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Angel School

von

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Kapitel 1

Ein schwarzer Engel … Schwerter … wehende schwarze Mäntel … Ein bleiches Gesicht mit schwarzen Augen … „Kirya? Kirya! Wach endlich auf!“ Vor mir knallte ein Rohrstock mit einem sausenden Krachen auf den Tisch. Sofort saß ich wieder kerzengerade. „Was fällt dir eigentlich ein, hier einfach so einzuschlafen?!“ Ich blinzelte müde und blickte dann in das mittlerweile rot angelaufene Gesicht des wütenden Fra Antonio. „Entschuldigt, Bruder“, murmelte ich und versuchte, möglichst unschuldig auszusehen. Er verschränkte die Arme vor der Brust – oder vielmehr über seinem beachtlichen Bauch – und schnaubte: „Ich werde dem Abt Bescheid geben, das hier ist schließlich nicht das erste Mal, dass so etwas passiert. Er wird über deine Strafe entscheiden, denn er hat dich schließlich hier aufgenommen und ist für dich verantwortlich. Doch zuerst wirst du es wohl oder übel noch ein wenig mit mir und der lateinischen Sprache aushalten müssen.“ Er wandte sich wieder der Tafel zu. Ich musste es mir verkneifen, nicht laut aufzustöhnen. Das war nun wirklich das Allerletzte. Wie ich es hasste. Ich versuchte, mich wieder auf das vor mit liegende Buch zu konzentrieren, während Frau Antonio mit leiernder Stimme im Stoff fort fuhr.

Nach einer kleinen Ewigkeit ertönte endlich die Glocke der Kapelle und rief alle Bewohner der kleinen Klosterinsel nahe St. Ivan zum Mittagsgebet. Ich genoss die frische Luft, als ich aus der stickigen Kammer nach draußen trat. In den pfeifenden Wind hatten sich einige Regentropfen gemischt, die den Weg hinauf zur Kapelle langsam matschig werden ließen. Ich zog meinen Mantel etwas fester um die Schultern, denn es war doch noch recht kalt. Der Februar war fast vorbei und dieser hier war einer der letzten Winterstürme, der die Adria aufwühlte und die Wellen laut an den felsigen Strand der Insel klatschen ließ. Ich beschleunigte meine Schritte den Berg hinauf, denn ich wollte nicht als Letzte ankommen, sondern noch etwas von der Wärme der vielen Kerzen abbekommen. Nachdem ich durch das schwere Eichenportal getreten war, mussten sich meine Augen erst einmal an das flackernde, dämmrige Licht der vielen Kerzen gewöhnen, denn die Fenster der Kapelle waren verhängt und so drang kein Tageslicht hinein. Ich suchte mir einen Platz im Seitenschiff. Hier saß ich schon immer, denn so hatte ich den Überblick und konnte die anderen beobachten ohne unbedingt selbst gesehen zu werden. Ein paar Meter links von mir wurde die Tür der Sakristei geöffnet und der Abt trat heraus. Doch etwas ließ mich stutzig werden: Dem alten, kleinen Mann folgte ein großer Mönch in einer nachtschwarzen Kutte, den ich noch nie hier gesehen hatte. Ein unbehagliches Gefühl machte sich in meiner Magengegend breit. Der Abt stritt mit dem anderen Mann, was ungewöhnlich für ihn war, denn er war sonst ein sehr ruhiger und gesetzter Mensch, der keinen Streit anfing, wenn es nicht nötig war. Ich konnte die Szene nicht weiter verfolgen, denn das Portal schloss sich mit einem dumpfen Krachen und die Glocken läuteten erneut und damit schien die Diskussion beendet. Kopfschüttelnd wandte sich der Klostervorsteher dem Altar zu und der Gottesdienst begann. Plötzlich tauchte der fremde Mönch neben mir auf und fragte flüsternd, ob er sich setzen dürfe. Ich war etwas perplex, sodass ich nur ein holpriges Nicken zu Stande bekam.

