wissen hast: Die Nacht des Brennens kommt. Sie ist fast über Euch Sterblichen. Die Kraft der Sterne und die Kraft der Steine ist es, die zusammenwirken und das auslösen, was nicht sein soll. Mehr habe ich dir nicht sagen."

Bea schluckte.

"Ich werde dann gehen", sagte sie entschlossen, in der Hoffnung, dass er sie zurückhalten und ihr noch mehr sagen würde. Aber er reagierte nicht darauf.

"Tu das, meine Tochter", sagte er mit ruhiger, fast schon gleichgültiger Stimme.

Bea schluckte erneut. Diesmal war es ihre echte Kehle, die sich zusammenzog. Sie war in ihrem eigenen Körper zurück, war wieder Teil der realen Welt. Es dauerte noch eine ganze Weile, bis sie sich aus ihrer Meditationshaltung löste.

Das Schwerste waren immer ihre Augen. Sie hatte besonders trockene Augen, schon als Kind. Sie hatte sich daran gewöhnt, es war ihr nie aufgefallen. Bis sie angefangen hatte, ihren eigenen Körper zu verlassen. Das raue Kratzen verschwand augenblicklich, sobald sie ihren Körper verließ, mit dem Herzschlag zusammen, und dem Gefühl des sich hebenden und senkenden Brustkorbes. Sobald sie zurückgekehrt war, dauerte es immer einige Minuten, bis diese Dinge wieder so selbstverständlich wurden, dass sie sie nicht länger wahrnahm.

Schließlich erhob sie sich, schlich mit einem der Kerzenhalter in der Hand den dunklen Flur entlang – das Parkett fühlte sich kalt an unter ihren nackten Füßen – und erreichte die schmale Holztreppe, die sie nach oben stieg. Der Raum war niedrig, erlaubte es einem nur in der Mitte zu stehen. Der Boden war ebenfalls mit glattgeschliffenem Parkett ausgelegt, aber sie konnte sich noch an die rauen Holzbretter erinnern, die hier gelegen hatten, als sie in die Wohnung eingezogen war. Ihre Sohlen berührten das eisige Metall des Beschwörungskreises, den sie von Handwerkern in den Boden hatte einlegen lassen. Sie tadelte sich selbst, sollte man doch niemals einen magischen Kreis unnötig durchbrechen, selbst wenn er gerade außer Betrieb war. Sie stellte den eisernen Kerzenständen mit den fünf schwarzen Kerzen neben dem Regal ab, entzündete die anderen Kerzen im Raum mit einem weiteren Schnippen ihrer zierlichen Hand und begann Bücher aus dem Regal zu ziehen. Sie besaß nicht viel – noch viel zu wenig, wie ihr immer wieder schmerzlich bewusst wurde – und das was sie besaß war von zweifelhafter Qualität: Ein paar antike Stücke, eigenhändig in den Antiquariaten und auf den Flohmärkten der Stadt zusammengetragen, allesamt von zweifelhafter Herkunft; eine Handvoll moderner Bücher, eine Auswahl aus den Esoterik-Regalen der großen Buchhandlungen, der Inhalt stets ungesichert, der Großteil mit Sicherheit von den Autoren selbst erfunden. Ohne Findracor selbst stünde sie noch immer am Anfang, den ohne seine Rat hätte sie nie das was wirklich Bedeutung hatte von dem trennen können, was überberstender Phantasie und ahnungsloser Begeisterung entsprungen war.

Sie begann zu blättern, sah die Indexe durch, überlegte fieberhaft, ob sie sich nicht erinnern konnte, schon einmal irgendetwas über Sterne, Steine, Feuer und Tod gelesen zu haben.

Nach einer Stunde gab sie frustriert auf. Sie wusste nicht, wonach sie suchen sollte.

Dann eben mit Magie, sagte sie sich, während sie in den Beschwörungskreis lief. Sie kniete sich nieder, vertrieb die erneut einsetzende Müdigkeit mit einem heftigen Kopfschütteln und überlegte, welche Zauber sie einsetzen könnte. Das einzige, das ihr einfiel war, mindere Geister zu rufen und zu befragen. Vielleicht konnten sie ihr sagen, was sie wissen musste. Mächtigere Geistwesen, die ein tiefes Verständnis über die kosmischen und magischen Zusammenhänge hatten, kannte sie außer Findracor nicht, und damit konnte sie auch keinen von ihnen rufen.

Die nächste halbe Stunde wurde war von Frustrationen geprägt. Egal was für Geister sie rief – halb durchsichtige Luftgeister, ephärische Tiergeister, imaginäre Kobolde oder glitzernde Feenwesen in Gestalt goldener Funkenregen – die Nichtwesen konnten ihr nicht weiterhelfen.

