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Zorro und die Agentin des Königs

von

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Das Fest

Um 6 Uhr war sie aufgestanden, hatte sich ein weiß-rotes Kleid angezogen und war zum Stall gegangen. Normalerweise ritt sie lieber in Hosen, aber nach dem Debakel der vergangenen Nacht, wollte sie nicht das Risiko eingehen, daß sie so vielleicht doch noch jemand erkennt. Trueno stand ruhig in seiner Box, er hatte sich inzwischen an seine neue Umgebung gewöhnt.

Sie hatte während der restlichen Nacht kaum geschlafen, es hatte sie zu sehr geärgert, daß sie so unvorsichtig gewesen war. Jetzt würde sie erst einmal ausreiten, danach fühlte sie sich meistens besser. Sie würde erst einmal die Gegend erkunden und anschließend bei den Vegas vorbeireiten. Zum einen war sie neugierig auf die Haushälterin und zum anderen hatte sie beschlossen, am Abend ein kleines Fest zu geben, nur so würde sie die Leute hier schnell besser kennen lernen. Sie hatte den großen Fehler begangen, sich in die Ermittlungen zu stürzen, ohne die Verhältnisse genau zu kennen. Auf Zorro war sie nicht vorbereitet gewesen, letzte Nacht, sie war von der Situation überrollt worden und das hätte böse enden können. Antonio würde ihr das nachher gewiß auch noch vorhalten.

Langsam führte sie Trueno die Wiese hinauf, er tänzelte, sie spürte förmlich, wie er losjagen wollte. Wer konnte es ihm verübeln? Er hatte viel zu lange keinen Auslauf mehr gehabt. Sie ritt gemächlich die Straße Richtung Wald, er mußte sich erst aufwärmen, bevor er sich austoben durfte. Eine gute viertel Stunde später lenkte sie ihn den Hang wieder hinunter und gab die Zügel frei. Der Wald war etwa 5 bis 6 Kilometer entfernt und sie donnerten parallel dazu über die Wiese. Je weiter sie sich von der Straße entfernten, desto höher wurde das Gras. Sie lenkte das galoppierende Pferd auf einen schmalen Pfad, der wenigstens eine Richtung in dem inzwischen fast mannshohen Pflanzenmeer vorgab. Der Pfad machte einen weiten Bogen und nach etwa einer weiteren viertel Stunde schien Trueno sich wieder etwas beruhigt zu haben. Obwohl sie das Grundstück eigentlich schon längst umrundet haben mußten, galoppierten sie weiter den Pfad entlang. Dieser war hinter einem Knick plötzlich zu Ende. Mit einiger Mühe brachte sie ihr Pferd mitten auf der Kreuzung gerade so zum stehen und sah nur im Augenwinkel, daß sie beinahe jemanden umgeritten hätte.

"Sie schon wieder!" Oberst Jekyll schaute mürrisch auf den tänzelnden Hengst und seine junge Reiterin. "Haben Sie nicht gesagt, Sie hätten ihn im Griff?"

"Das habe ich auch, ich war nur zu schnell. Es tut mir sehr Leid." Sie lächelte ein wenig verlegen zu ihm hinüber und tatsächlich beruhigte sich Trueno sofort.

"Sie sind aber sehr früh unterwegs, Gräfin."

"Bitte sagen Sie doch Isabella zu mir. Ich bin es gewohnt sehr früh morgens auszureiten, in Andalusien, wo ich herkomme, ist es zu späteren Tageszeiten einfach zu heiß dafür."

Andalusien also, das paßte. Er musterte sie unauffällig. Sie trug ein wallendes weiß-rotes Kleid, das auch einer Flamencotänzerin gut gestanden hätte, ihre Haare hatte sie zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden und dazu noch dieses feurige Pferd.

Sie ritten langsam nebeneinander her.

"Und was führt eine andalusische Dame in diese Gegend, wenn ich fragen darf? Sie machen nicht den Eindruck, als ob Sie Gold suchen wollten, so wie Ihr Onkel."

"Das gewiß nicht, ich habe vor Wein anzubauen."