Über die ganze Messe hinweg achtete ich nicht auf den Abt, der vorn die Worte aus der Bibel las, sondern musterte aus den Augenwinkeln den Fremden neben mir. Er schien gar kein richtiger Mönch zu sein, denn er trug die ungewöhnlich hellen Haare zu einem langen Pferdeschwanz gebunden und nicht so kurz rasiert, wie alle anderen Mönche, die ich bisher kennengelernt hatte. Außerdem hatte er ein auffallend schmales, fast ausgemergeltes Gesicht. Aus meiner Sicht hatte ich noch nie einen so attraktiven Mann gesehen, wenn sich das so sagen ließ. Offenbar hatte er bemerkt, dass ich ihn die ganze Zeit über beobachtete, denn als ich das nächste Mal zu ihm hinüber sah, lächelte er. Hastig wandte ich meinen Blick ab. Zum Glück sprach der Abt gerade das letzte Gebet und nachdem er geendet hatte, erhoben sich alle und strebten nach draußen. Auch ich wollte mich möglichst schnell verdrücken, doch schon hörte ich den Abt meinen Namen rufen. Artig und zu Boden blickend drehte ich mich herum und ging auf ihn zu. „Meine Tochter, was musste ich schon wieder von Fra Antonio hören?“, fragte er mit übertrieben ernster Stimme. Ich kannte ihn schon lange und wusste daher, dass er es nicht ganz so meinte und antwortete ihm daher: „Ihr wollt mir bestimmt nicht erzählen, dass auch Ihr die lateinische Sprache nicht im mindesten so aufregend findet, wie Fra Antonio es sich manchmal wünscht.“ Der Abt musste ein Lachen unterdrücken. „In der Tat, ich gebe dir Recht. Doch Strafe muss sein.“ Bestürzt schaute ich ihn an. „Nein, nicht schon wieder Kartoffeln schälen“, scherzte er. „Ich habe einen besonderen Gast, wie du sicher schon bemerkt haben wirst.“ Er winkte dem fremden Mönch, der auf seinem Platz sitzen geblieben war, zu uns zu treten. „Kirya, das hier ist Micail.“ Der Fremde trat näher und lachte. „Lieber Abt, ich glaube, so wie sie mich die ganze Zeit über beobachtet hat, kennt sie mich schon.“ Er reichte mir die Hand. „Ich komme im Auftrag deiner Mutter und möchte dich mit zu ihr nehmen“, fuhr er fort. Plötzlich schnürte sich meine Kehle wie von selbst zu und ich brachte kein Wort heraus, so geschockt war ich. Micails ernsthafte Gesichtszüge wurden merklich weicher. „Du brauchst keine Angst zu haben. Die Entscheidung, ob du gehst, liegt ganz bei dir. Ich möchte dich zu nichts zwingen.“ Sofort überschlugen sie die Gedanken in meinem Kopf. Der Abt legte mir eine Hand auf die Schulter, was mich erheblich ruhiger werden ließ. Ich atmete tief durch und nahm all meinen Mut zusammen. „Pater? Darf ich mit ihm gehen?“, stotterte ich. Der Abt lächelte. „Ja, wenn deine Entscheidung so schnell gefallen ist.“ Tatsächlich war sie das. Mein Verstand hatte noch gar nicht richtig nachgedacht, da hatte mein Herz schon „Ja“ gesagt.