Das Gefühl der Dringlichkeit nahm derweilen weiter zu. Bea ließ sich dadurch jedoch nicht weiter beeindrucken. Nachdem sie alleine nicht weiterkam stieg sie die Treppe erneut hinab, runter aus dem Reich der Magie und hinab in den Bereich des Gewöhnlichen und griff zum Telefon. Ein Blick auf die Uhr verriet ihr, dass es mittlerweile kurz vor Vier war. Aber das war ihr egal. Sie hatte nicht viel Zeit, das hatte Findracor ihr nachdrücklich vermittelt, und Alex war sowieso ein Nachtmensch.

"Hi, was gibts?", meldete er sich schon nach dem zweiten Läuten. Beas Nummer wurde auf seinem Handy-Display angezeigt, das wusste sie. Sonst hätte er sich mit vollem Namen gemeldet.

"Probleme", antwortete sie knapp. "Ich hab dich hoffentlich nicht geweckt?"

"Ne", antwortete er. "Ich bin noch am Lesen."

Sie zuckte mit den Schultern. Er war erwachsen und musste selbst wissen, wann er ins Bett ging.

"Kannst du herkommen?", fragte sie.

"Jetzt?"

"Ja."

"Okay", antwortete er gleichmütig, "Ich bin in ner halben Stunde da."

Zum Glück wohnten sie nur zwei U-Bahn-Stationen voneinander entfernt. Das war ein überaus glücklicher Zufall gewesen. Sie verabschiedeten sich kurz, dann legten sie auf. Normalerweise war ihr Umgang miteinander etwas freundlicher und herzlicher, aber Bea hatte andere Sorgen, als mitten in der Nacht – und ausgrechnet dieser Nacht! – freundlich mit Alex zu plaudern. Sie setzte sich erneut in ihren Ledersessel, starrte geistesabwesend ihre Lavalampe an und begann nachzudenken.
 

***
 

Das schrille Leuten der Türglocke riss Bea aus dem Schlaf. Sie hatte gar nicht bemerkt, wie sie eingeschlafen war. Ihren verspannten Rücken dehnend ging sie zur Türe und drückte auf den Knopf, so dass Alex unten herein kam. Dann schlurfte sie zurück zu ihrem Sessel und setzte sich wieder hinein.

Das Nächste, das sie mitbekam, war ein leichtes Rütteln an ihrer Schulter. Als sie aufsah, sah sie Alex schlankes, von kurzen dunkelbraunen Haaren eingerahmtes Gesicht vor sich. Die Lavalampe und die unzähligen Kerzen spiegelten sich in den dunklen Augen wie ein Abbild eines besonders klaren Sternenhimmels.

Eine dampfende Tasse schob sich in ihr Blickfeld.

"Hier, trink erst mal!", hörte sie ihn sagen. Der Geruch von grünem Tee stieg ihr in die Nase. Alex hatte sie mit grünem Tee vertraut gemacht, der richtig zubereitet annähernd genauso viel Koffein enthielt wie Kaffee.

"Danke", sagte sie mit noch etwas heiserer Stimme und ergriff die Tasse mit beiden Händen. Ein leichtes Prickeln lief ihre Arme hoch. Magisch verstärkt, erkannte sie. Sie wusste, wie gerne Alex seine Magie in Gesten und Rituale packte. Gib mir ein Symbol, und ich gabe dir einen Zauber, pflegte er bisweilen im Scherz zu sagen. Tee wurde in vielen Kulturen als Mittel benutzt, um die Lebensgeister zu wecken und Müdigkeit und Schlappheit zu vertreiben. Von da war es für ihn nur noch ein kleiner Schritt zur Magie. Sie verstand es nicht, brauchte selbst Formeln und Zeichen – außer natürlich, wenn es um die Magie von Feuer und Flamme ging; diese floss frei durch sie hindurch, so natürlich wie das Atmen selbst – wohl unzweifelhaft die Folge ihrer besonderen Affinität zu Findracor, ihrem Lehrmeister.

Alex Zauber wirkte. Bereits als sie die Tasse zur Hälfte geleert hatte, war jede Spur von Müdigkeit verflogen. Und nicht nur die Müdigkeit verflog, sondern auch das Gefühl, überhaupt Schlaf zu brauchen. Sie war mit einem mal so aktiv und voller Energie als sei es helllichter Tag.

"Was ist jetzt eigentlich los?", fragte er da.

"Die Nacht des Brennens kommt", wiederholte sie. "Der Tod kommt."

"Klingt dramatisch", erwiderte er. "Was ist das? Ein Film? Und du kommst mit deinem Videorekorder nicht zurecht?"

