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Ein sanfter Wind kommt auf

Autor:  sensi-chan
Ein sanfter Wind kommt auf und bläst mir frech durch das Haar.
Wie so oft stehe ich hier, ohne Grund, ohne Ziel, ohne Antrieb.
Ich betrachte die Wolken und studiere die Art wie sie über mir vorbei ziehen.
Sie bilden Figuren, bauen Szenen aus World Disney Filmen nach.
Ein amüsiertes Lächeln huscht mir über die Lippen.
Alles scheint so weit weg zu sein.
Weit weg und unbedeutend.
Ich lasse mich von meinen Füßen tragen.
Weiß nicht wohin.
Weiß nicht wie weit der Weg ist.
Ein Blatt fällt von dem Baum neben mir, es gleitet sanft zu Boden und bedeckt einen kleinen Grashalm.
Ich bücke mich um es aufzuheben.
Der arme Grashalm würde sonst ja keine Sonne mehr sehen.
Solange bis der Ostwind aufkommen würde und das Blatt weiter tragen würde.
Immer weiter.
So weit, dass ich es wahrscheinlich nicht mehr wiedererkennen würde, wenn ich es an einem anderen Ort sehen würde.
Ich setzte meinen Weg fort.
Schaue dabei nur nach Vorne und nach Oben.
Hin und wieder nach links.
Manchmal nach rechts.
Nie jedoch nach hinten.
Ich mag es nicht hinter mich zu blicken.
Dort ist meistens mein Schatten.
Ich mag meinen Schatten nicht.
Der Wind hat sich gedreht.
Ich schaue zu den Wolken, die ziehen aber immer noch in die gleiche Richtung.
Das verwirrt mich kurz.
Dann verstehe ich es aber.
Ich lächle.
Das mache ich immer wenn ich etwas verstehe.
Manchmal auch wenn ich etwas nicht verstehe.
Meistens aber wenn ich etwas verstehe.
Meine Füße tragen mich immer weiter.
Wenn ich sie frage wohin sie mich führen antworten sie nicht.
Ich schließe die Augen und lasse meine Füße einfach arbeiten.
Nun spüre ich erst wie kühl der Wind geworden ist.
Auch dass ich eine Gänsehaut bekomme.
Ich öffne die Augen wieder und betrachte die kleinen Hügel die sich auf meinem Arm gebildet haben.
Ist es wirklich so kalt?
Nun höre ich ein rascheln.
Wo bin ich denn?
Die Sonne geht gerade unter, ich sehe im Zwielicht nicht so gut.
Aber ich erkenne die Bäume um mich herum.
Es sind Tannen.
Meine Füße sind stehen geblieben.
Sanft streiche ich über die Rinde des Baumes.
Ich will ihm ja schließlich nicht weh tun.
Der Wind fährt durch dessen Äste.
Es fängt an zu rascheln.
Fast als ob der Baum schnurren würde.
Ein kichern ist zu hören.
War ich das?
Ich ziehe die Hand wieder zurück und gehe tiefer in den Wald.
Der Boden ist kalt und feucht.
Ich schau nach unten.
Meine Schuhe sind durchnässt.
Das liegt daran dass sie Löcher haben.
Schade, jetzt muss ich sie wohl wegwerfen.
Aber das muss ich ja nicht genau jetzt machen.
Also gehe ich weiter.
Ein klopfendes Geräusch lässt mich nach oben schauen.
Verwirrt blicke ich von einem Baum zum nächsten.
Nach ein paar Minuten finde ich ihn.
Spechte sind größer als ich sie mir vorgestellt habe.
Er hört auf zu klopfen und schaut zu mir.
Ich winke ihm zu.
Er fliegt weg.
Er mag es wohl nicht wenn man ihm zuwinkt.
Ich zucke mit den Schultern und gehe weiter.
Es ist nun dunkel.
Ich sehe nicht mehr wo ich hingehe.
Wegen den Wolken ist der Mond verdeckt.
Schade, er ist schließlich die einzige Glühbirne die keinen Strom braucht.
Ich schlage mir den Fuß an einem Stein an.
Verwirrt wandert mein Blick nach unten.
Ich sehe es zwar nicht, aber ich scheine zu bluten, sonst würde sich mein Fuß nicht so warm anfühlen.
Er pocht.
Ich grinse.
Ich mag es wenn etwas pocht.
Das fühlt sich witzig an.
Ich kichere.
Das mach ich immer wenn ich etwas witzig finde.
Naja, fast immer.
Manchmal muss ich es mir verkneifen.
Aber diesmal nicht.