"Wein anbauen, dafür brauchen Sie aber eine Lizenz vom spanischen König."

"Ich weiß, ich habe eine. Sie können sie gerne einsehen, wenn Sie möchten." Sie mußte sich doch sehr zusammennehmen, um nicht laut loszulachen, eine derart korrupte Garnison und er interessierte sich tatsächlich für ihre Weinbaulizenz. Irgendwie wurde sie einfach nicht aus ihm schlau.

"Ich denke nicht, daß das nötig ist, ich glaube Ihnen. Wo wollen Sie denn eigentlich hin? Sie sehen mir nicht so aus, als wüßten sie, wo Sie hier sind."

"Da haben Sie nicht ganz Unrecht, ich weiß es wirklich nicht, eigentlich wollte ich zu den Vegas."

"Da sind Sie hier sogar auf dem richtigen Weg, Sie müssen nur nachher an einer Kreuzung abbiegen, ich zeige Ihnen wo."

"Vielen Dank, das ist wirklich sehr freundlich.

Darf ich auch fragen, was Sie so früh hier vorbei führt?"

Sie wollte die Gelegenheit beim Schopfe packen und den Oberst ein wenig auszufragen.

"Wir haben die ganze Nacht im Wald nach Rebellen gesucht."

"Dieselben wie gestern Mittag?"

Er zuckte zusammen. Irgendwie hatte er geahnt, daß das noch Ärger geben würde. Eine Gräfin würde eine solche Maßnahme nicht so ohne weiteres hinnehmen, er kannte doch den Adel.

"Es tut mir sehr Leid wegen gestern Mittag, ich kann mich nur noch einmal bei Ihnen entschuldigen."

"Aber bitte, das brauchen Sie wirklich nicht."

Er schaute etwas irritiert zu ihr hinüber. Sie schien das wirklich ernst zu meinen.

"Wir hatten die Rebellen schon geschnappt, doch Zorro hat sie letzte Nacht befreit.", fuhr er fort.

,Also doch, der maskierte Reiter war Zorro!'

"Zorro?"

"Ach das können Sie ja noch gar nicht wissen, Zorro ist ein gefährlicher Rebell, der uns immer wieder Schwierigkeiten macht."

"Das tut mir Leid, ich hoffe doch, daß Sie ihn bald erwischen."

"Das werden wir, darauf können Sie sich verlassen.

Da vorn müssen Sie übrigens rechts abbiegen, wenn Sie zu den Vegas wollen."

"Vielen Dank nochmals. Ach wenn Sie mögen, können Sie heute Abend gerne bei mir vorbei schauen, ich gebe ein kleines Fest und ich würde mich freuen, wenn Sie auch kommen. Auf Wiedersehen."

"Auf Wiedersehen."

Sie lenkte ihr Pferd in Richtung der Vegas. Oberst Jekyll schaute ihr ein wenig irritiert nach. "Eine seltsame Gräfin."
 

Sie holte ihre Taschenuhr hervor, es war jetzt 8:30, ob bei den Vegas schon jemand auf war? Sie würde einfach mal vorbei schauen.

Maria war gerade beim fegen, als sie die junge Frau auf den Hof reiten sah. Sie war vornehm gekleidet und das Pferd machte einen edlen Eindruck.

"Guten Morgen Seniorita. Was führt Sie denn zu so früher Stunde hierher?"

Das mußte Maria sein, eine resolute, stämmige Frau Mitte 40, so hatte Antonio sie beschrieben.

"Guten Morgen, mein Name ist Isabella de Valdez. Ich wollte fragen, ob Diego vielleicht schon auf ist."

"Diego" Maria zog eine Schnute. "Der ist noch nicht auf, der kommt meistens erst so gegen 10Uhr aus dem Bett gekrochen. Aber ich kann ihn wecken, wenn Sie möchten."

"Oh nein, nein, lassen Sie ihn ruhig schlafen, so wichtig ist es auch nicht."

