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Epilog von Schatten des Lichts
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Teil 2
 

Nervös fieberten Kira und Takeru dem nächsten Wochenende entgegen. Sie hatten das Heim in den letzten beiden Monaten so oft es ihnen auf diese Distanz eben möglich war besucht. Doch sie schienen bei jedem Mal nur noch nervöser zu werden, da sich Riku zwar bestens mit Kira verstand, aber Takeru nur gerade so in ihrer Nähe duldete. In der Hoffnung Riku an diesem Wochenende davon zu überzeugen, dass sich die Gewalt, die ihr angetan wurde, keineswegs durch Takeru wiederholen würde, fuhren sie noch freitagabends den weiten Weg zum Heim. Unruhig wetzte Kira auf seinem Sitz hin und her, während sein Freund mit den Fingern gegen das Lenkrad trommelte, oder zum hundertsten Mal den Sender des Radios verstellte mit dem er offensichtlich immer noch nicht zufrieden war.

"Sie ist bestimmt schon längst im Bett. Aber morgen werde ich gleich als erstes mit ihr darüber sprechen. Ich verstehe einfach nicht den Unterschied den sie zwischen uns sieht. Ich meine, sie hatte schließlich nie irgendwelche Probleme mit mir, obwohl ich ein Mann bin."

Schnaubend verstellte Takeru ein weiteres Mal den Radiosender. "Ich bin schon mal froh, dass sie nicht schreiend vor mir davonläuft."

Seufzend lehnte Kira seinen Kopf gegen die Fensterscheibe, als sie vor sich auch schon zwischen den Bäumen die hell erleuchteten Fenster eines Holzhauses erkannten.
 

Müde gähnend streckte sich Kira erstmal durch, als ihnen auch schon Misa von der Veranda aus zuwinkte und dabei den Lichtkegel, der durch die Tür geworfen wurde zum Teil verdeckte. Lahm schleppten sie sich mit dem wenigen Gepäck das sie bei sich hatten zum Haupteingang.

"Ich habe schon gedacht ihr kommt heute gar nicht mehr." Reumütig entschuldigte sich Takeru für die späte Stunde.

"Tut uns Leid, aber wir haben den Verkehr in der Stadt völlig unterschätzt."

"Schon in Ordnung. Die anderen sind schon im Bett. Ich nehme an ihr zwei wollt auch gleich schlafen gehen."

"Gute Idee. Aber vorher brauch ich noch einen Happen zu Essen." Damit schlenderte Kira sogleich in Richtung Küche, nachdem er seine Taschen auf den Boden fallen gelassen hatte.

Mit den Augen rollend folgte Takeru ihm mit seinem Blick und entschuldigte sich gleich ein weiters mal für das Benehmen seines Partners. Grinsend winkte Misa nur ab und zog ihn, nachdem sie sich kurz umgesehen hatte, beiseite.

"Ich muss dich sowieso noch etwas fragen. Ich brauche deinen Rat in einer gewissen...Angelegenheit. Hast du vielleicht morgen kurz Zeit?"

"Ist etwas passiert?" Besorgt zog er die Augenbrauen zusammen und musterte Misa eingehend, während sie sich noch einmal vergewisserte, dass sie niemand bespitzelte, was dank ihrer Tochter ein beinahe unmögliches Unterfangen geworden war. Schnell schüttelte sie ihren Kopf und ihre lockigen Haare, die nun bis zum Rücken reichten, wirbelten mit ihrer hastigen Bewegung nach allen Seiten.

"Morgen 10 Uhr hinter dem Haus beim Schuppen. Und sieh zu, dass dir meine geliebte, aber etwas zu neugierige Tochter nicht nachschleicht. Sie hat die beinahe unheimliche Gabe immer alles zu belauschen, was man eigentlich noch geheim halten wollte."

Verwirrt, wenn auch beruhigt, dass es sich um nichts Ernstes zu handeln schien, willigte er ein.
 

