Zum Inhalt der Seite

The Past

Meine (dunkle) Vergangenheit
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

5. Tag

„But with a whisper she arrived and danced into my life, like a music melody, like a lover’s song“
 

Arisha stand am offenen Fenster und ließ sich die kühle Morgenluft ins Gesicht wehen. Eigentlich hatte sie keine Lust, heute zu Henry zu gehen, aber je eher sie hier fertig wurde, desto eher konnte sie zur Devina zurück. Eigentlich hatte der ganze Auftrag dann auch gar nicht so lange gedauert, bei Gisbert hatte sie zwei Wochen gebraucht, um ihn zum Reden zu bringen.

Sie begann Henry und Gisbert zu vergleichen. Die beiden Männer waren grundverschieden, wie sie feststelle. Gisbert war misstrauisch, verschwiegen und abweisend gewesen, während Henry nahezu alles tat, um sie zum Bleiben zu überreden.

Gisbert hatte sie nur begehrt, Henry schien sich wirklich verliebt zu haben. Was für ein Trottel.

Aber das machte es für sie einfacher, denn so würde er früher zu reden anfangen.

Arisha schloss das Fenster und ging zum Nachttisch, auf welchem ihre Waffe lag. Sie nahm sie in die Hand und drehte sie eine Weile nachdenklich zwischen ihren Fingern, dann befestigte sie sie an der Innenseite ihrer Jacke. Henry würde die Pistole, seine Todeswaffe, nicht zu Gesicht bekommen, jedenfalls vorerst noch nicht. Und wenn er sie sah, würde es zu spät sein. Für ihn.

Es klopfte an der Zimmertür und kurze Zeit später trat Ares ein. „Na, wieder in Überlegungen versunken?“ Er grinste, wie eigentlich immer.

„Nein.“, erwiderte sie kühl.

„Ich hab gestern mit Lucrezia gesprochen. Sie meint, wir sollten ab morgen oder übermorgen vielleicht noch ein paar Leute hier stationieren.“

„Wen?“

„Krull, Kemal, Shareef.“ Er wartete ihre Reaktion bei den einzelnen Namen ab, aber sie tat ihm den Gefallen nicht.

„In Ordnung.“, meinte sie nur. „Wenn Lucrezia darauf besteht.“

„Tut sie. Die Templer lasen sich hier nämlich verdächtig oft blicken.“

„Wieso weiß ich davon nichts?“

„Weil du dich auf den Künstler konzentrieren sollst.“

Eine Weile herrschte aggressives Schweigen zwischen den Beiden, dann zuckte Arisha mit den Schultern und tat so, als ob es ihr gleichgültig sei.

Ares wartete noch eine Weile, dann ging er wieder zur Tür. „Dann wünsch ich dir mal viel Spaß beim lieben Henry. Tu ihm nicht weh.“ Damit verließ er das Zimmer.

„Idiot.“, giftete Arisha die verschlossene Tür an, ließ eine Minute verstreichen und ging dann ebenfalls nach draußen, wobei sie sorgsamst darauf achtete, die Tür zu verschließen. Wenn Ares sagt, dass hier Templer rumschlichen, würde es wohl stimmen und Arisha hatte keine Lust, diese praktisch einzuladen sich hier umzusehen. Auch, wenn die Templer wohl kaum vor einer verschlossenen Türe halt machen würden.

Sie versenkte den Schlüssel in ihrer Jackentasche und verließ das Hotel.

Eine kurze Weile stand sie einfach vor dem Gebäude und betrachtete Henrys Wohnung auf der gegenüberliegenden Straßenseite.

Ahnte er etwas? Wenn ja, ließ er sich nichts anmerken. Sie fragte sich, ob die Templer ihn gewarnt hatten. Aber dazu hätten sie keinen Grund gehabt, immerhin war Arisha bei den Templern unbekannt. Noch.

Während sie die Straße überquerte, dachte sie noch mal an Gisbert.

Er hatte eigentlich nichts über die Templer gewusst, jedenfalls nichts, was ihnen weiterhelfen konnte. Gut, er wusste, dass es sie noch gab und er hatte vielleicht ein, zweimal mit einem von ihnen telefoniert, aber das war auch schon alles gewesen.

Trotzdem hatte sie Gisbert erschossen, so wie sie Henry erschießen würde. Weil man es ihr befehlen würde.