"Der kann ruhig auch mal früher aufstehen, er tut ja sonst auch bloß nichts. Nehmen Sie doch bitte Platz, ich werde ihn holen." Maria deutete auf einen Tisch mit zwei Bänken und ging ins Haus. Isabella machte Trueno am Zaun fest und setzte sich. Irgendwie fühlte sie sich unwohl, so wichtig war das Fest nun auch nicht, daß sie Diego extra wecken mußte.
 

"Hey Diego, aufstehen!"

"Hmhm"

"Du hast Besuch!"

"Besuch?" Verschlafen blinzelte er unter der Bettdecke hervor. Er hatte eine anstrengende Nacht hinter sich. Mit mehren Rebellen hatte er die Familien der Bergbauern aus dem Gefängnis befreit und sich danach stundenlang mit der Armee gejagt und sie so abgelenkt, damit Bernard die Familien in den Verstecken der Rebellen in Sicherheit bringen konnte. Sie waren erst gegen 5 Uhr ins Bett gekommen.

"Was denn für Besuch?"

"Die Gräfin de Valdez!"

"Isabella?"

"Ganz genau, sie sitzt im Hof und wartet auf Dich."

Diego beeilte sich mit dem Umziehen und kam herunter. Bernard ließ er schlafen.

"Guten Morgen Isabella, was führt Sie denn so früh hierher?"

"Guten Morgen Diego, tut mir Leid, ich wollte nicht, daß sie Dich weckt, aber sie hat darauf bestanden."

"Das ist nicht so schlimm, also, was führt Dich denn her?"

"Nun ja, ich kenne hier ja noch nicht so viele Leute und da dachte ich, es wäre eine gute Idee, heute Abend ein kleines Fest zu geben, um alle Nachbarn kennenzulernen. Ich wollte Dich fragen, wen ich, außer Lolita und Dir, noch einladen könnte?"

"Hm, ich denke, da werden wir schon einige zusammenbekommen."

Sie saßen eine Weile beisammen und besprachen die Gästeliste, da kam jemand auf den Hof geritten.

"Guten Morgen Diego, Du bist ja schon auf." Sergeant Gonzales machte sein Pferd ebenfalls am Zaun fest und kam herüber.

"Morgen Gonzales, dasselbe könnte ich Sie auch fragen?"

"Ach hör bloß auf, wir sind die halbe Nacht hinter Zorro hergejagt und erwischt haben wir ihn trotzdem nicht. Oh, guten Morgen Seniorita."

"Guten Morgen Sergeant. Da scheinen Sie ja eine ganz schön harte Nacht hinter sich zu haben. Oberst Jekyll hat vorhin auch schon so etwas angedeutet."

"Oberst Jekyll?"

"Ja, ich habe ihn auf dem Weg hierher getroffen. Er war so nett, mir zu zeigen, wo ich lang muß. Ich habe ihn übrigens auch zum Fest heute Abend eingeladen."

"Ein Fest, na ich glaube nicht, daß er da kommt, der Oberst ist niemand, der gern feiert."

"Und Sie Sergeant, feiern Sie gern?"

"Oh, na wenn Sie so fragen, eigentlich schon."

"Dann sind Sie selbstverständlich auch eingeladen."

"Na, schikanieren Sie immer noch die Leute?" Maria war mit einem Tablett zum Tisch gekommen, knallte es hin und schaute grimmig zu Gonzales. Der schaute bedrückt auf die Tischplatte.

"Ich kann doch nichts dafür, das sind nun mal die Befehle, ich finde es ja auch nicht richtig, die Leute von ihrem Land zu vertreiben, sie haben ja eigentlich gar nichts Schlimmes getan."

"Ach tun Sie doch nicht so, es ist immer dasselbe mit der Armee. Was für ein Glück, daß wir Zorro haben."

"Ich hätte da mal eine Frage, wer ist dieser Zorro eigentlich?" Isabella schaute abwechselnd zu Diego, Maria und Gonzales.

"Zorro ist ein Held!", meinte Maria mit stolz geschwellter Brust. Sie erzählte daraufhin die Geschichten, die Isabella schon von Antonio kannte, allerdings etwas ausführlicher, während Gonzales nur schweigend auf die Tischplatte starrte.

