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Einzelposting: Wie würdet ihr euer Kind erziehen? Worauf legt ihr Wert?


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Von:   abgemeldet 06.06.2011 21:31
Betreff: Wie würdet ihr euer Kind erziehen? Worau... [Antworten]
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So, wahrscheinlich ist die Diskussion schon lange vorbei, aber ich habe grad keinen Nerv zehn Seiten durchzulesen, bis ich was sagen darf :D
Betrifft: Kindergarten bzw. Frau und Karriere.
Für eine Kidnergartenpflicht (auch von Immigranten, aber das ist ein anderes Thema) würde ich mich glatt einsetzen, wenn die Kinderbetreuung noch einen Tick besser werden würde. Ich und meine Geschwister hatten das Privileg in einen privaten Kindergarten zu gehen, in denen die Eltern quasi mit zum Inventar gehörten und wo reihum gekocht wurde usw. Der Kindergarten ist bei guten Betreuern eine immense Bereicherung für die Sozialkompentenz eines Kindes, und es fördert auch eine gewisse Selbständigkeit, da es sich ohne Eltern behaupten und integrieren muss (und dies immer kann!).

Dass es besser für ein Kind wäre, wenn es Vollzeit-Mami-Betreuung bekommt, glaube ich nur bis zu einem gewissen Alter: bis es in den Kindergarten kommt. Danach ist es eher wichtig, dass jemand zuhause ist oder bald kommt, wenn das Kind nach Hause kommt und dass gemeinsam gegessen wird. Ich habe mit 4-5 angefangen mich mehrmals die Woche mit Freunden zu verabreden, ab der Schulreife war ich jeden Tag nach der Schule bis zum Abendessen auf dem Spielplatz und habe dadurch nicht den geringsten Schaden genommen, im Gegenteil. Ich denke, dass es für ein Kind viel langweiliger ist, wenn man es an Mutti-Bespaßung inklusive TV, PC und Playstation gewöhnt, als wenn es sich draußen oder drinnen mit Altergenossen amüsiert.

Viel wichtiger als permanente Anwesenheit und glucken ist IMHO das Gefühl, das man dem Kind geben muss; nämlich, dass man, wenn es einen braucht (nicht, wenn es einen nicht braucht) für es da ist, dass man es liebt und als Person respektiert. Gerade letzteres ist für Kinder heute immer noch keine Selbstverständlichkeit - da werden Befehle gegeben ("Hast du nicht gehört, Frollein?! Du tust jetzt was ich sage!", hört man in jedem Pennymarkt) und bei bestimmten Leuten, die auch selbst auch so erzogen wurden, wird nur mit negativer Verstärkung und Heraufbeschwören von Versagen gearbeitet ("Oh nee, kannst du nicht einmal was richtig machen? Ich hab's dir doch tausendmal gesagt, aber du hörst ja nie! So wird aus dir nie was (genau wie aus deinem Vater)!").

Ich denke, dass man mit einem Kind soetwas wie eine Partnerschaft eingeht. Man ist die stärkere Person, deshalb hat man auch die größere Verantwortung, die man nach und nach dem Kind überläßt, wenn es älter wird. Verantwortung lernt man auch nicht, wenn Mutti für einen das Zimmer aufräumt, einen von der Schule abholt, Mittags das Essen pünktlich auf dem Tisch steht und nachmittags die Hausaufgaben nachkontrolliert werden, damit es keine schlechten Noten bekommt.

Da ich die älteste von drei Schwestern bin und meine Mutter am Ende alleinerziehend war, musste ich schon sehr früh Verantwortung für meine Geschwister übernehmen, sie vom Kindergarten oder Hort abholen, Essen in den Kindergarten transportieren, mit den Erziehern fertig kochen und beim Abwaschen helfen, meine jüngste Schwester wickeln und im Kinderwagen spazieren fahren usw. Und wisst ihr was? Ich habe das nie als echte Belastung empfunden oder ständig rumgeheult, dass ich keinen Bock drauf habe und abhängen oder Nintendo spielen will. Ich hab's einfach gemacht. Weil ich verantwortlich war, und weil ich meine Schwestern und meine Mutter liebe.

