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Theater des Lebens

Never was and neber will be
von

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La course d'amour

Der Sommer hatte sich verabschiedet, der Herbst schon lange Einzug gehalten. Noch saßen die meisten Blätter an den dazugehörigen Bäumen, allerdings hatten sie schon ihre warmen Farben angenommen.

Mitten im Meer der rot-gold-gelb-braunen Bäume stand ein altes Gebäude, ein Kloster, an dessen Südseite ein modernerer Anbau grenzte. Auf dem Kieshof gab es mehrere umzäunte Beete und die Straße, die vom Kloster wegführte, war völlig intakt. Alles in allem sah es sehr gepflegt aus.

Zwei Mönche harkten das wenige Laub vom Gras, ein dritter jätete Unkraut, während ein kleiner Junge, ein seltener Anblick an einem Ort wie diesem, tatkräftig versuchte, ihm bei der Arbeit zu helfen. Er riss dabei eine der noch blühenden Pflanzen aus, doch der Mönch kommentierte dies nur mit einem Schmunzeln und strubbelte ihm durchs Haar. Er war ein aufgeweckter Junge, mit intelligentem Blick und schneller Auffassungsgabe.

Bruder Tobias konnte nicht verstehen, wieso man ihn ausgesetzt hatte.

Vor zwei Jahren, ungefähr zu dieser Jahreszeit, hatten sie ihn auf den Klosterstufen gefunden, weinend vor Einsamkeit oder Angst. Anstatt ihn ins Waisenheim zu geben, hatten die Mönche ihn aufgenommen. Ein Brief hatte neben dem Jungen gelegen, beschriftet mit einem einzelnen Wort.

Alain.

Da es im Kloster niemanden mit diesem Namen gab, hatten sie den Jungen so genannt. Der Brief lag nach wie vor ungeöffnet auf dessen Nachttisch.
 

„Haben wir zuviel versucht? Warum konnten wir’s nicht ahnen? Es wird nicht leicht sein, das alles einzusehn...“
 

Einige Meter entfernt, saß unter einer Gruppe von Bäumen eine arabisch wirkende Frau, von den Mönchen unentdeckt. Sie mochte Mitte zwanzig sein und war auf fremdländisch orientalische Weise schön, aber in ihren Augen stand Trauer. Ihr Blick war auf den kleinen Jungen gerichtet, der dem Alten gerade freudestrahlend die Blume hinhielt.

Er wirkte so unbeschwert, als könnte nichts auf dieser Welt ihm schaden. Er wusste nichts von der Wahrheit. Noch nicht. Irgendwann würde der Tag kommen, an dem er beginnen würde, Fragen zu stellen. Und dann? Was würden die Mönche tun? Und wie würde Alain damit klarkommen, ohne Eltern aufzuwachsen? Aber lieber das, als mit einer Lüge zu leben und keine Zukunft zu haben.

Arisha hatte ihren Sohn ins Kloster gebracht, damit er dort leben konnte, fernab vom Orden der Prieuré und den Templern, dem ganzen Hass, Krieg und Tod.

Denn für Alain hatte es nur zwei Möglichkeiten gegeben: Entweder er starb oder er wuchs als Prieurésöldner auf. Beides hatte sie für ihn nicht gewollt, deshalb hatte sie ihn in Sicherheit gebracht. Somit war Alain schon der Zweite, von dem sie sich trennte, um sein Leben zu garantieren. Warum sie selbst noch am Leben war, wusste sie nicht. Eigentlich interessierte sie es auch nicht.

Arisha wurde aus ihren Gedanken gerissen, als sich jemand neben ihr niederließ.

„Ich hab mir schon gedacht, dass du hier bist.“, sagte Shareef, ihr Bruder. Auch er sah zu Alain hinüber, seinem kleinen Neffen. Er war der Einzige, der von Arisha eingeweiht worden war. Und er wusste auch, dass Arisha nicht nur heute hier war, sondern immer wieder kam, um zu sehen, wie es Alain ging.

„Er scheint sich gut eingelebt zu haben, was? Und von den Templern hat sich auch noch keiner blicken lassen.“

Arisha schwieg, spürte Shareefs Blick, der nun auf ihr ruhte. „Du vermisst ihn noch immer.“, stellte er fest.