Sie konnte das Blitzen in seinen Augen sehen und wusste, dass er sich alle Mühe gab, seine Mundwinkel ruhig zu halten. Das war seine Art von Humor. Man lernte sie zu ertragen.

"Im Gegensatz zu dir kann ich mir wenigstens einen Videorekorder leisten", erwiderte sie. Sie konnte sie es sich leider nicht verkneifen, dabei zu lächeln, und das für sie so typische schelmische Blitzen erschien in ihren Augen. "Und einen Breitbildfernsehen dazu", setzte sie nach, "und ein Wohnzimmer, in dem ich beides aufstellen kann…"

"Reit nur auf mir armen Studenten rum...", erwiderte er mit gespielter Verletztheit. Und wieder mit ernstem Gesicht fragte er dann: "Also, was ist jetzt los."

"Findracor hat mir heute nach im Traum ein Zeichen geschickt", erwiderte sie, und begann zu erzählen.

"Übel", kommentierte er, als sie geendet hatte, und das kurze Anspannen seiner Kiefermuskulatur zeigte, dass die Sache ihn ernsthaft besorgte. "Was machen wir jetzt?"

"Ich weiß es nicht", erwiderte Bea. "Darum hab ich dich schließlich angerufen. Du bist schließlich der, der immer weiß, was zu tun ist."

"Sollen wir Dana anrufen?", fragte er.

Sie schüttelte den Kopf. "Nicht mehr um die Uhrzeit", erwiderte sie. "Sie hat morgen Schule. Schon vergessen? Nicht so wie einige Studenten hier im Raum..."

Er nickte. "Die Nacht des Brennens, sagst du? Dann sollten wir mindestens bis Morgen Abend Zeit haben. Denn diese Nacht hat ja schon angefangen, als die Botschaft kam."

Bea nickte. Soweit war sie auch schon.

"Dann leg du dich wieder schlafen", meinte er dann, "also, soweit das nach dem Tee noch geht, und ich überleg, was mir noch einfällt. Und wir sehen uns dann morgen früh."

Sie schüttelte den Kopf. "Ich bin oben im Beschwörungsraum", sagte sie, "Mir ist noch was eingefallen." Und das war es tatsächlich, nachdem der Tee die letzten Reste Müdigkeit vertrieben hatte.

"Und was?", fragte er.

"Wait and see", erwiderte sie mit einem breiten Lächeln, und in ihre Augen funkelten.
 

***
 

"Und, hast du schon irgendetwas?", fragte Bea, als sie in das kleine Zimmer kam, in dem ihr Gästebett und ihr Computer standen. "Nicht viel", antwortete Alex, ohne den Blick vom Bildschirm zu nehmen. Seine Hand ruhte auf der Maus, seine Augen wanderten über Internetseiten mit okkulten und mystischen Inhalten. Bea stellte sich hinter ihn und sah ihm über die Schulter. Sie ließ sich nicht davon täuschen, dass er sie nicht ansah. Er spürte ihre Präsenz, ihre wie auch die aller anderer Menschen in seiner Umgebung. Er hatte sie mit Sicherheit bereits gespürt, noch ehe sie die Türe geöffnet hatte.

"Wenn ich ehrlich bin, hab ich eigentlich noch gar nichts", fuhr er fort. "Aber ich hab eine Theorie, was die Kraft der Sterne und der Steine sein könnte. Ich denke, dass das eine ein Sternbild oder der Nachthimmel oder so sein soll, und das andere irgendetwas irdisches, möglicherweise irgend ein Hünengrab, oder ein Obelisk, oder ein magischer Steinkreis."

"In München?", fragte Bea skeptisch.

"Wir wissen nicht, wo die Nacht des Brennens stattfinden soll", erwiderte er, die Augen noch immer auf den Bildschirm fixiert, auf dem Text mit einer Geschwindigkeit herunterscrollte, in der kein gewöhnliches menschliches Auge zu lesen vermochte. "Nach allem, was wir bisher wissen, könnte es auch sein, dass wir eine großangelegte Hexenverbrennung irgendwo im Schwarzwald oder im Bayerischen Wald verhindern sollen… Du stellst dich dann am Besten hin und löscht alle Flammen, und ich lauf mit einem großen Schild rum: 'Lasst die Frauen in Ruhe! Hier ist eine echte Hexe.'"

"Sehr witzig", erwiderte Bea sarkastisch, ehe sie mit einem zufrieden Grinsen offenbarte: "Aber wir wissen jetzt sehr genau, wo und wann die Nacht des Brennens stattfindet. Hier in München, auf keinen Fall weiter als zehn Kilometer von hier, würde ich sagen, und zwar morgen Nacht."

