Und es fing so harmlos an...
In der Epoche der kriegerischen Staaten ist ein sonniger Tag angebrochen. Inu Yasha und Co sind noch immer unterwegs um nach den verbleibenden Splittern des Juwels der vier Seelen zu suchen. Diesmal führt sie ihre Suche durch eine recht felsige Gegend eines nahen Gebirgszuges. Wie üblich bietet die kleine Gruppe einen ziemlich seltsamen Anblick für das japanische Mittelalter. Kagome schiebt ihr Fahrrad den steilen Hang hinauf. Auf dem Gepäckträger hängt wie eine traurige, nasse, vollgestopfte Wurst ihr Rucksack in den sie all das aufbewahrt was "Frau" im Mittelalter so unbedingt und absolut braucht.
Auf der Lenkstange hockt der kleine Fuchsdämon Shippo und guckt munter in die Gegend. Anscheinend hat er nicht das kleinste bisschen schlechtes Gewissen sich von dem keuchenden Mädchen durch die Gegend kutschieren zu lassen. Hinter den beiden schlendern Miroku und Sango her. Die beiden mustern die angestrengten Bemühungen der jungen Frau ihr Fahrrad mit Gewalt die Steigung hinaufzuhieven nur mit einem skeptischen Blick. An der Spitze der Gruppe spaziert mit einem verwegenen Grinsen der Halbdämon Inu Yasha und legt dabei einen recht forschen Schritt an den Tag. Offenbar scheint es ihm gänzlich zu entgehen wie sehr seine Freundin hinter ihm sich mit dem Hügel abmüht.
Schließlich hält Kagome einen Momentlang japsend inne. Inu Yasha scheint es nicht zu merken. Sango kommt Kagome ein wenig zu Hilfe.
"Inu Yasha, warte mal!", ruft sie. Der Angesprochene dreht sich verdutzt um. Dann entdeckt er die atemlose Kagome und seine Mundwinkel verziehen sich.
"Jetzt trödel doch nicht wieder so!", meint er leicht genervt.
Missmutig funkelt Kagome ihn an: "Wer trödelt denn hier? Meinst du es ist so leicht das Fahrrad den ganzen Berg hochzuschieben?"
"Pah, wozu schleppst du auch immer das ganze Zeug mit?", meint er nur schnippisch, "Was ist denn da schon wieder alles drin?"
"Wenn du es unbedingt genau wissen willst, Herr-Ich-bin-ein-superstarker-Halbdämon-für-den-es-kein-Problem-wäre-diesen-Rucksack-in-Null-Komma-Nichts-diesen-Berg-hochzutragen", und von jedem ihrer Worte tropft Säure, "dann lass dir gesagt sein, dass du froh sein kannst, dass ich dieses ganze Zeug immer mitschleppe."
Inu Yasha tritt daraufhin etwas näher an Kagome heran und mustert sie mit einem leicht skeptischen Blick: "War das jetzt gerade ironisch gemeint?" Kagome versteift sich und würdigt ihn keines Blickes.
"Zu deiner Information", meint sie spitz, "Was du so als Zeug bezeichnest, das sind diverse Kartoffelchipstüten, Schokoriegel und Ramen in allen Geschmacksrichtungen auf die du so versessen bist, Berge an Verbänden und Heftpflastern mit denen ich euch Raufbolde nach jedem Abenteuer verarzten muss, mein batteriebetriebener Föhn..., du hast ja keine Ahnung was das Leben in der Wildnis mit meinen Haaren anstellt..., mein Schlafsack, mein Kochgeschirr, meine Reisesachen und meine Mathebücher.
"Glaub mir, ich bin ganz sicher nicht scharf darauf die unbedingt mitzuschleppen, aber nächste Woche schreiben wir einen wichtigen Test und ich muss wenigstens versuchen noch ein bisschen Stoff nachzuarbeiten. Nur normalerweise komm ich ja nie dazu wenn ich zuhause bin. Und eigentlich bin ich ja sowieso die meiste Zeit hier und wenn wir nicht gerade um unser Leben kämpfen müssen, kann ich ja ruhig auch mal ein wenig lernen zwischendurch.