‚Er’ war Constantin Avalon, seines Zeichens Templer. Eine Zeit lang waren er und Arisha trotz aller Widrigkeiten ein paar gewesen, bis sie beschlossen hatte, sich von ihm zu trennen, damit er nicht getötet wurde.

„Ich will, dass er mich vergisst und glücklich wird mit jemandem, den er lieben darf.“, wollte sie antworten, doch es wäre Selbstbetrug gewesen. Sie wollte in Constantins Gedanken sein, bei ihm und jeder Tag, an dem sie das nicht sein konnte, brannte sich wie eine glühende Nadel in ihr Herz. „Ich habe ihn geliebt.“, meinte sie stattdessen schlicht. „Ich liebe ihn noch immer. Und ich war dumm genug, zu glauben, dass wir eine gemeinsame Zukunft haben.“

Shareef seufzte und nahm seine Schwester in den Arm. „Scheint so, als hättest du dich geirrt.“

Arisha lehnte den Kopf gegen seine Schulter und schloss die Augen. „Scheint so.“

„Bist du wütend?“

„Nein.“

Dann verstummten beide, blieben einfach sitzen, bis sich Shareef irgendwann erhob und seine Schwester mitzog. „Willst du es nicht nochmal versuchen?“

Sie lachte bitter. „Wie stellst du dir das vor?“

Er zuckte mit den Schultern. „Du liebst ihn.“, was sein einziger Kommentar, bevor er ihr bedeutete, dass sie besser zur Devina zurückkehren sollten.

Arisha sah zu ihrem Sohn und lächelte traurig. Dann folgte sie ihrem Bruder.
 

„Denn wir stehen hier ihm Regen, haben uns nichts mehr zu geben und es ist besser wenn du gehst. Denn es ist Zeit sich einzugestehen, dass es nicht geht. Es gibt’s nichts mehr zu reden, denn wenn’s nur regnet, ist es besser aufzugeben.“
 

Drei Wochen waren seit dem Vorfall vergangen und weder Arisha noch Shareef hatten ein Wort darüber verloren.

Während der letzten Tage hatten sich die Wolken immer mehr zusammengezogen, nun schwebten sie in drohendem Schwarz über der Burg der Templer, wie ein Schwarm Krähen, der sich über Aas hermachen will. Ein lautes Grollen durchzog die Stille, gefolgt von mehr oder weniger gleichmäßigem Rauschen, als der Regen auf Templer und Prieuré fiel, die sich gegenüberstanden.

Ares hatte schon vor langer Zeit entschlossen, dass der Templerhaufen endlich vernichtet werden musste und den Rest des Ordens zusammengetrommelt, um die Burg anzugreifen.

Arishas Augen huschten über die Reihen der Ritter, bis sie Constantin fand, der ihre Blick ausdruckslos erwiderte. Sie fragte sich, ob er sie hasste, weil sie ihm das Herz gebrochen hatte. Vielleicht war es auch besser. Immerhin konnte er ihr nicht ewig nachtrauern.

Ein Blitz zuckte über den Himmel und der kurze Moment Helligkeit brach die Starre. Templer und Prieuré schienen sich plötzlich ihrer Feindschaft bewusst zu werden und griffen sich an.

Und sowohl Arisha als auch Constantin waren gezwungen, zu kämpfen, um ihr Leben zu verteidigen. Aber da war noch mehr. Während sich ihre Klingen trafen, ließen sie sich nicht aus den Augen, beobachteten jedoch nicht die Angriffe des Gegenübers, sondern die Emotionen, die sich auf ihren Gesichtern zeigte.

Was Arisha sah, überraschte sie. Wut, natürlich, aber nur gering. Enttäuschung und vor allem Liebe waren überwiegend. Er wollte gegen sie genauso wenig kämpfen wie sie gegen ihn.

Shareef, der seine Schwester nicht aus den Augen ließ, schien es zu merken. „Such dir einen anderen Gegner!“, rief er zu ihr hinüber.

Arisha und Constantin ließen ihrer Schwerter sinken. Der ganze Kampf um sie herum schien nicht zu existieren. Sie wusste nicht, was sie jetzt tun sollte, wo sie sich endlich wieder sahen und doch immer noch so weit voneinander entfernt. Waren es Tränen oder der Regen, der in dem Moment ihre Wange hinunterlief?