"Was hast du gemacht?, fragte Alex, während er sich zu ihr umdrehte. Der Text auf dem Bildschirm kam im selben Moment zur Ruhe. "Ins Programm des Kulturparks geschaut und da stand drin: 'Hot! Hot! Hot! Die heißeste Nacht des Jahres!'"

"Idiot", erwiderte sie ohne echten Nachdruck. "Ich hab mich in Trance versetzt und mich in den Fluss der magischen Strömungen versetzt." Er blickte sie skeptisch an, aber das lag daran, dass er die Magie an sich nicht sehen oder spüren konnte. Sie war die Einzige von ihnen Dreien, die dazu in der Lage war. Die Anderen besaßen dafür andere Sinne und andere Fähigkeiten. "Ich denke ich hab so eine Art Wirbel entdeckt, so eine Art magischer Kräfteballung, die noch nicht existiert, aber schon ihre Schatten vorauswirft."

Er sah sie noch immer skeptisch an. Genauer konnte sie es ihm nicht erklären. Genauso gut hätte sie versuchen können, einem Blinden Farbschattierungen zu beschreiben.

"Die Echos des Wirbels riechen nach Feuer und nach Zerstörung", versuchte sie ihre Eindrücke weiter darzulegen. "Ich bin mir sicher, dass das die Katastrophe ist, vor der Findracor mich gewarnt hat."

"Und was machen wir, wenn wir dort sind?", fragte Alex.

Bea zuckte mit den Schultern. "Wir retten Leben", sagte sie schließlich, Eingeständnis ihrer eigenen Ratlosigkeit.

Sie blickten sich eine Weile lang schweigend an, er auf dem Bürostuhl sitzend, sie neben ihm über den Tisch gebeugt. Ein Gähnen stahl sich auf ihr Gesicht. Er nickte.

"Geh schlafen", sagte er. "Ich werd schauen, was ich hier noch finde, und schick Dana dann eine SMS, dass sie morgen nach der Schule herkommen soll.

Bea nickte. Die Meditation hatte sie einiges an Kraft gekostet, und die Wirkung des Tees war schon fast aufgebraucht.

"Übernimm dich nicht", sagte sie, ehe sie nochmal gähnte. Im Umdrehen legte sie ihm die Hand kurz ermutigend auf die Schulter, drückte einmal zu und wankte dann zurück in ihr Schlafzimmer. "Geh schlafen", ermahnte sie ihn noch, ehe sie das Zimmer verließ. "Du brauchst deine Kraft morgen noch, und ich brauch dir ja wohl nicht zu sagen was passiert, wenn man es mit der Magie übertreibt."

"'Die Magie fordert immer ihren Preis'", hörte sie ihn die Worte herunterbeten, als sie aus dem Zimmer schlurfte. "'Die Magie fordert immer ihren Preis.'"

Viel mehr bekam sie nicht mehr mit. Ihr Körper fand seinen Weg zurück zum Bett von alleine. Sie zog ihre Decke um sich zusammen, bereits im Halbschlaf, und war weg.



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von: abgemeldet
2005-05-27T07:27:56+00:00 27.05.2005 09:27
Fällt mir ja schwer, das zu sagen, aber....... Das is einfach gut erzählt xD Nya, zumindest das erste Chap....

Kisu-chan
Von: abgemeldet
2005-04-14T12:06:13+00:00 14.04.2005 14:06
Ich habs geschafft es zu lesen. Mir gefällt sie sehr gut und es wird nicht langweilig. Doch mir ist aufgefallen, dass du manchmal ein paar wörter erfindest, weil du denkst sie gehören so XD Des weiteren hast du zwar selten so eine wiederholungsphase (ich hab z.B nen lieblingssatz, den ich oft schreib).
aber sonst ist es echt gelungen ^^

*knuddel*

DiD
Von: abgemeldet
2005-02-04T15:48:30+00:00 04.02.2005 16:48
hallo,
du hast ja deine geschichte on gestellt!!
Du brauchst sie ja auch nicht verstecken, sie ist einfach gut geschrieben. *verlegen schau* obwohl ich ja zugeben muss das ich immer noch nicht über das erste kapitel hinaus gekommen bin. .. oder.. kann sein das es auch das zweite ist. is schon so lange her wo ich angefangen hab es zu lesen. hab dir ja eigentlich versprochen, dir dann auch nen komi zu schreiben. .. also hiermit weist du das ich mein versprechen nicht gebrochen hab. habs nur noch nicht beendet. aber das werd ich schon irgendwann mal machen.
also viel erfolg mit deiner geschichte. hoffentlich bekommst du viele lieben komis.

bye
xan


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