Innerlich hatte sie immer den Wunsch nach Freiheit verspürt und doch drehte sich ihr ganzes Leben um diese Befehle und um den Orden der Prieuré. Sie kannte es einfach nicht anders. Wie hätte sie ihr Leben auch fortführen sollen, wenn sie den Orden verlassen würde?

Zum Einen wusste sie nicht, wohin sie dann hätte gehen sollen. In ihr Heimatland bestimmt nicht.

Zweitens hätte sie dann getrennt von Shareef gelebt, der sie praktisch aufgezogen hatte. Und Shareef zu verlassen, war für sie ausgeschlossen.

Henry hatte sie offensichtlich erwartet, denn er öffnete die Tür, bevor sie klingelte. „Hallo, Arisha. Komm doch rein.“, begrüßte er sie freudig.

Arisha bemerkte sofort, dass sie nicht allein waren. Ihre Vermutung bestätigte sich, sobald sie eingetreten war. In der Mitte des großen Zimmers, das Henry als Atelier verwendete, stand Raimund von Antin, vertieft in eine der Zeichnungen.

Wahrscheinlich war er hergekommen, als Ares heute morgen bei ihr im Zimmer gewesen war. Überhaupt, war Ares nicht eigentlich da um die Templer von ihr fernzuhalten?

Henry schien nichts zu merken. „Raimund, das ist Arisha.“, stellte er gutgelaunt vor.

Der Templer sah kurz von der Zeichnung auf –Arisha bemerkte mit Unbehagen, dass es eine von ihr war- , registrierte ihr fremdländisches Aussehen und blickte dann zu Henry. „Deine jetzige Muse?“

„So könnte man es ausdrücken, ja.“

Der Templer lächelte schwach und sah wieder auf das Bild. An Arisha schien er nichts Verdächtiges zu finden. Oder er zeigte es nicht. Trotzdem bereute sie es, dass sie Henry ihren wahren Namen verraten hatte.

„Raimund schaut ab und zu vorbei.“, erklärte Henry ihr. „Wir kennen uns schon seit einer ganzen Weile.“

„Ach.“ Sie ließ den Blick auf den Templer gerichtet, den das jedoch nicht weiter zu stören schien.

Die offensichtlich unangenehme Situation veranlasste Henry, kurz in der Küche zu verschwinden und wenige Augenblicke später mit drei Gläsern und einer Flasche Wein wieder aufzutauchen. Während das die Stimmung der beiden Männer tatsächlich zu lockern schien, nippte Arisha nur an ihrem Glas.

Eigentlich kam ihr Raimunds Besuch gar nicht ungelegen, so konnte sie still dasitzen und einfach zuhören. Vielleicht verloren die zwei ja ein Wort über den Templerorden.

Ihre Hoffnungen wurden enttäuscht, bis Raimund sich schließlich verabschiedete. „Ich lass dir den Ordner hier.“ Er legte die dicke Mappe auf einen der papierbedeckten Tische. „Gib mir dann Bescheid.“

Henry nickte. „Natürlich, mach ich.“

Als Raimund gegangen war, wandte er sich an Arisha. „Was hältst du von ihm?“

Sie legte den Kopf schief, als sie ihn ansah. „Ich glaube, er mochte mich nicht.“

Henry lachte und setzte sich neben sie. „Unsinn. Er zeigt bloß nicht gerne, was er denkt.“

„Was ist er von Beruf?“

Der Maler blickte in die rote Flüssigkeit in seinem Glas. „Ich glaube, er möchte nicht, dass ich darüber rede.“

Also wusste Henry Bescheid. Zumindest etwas. Arisha stellte ihr Glas weg. Sie bemerkte, dass Henry jede ihrer Bewegung genau beobachtete und lächelte insgeheim. Der Mann war so leicht zu durchschauen. Ohne ihn anzusehen zog sie ihre Jacke aus und ließ sie auf den Boden fallen, so, dass die Waffe verdeckt lag. Dann wandte sie sich wieder zu ihm und tat überrascht. „Alles in Ordnung?“, fragte sie scheinbar besorgt.

Seine Antwort war ein unverständliches Murmeln, doch er wandte den Blick nicht ab.