Aufgeregt rannte das kleine Mädchen mit den verstrubbelten, braunen Haaren zu dem bekannten Gästezimmer, nachdem die Nachricht über die Ankunft Kiras, bis zu ihr durchgesickert war. Kurz gesagt: Satomi hatte das kleine Geheimnis nicht länger für sich behalten können. Als Riku sie an Vorabend wieder einmal mit Fragen löcherte, sprudelte es beinahe von selbst aus ihr heraus. Was war schon ein Geheimnis wert, wenn man es niemandem erzählen konnte?

So schlich sich Riku leise auf Zehenspitzen aus dem Schlafsaal und machte sich schließlich mit einem Affenzahn daran zu überprüfen, ob die Neuigkeit denn auch der Wahrheit entsprach. Vor der Holztür stehend schlug ihr Herz höher, als Kiras Stimme durch die Tür drang. Grinsend biss sie sich auf die Unterlippe bevor sie vorsichtig den Türgriff hinunterdrückte, um ihn zu überraschen.

Doch stattdessen blieb sie nur wie erstarrt im Türrahmen stehen, als sich Kira, der gerade dabei war sich umzuziehen, tatsächlich erstaunt durch den nächtlichen Besuch von seinem kleinen Wildfang, umdrehte.

"Hey, solltest du nicht schon längst schlafen?" Blass geworden starrte sie nur auf seinen nackten Oberkörper und stolperte ein paar Schritte rückwärts, als er sich ihr näherte, bis sie mit dem Rücken zur Wand stand und regelrecht die Flucht ergriff. "Riku?.."

Verstört drehte er sich zu Takeru um, der die Szene ebenfalls mit Besorgnis beobachtet hatte und ihm sein T-Shirt, dass Kira gerade erst ausgezogen hatte, zuwarf.

"Zieh dir das wieder an. Ich fürchte, sie hat gerade etwas begriffen, an das sie bisher noch gar nicht gedacht hatte."

"Und das wäre?" Noch immer zeichnete sich nur Unverständnis auf Kiras Gesicht ab.

"Vielleicht das du denselben Körper hast wie die die sie monatelang missbraucht haben. Sie fand dich sympathisch, deswegen hat sie möglicherweise die Tatsache, dass du eben doch nur ein Mann bist verdrängt."

Angespannt rieb sich Kira über die geschlossenen Augen. "Wunderbar. Einfach nur wunderbar. Jetzt rennt sie womöglich schreiend vor mir davon."

"Es ist wohl doch schwieriger, als wir uns dachten." Resigniert nickte Kira nur leicht und zog sich das rote T-Shirt über.

Kira und Takeru hielten nun schon seit einer geschlagenen Stunde Ausschau nach Riku, die wie vom Erdboden verschluckt war. Sie wollten beinahe schon aufgeben und das Personal verständigen, um die Suche nach ihr auszuweiten, als sie hinter ihnen ein verdächtiges Rascheln in den Haselnusssträuchern hörten, in denen sie sich schon bei ihrem ersten richtigen Zusammentreffen mit Kira versteckt hatte. Erleichtert atmeten die beiden auf.

"Riku? Komm bitte raus, damit ich mit dir reden kann." Doch als keine Antwort kam, ging Kira ein paar zögernde Schritte weiter und wollte bereits selbst in die Sträucher krabbeln, als kleine Steine in seine Richtung geflogen kamen.

"Geh weg! Verschwinde!"

Unsicher blickte er um Rat suchend zu Takeru, der auch nur mit den Schultern zucken konnte. "Riku, bitte lass uns..."

"Haut ab!!!" Dieses Mal traf sie ihr Ziel und Kira hielt sich fluchend den Kopf und den Arm, bevor er den Rückzug antrat und sich die Erde von der Hose klopfte, während er sich aufrichtete.

"Was soll ich machen?! Sie hört mir ja nicht mal zu!" Leicht gereizt, wenn auch hauptsächlich nur verunsichert, was er nun tun sollte, nachdem sie noch nicht einmal mit ihm reden wollte, wandte er sich an seinen Freund, der nun die Stelle, an der sich mit Sicherheit eine pochende Beule bilden würde, näher inspizierte.