Ich bin schließlich allein.
Ganz allein.
Das Kichern verstummt.
Nicht einmal Ameisen sind da die mir Gesellschaft leisten könnten.
Ich hole aus.
Das Pochen verwandelt sich in ein Ziehen das sich bis in den Oberschenkel zieht.
Das kichern schallt leise durch den Wald.
Ich hole wieder aus.
Diesmal hört man ein knirschen.
Oh, ich glaube das waren die Knochen.
Schade.
Ich mag es nicht wenn Knochen brechen.
Das verformt die betroffenen Gliedmaßen so.
Also stelle ich mich auf diesen pochenden, warmen Fuß.
Ich hole mit dem kalten, nassen Fuß aus.
Mal sehen ob ich das knirschen beim ersten Mal zusammen bekomme.
Tatsächlich.
Erstaunt und zufrieden geh ich weiter.
Jedoch fällt es mir etwas schwerer als zuvor.
Aber das macht nichts.
Ich habe Zeit.
Ein leises rascheln zieht durch die Äste.
Es ist der Wind.
Er hat mich nicht vergessen.
Ich schaue nach oben und winke ihm zu.
Ein sanftes Lächeln aufgesetzt.
Die meisten mögen es wenn man sie anlächelt.
Also geh ich davon aus dass es der Wind auch mag.
Es wird heller.
Die Wolken scheinen sich verzogen zu haben.
Morgen ist Vollmond.
Es ist also wirklich hell.
Die Bäume werfen sogar Schatten.
Diesmal zeigen die Schatten nach vorne.
Das liegt daran dass der Mond hinter uns ist.
Ich betrachte meinen Schatten.
Er ist lang.
Ich würde gerne auf ihn eintreten, aber meine Füße fühlen sich zu schwer an.
Ich bücke mich.
Da liegt ein Stein.
Jetzt ist er in meiner Hand.
Und wenig später steckt er wieder im Boden.
Jedoch weiter vorne.
Ein Mensch der Egoshooter spielt würde ‚Headshot’ sagen.
Stolz grinsend gehe ich weiter.
Mehr schlecht als recht.
Genervt schau ich nach unten.
Ich hätte wohl doch mit den Händen anfangen sollen.
Dann zucke ich mit den Schultern.
Wieder einmal.
Das mache ich irgendwie oft fällt mir gerade auf.
Vor einem großen Baum mache ich halt.
Er ist wirklich groß.
Größer als alle anderen Tannen.
Und breiter.
Wahrscheinlich ist es gar keine Tanne.
Aber es ist ein Baum.
Soviel steht fest.
Ich umarme den Baum.
Ich mag es umarmt zu werden.
Aber die meisten machen es nicht so wie ich es mag.
Die machen es alle nur zur Begrüßung und zum Abschied.
Aber meistens steckt kein Gefühl in der Umarmung.
Ich will dem Baum zeigen wie eine richtige Umarmung funktioniert.
Ich stecke dafür so viele Gefühle wie möglich hinein.
Es wird von Sekunde zu Sekunde zärtlicher.
Man könnte meinen ich umarme die Person die mir am wichtigsten ist.
Nur dass ich so etwas nicht habe.
Ich glaube der Baum freut sich über die Umarmung.
Er kann es nur nicht so gut zeigen.
Weshalb auch immer.
Ich lasse von ihm ab.
Küsse zärtlich die moosige Rinde.
Lecke mir über die Lippen.
Moos schmeckt seltsam.
Ich mag den Geschmack von Moos.
Dann winke ich dem Baum zu.
Ich gehe weiter.
Wann habe ich eigentlich angefangen zu gehen?
War das heute, oder gestern?
Vielleicht vorgestern oder vor drei Tagen?
Vielleicht sogar vor einer Woche…
Ich weiß es nicht mehr.
Ist ja auch unwichtig.
Der Mond steht nun am höchsten.
Ich betrachte meinen eigenen Atem.
Puste absichtlich fest aus.
Versuche Figuren mit meinem Atem zu bilden.
Schade, es funktioniert nicht.
Na egal, dann schau ich mich eben um.
Der Wald scheint dichter geworden zu sein.
Ist mir gar nicht aufgefallen.
Ich gehe weiter.
Was mir von Minute zu Minute schwerer fällt.
Nun kann ich nicht mehr.
Genervt stöhne ich auf.
Ich hätte wirklich mit den Händen anfangen sollen.
Mein Blick mustert die Lichtung.
Es ist schön hier.
Ich lächle zufrieden und lege mich ins kalte, nasse Gras.
Kommt das Zittern von der Kälte?