"Wenn ich schon solchen Stress auf mich nehme, dann könntest du ja wenigstens mal ein kleines bissen Rücksicht zeigen und mir zur Abwechslung ja mal beim Schieben helfen."
Einen Augenblick lang sagt Inu Yasha kein Wort sondern schaut sie nur an. Dann schließlich fragt er: "Du hast Schokoriegel mit?"
Hinter ihm klatscht sich Miroku gegen die Stirn und Sango lässt den Kopf hängen: "Es ist hoffnungslos mit ihm."
Selbst Shippo auf der Lenkstange murmelt: "Er wird es wohl nie lernen. Wie blöd kann man eigentlich sein?"
Verständnislos wendet Inu Yasha sich um: "Was denn? Was hab ich denn gemacht?" Doch kaum hat er sich wieder zu Kagome umgedreht da zuckt er auch schon mit einem Anflug von Panik zusammen denn kaum sieht er ihren Blick, der aussieht als wäre sie von kleinen Flammen umzüngelt, da weiß er auch schon was ihm blüht.
Da kommt es auch schon das gefürchtete Wort: "SITZ!"
Augenblicklich knallt Inu Yasha zu Boden. Mit dumpfen Geräusch, schlägt er auf dem Felsen auf. Doch damit nicht genug: "SITZ! SITZ! SITZ! SITZ! SITZ! SITZ! SIIIITZ!" Kaum ist die Sitzattacke verhallt, reckt sich Kagome und schiebt tödlich beleidigt ihr Fahrrad weiter; vorbei an dem völlig überrumpelten Halbdämon der noch immer groggy auf dem harten Felsboden liegt und mit seinen Gliedmaßen ein paar letzte nervöse Zuckungen von sich gibt.
Miroku und Sango passieren ihren niedergestreckten Kameraden kopfschüttelnd.
"Du weißt auch nicht, wann man am besten den Mund hält, oder?", meint Sango seufzend zu ihm. Grimmig funkelt Inu Yasha, der sich langsam wieder erholt, zu ihr hoch.
Miroku tritt an Sango heran. "Stimmt, offenbar weiß Inu Yasha tatsächlich nicht was in manchen Situationen einfach vollkommen unangebracht ist."
Einen Momentlang herrscht gähnende Stille über dem Berg. Doch nur wenige Sekunden später fliegen Sangos Augen auf, eine Hand wird zum Schlag erhoben und trifft perfekt gezielt Mirokus Wange, auf der sich anschließend der eindeutige Abdruck von fünft empörten Fingern in leuchtendem Rot abzeichnet.
"Da kenn ich noch jemanden der dazu offenbar nicht in der Lage ist", grollt Sango mit Grabesstimme. Wehleidig hält Miroku sich die Wange. Seine Miene drückt sehnsüchtiges Bedauern aus.
"Ich weiß gar nicht was du hast", murmelt er selig abwesend.
Ärgerlich schnaufend stolziert Sango an ihm vorbei um zu Kagome aufzuschließen: "Oh du! Manchmal wünschte ich, du hättest auch so eine Kette um!"
"Sesshomaru-sama, ist es noch weit?" Die Stimme des kleinen Mädchens lässt erkennen wie sehr sie die endloserscheinende Wanderung leid ist. Wie üblich erhält sie keine Antwort. Doch sie stört sich auch nicht im Geringsten daran. Sie beschließt lieber ihrer Lieblingsbeschäftigung nachzugehen: Jaken den letzten Nerv zu rauben!
"Ich seeeh etwas was duuu nicht sieht!", meint sie fröhlich, während sie mit ausgestreckten Armen über die großen Felsen am Rande ihres Weges balanciert. Jaken reagiert nicht sondern trottet nur folgsam hinter seinem Herrn her.
"Ich seh etwas was dunicht siehst!", wiederholt die Kleine hartnäckig.
"Schön für dich!", meint der kleine froschähnliche Dämon unwirsch. Doch das Menschenmädchen Rin lässt sich davon nicht abschrecken.