"Gib ihr Zeit."

Schnaubend betastete Kira die schmerzende Stelle vorsichtig, die bereits eine leichte Wölbung abzeichnete. "Und wenn das nicht reicht?"

"Komm her." Sanft zog Takeru seinen verunsicherten Freund zu sich und küsste ihn zärtlich auf den Mund, ehe dieser sich an ihn lehnte und sein Gesicht in seiner Halsbeuge vergrub.

"Morgen ist auch noch ein Tag. Du bist müde, die ganze Woche war anstrengend,... Du solltest wirklich schlafen gehen." "Aber...", nuschelte er nur leise protestierend gegen seinen Hals, bevor ihn Takeru auf die Stirn küsste und in Richtung Hintereingang schob.

"Na geh schon. Ich versuche mit ihr zu reden. Ich komm dann nach."

Ehe Kira sich widerstandslos durch die geöffnete Tür schieben ließ, umfing er noch einmal seinen Geliebten mit seinen Armen und murmelte ein leises Danke, bevor er im Haus verschwand.

Ein leichtes Lächeln umspielte Takerus Mundwinkel, als er dem sich kaum noch auf den Beinen haltenden Kira hinterher sah, der vor Müdigkeit durch die Gänge torkelte und sich dann und wann an einer Wand abstützte oder lauthals gähnte. Er wusste schließlich wie stressig seine letzte Arbeitswoche verlaufen war und wie schlecht er aufgrund der ganzen Aufregung geschlafen hatte. Egal ob er es nun zugeben würde oder nicht, es war offensichtlich wie viel Kira daran gelegen war, dass seine neue kleine Freundin auch ihn akzeptierte, da ansonsten ein Zusammenleben unmöglich wäre.

Seufzend wandte sich Takeru wieder seinem kleinen Problem zu, das sich noch immer in den schwer zugänglichen und vor allem mit Waffengewalt verteidigten Sträuchern versteckt hielt. Um sie nicht noch weiter zu verschrecken und die Distanz zu wahren, setzte er sich auf die kalten Stufen des Hintereingangs und wartete.

Es dauerte einige Zeit bis sich überhaupt wieder etwas in den Sträuchern rührte und man das leichte Rascheln der Blätter zusammen mit einem leisen Schluchzen hören konnte. Takeru wagte kaum zu atmen, als er das verhaltene Weinen des zusammengekauerten Mädchens vernahm, das sich nun langsam in der Kälte hin und herwiegte.

"Riku? Du weißt doch, Kira würde dir niemals wehtun. Schon gar nicht auf diese Art. Er würde doch niemals zulassen, dass dir etwas passiert." Obwohl keine Antwort kam, oder gerade deswegen, da er wusste, dass sie zuhörte, redete er einfach weiter.

"Was diese Männer getan haben ist... ich weiß nicht. Ich kann es nicht beschreiben. Sie haben dir sehr wehgetan. Niemand hätte dich so berühren dürfen. Ich verstehe, dass du Angst hast. Aber Kira... Wir würden...könnten niemals jemandem so etwas antun."

Plötzlich war es wieder vollkommen still und Takeru befürchtete bereits, dass sie sich irgendwie aus dem Staub gemacht hatte, als er unerwartet ihre schwach flüsternde Stimme hörte.

"Er war anders."

Vor Erleichterung machte sein Herz einen kleinen Freudensprung und am liebsten hätte er nun so etwas Albernes wie Kiras Siegestanz aufgeführt, entschied sich dann aber doch für ein einfaches Lächeln, als sie zum ersten Mal mit ihm sprach.

"Du hast doch bestimmt gewusst, dass Kira genauso ein Mann ist wie ich. Aber er hat dir niemals wehgetan. Was hat sich geändert?" Einen Moment lang musste er warten, ehe sie zögernd nach einigem Überlegen antwortete.

"Er hat so ausgesehen wie die."