Wahrscheinlich.
Ich richte meine Hände gen Himmel und betrachte sie.
Mit ihnen habe ich schon vieles gemacht.
In der Nase gebohrt, mir Schnee und Dreck in den Mund gestopft, gestohlen, Spiele gespielt, einen Teddybären genäht, begrabscht, gezeichnet, mir selbst Vergnügen bereitet, Buchseiten umgeblättert, mich manchmal dabei geschnitten, Blumen gegossen, anderen Menschen Freude bereitet, in mehreren Hinsichten, Bleistifte zerbrochen, geschlagen, gestochen, Luftgitarre gespielt, mit ihnen meinen Orangen Gürtel errungen, an anderer Leute Haare gezogen, Pornos gezeichnet, Puzzle gebaut, Betten aufgebettet, auf Pornos umgeschaltet, Formen und Linien auf die Haut gezeichnet, sie mir vor das Gesicht gehalten wenn ich geweint habe, mich an Leuten festgehalten die mich getragen haben, sie mit Wasser gefüllt und getrunken.
Mit ihnen habe ich wirklich schon vieles gemacht.
Ich lasse sie wieder sinken und schließe die Augen.
Mein Unterlaib wird steif.
Heute werde ich wohl nicht mehr weit gehen.
Aber das muss ich auch nicht.
Ich will schließlich fliegen lernen.
Meine Hand fährt in eine meiner Jackentaschen.
Sie zieht das lange, frisch geschärfte Messer heraus.
Mama wird wütend sein.
Das ist ihr Lieblingsmesser.
Ich spiele damit.
Ziehe Linien über meine linke Hand, wie ich es schon so oft gemacht habe.
Ein Lächeln umspielt meine Lippen.
Ich mag dieses warme, kribbelnde Gefühl.
Mir wird immer wärmer.
Das verstehe ich nicht.
Ich dachte immer dass einem kälter wird, wenn der Saft des Lebens aus einem fliest.
Meine Stirn runzelt sich.
Habe ich etwas falsch gemacht?
Oder bin ich etwa in Extase?
Verwirrt betrachte ich die Klinge.
Sie ist rot und tropft.
Dann betrachte ich meinen Arm.
Er ist auch rot und tropft auch.
Allerdings stärker als das Messer.
Na ich nehme die Situation einfach mal hin und mache gemütlich weiter.
Ein Seufzten verliert sich aus meinem Mund.
Das geht mir alles zu langsam.
Obwohl ich spüre dass mir schwindelig ist.
Andererseits ist das langsame stilvoller oder?
Ich mag Stil.
Stil ist toll, Bilder haben Stil.
Zumindest manche.
Es gibt ein paar Bilder die haben keinen Stil.
Aber das ist Geschmackssache.
Ich platziere die Spitze in der Mitte meiner Brust.
Das wollte ich schon immer mal ausprobieren.
Und wie mir eine weise Person einst sagte:
‚Einmal kann man alles ausprobieren’
Oder so ähnlich.
Ich lecke mir über die Lippen.
Das wird interessant.
Ich werde es genießen, mein unwichtigstes Organ zu durchstoßen.
Dann spüre ich es.
Und ich höre es.
Das laute Knirschen, welches mir sagt dass ich das Brustbein durchstoßen habe.
Das Atmen fällt mir schwer.
Mir tut alles weh.
Und wieder lächle ich.
Ich mag Schmerz.
Er zeigt mir dass ich noch lebe.
Nanu?
Der Schmerz ist weg.
Datum: 07.02.2010 21:55
Mir rollen die Tränen über das Gesicht.
Erst sind sie warm, kühlen auf ihrem langen Weg allerdings ab.
Man sollte sich fragen wieso.
Immerhin Ist es nur eine Geschichte.
Hat sie etwas mit dir zu bedeuten?
Bilde ich mir das nur ein?
Wieso macht es mich dann so traurig, wenn ich sie lese?
Vielleicht weil ich dich auf eine Weise mag?
Das geht doch.
Oder meinst du nicht?
Schließlich kenne ich dich noch nicht.
Nicht richtig.
Nur das, was wir uns eben so erzählen.
Und wer sagt, dass das die wahrheit ist?
Ob ich wirklich dich vermisse?
Vielleicht vermisse ich ja auch nur einen Menschen, den ich mir halb vorstelle......
Ich finde du solltest wissen, dass es mich traurig macht, wenn ich das hier lese.
Und wenn ich dich lange nicht sehe.
Dass ich manchmal von dir träume.
Und auch, dass ich oft an dich denke.


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