Arisha sah kurz zu der leeren Flasche. Das meiste davon hatte Henry getrunken, der aus irgendeinem Grund Feierlaune gehabt hatte. Raimund hatte nur sein erstes Glas geleert und Arishas war noch immer der Inhalt vom Anfang. Der Alkohol schien Henry mutiger zu machen.

„Willst du wirklich nicht mal hier bleiben?“

„Wenn es dir keine Umstände macht. Hast du ein Sofa?“

Er reagierte genau so, wie sie es erwartet hatte. „Nein. Du kannst hier schlafen.“

„Und du?“

Ein Grinsen huschte über sein Gesicht. Auch er stellte jetzt sein Glas ab. „Ich auch.“

Damit beugte er sich über sie und presste seinen Mund auf ihren.

Arisha wehrte sich nicht, sie hatte klare Anweisungen. Ares hatte ihr aufgetragen, so zu handeln, wie bei Gisbert. Na schön, Auftrag war Auftrag. Also erwiderte sie den Kuss und legte eine Hand in seinen Nacken, um ihn zu sich zu ziehen.

Gisbert hätte jetzt vielleicht Verdacht geschöpft, aber Henry war viel zu eingenommen von seiner Sehnsucht zu ihr. Er drückte sie aufs Bett, während seine Hände unter ihre Kleidung gingen und sie sanft streichelten. Er war viel vorsichtiger als Gisbert, nicht so fordernd und anscheinend noch immer überrascht, dass sie ihn nicht einfach wegstießen.

Shareef würde sie umbringen, wenn er das erfuhr. Nein, er würde erst Ares umbringen, weil dieser ihr den Auftrag gegeben hatte und danach Henry, weil der es gewagt hatte, seine Schwester anzurühren. Also war es besser, Shareef erfuhr nichts von der ganzen Sache.

Sie verdrängte den Gedanken an Shareef und streifte Henrys Hemd ab. Es dauerte nicht lange und er tat es ihr mit ihrer Kleidung nach, begann, ihren Körper zu küssen und ihren Namen zu flüstern. Er tat ihr schon fast Leid.

Aber spätestens, als er außer Atem neben ihr lag und sie in den Armen hielt, war dieses Mitleid verflogen.

„Kann ich bei dir duschen?“ Sie hatte sich auf den Bauch gedreht und fuhr mit den Fingerspitzen über seinen Oberkörper.

Er lächelte sie an. „Klar.“

Als sie aufstand und zum Bad ging, musste sie sich nicht umdrehen um festzustellen, dass er ihr hinterher sah.

Sie blieb länger unter dem Wasser, als sie eigentlich benötigte, um auf Abstand zu bleiben. Nein, Henry tat ihr nicht leid, es war seiner eigenen Dummheit zuzuschreiben, dass er ihr vertraute. Selbst Schuld.

Nach kurzem Zögern schlüpfte sie in seinen Bademantel, immerhin musste sie ihre Rolle weiterspielen.

Henry schien zu schlafen, doch als sie sich auf die Bettkante setzte, drehte er sich zu ihr um. „Schon fertig?“

Also hätte sie sich doch mehr Zeit lassen können. Verdammt. „Ich wollte so schnell zu dir zurück.“, schwindelte sie mit Engelsmiene.

Einen Moment lang hatte Henry tatsächlich befürchtet, Arisha wäre gegangen und genauso schnell aus seinem Leben verschwunden, wie sie aufgetaucht war. Er ließ seinen Blick über sie wandern und sie bemerkte, wie eine Mischung aus Gier und Leidenschaft in seinen Augen aufflackerte.

Ohne ein weiteres Wort legte sie sich zu ihm. „Du hast ganz schön lange auf so was verzichtet, was?“, flüsterte sie ihm neckisch zu.

Er streifte ihr den Bademantel von den Schultern. „Stimmt.“
 

Mit einem dumpfen Knall traf die Kugel ihr Ziel, eine alte Flasche, und ließ Glassplitter durch die Gegend fliegen. Shareef nickte der Schützin zu. „Sehr gut.“

Arisha ließ die Waffe sinken und sah zu der Stelle, an der gerade eben noch ihre Zielscheibe gestanden hatte. Sie war nicht ganz zufrieden mit sich, war viel zu ungeduldig, was die Geschwindigkeit ihres Trainings anging. Am liebsten hätte sie sofort mit der nächsten Lektion angefangen, doch Shareef bestand darauf, es langsam angehen zu lassen.

