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The Past

Meine (dunkle) Vergangenheit
von

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4. Tag

“You’re a mystery, what you are to me is everything that I am not“
 

Ares war schlau genug, sie an diesem Morgen in Ruhe zu lassen und so hatte Arisha Zeit genug, ihre nächsten Schritte zu planen. Irgendwie musste sie Henry zum Sprechen bringen, ohne dass er sie mit den Templern oder Prieuré in Verbindung brachte. Nun, sie hatte es schon einmal geschafft und würde es wieder schaffen. Und das möglichst, bevor Metz und seine Untergebenen sich einmischten.

Geistesabwesend blickte Arisha zur Decke und versuchte nicht über ihren Traum nachzudenken. Er war unwichtig, nur ein Schatten ihrer Vergangenheit. Sie sollte sich besser auf das Hier und Jetzt konzentrieren, wenn sie überleben wollte, anstatt über längst vergangene Zeiten zu grübeln.

Abrupt stand sie auf. Sie verlor sich schon wieder in ihren Überlegungen. Wo sollte das noch hinführen? Sie musste sich ablenken und das tat sie am Besten bei Henry. Vielleicht kam sie nebenbei noch an ein paar Informationen.
 

Henry war daheim, wie erwartet. Wäre es anders gewesen, hätte Ares Arisha nicht schlafen lassen, sondern schon längst Alarm geschlagen.

„Hallo“, begrüßte er sie freudig. „Du bist früh dran.“

Sie lächelte pflichtbewusst. „Ja. Ist das schlimm?“

Henry schüttelte verneinend den Kopf und hielt die Tür auf, damit sie eintreten konnte. Als sie an ihm vorbeiging, spürte sie seinen Blick auf ihr. Schade, dass sie seine Gedanken nicht lesen konnte, sie hätte gern gewusst, was er in diesem Moment dachte.

In der Wohnung roch es nach Fixierspray, Henry hatte die Fenster weit aufgerissen, damit der Geruch abzog.

„Ich wollte eigentlich gerade in die Stadt.“, meinte der Maler, der die Augen nicht von ihr ließ. „Willst du mitkommen?“

Wollte sie eigentlich nicht. Die Zeit, die er fort war, hätte sie hier mit der Suche nach Informationen über die Templer verbringen können. Leider wäre das etwas offensichtlich gewesen, da man hier nichts aufheben konnte, ohne das es auffiel.

„Gut.“, sagte sie daher. „Ich komme mit.“

Henry schien das aus irgendeinem Grund zu erleichtern, zumindest ließ das sein Gesichtsausdruck schließen. Während sie die Straße entlang gingen, versuchte er sie für das Thema Kunst zu begeistern, was Arisha aber noch nie sonderlich interessiert hatte. Also ließ sie einfach an den richtigen Stellen eine passende Bemerkung hören, um nicht unhöflich zu erscheinen.

„Sag mal.“, meinte Henry irgendwann. „Was sagt eigentlich dein Ehemann dazu, dass du zu mir kommst?“

Arisha zog eine Augenbraue hoch. „Mein Ehemann?“

„Ja. Sind Frauen deines Alters und deiner...Religion...nicht meistens verheiratet?“

Sie lächelte amüsiert. „Was, wenn ich dir sage, dass ich Christin bin?“

„Bist du es denn?“

„Nein.“

Damit war das Thema beendet, aber Henry ließ das Gespräch auch nach einer Stunde, als sie zurück zu seiner Wohnung gingen, nicht mehr los. Er hatte mal wieder deutlich vor Augen geführt bekommen, wie wenig er über Arisha wusste. Aber das machte sie teilweise auch aus. Vielleicht hätte er sie weniger anziehend gefunden, wenn sie nicht so geheimnisvoll gewesen wäre.

Er beobachtete sie wieder aus den Augenwinkeln und hoffte, dass sie es nicht merkte. Es reizte ihn ungemein, alles über sie zu erfahren, aber das wäre wahrscheinlich zu früh gewesen. Und vielleicht wollte sie ja auch gar nicht darüber reden.

„Was ist mit dir?“, griff Arisha das Gespräch wieder auf, als wäre es nie beendet gewesen. Sie hatte das Gesicht ihm zugewandt, während er den Kohlestift über das Papier gleiten ließ.

„Was meinst du?“

„Was hast du für eine Religion?“

Henry zögerte eine Weile, den Blick starr auf das Bild gerichtet. „Ich bin Christ.“, sagte er schließlich.

„Streng gläubig? Mit Himmel und Hölle und den ganzen Todsünden?“

Er blickte sie an. Arisha saß auf seinem Bett, die Hände abgestützt, in ihren Augen glitzerte es listig, aber auf eine Art, die Henry gefiel. Eher frech, als fies. ‚Wenn es so wäre’, dachte er, während er sie musterte ‚’müsste ich jetzt ein paar Jahre Fegefeuer bekommen.’