"Und vorher?" Mit regem Interesse beobachtete sie jede von Takerus Bewegungen im Licht der Glühbirne, die direkt über ihm angebracht war und er so im Gegensatz zu ihrer überlegenen Position im Dunkeln leicht zu beobachten war.

"Anders. Er hat dich geküsst. Das machen andere Männer nicht. Die lassen sich nur von Frauen küssen. Und er hat lange Haare. Außerdem hat er anders mit mir geredet. Die reden sonst immer so komisch."

Aufmerksam hörte er ihr zu und versuchte sie im Dunkel auszumachen, da ihre Stimme immer lauter wurde und er vermutete, dass sie langsam näher kam, bis er tatsächlich ihren dunklen Schatten unter einem der Sträucher erkennen konnte und sie verstummte.

"Hat sich denn daran etwas geändert?" Anstatt einer Antwort zuckte sie nur mit den Schultern und biss sich auf die Lippen.

"Die Menschen hier versuchen dich zu beschützen, dir zu helfen. Aber das können sie nicht, wenn du sie nicht lässt. Hab doch nur ein wenig Vertrauen."

Noch eine Weile betrachtete sie den Mann mit den blau-schwarzen Haaren, der mit dem silbernen Ring an seinem Ringfinger spielte, indem er ihn die ganze Zeit hin und herschob und furchtbar nervös zu sein schien. Letztendlich krabbelte sie nun vollends aus ihrem Versteck und setzte sich vor ihm auf dem Boden, während er den Atem anhielt und das kleine Wunder vor seinen Augen kaum fassen konnte.

"Ist Kira jetzt böse auf mich?" Takeru konnte nur den Kopf schütteln, bis er seine Sprache wieder gefunden hatte.

"Bestimmt nicht. Ist dir kalt? Soll ich...soll ich dir einen Tee machen?"

Zaghaft nickend folgte sie seinen Bewegungen ein weiteres Mal misstrauisch, als er langsam aufstand und ihr seine Hand hinhielt, die sie schließlich zögernd ergriff.

In dem Augenblick, als er die kleine Kinderhand in seiner spüren konnte, glaubte er sein Herz sei vor Aufregung stehen geblieben, als sie vorsichtig an seiner Hand zog und zu ihm aufblickte.

"Kann ich auch einen Kakao haben?"

Lächelnd nickte er ihr zu und hielt ihr die Tür auf, ehe er sie hinter ihnen schloss.
 

Am nächsten Tag, sichtlich gut gelaunt, summte Takeru, während seines späten Frühstücks mit Kira fröhlich vor sich hin, bis sein Blick auf die Uhr fiel und er sich auf die Stirn schlug. "Mist! Schon 10 nach."

Verwirrt blickte Kira auf die Uhr gefolgt von seinem Freund der eilig den letzten Bissen seines Brötchens in den Mund stopfte.

"Musst du wohin? Du wolltest mir außerdem gerade erzählen wie es gelaufen ist. Aber nach deiner guten Laune zu schließen war es wohl ein voller Erfolg." Grinsend beugte sich Takeru zu ihm hinunter und küsste ihn rasch auf die Wange, bevor er sein Geschirr in die Abwasch stellte.

"Auf der ganzen Linie." Damit ließ er Kira, der noch immer nicht als taufrisch zu bezeichnen war, allein am Küchentisch sitzen und in seine halbvolle Kaffeetasse starren, bevor dieser überhaupt bemerkt hatte, dass sich sein Freund soeben verflüchtigt hatte.

Nachdem Takeru sich, auch wenn er es etwas übertrieben fand, vergewissert hatte, dass ihm niemand gefolgt war, schlich er sich zu dem ausgemachten Treffpunkt, um nun endlich zu erfahren, was Misa diesmal wieder ausgeheckt hatte.

Mit einem Ruck wurde er von ihr hinter den Schuppen gezerrt, als er an besagter Stelle ankam.

"Ich dachte schon, du kommst nicht mehr!" Entschuldigend lächelnd kratzte er sich am Hinterkopf.

"Sorry, aber ich kam gestern erst ziemlich spät zum Schlafen."