Ich wurde für den Rest des Nachmittags von meinen Pflichten entbunden und durfte meine wenigen Sachen zusammenpacken. Ich schaute mich noch ein letztes Mal in meinem Zimmer um. Die harte Liege, der schlichte Schrank, die weiß getünchten Wände. Hier hatte ich nun mittlerweile acht Jahre meines Lebens verbracht. Ich atmete noch einmal den vertrauten Geruch ein, bevor ich als Letztes meine in Leder gebundene Bibel in die Tasche packte. Dann drehte ich mich herum und ging hinaus, geradewegs zum Zimmer des Abtes. Es war höchst selten, dass eine weibliche Person ihn aufsuchte und so wurde ich von vielen neugierigen Augenpaaren verfolgt. Noch bevor ich geklopft hatte, öffnete Micail die Tür und bat mich herein. Ich bemerkte, dass er sich umgezogen hatte. Er trug jetzt keine Kutte mehr, sondern Hosen und einen weiten schwarzen Mantel. „Nun, es wird Zeit für dich zu gehen, meine Tochter“, meinte der Abt und erhob sich aus seinem großen, mit reichlichen Schnitzereien verzierten Stuhl. Micail nickte und ließ den Mönch vorangehen. Gemeinsam gingen wir zum großen Tor, durch das der Weg hinunter an den kleinen Anlegesteg führte. Wir blieben stehen und der Abt wechselte noch einige Worte mit Micail. Dann trat er an mich heran und sagte: „Pass’ gut auf dich auf und möge Gottes Segen immer mit dir sein.“ Er legte mir die Hand auf den Kopf und segnete mich. Danach zog er eine Kette mit einem silbernen Kreuzanhänger aus seiner Kutte hervor. „Hier, nimm das zurück. Deine Mutter gab es mir, als wir dich hier aufnahmen. Nun lebe wohl.“ Er öffnete einen hölzernen Flügel des Tores und schickte uns hinaus.

Ich sah erst wieder zurück, als wir schon weit vom Strand entfernt waren. Die kleine Insel verschwand schnell. Mir war kalt. Nicht nur wegen des Windes, der mir kräftig ins Gesicht schlug, sondern auch weil es mir so schien, als hätte ich einen Teil von mir im Kloster zurückgelassen. Das kleine Motorboot flog geradezu über die Wellen und Gischt spritzte vom Bug auf. Der westliche Himmel hatte sich schon rosa verfärbt und die Sonne senkte sich langsam dem Horizont entgegen. Wir fuhren nicht lange, da tauchte vor uns schon die Stadt Rovinj auf. Wunderschön lag sie auf der Halbinsel, gekrönt von der alten Kirche mit ihrem hohen Glockenturm. Im Hafenbecken, in das wir einfuhren, stank es nach Fisch. Einige Fischerboote hatten schon angelegt und die Arbeiter verluden die frische Ware. Unbemerkt machte Micail das kleine Boot fest und wir gingen an Land. „An der Hafenstraße wartet ein Taxi auf uns, das uns nach Pula bringt. Von dort aus fliegen wir heute noch nach London“, meinte mein Begleiter ganz beiläufig, doch ich nahm es nicht ganz so gelassen auf. Mir kam das alles irgendwie zu plötzlich, doch mein Herz schien seinen Weg zu kennen. Von Heute auf Morgen sollte sich mein ganzes Leben ändern. Micail hingegen deutete mein beharrliches Schweigen als Zustimmung und beschleunigte seine Schritte. Nur wenige Leute waren auf der Straße, die meisten davon waren Einheimische, und so blieben wir unbemerkt. Innerhalb einer Viertelstunde saßen wir im Taxi und steuerten Pula an.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  mocca-shake
2007-05-08T18:07:28+00:00 08.05.2007 20:07
da hat jemanden die schreiblust gepackt ^^
von dem schreibstil finde ich es gelungen du solltest vielleicht manches noch merh herauszögern und auch mehr kleinere details beschreiben wie landschaften siehe Angel_Yuki ^^ ansonsten voll gelungen
LG mia ^______^
Von:  Anyu
2007-03-27T11:04:25+00:00 27.03.2007 13:04
Ich finds eigentlich ganz gut ... man merkt, dass du Kroatienurlauber bist - aber deine Landschaftsbeschreibungen fehlen mir dann doch bissel - die sind echt mager. Aber ansonsten ist das ganze von der Geschi her schonmal nicht ganz schlecht ...
freu mich schon aus nächste Chap.

AY


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