Eines der Gebote kam ihm in den Sinn: „Du sollst nicht begehren eines anderen Weib.“ Das wievielte war es noch mal? Das Fünfte? Sechste? War sie überhaupt verheiratet? Sie hatte es jedenfalls nicht direkt abgestritten.

Er merkte, dass er ihr immer noch eine Antwort schuldete. „Nein.“, meinte er und sah wieder aufs Blatt. „Ich bin nicht streng gläubig.“

Sie schien mit der Antwort zufrieden, auch wenn Henry nicht wusste, ob das für ihn gut oder schlecht war.

„Bist du verheiratet?“

Henry lachte. „Ist das ein Polizeiverhör?“

Als sie lächelte, blieb sein Herz fast stehen. Tat sie das eigentlich mit Absicht, ihn so um den Verstand zu bringen? „Ich hab’s dir doch auch gesagt.“

„Hast du nicht.“, beschwerte er sich. „Erst will ich das von dir hören.“

„Ich bin nicht verheiratet.“

Immerhin etwas. Er musste also nicht damit rechnen, eines Tages die Tür zu öffnen und dann von einem wütenden Araber erstochen zu werden. „Ich auch nicht.“

Sie schwieg und einen Moment lang glaubte Henry, dass sie Bescheid wusste. Das war natürlich Unsinn, aber trotzdem...“Aber ich war mal.“, sagte er daher hastig. Lieber gleich ehrlich bleiben.

„Was ist aus ihr geworden?“

„Wir haben uns getrennt. Sie musste wegen jeder Kleinigkeit streiten und irgendwann hatte ich keine Kraft mehr.“

War das Mitleid in ihrem Blick gespielt? Er konnte es nicht sagen und er konnte auch nicht aufhören, sich über sie Gedanken zu machen.

Er merkte, dass ihr Blick zur Tür glitt. „Musst du fort?“

Sie schüttelte den Kopf. „Nein.“

„Du könntest heute Abend hier bleiben.“, bot er an, sein Herz klopfte vor Aufregung doppelt so schnell wie sonst. Glaubte er wirklich, sie würde sich darauf einlassen? Aber die Hoffung starb ja bekanntlich zuletzt.

Abermals schüttelte sie den Kopf. „Heute nicht. Ein andermal vielleicht.“

Gut, es war kein Ja, aber es war auch kein eindeutiges Nein. Morgen vielleicht...vielleicht war er auch einfach zu schnell.
 

Ares fing Arisha in der Einganshalle ab. Er bemerkte ihren zufriedenen Gesichtsausdruck. „Was ist los?“, wollte er wissen. „Hat er geredet?“

Sie rollte mit den Augen. „Natürlich, Ares.“, sagte sie in übertriebenem Tonfall. „Und er hat mir auch den heiligen Gral aus seinem Keller geholt.“

„Dann eben nicht. Und was war dann?“

Sie blickte ihn an. „Wir werden nicht mehr lange warten müssen. Das heißt, du kannst bald wieder in deinem Porsche herumfahren, ohne die ganze Zeit auf mich aufpassen zu müssen.“

Ares sah ihr nach, bis sie in Richtung Zimmer verschwunden war. „Na, wenn das keine guten Nachrichten sind.“, grinste er.
 

Nervös sah Arisha sich in dem großen, weißen Saal um. Er war viel riesiger, als sie ihn sich vorgestellt hatte und wirkte vor allem abweisend, genauso wie der ganze Rest des Gebäudes. Es schien hier kein Leben zu geben, außer den vier Personen, die außer ihr noch im Raum waren.

Zum einen natürlich Shareef, ihr Bruder, der neben ihr stand und ihr damit Sicherheit gab. Seit sie vor drei Monaten ihn Deutschland angekommen waren, hatte er versucht Arbeit zu finden, um für sich und seine Schwester sorgen zu können, was aber aufgrund der schlechten Verständigung gescheitert war. Innerhalb dieser Zeit hatten sich zwar seine- und auch Arishas- Sprachkenntnisse verbessert, trotzdem sprach er so wenig wie möglich. Da es ihm nicht immer gelungen war, auf ehrliche Weise sein Geld zu verdienen, hatte er sich unter anderem als Kleinkrimineller versucht, man hatte ihn erwischt und jetzt waren sie hier.

Außer ihnen beiden waren noch eine Frau und zwei Männer anwesend. Die Frau saß an einem Schreibtisch und schien hier das Sagen zu haben, auf jeden Fall strahlte sie eine Menge Selbstvertrauen aus. Sie war sehr schön, aber auf eine unheimliche Weise eiskalt.