"Schon gut, schon gut. Ich kann mir schon vorstellen warum. Aber erspar mir die Details."

Takeru wollte schon rot angelaufen protestieren, als Misa ihm gleich wieder das Wort abschnitt.

"Ich brauche deinen Rat. Vor allem aber deine Verschwiegenheit. Wenn ich Saoko fragen würde, wüsste es bestimmt in kürze das halbe Heim. Deshalb versprich mir, dass du zu niemandem ein Wort darüber verlierst. Versprochen?"

Sie blickte ihn dabei mit ihren großen rehbraunen Augen so eindringlich an, dass er bereits das Schlimmste befürchtete. "Versprochen. Aber du...du bist doch nicht krank, oder?" Kopfschüttelnd ignorierte sie seinen besorgten Ton und ging wie schon Minuten zuvor wie ein Aufziehmännchen auf und ab.

"Ich hab dir doch mal erzählt, dass Kojiro vor Satomis Geburt schreckliche Probleme mit der Vorstellung von einer eigenen Familie hatte und na ja... ich meine, er war richtig panisch... du weißt schon. So mit davonlaufen und...und... er..."

Sie suchte nach den passenden Worten, während sie wild vor sich hingestikulierte und ihm bedeutungsvolle Blicke zuwarf, als müsste er wissen worauf sie hinauswollte.

"Na, glaubst du daran hat sich was geändert? Ich meine, ich würde gern... NEIN, ich werde...ihm ei...ein..ei..."

Sie bekam beinahe schon keine Luft mehr, als sie anfing zu stottern und hörte erst auf, als Takeru ihr beruhigend eine Hand auf die Schulter legte. "Was ist los?"

Misa gab sich geschlagen und holte als Antwort einfach eine kleine blaue Schachtel aus ihrer Jackentasche, die sie vorsichtig öffnete und Takeru vor die Nase hielt.

"Ich fühle mich geschmeichelt Misa. Aber ich fürchte, ich bin in festen Händen.", begann er zu scherzen, als er den silbernen Ring mit den filigranen goldenen Verzierungen in dem kleinen blauen Kästchen näher betrachtete. Lachend schlug sie seine Finger weg und steckte das Schächtelchen wieder in ihre Tasche.

"Blödmann!"

Takeru hatte schon an sonst was gedacht. Nicht jedoch, dass sie seinen Rat in gewissen Herzensangelegenheiten brauchen würde. Erst recht nicht konnte er verstehen, wo das Problem lag.

"Du willst ihm also einen..."

"einen Heiratsantrag machen. Ja. Und was sagst du? Denkst du er wird vor mir die Flucht ergreifen. So auf die Art: ich Scheinwerfer, er Reh?"

Bei dem Vergleich musste Takeru lauthals loslachen, bis er Misas fragenden, erwartungsvollen Blick bemerkte.

Noch immer vor sich hinschmunzelnd schüttelte er den Kopf.

"Ihr lebt nun seit beinahe 6, 7 Jahren zusammen, habt eine gemeinsame Tochter und seid eines der liebevollsten, wenn auch manchmal hinterhältigsten Pärchen, die ich je gesehen habe. Ich sehe keinen Grund, warum ihr nicht heiraten solltet."

Erleichtert atmete Misa für einen Moment auf, bis sie ihre Stirn ein weiteres Mal in Falten legte.

"Aber ich will nicht, dass er mich nur heiratet, weil er denkt, er hat keine andere Wahl. Ich meine, verheiratet zu sein besiegelt doch das Wort Familie vollkommen. Was wenn er nicht will? Wir sind zwar schon eine kleine Familie... Na gut, eine große Familie, eine riesige Familie mit all den Heimkindern. Aber nicht offiziell. Ich würde gerne mal jemandem Kojiro als meinen Mann vorstellen. MEINEN Mann. Verstehst du? Dann würden die Geier von unverheirateten Frauen vielleicht mal aufhören um ihn herumzukreisen, als wäre er noch zu haben. Oder als er wegen seiner Blinddarmoperation im Krankenhaus war. Die wollten mich doch tatsächlich nicht zu ihm lassen. Ich hätte die Krankenschwester beinahe erdrosselt."