"Oberst Jekyll und Lieutenant Placid ist das ja auch nicht ganz geheuer, doch was sollen wir machen, Befehl ist Befehl. Vermutlich werden wir heute wieder den ganzen Tag Rebellen suchen, ich mag nicht mehr." Gonzales verkroch sich in seiner Uniform. Draußen auf der Straße kamen einige Reiter näher, es waren Soldaten. Isabella erkannte in einem der Offiziere den, der mit dem Oberst am Hafen war. Er schaute zu ihnen herüber.

"Hey Gonzales, kommen Sie?"

"Ich bin schon unterwegs, Lieutenant."

"Und wer ist denn das?", flüsterte Isabella zu Diego hinüber.

"Lieutenant Placid. Er ist noch nicht sehr lang hier."

"Ist er auch so furchtbar wie dieser Gabriel?"

Diego lachte leise. "Nein, nein, Lieutenant Placid ist schon in Ordnung. Aber woher kennen Sie Lieutenant Gabriel?"

Sie erzählte von der Durchsuchung am Vortag und Diego wurde ungewöhnlich ernst.

"Lolita sollten Sie sich nicht zum Vorbild nehmen, was Lieutenant Gabriel angeht. Halten Sie sich bei ihm lieber etwas zurück, er kann gefährlich werden, wenn man sich mit ihm anlegt."

Eine gute halbe Stunde später war sie wieder auf dem Heimweg, allerdings verwirrter als zuvor, diesmal hatte der Ausritt mehr Fragen aufgeworfen als beantwortet.
 

Es war inzwischen 10Uhr. Sie betrat das Lesezimmer und hatte plötzlich eine Degenspitze vor dem Gesicht.

"Ich habe schon gedacht, Du bist wieder abgereist.", meinte Antonio zynisch. Er trug eine Fechtweste und einen Gesichtsschutz.

"Es tut mir Leid, ich wollte nur den Kopf frei bekommen." Sie schob die Degenspitze aus dem Gesicht, zog sich ebenfalls Fechtweste und Gesichtsschutz über und nahm sich einen Degen von der Wand.

"Und, hat es funktioniert?"

"Nein, ich bin verwirrter als vorher." Sie nahm ihre Position ein und das Duell begann. Hätte sie jetzt jemand gesehen, er hätte nicht geglaubt, daß sie sich einen Abend zuvor so einfach hatte schlagen lassen. Sie war schnell und treffsicher, Antonio hatte Mühe ihre Attacken zu parieren.

"Also was ist letzte Nacht passiert, an Deinen Fechtkünsten kann es ja nicht gelegen haben." Er war ihr im letzten Moment ausgewichen.

"In dem Fall doch, der Oberst hat mich erwischt und ich war gezwungen, einen defensiven Kampf zu führen. Ich wollte nicht, daß er meinen Fechtstil wiedererkennt."

"Da hast Du aber gehöriges Glück gehabt, das hätte auch anders ausgehen können."

"Ich weiß." Sie startete einen sehr schnellen Angriff, der Antonio sichtlich in Bedrängnis brachte, eine geschickte Finte und schon hielt sie seinen Degen in der Hand.

"Ich hab da mal eine Frage." Sie warf ihm den Degen zurück und ging wieder in Position, sie fochten erneut.

"Wann ist der Punkt erreicht, an dem wir eingreifen müssen?"

"Wie meinst Du das?"

"Ich habe mit Maria gesprochen. Sie hat erzählt, daß sie die Familien der Bauern als Geißeln genommen hatten und gedroht haben, sie hinzurichten, wenn die Männer sich nicht ergeben. Wenn Du mich fragst, ist das ein Vorgang, den wir nicht nur beobachten dürfen."

"Da magst Du Recht haben, aber wie willst Du ihnen denn helfen. Wir können uns nicht offenbaren, solange wir keine Beweise haben."

"Ich weiß, deshalb möchte ich es ja auch so machen wie Zorro."

"Wie Zorro?"