"Komm schon, du musst mitraten!", fordert sie ihn auf. Doch Jaken steht der Sinn nicht nach Spielen.
"Hör doch mal mit diesen Kindereien auf. Das ist albern!"
"Ach koooom schon!", meint Rin. Jaken seufzt. Kinder können ja so unnachgiebig sein.
"Also schön. Welche Farbe?"
Rin strahlt. "Grau!", verkündet sie stolz.
"Ein Fels!", ist Jakens trockene Antwort.
Rin bekommt große Augen: "Woher hast du das gewusst?"
Jaken verdreht die Augen. "Hier gibt es nur Felsen." Ein wenig betreten sieht Rin schon aus, als der kleine Diener ihres Herren sie so desillusioniert.
"Na gut, dann was Schwereres", meint sie dann schließlich. Jaken legt innerlich die Finger an die Schläfen. Manchmal kann die Kleine wirklich penetrant sein.
"Alsooo", verkündet Rin, "Es ist groooß und hat weiße Haare." Jaken muss sich sehr zusammenreißen.
"Hör gefälligst mit dem Unsinn auf!", schnauzt er das kleine Mädchen an. Doch auf dem Ohr scheint Rin taub zu sein.
"Also, wer ist es?", meint sie geheimnisvoll.
"Es ist Sesshomaru-sama!", patzt Jaken genervt heraus.
Rin staunt. "Du hast es wieder gewusst! Du bist wirklich gut in diesem Spiel, Jaken", meint sie.
"Das war ja auch nicht schwer zu erraten!", meint Jaken abfällig.
Leichtfüßig springt Rin von einem Felsen zum anderen.
"Dann denk ich mir jetzt eben was ganz Schweres aus", sagt sie ernsthaft.
"Lass es einfach bleiben!", entgegnet Jaken unbarmherzig.
Rin zieht eine Flunsch. "Mir ist aber so langweilig", jammert sie. Dabei hüpft sie weiter von Stein zu Stein durch den Canyon durch den sie gerade gehen.
Jaken verliert die Geduld. "Hör endlich auf mit dem ständigen Rumgehüpfe und komm her. Immer hat man solchen Ärger mit dir!"
Doch wie üblich schert sich Rin einen feuchten Kehricht darum was Jaken sagt. Sie nimmt noch einmal Anlauf und springt dann auf einen großen Felsen direkt neben der Felswand. Doch kaum hat sie wieder Boden unter sich, da verliert sie plötzlich den Halt. Verzweifelt rudert sie noch mit den Armen, doch dann schlittert sie einfach von dem großen Stein herunter und bleibt genau mit dem Fuß in einer der Felsspalten stecken. "Aua!", ruft sie aus.
Kopfschüttelnd schaut Jaken zu ihr hinüber. "Was machst du denn schon wieder für einen Unsinn?", ruft er genervt aus, "Komm endlich wieder her!"
"Ich kann nicht", jammert Rin, "Mein Fuß steckt fest." Verzweifelt versucht sie daran zu zerren, doch der Fuß hängt fest, egal was sie versucht. Er rührt sich kein Stück aus seiner unangenehmen Position.
Mit verärgertem Gesichtsausdruck schlendert Jaken zu ihr hinüber. "Hör auf mit dem Blödsinn und komm endlich!"
"Ich kann doch nicht!", Rin ist den Tränen nah, "Ich steck fest!"
In diesem Moment bleibt Sesshomaru stehen. Langsam wendet er sich zu seinen beiden Gefolgsleuten um. Rin bekommt große Augen doch in ihnen schimmert noch immer Feuchtigkeit. Langsam kommt er auf sie zu. Seine bernsteinfarbenen Augen mustern das kleine Mädchen mit einem undeutbaren Blick.
Schließlich sagt er: "Lass in Zukunft diese Kindereien bleiben!" Rin starrt ihn mit großen Augen an. Ihr Herz schlägt heftig. Wenn ihr Meister es sagt...
Dann beugt sich der hochgewachsene Dämonenfürst zu dem kleinen Mädchen herunter um nach ihrem eingeklemmten Knöchel zu fassen.