Takeru konnte sich nur zu gut vorstellen, wie Misa sich gefühlt haben musste, da er selbst schon einmal in dieser Situation war. Alles in allem waren ihm diese Dinge nur allzu bekannt und er selbst hasste es, wenn diverse Damen glaubten sie hätten freie Bahn bei Kira nur weil er keinen Ring am Finger trug. Nur, dass er immer mit absoluter Sicherheit wusste, dass sein Partner aus ersichtlichen Gründen nicht mal im Traum daran denken würde mit einer von diesen Frauen intim zu werden.

"Mach ihm einfach den Antrag. Um ehrlich zu sein, ich bin überrascht, dass er nicht selbst auf diese Idee gekommen ist." "Das ist es ja gerade. Vielleicht hat er sich ja Gedanken darüber gemacht und will mich einfach nicht heiraten."

Takeru stellte mit einem Lächeln fest, dass Misa schon wieder anfing wie eine Irre herumzulaufen. Sie war offensichtlich furchtbar nervös wenn sie an ihren bevorstehenden Heiratsantrag dachte und er wollte ihr ein wenig von der Anspannung nehmen, als er entgegnete, dass das Schlimmste, das passierten konnte, wäre, wenn er ablehnen würde. Daraufhin kickte Misa gegen einen großen Stein und jaulte kurz auf, als sie sich dabei die Zehen verletzte.

"Genau, das ist es ja!"
 

Nachdem Takeru Misa überzeugt hatte, dass sie es einfach wagen sollte ihn ,um seine Hand zu bitten', hielt er nach seinem eigenen Lebensgefährten Ausschau, den er beim Frühstück zurückgelassen hatte. Er wollte ihm unbedingt von seinen gestrigen Fortschritten in Sachen Riku zu erzählen, die er am Morgen noch für sich behalten hatte.

Gerade als er die Tür der Veranda öffnen wollte, hörte er hinter sich leise Zischgeräusche, die wie er feststellte, als er sich umdrehte, von Riku stammten. Diese kauerte nun neben der hölzernen Treppe, nachdem sie sich zuerst unter ihr verborgen hatte und durch die einzelnen Stufen hervorgelugt hatte, um das Geschehen um sie herum aus sicherer Entfernung zu beobachten.

"Psst. Psssst." Freudig überrascht kniete er sich hin, beugte sich zu ihr hinunter und lächelte ihr dabei aufmunternd zu.

"Ist Kira noch böse?"

"Ich hab dir doch gesagt, dass er nicht böse ist. Aber wenn du willst kannst du dich ja bei ihm entschuldigen. Kommst du mit rein?" Angestrengt nachdenkend presste sie die Lippen fest aufeinander, bis nur noch eine dünne Linie von ihnen zu sehen war, bevor sie zögernd aufstand und um das Geländer herumging, um die Stufen bis zu Takeru nach oben zu steigen und seine dargebotene Hand ein weiteres Mal zu ergreifen.
 

Kira wäre fast vom Stuhl gefallen, mit dem er zuvor gelangweilt hin und hergewippt hatte, während er eine alte Zeitung durchgeblättert hatte, als er seinen Freund mit der kleinen Riku im Schlepptau erspähte. Ein breites Grinsen zeichnete sich auf seinem Gesicht ab, als er bemerkte, dass die beiden Hand in Hand gingen und hätte er womöglich noch einen seiner rührseligen Tage gehabt, wäre er wahrscheinlich vor Freude in Tränen ausgebrochen und den beiden um den Hals gefallen. Gott sei Dank blieb den Beteiligten diese Peinlichkeit erspart.

Unsicher trat Riku von einem Fuß auf den anderen, bevor sie Takerus Hand losließ und auf Kira zuging, der noch immer wie ein Honigkuchenpferd vor sich hingrinste. Das schlechte Gewissen wegen gestern Nacht überkam sie ein weiteres Mal, als sie die Beule auf seiner Stirn entdeckte. Zögernd fuhr sie mit ihren kleinen Fingern über die wunde Stelle

"Tut das weh?"