Ihm wäre es ohnehin lieber gewesen, sie würde das alles überhaupt nicht lernen, das wusste sie. Aber dann hätte sie gehen müssen und da sie sich gegen diesen Vorschlag entschieden gewehrt hatte, hatte Shareef schließlich Ares’ und Arishas’ Forderung nachgegeben und angefangen, ihr Unterricht ihm Schießen zu geben.

Seit einigen Jahren schon, aber er sah es immer noch nicht gern, dass sie Waffen mit sich herumtrug.

Die Siebzehnjährige sah ihren Bruder an. „Ares meint, er will mich nicht mehr im Schwertkampf unterrichten.“

Shareef verzog das Gesicht. Er hatte Ares in den Unterricht gepfuscht, indem er Arisha gezeigt hatte, wie Assassinen kämpften und dieser fühlte sich nun persönlich beleidigt. Wahrscheinlich war dies seine persönliche Art, sich an ihm zu rächen, wenn er ihn schon nicht umbringen durfte. Denn die beiden Araber standen unter Lucrezias persönlichem Schutz. Durch ihre Verschwiegenheit und vor allem ihre Schnelligkeit und Perfektion im Umgang mit Waffen hoben sie sich vom Rest der Söldnerschaft ab und machten sich dadurch unersetzbar.

Lucrezia hätte sie schon lange in den Ritterstand versetzt, wenn die restlichen Ritter sich nicht dagegen ausgesprochen hätten, mit der Begründung, Normalsterbliche stehe dieser besondere Posten nicht zu.

Shareef teilte ihre Meinung. „Macht nichts.“, antwortete er seiner Schwester. „Soviel musst du nicht mehr lernen, das kann ich dir auch beibringen.“

Sie lächelte. Shareef als Lehrer war ihr sowieso tausendmal lieber als Ares, der keine Gelegenheit ausnutzte, jeden Söldner fertig zu machen, weil er Kleinigkeiten sah. Außerdem fühlte er sich wegen des Sangreals über alle erhaben.

Sie sah an Ares vorbei und ihr Gesicht wurde ausdruckslos. Wenn man vom Teufel sprach.

Da kam ihr (Ex)Lehrer über den Rasen geschlendert, überheblich wie immer. „Morgen, Lampenreiber. Tag, Sheherazade.“, grüßte er grinsend. „Ich hab hier einen Auftrag.“

Shareef streckte die Hand aus, doch Ares wehrte ab. „Nicht für dich, Kebap-Hirn. Für die Kleine.“

Die Geschwister wechselten einen Blick untereinander. „Das geht nicht, Ares.“, sagte Shareef dann. „Arisha ist gerade mal siebzehn.“

„Und Prieuré.“, gab der Schwertmeister kalt zurück. „Sie hat sich an die Regeln zu halten wie jeder andere auch und somit auch die Aufträge auszuführen.“

„Was für einen Auftrag überhaupt?“, wollte Arisha wissen.

Ares reichte ihr den Umschlag. „Steht alles drin, du brauchst nur nachzulesen. Das kannst du hoffentlich besser als Schwertkampf.“ Damit wandte er ihnen den Rücken zu und ließ sie zurück.

Shareef sah seine Schwester an. „Jetzt wäre der richtige Zeitpunkt um zu sagen, dass du aussteigst.“

Doch seine Schwester schüttelte den Kopf. „Nein. Ich habe etwas geschworen, Shareef, und das werde ich nicht einfach so brechen. Außerdem werde ich dich nicht verlassen.“

Shareef legte einen Arm um sie und drückte sie an sich. „Arisha.“, seufzte er.

„Ich werde dich nicht verlassen Shareef. Niemals.“



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (2)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Ea
2007-07-20T04:57:35+00:00 20.07.2007 06:57
jetzt mag ich henry nicht mehr, der soll gefälligst die pfoten von ihr lassen, auch wenn sie darauf eingeht òó bei dem anderen hat sie es auch gemacht? weiß shareef das? armer conne :(
warum legt die ihn denn nicht endlich um? ein besseren beweiß als ein templer im haus gibts ja wohl nicht ;)
ares mag ich auch nicht, so wie er mit arisha umgeht :(
Von: abgemeldet
2007-07-19T19:32:18+00:00 19.07.2007 21:32
Das hätte ich von Arisha nicht gedacht
*mit dem kopf schüttel*


Zurück