Noch schlimmer war der blasshäutige Mann, der zu ihrer Rechten stand. Er war derjenige, der Shareef und Arisha auf der Straße aufgegabelt hatte. Sein höhnisches Grinsen und der selbstgefällige Ausdruck ließen ihn sofort unsympathisch wirken. Ares, erinnerte sich Arisha. Ja, das war sein Name. Und die blonde Frau hieß Lucrezia. Der Mann, der an ihrer linken Seite stand, hieß, soweit sie sich erinnern konnte, Kemal, war aber bis jetzt nicht weiter aufgefallen, sondern begnügte sich damit, still zu stehen.

Unbewusst drückte sich Arisha enger an Shareef. Sie wollte hier fort.

„Jetzt sieh dir das an.“, höhnte Ares, den Kopf zu Kemal gewandt. „Ist das nicht niedlich?“

Kemal grinste bestätigend, sagte jedoch noch immer nichts, während Lucrezia den Schwarzhaarigen mit einem scharfen „Es reicht!“ zurechtwies.

Arisha war lange genug in diesem Land gewesen, um zu verstehen, worüber gesprochen wurde. Düster sah sie zu Ares, der das jedoch gekonnt ignorierte. Anscheinend war er es gewohnt, auf andere herabzusehen.

Lucrezia wandte sich an Shareef. „Ich habe gehört, du suchst Arbeit.“

Shareef nickte bestätigend.

„Wo kommst du her?“

Schweigen.

Lucrezia sah fragend zu Ares, doch der zuckte nur mit den Schultern. „Er wollte mit mir auch nicht sprechen.“, meinte er gleichgültig. „Aber er bestand darauf, dass wir die Kleine mitnehmen. Er ist ziemlich flink und leise noch dazu.“

Die Großmeisterin seufzte. „Na gut. Steck ihn zu den Söldnern. Wie ist dein Name?“, wollte sie von dem Araber wissen.

„Shareef.“ Die ersten Worte, die er gesprochen hatte, seit sie Ares begegnet waren.

Lucrezia nickte.

„Was wird aus dem Mädchen?“, wollte Kemal wissen, der den Blick auf Arisha gerichtet hatte. Ratlosigkeit auf sämtlichen Gesichtern.

„Wir könnten sie ins Waisenhaus stecken.“, schlug Ares vor.

„Arisha bleibt hier.“, sagte Shareef ruhig. Abgesehen vom Akzent merkte man nicht, dass er die Sprache erst seit wenigen Monaten beherrschte.

„Ah, er kann also auch ganze Sätze sprechen.“, stichelte Ares. „Und Ansprüche stellen kann er auch. Er sollte froh sein, dass wir ihn von der Straße geholt haben.“ Er hielt es anscheinend nicht für notwendig, Shareef direkt anzusprechen.

„Lass das.“ Lucrezia schien die Einzige zu sein, auf die Ares hörte, denn er verstummte. „Das Mädchen kann hier bleiben.“, fuhr die Frau fort. „Sie wird ausgebildet, sobald sie alt genug ist.“

„Ich bitte dich!“ Ares sah sie fassungslos an. „Wir sind doch hier kein Kindergarten!“

Lucrezia erwiderte seinen Blick kalt. „Du hast gehört, was ich gesagt habe. Keine Widerrede.“

Ares schüttelte fassungslos den Kopf, ließ es aber dabei.

Auf Anweisung Lucrezias zeigte Kemal ihnen das Zimmer, in dem sie schlafen würden. „Du bist morgen um Sieben im Trainingsraum.“, wies er Shareef noch an, dann ging er.

Arisha blickte zu Shareef. „Wohnen wir jetzt hier?“

Ihr Bruder seufzte und nickte dann. „Ja. Wenn sie uns hier behalten.“ Er setzte sich aufs Bett, neben Arisha. Als er zu ihr sah, bemerkte er mit Erstaunen, dass Arisha lächelte. „Was ist los? Gefällt es dir hier so gut?“

„Nein.“, meinte sie gleichmütig und schmiegte sich an ihn. „Aber es ist alles in Ordnung, solange wir zusammen sind.“

Auch Shareef lächelte jetzt schwach. „Stimmt, das ist es wohl.“



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Ea
2007-07-19T04:59:08+00:00 19.07.2007 06:59
*misstrauischer blick zwischen henry und arisha*
der liebt sie wahrscheinlich und sie denkt die ganze zeit daran ihn zu töten
armer henry :(
endlich weiß ich wie die beiden zur prieuré gekommen sind :)
ares find ich toll, wie der sich weigert :)
gut, dass er auf schwester hören muss :)
Von: abgemeldet
2007-07-18T20:51:32+00:00 18.07.2007 22:51
Sehr schön geschrieben
lässt sich gut lesen


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