"Nur wenn man draufdrückt.", bemerkte er mit leicht schmerzverzerrtem Gesicht. Hastig zog sie die Hand weg und entschuldigte sich.

"Tut mir Leid."

"Schon gut, Qualle. Solange du mir nicht wieder Steine an den Kopf wirfst." Dabei wuschelte er ihr durch ihre zottigen Haare, die wieder einmal nach allen Seiten standen. "Iiiiii... Jetzt muss ich mir wieder die Haare waschen!" (Das habe ich tatsächlich mal ich im zarten Alter von fünf Jahren zu einer Nonne gesagt, als sie mir durch die Haare fuhr.)

Beleidigt eine Schnute ziehend, nahm Kira nun beide Hände, um ihre Mähne nur noch mehr durcheinander zu bringen, während sie quietschend versuchte ihn wie lästige Fliegen von ihrem Kopf zu verscheuchen.
 

Misa hatte sich nun letztendlich dazu durchgerungen ihrem Angebeteten, der offensichtlich trotz ihrer Anspielung der letzten beiden Jahre nicht selbst auf die Idee gekommen war, was inzwischen schon leicht bedenklich wurde, einen Heiratsantrag zu machen. Sie wusste nicht, ob er absichtlich einen großen Bogen um das Thema machte, oder ob ihre Hinweise, bei diversen Hochzeiten ihrer Freunde und Bekannten, die beinahe einem großen blinkenden Leuchtschild mit der Aufschrift: "WARUM KANN ICH NICHT MAL DIEJENIGE SEIN, DIE DA VORN STEHT! HER MIT DEM BRAUTSTRAUSS!" gleichkamen, tatsächlich übersehen hatte.

Obwohl es schwer zu glauben ist, dass er nicht gemerkt hatte, dass sie sich bei den Schlachten um den Brautstrauß in letzter Zeit immer einen blutigen Kampf auf Gedeih und Verderb lieferte. Ihre letzen beiden Kleider mussten deswegen schon daran glauben und da es unmöglich schien an den alteingesessenen Singlefrauen um die vierzig, für die es inzwischen zum Hochleistungssport geworden war, vorbeizukommen, hatte sie beschlossen, die Sache selbst in die Hand nehmen und das am Besten so bald als möglich, bevor sie wieder kalte Füße bekam und sie die Zweifel übermannten.

Misa tigerte bereits seit einer halben Stunde im Wohnzimmer auf und ab und richtete gerade zum tausendsten Mal die Sofakissen, als Kojiro gerade um die Ecke bog.

"STOP!"

Verdutzt drehte er sich mit seinem Apfel im Mund, an dem er gerade abgebissen hatte, um. ,So sieht er aus wie ein Spanferkel. Außerdem kann ich ihm doch unmöglich einen Heiratsantrag machen, wenn er noch nicht einmal antworten kann. Oder? Na ja, wenigstens kann er nicht nein sagen.'

Gnädigerweise entschloss sie sich ihm doch die Möglichkeit zu geben sich dazu zu äußern und nahm ihm den Apfel aus dem Mund, während sie ihn zur Couch führte. "Kojiro, ich... setz dich besser. Ich..."

"Hey, bis zum Abendessen ist es noch eine Stunde hin und von dem Kuchen hab ich nichts angerührt. Ich schwöre!"

Durch sein Geplapper verwirrt, sah sie ihn nur verständnislos an, bis sie ihn, da er sich immer noch nicht hingesetzt hatte, rückwärts auf das Sofa hinter ihm schubste. "Kojiro, ich muss mit dir reden!"

"Ich dachte, dass tust du bereits.", bemerkte er sarkastisch.

Durch seine Unterbrechungen ein weiteres Mal verwirrt, wirbelte sie herum und verlor dabei den Faden.

"Ich..." Sie holte noch einmal tief Luft und versuchte ihre Gedanken zu ordnen.