"Ich werde mit der Verkleidung von letzter Nacht versuchen den Leuten zu helfen. Wenn Zorro das kann, kann ich das auch."

"Hm. So wie ich Dich kenne, kann ich Dir das sowieso nicht ausreden. Aber halte Dich dann dieses Mal zumindest von Oberst Jekyll fern."

"Das werde ich." Sie startete einen neuen Angriff und auch diesmal gelang es ihr in kürzester Zeit, Antonio zu entwaffnen, er war halt auch nicht mehr der Jüngste.
 

Es war später Nachmittag. Sie hatte die letzten Stunden damit zugebracht an ihrem Bericht zu schreiben, jetzt hatte sie sich umgezogen. Sie trug ein hellblaues Andalusisches Kleid mit einer Menge weißer Rüschen.

Die ersten Gäste würden bald kommen. Sie hatte ein großes Büfett auf der Terrasse aufbauen lassen, dazu gab es Musik und Wein von den Gütern der Familie de Valdez; was ihre Tarnung betraf, gab sie sich keine Blöße. Sie ging hinunter um die Gäste zu begrüßen, zwei Stunden später waren etwa 30 Leute eingetroffen, darunter auch Oberst Jekyll und Sergeant Gonzales.

Sie hatte inzwischen die wichtigsten Leute kennen gelernt, unter anderem Diegos Vater und Lolitas Eltern, Carlos und Catherina. Sie machten allesamt einen netten Eindruck, wobei Lolitas Mutter etwas überdreht wirkte. Das Fest war in vollem Gange und es schien allen eine Menge Spaß zu machen, nur der Oberst stand etwas abseits. Sie wollte gerade zu ihm gehen, da bat Lolitas Vater sie um den nächsten Tanz. Sie nahm an und zeigte den Anwesenden, daß sie ihr Flamencokleid nicht zu Unrecht trug.

"Isabella kann wirklich ausgezeichnet tanzen." Catherina sah, daß ihr Mann mit dem tänzerischen Feuer der Gräfin ziemlich überfordert war.

"Tja, sie ist eben eine echte Andalusierin.", meinte Lolita.

Etwas verlegen registrierte Isabella, daß ihre Vorstellung von den Anwesenden mit Applause bedacht wurde. Sie machte einen leichten Knicks und verließ mit Don Piedro die Tanzfläche.

Der Oberst stand immer noch abseits an die Hausmauer gelehnt, sie nahm sich zwei Weingläser und ging zu ihm.

"Mein Fest scheint Ihnen nicht besonders zu gefallen." Sie reichte ihm eines der Gläser.

"Oh nein, Ihr Fest ist fantastisch.", meinte er ausweichend.

"Sie sind nicht gern auf Festen, was?"

"Das könnte man so sagen." Er nahm einen Schluck Wein.

"Ich irritiere Sie!" Sie war fest entschlossen endlich herauszufinden, was es mit dem Oberst auf sich hatte, dazu war sie auch bereit, ihn ein wenig zu provozieren.

"Wie kommen Sie darauf?"

"Es würde mich nicht wundern, ich irritiere die meisten Menschen."

Sie gingen langsam den Hügel hinunter zu den Pferdekoppeln. Es war Vollmond, wie am Tag zu vor.

"Es tut mir Leid, falls ich etwas unfreundlich wirke, aber ich mußte lernen, mir nichts gefallen zu lassen."

"Das ist nicht so schlimm, ich denke übermäßig höflich war ich auch nicht."

"Hat das einen bestimmten Grund?"

"Es hat nichts mit Ihnen zu tun, ich habe nur einige schlechte Erfahrungen mit Mitgliedern des Adels gemacht."

Sie grinste. "Das kann ich sogar nachvollziehen, ich fühle mich unter meines Gleichen auch nicht besonders wohl, im Gegenteil."

"Wieso denn das?"

"Ich habe ein sehr freies Leben geführt, bis mein Vater starb. Danach hat mein Onkel mütterlicherseits versucht, mich zu einer braven und fügsamen höheren Tochter zu machen, die man familienpolitisch gut verheiraten kann. Ich mußte zwei Jahre darum kämpfen, endlich über mich selbst bestimmen zu dürfen. Das hat mich so werden lassen, wie ich bin." Trueno trabte an den Zaun und ließ sich streicheln. "Und was haben sie für schlechte Erfahrungen mit dem Adel gemacht?"