Ich denke im übrigen, dass Kinder schlechte Manieren entwickeln, wenn man sie zu sehr betüddelt, weil sie sich selbst zu wichtig nehmen, kurz: verwöhnt sind. Dass man sie respektiert, sollte man ihnen schon zeigen, aber Respekt ist etwas, was auf Gegenseitigkeit beruht und auf dem Akzeptieren der Grenzen anderer. Auch dies kann man im Kindergarten gut lernen, natürlich sollte man das auch zu Hause lernen. Respekt haben ist nicht mit Angst haben (z.B. vor dem Vater, weil der einen anschnauzt) gleich zu setzen und auch nicht mit repressiven Mitteln zu erreichen.
Wenn ein Kind einen schlechten Charakter entwickelt ist das zu 99,9% Schuld der Eltern. Genauso schlimm wie Kinder, die immer im tiefsten Herzen vor allem Angst haben (weil ihnen das Versagen schon eingtrichtert wird, bevor sie etwas versuchen), finde ich Kinder, die nicht gelernt haben, die Erwachsenenwelt zu respektieren und überall rumtoben wie in ihrem Kinderzimmer ohne dass sie von ihren Eltern gebremst werden. So eine Art von Verzogenheit bringt das Kind auch nicht weiter; und das hat für mich nichts mit Kinderfeindlichkeit zu tun, wenn man sich über Kiddis beschwert, die im Restaurant Handstand auf dem Tisch machen, an dem man essen will.

Der Grad zwischen Verständnis für kindliche Fehler und Verwöhnen ist ein schmaler. Mein persönliches Ziel ist es, dass meine (zukünftigen) Kinder am Tisch genauso mitreden dürfen wie die Erwachsenen (sie sind ja auch genauso wichtig, und das dürfen sie ruhig wissen), dafür aber mit Messer und Gabel essen und nicht anfangen bevor nicht jeder etwas auf dem Teller hat :D

Im übrigen habe ich absolut gar nichts dagegen, wenn sich eine Frau dafür entscheidet "nur" Mutter zu sein. Ich finde das wirklich o.k. Nicht o.k. finde ich aber, wenn diese Mütter meinen, nur unter ihren Adleraugen könne das Kind zu einer Heldenpersönlichkeit heranreifen und alle Frauen, die "nebenbei" noch arbeiten seien Rabenmütter und liessen ihre Kinder ungeliebt verwahrlosen.


Ach ja und EDIT:
Zur Frage "Kind heult im Supermarkt etc - was tun?" gibt es eine "einfache" Lösung, die jedoch vorn der Ursache abhängig ist.
Hat es Grund zum Heulen (irgendwas ist kaputt gegangen, Aua oder sonstwas): Zureden + Körperkontakt (keine übertriebenen Vorwürfe, keine Ängstlichkeit, Kinder kriegen dann auch Angst)
Ist es pure Nörgelei im Sinne von "Ich will das haben!": heulen lassen. Eiskalt. Mit Pokerface, als wenn nichts wäre. Und das ist keinesfalls ein Akt von Grausamkeit! Man sollte sich wirklich nicht darum kümmern, was die Leute da denken könnten. die meisten Leute sind nämlich gar nicht so blöd wie man denkt. Und wenn da Yuppis nörgeln sollte man die genauso behandeln wie das Kind.
Wenn man das Kind nämlich in der Situation betüddelt, bekommt es sogar noch eine positive Verstärkung. Durch Zuwendung bestärkt man es in seinem Verhalten. Am schlimmsten ist es dann, den Lolli zu kaufen, und das Kind "gewinnen" zu lassen.
Man kann da auch ruhig mit dem Kind reden, aber ruhig und sachlich und ohne Drohung ("Ach, so schlimm ist das doch gar nicht." , "Du brauchst dich doch nicht so aufregen." usw.)
Und bevor man mir jetzt Sachen an den Kopf wirft: ich würde dem Kind hin und wieder durchaus einen Lolli kaufen, wenn es danach fragt. Nur nicht jedes Mal.
Verdammt cool, weil Hanseat.
† Falx Ferocis und "Drunken Master" der Inquisi†ion †
People say beware... but I don't care.
Zuletzt geändert: 06.06.2011 22:00:23

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