,Ich Misa Kurenai... oder besser...ich Misato Kure.... Das klingt beinahe etwas zu förmlich. Ich höre mich schon fast an, als würde ich ein Produkt in der Werbung anpreisen. Wie eine Dauerwerbesendung, alla "...und wenn sie jetzt anrufen, bekommen sie ein Handyfeuerzeug gratis dazu." Aber selbst wenn er ablehnen würde, ich würde es überleben. Es würde schließlich nichts an unserem Zusammenleben ändern. Nicht wahr?'

Inzwischen machte sich schon wieder diese kleine Stimme in ihr bemerkbar, die ihr zuflüsterte, die Beine in die Hand zu nehmen und so schnell wie möglich von hier zu verschwinden, solange er nichts von ihrem Vorhaben mitbekommen hatte. Es war immerhin noch nicht zu spät einen Rückzieher zu machen und als Misa Kojiros erwartungsvollen, auffordernden Blick auffing, rutschte ihr das Herz beinahe in die Hose.

,Was machst du hier eigentlich, hä? Soll so dein Heiratsantrag aussehen?! Du siehst gerade selbst aus wie ein Reh, nur eher wie eins das bereits überfahren wurde. Heute schon mal in den Spiegel gesehen? WAS!! Spring Reh. Lauf, solange du noch kannst... Ach, halt doch die Klappe!'

Mit dem Angstschweiß auf der Stirn begann Misa nach Worten ringend zu gestikulieren. Dabei zeigte sie zuerst auf sich und legte dabei theatralisch eine Hand aufs Herz, bevor sie wieder auf ihn zeigte.

,Lauf Reh, lauf!' Dieses Mal hörte sie auf ihre leicht spöttelnde innere Stimme und brach ihren erbärmlichen Versuch ab.

"D.. ddd..du hast da...da einen Fleck." Mit zusammengezogenen Augenbrauen folgte er ihrem Blick auf sein T-Shirt, dass sie ihm, bevor er es selbst inspizieren konnte, regelrecht vom Leib riss.

Schockiert über Misas Aggressivität, verschränkte er seine Arme über seiner nackten Brust, bevor sie mit den Worten: "Ich muss Wäsche waschen.", flink wie ein Wiesel, hinter der nächsten Tür verschwand, die nur dummerweise in den Garten führte.

Mit einem nachdenklichen Gesichtsausdruck folgte er ihr mit seinem Blick, bis er sich grinsend zurücklehnte.

,Wenn ihre Laune noch eine Weile anhält, könnte das ein interessanter Abend werden.'
 


 

So die Jagd, wenn man es so nennen kann, hat also begonnen. Wünscht Misa noch viel Glück. Bei der Art von Heiratsanträgen kann sie es mehr als gebrauchen.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  BabyG2005
2005-11-21T11:03:41+00:00 21.11.2005 12:03
Ja was will misa wohl von takeru? Und warum gerade von takeru und nich von kira?
Irgendwie fies das riku den armen kira mit steinen abpfeffert. Obwohl es ja auch verständlich is. Immerhin is ihr klar geworden, dass kira nun mal ein mann is.
Das gespräch zwischen riku und takeru war süß. Und takeru scheint genau zu wissen wie er mit riku reden muss. Er ist nun mal eher der ruhige typ.
Find ich ja süß das misa kojiro einen antrag machen will. Normal macht das ja der mann. aba kojiro würde da eh nich drauf kommen ihr einen zu machen.
HA! Kritik, kritik, kritik! (hey... ich darf mich freuen ja? Immerhin gibst du mir ja nich viel gelegenheit dazu XD) also meine kritik is hier ein inhaltlicher fehler. Wenn ein reh im scheinwerferlicht steht, läuft es nicht weg, sondern bleibt stehen. Man is das toll mal kritik zu äußern *freu*
Ich liebe es wenn deine charas selbstgespräche führen. Das is saukomisch. Und wie misa sich da rausgeredet hat. echt clever muss ich sagen. Bin ja mal auf den nächsten antragsversuch gespannt XD


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