Arisha reagierte spontan. Mit einem Schritt hatte sie den Abstand zwischen sich und Constantin überwunden, legte den Arm um ihn und küsste ihn kurzerhand. Was jetzt geschehen würde, war ihr egal, sie wollte nur, dass Constantin die Wahrheit kannte: Das sie sein Leben hatte retten wollen, dass sie jeden Tag an ihn dachte, dass sie ihn liebte...dass sie für ihn den Orden verlassen würde und wenn das ihren Tod bedeuten würde.

Der leider sehr bald sein würde, wenn sie sich nicht zusammenriss. Verwirrt von sich selbst löste sie sich von ihm und wich einige Schritte zurück.

In seinen Augen stand Verwirrung, gefolgt von Schrecken. In der nächsten Sekunde verstand sie, warum. Unerträglicher Schmerz machte sich in ihr breit, doch ihre Überraschung war zu groß, als das sie irgendeinen Laut von sich hätte geben können. Sie spürte nur noch, wie Raimund – sie wusste, dass es Raimund war, seine Stimme schien aus großer Entfernung zu ihr zu dringen- sein Schwert zurückzog und sie zu Boden fiel.

Constantin war innerhalb eines Sekundenbruchteils bei ihr. ‚Sie hat Sangreal’, schoss es ihm durch den Kopf. ‚Sie kann nicht sterben.’ Aber ihm war klar, dass die Wunde selbst für Sangreal zu schwer war. „Bleib ja bei mir.“, sagte er mit leiser Stimme. „Geh nicht. Nicht jetzt.“ Ob sie ihn hörte? Er konnte es nicht sagen. Das Einzige, was er spürte, waren ihre verzweifelten Atemversuche, während er sie in den Armen hielt und an sein Herz drückte, damit sein eigener Herzschlag sie beruhigte. „Einfach weiteratmen.“, flüsterte er. „Ich bin hier.“ Constantin registrierte gar nicht, dass sämtliche Leute um ihn herum aufgehört hatten zu kämpfen. Er merkte auch nicht, dass er die Tränen nicht länger zurückhalten konnte. Das alles war ihm egal. Das Einzige, was jetzt zählte, war, Arisha zu halten, selbst wenn es keinen Sinn mehr machte.
 

„Irgendwo sind wir gescheitert und so wie’s ist, so geht’s nicht weiter. Das Ende ist schon lang geschrieben...“
 

„Shareef ist hier!“ Roberts Stimme drang nicht ganz zu Constantin durch. Er saß in der Templerburg und blickte aus dem Fenster. Erst, als der Tempelmeister ihm auf die Schulter klopfte, drehte sich Constantin zu ihm um.

„Was?“

„Shareef ist hier. Er will mit dir reden.“

Shareef, Arishas Bruder...die Prieuré hatten sich kurz nach ihrem Tod zurückgezogen und Shareef hatte ihre Leiche an sich genommen. Seitdem saß Constantin sehr oft hier und sah einfach aus dem Fenster.

„Worüber denn?“

„Das hat er nicht gesagt. Aber er ist unbewaffnet.“

Das war natürlich das wichtigste. Warum konnte dieser verdammte Krieg nicht einfach enden? Hatte es inzwischen nicht schon genug Opfer gegeben?

Ohne ein weiters Wort stand Constantin auf und ging zum Eingang der Burg, wo Shareef wartete. Eine Weile standen die beiden sich schweigend gegenüber, dann drückte Shareef ihm einen Zettel in die Hand.

Nachdem Constantin den Inhalt gelesen hatte, sah er erstaunt auf. „Ihr Grab. Die Adresse...aber wieso?“

Shareef lächelte traurig und zum ersten Mal wurde Constantin klar, dass auch Arishas Bruder sie vermisste. „Weil sie uns beide geliebt hat, wenn auch auf unterschiedliche Weise. Und deshalb können wir auch beide um sie trauern.“
 

Lyrics von Silbermond



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von: abgemeldet
2007-06-29T17:26:19+00:00 29.06.2007 19:26
T.T
Wo sind die verdammten Taschentücher wenn ich sie brauch!
*heul*
ich kann nicht mehr dazu sagen


WARUM?
Von:  Ea
2007-06-29T11:01:35+00:00 29.06.2007 13:01
boah, dafür müsste ich dich jetzt eigentlich hassen
wie kannst du nur so fies sein?
das haben beide nicht verdient
*schmoll*


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