Er drehte sich um und schaute hinauf zum Fest. "Wissen Sie, ich habe viele Jahre in Spanien gedient, doch egal was man dort auch leistete, wenn man nicht von Adel war, kam man in keine verantwortungsvollen Positionen. Deshalb bin ich in die Kolonien gegangen, hier spielt der Stand keine so große Rolle wie in Spanien, hier kann sich auch ein Mann aus einfachen Verhältnissen mit Fleiß und Ehrgeiz nach oben arbeiten."

Das war es also, sie konnte es verstehen. Sie erinnerte sich wieder an jenen Abend in der Taverne, wo sich sämtliche adeligen Offiziersschüler ihres Vaters über ihn lustig gemacht hatten, nur weil er keinen Titel trug. Eigentlich hätten sie ganz still sein müssen, denn vom Können her übertraf er sie alle bei weitem, doch sie hatten ja ihre Titel, ihnen war die Aufnahme in die königliche Garde ja sowieso schon sicher.
 

Lieutenant Placid kam ums Haus und schaute in die Runde, weder Oberst Jekyll noch Sergeant Gonzales waren unter der feiernden Menge zu entdecken. Der Sergeant hatte ihm von dem Fest erzählt, nun hoffte er die beiden hier zu finden. Er entdeckte Diego, der sich etwas abseits mit einem älteren Mann unterhielt.

"Hallo Diego, hast Du zufällig Sergeant Gonzales und Oberst Jekyll gesehen?"

"Guten Abend, Lieutenant. Der Sergeant ist dort drüben." Diego deutete zum Büffet. "Oberst Jekyll habe das letzte Mal gesehen, als er mit Isabella sprach, aber das ist auch schon eine Weile her. Was ist denn los?"

"Lieutenant Gabriel hat das Versteck der Rebellen im Wald entdeckt, jetzt braucht er Verstärkung. Ich werde mal Gonzales fragen, vielleicht weiß er, wo der Oberst ist."

Diego war sofort hell wach. Er schaute nach Bernard und entdeckte ihn schlafend auf einer Bank, das war gutes Alibi, er würde sagen, daß er Bernard nach Hause bringt.
 

"Sergeant Gonzales, die Pflicht ruft." Der sah von seinem Teller hoch und erblickte Lieutenant Placid.

"Haben sie zufällig Oberst Jekyll gesehen?"

"Er ist vor einer Weile mit der Gräfin dort den Berg hinunter gegangen." Gonzales würgte den letzten Bissen runter und deutete in Richtung der Koppel. "Was ist denn passiert?"

"Das erzähl ich Ihnen gleich." Lieutenant Placid rannte in die angegebene Richtung. Er sah die Silhouetten von zwei Personen am Koppelzaun stehen und lief auf sie zu.

"Oberst, es tut mir Leid, wenn ich Sie störe aber wir haben die Rebellen im Wald aufgespürt."

"Was sagen Sie da? Ich komme sofort. Bitte entschuldigen Sie mich Gräfin, die Pflicht ruft."

Sie schaute den beiden nach. Auf dem Fest schien sie niemand zu vermissen. Sie schlich sich ins Haus, zog sich in der Geheimkammer um und ritt Richtung Wald. Antonio würde das Fest auch ohne sie über die Bühne bringen, das hier war wichtiger.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: abgemeldet
2005-07-03T19:41:03+00:00 03.07.2005 21:41
Hi!
Find deine FF echt klasse! Bin ein großer Zorro-Fan und es freut mich, auch mal wieder eine neue FF zu dieses Serie lesen zu können.
Das kann ja echt noch spannend werden, wenn sich Isabella da jetzt auch noch als "zweiter Zorro" einmischt. Schreib bitte schnell weiter! Freu mich schon auf die Fortsetzung.
Gruß,
Chichi86


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