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Cruel Nature

von

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Über dem Fluss

Über dem Fluss
 

Luna hatte ihren langen Bogen und einen Köcher mit Pfeilen aus ihrem Haus geholt und auf den Rücksitz des Autos verfrachtet. Die schattenartige Katze störte sich nicht daran und schlief unbekümmert weiter.

Keisuke betrachtet das Tier. Es ist sehr schön, auch wenn seine Form irgendwie unwirklich erscheint. Das Schattenwesen ist, obwohl es schwarz wie die Nacht ist, leicht transparent und macht den Eindruck, als könnte man hindurch fassen.

Ob das Tier von alleine aufwacht, wenn sie da sind?

„Wie lange fahren wir noch?“, fragt Keisuke Luna. Sie sind jetzt schon mehr als 15 Minuten unterwegs.

„Das Versicherungsbüro der Provitas ist am nördlichen Ende von Logaly. Es dauert noch eine Weile. Möchtest du ein Bonbon?“

Sie öffnet das Handschuhfach und nimmt eine kleine Schachtel heraus, die sie Keisuke gibt.

Er macht sie auf und steckt sich ein klebriges, rotes Bonbon daraus in den Mund.

Luna nimmt sich selbst keins sondern legt die Schachtel zurück:

„Da vorne ist der Logaly-Viola-Fluss. Wenn wir den überquert haben, ist es nicht mehr allzu weit.“

Keisuke schaut nach vorne. Der breite Fluss zieht sich mitten durch die Landschaft, und trennt Logaly in zwei immense Stadtteile.

Die Brücke ist ziemlich groß, hat aber nur eine Spur. Wenn Autos sich dort entgegenkommen, gibt es immer Auseinandersetzungen, welcher Autofahrer rückwärts fahren soll damit der andere durch kann. Glücklicherweise sind heute keine anderen Autos unterwegs.

„Wenig Verkehr, in den letzten Wochen...“, bemerkt Luna beiläufig.

„Die Cursers töten ja auch immer mehr Menschen. In meiner Schule sind auch schon ein paar verschwunden... Ich frage mich, wie viel Bevölkerung diese Stadt eigentlich noch hat.“

Luna zieht eine Augenbraue hoch: „Nun übertreib mal nicht.“

Aber Keisuke meint es ernst. Er hat den Eindruck, dass diese gigantische Stadt immer leerer wird, es aber niemandem so recht auffällt. Wie machen die Cursers das nur?

Oder bildet er sich das einfach nur ein?

Die Brücke ist jetzt überquert, und sie fahren auf einer Landstraße weiter, bis wieder an allen Seiten Gebäude emporragen. Keisuke schaut verträumt aus dem Fenster.

Nach einiger Zeit fährt Luna auf einen großen Parkplatz und nachdem sie den Wagen abgesetzt hat, steigt sie aus: „Wir sind da!“

Keisuke steigt ebenfalls aus, und sieht nach der Katze.

Sie sitzt immer noch auf dem Rücksitz, ist aber jetzt wach und schaut sich wachsam um.

„Kommt die nicht mit?“, fragt Keisuke verwirrt, woraufhin Luna schnell mit ihrem Handy bei Keisuke zu Hause anruft und Raito fragt.

Dann legt sie wieder auf und erklärt: „Raito hat gesagt, dass er sie angewiesen hat, zu kommen, wenn wir Hilfe brauchen. Er kann sie uns nicht direkt mitschicken, weil ein Schattenwesen in der Öffentlichkeit zu auffällig wäre.“

Klingt ja ganz plausibel, trotzdem hakt Keisuke nach: „Und wie will die Katze wissen, wann wir in Gefahr sind?“

Luna lächelt: „Da müssen wir ihr und Raito schon vertrauen.“

Keisuke gibt ihr im Stillen recht, er hat keinen Grund, Raito zu misstrauen. Solange er auf seiner Seite steht, muss er vor gar nichts Angst haben.

„Oh, ich muss meinen Bogen noch mitnehmen“, fällt Luna ein und öffnet die hintere Autotür.

„Ähm, willst du das riesige Teil wirklich einfach so mit in das Gebäude tragen?“

Luna läuft knallrot an: „Ups. Daran habe ich jetzt nicht gedacht! Aber ich habe auch nichts dabei, um ihn abzudecken oder so...“

Was das angeht, fällt Keisuke auch keine Möglichkeit ein. Kleinlaut fragt er:

„Und was machen wir jetzt?“

Luna seufzt: „Ich werde ihn im Auto lassen. Ich möchte sowieso nicht davon ausgehen, ihn brauchen zu müssen. Aber sicherer würde ich mich schon damit fühlen...“

Sie macht die Tür wieder zu und führt Keisuke über den Parkplatz bis zum Versicherungsbüro.

Es ist ein großes Gebäude, bestimmt mehr als zwölf Meter hoch.

„Wow“, entfährt es dem beeindruckten Keisuke.

Sie stehen direkt vor den automatischen Glastüren, und Luna fragt ihn mit einem Seitenblick:

„Du weißt, dass du nicht mitkommen musst, oder? Du kannst gerne im Auto warten.“

„Nein, ich komme mit“, entgegnet er nervös.

Luna nickt und zögert nicht länger, in das Gebäude einzutreten.

Der Vampir geht ebenfalls durch die sich automatisch öffnenden Glastüren hinein.

Die Eingangshalle ist mit weißen Fliesen ausgelegt, die einen sehr guten Kontrast zu den modernen, schwarzen Sofas und Glastischen bieten, die an wahllosen Stellen im Raum immer gleich angeordnet sind.

Ganz vorne befindet sich ein schwarzer, tiefer Tresen, auf dem ein Computer steht.

Eine braunhaarige Frau sitzt dahinter.

Als Luna sie anspricht, sagt sie abgelenkt: „Warten Sie bitte einen Moment...“

Keisuke sieht sich währenddessen um.

Er bemerkt Überwachungskameras am Ausgang sowie am Aufzug.

Das macht ihn zwar extrem nervös, aber er versucht, sich nichts anmerken zu lassen.

„Wie kann ich Ihnen helfen?“, fragt die Frau nun, nachdem sie endlich Zeit für Luna gefunden hat.

„Mein Name ist Luna Mitsuki. Ich habe hier vor kurzem eine Lebensversicherung abgeschlossen. Ich habe noch einige Fragen und würde gerne mit Herr Locover sprechen.“

„Herr Locover ist zurzeit beschäftigt“, antwortet die Frau kühl;

„Wenn Sie bezüglich ihrer Versicherung Fragen haben, kann ich ihnen ein paar äußerst kompetente Mitarbeiter zur Seite stellen, die Sie beraten.“

„Nein, ich möchte nur mit Herr Locover sprechen!“, sagt Luna sauer.

Es gefällt ihr offensichtlich nicht, dass diese Frau versucht, sie einfach mit ein paar anderen Mitarbeitern abzuspeisen.

„Wie ich sagte, er ist beschäftigt“, sagt sie ruhig, aber Luna fragt sofort:

„Und wann wird er Zeit haben? Ich nehme sofort einen Termin. Heute noch!“

Die Frau wendet ihren Blick auf den Monitor und tippt etwas ein.

Danach spricht sie wieder mit Luna:

„Er kann Sie frühestens in drei Stunden empfangen. Wenn Sie sich wirklich sicher sind, dass Sie sich nicht mit einem anderen Kollegen zufrieden geben wollen, können Sie die Zeit gerne in der Cafeteria verbringen.“ Sie deutet auf die Glastür zu ihrer Linken.

„Ich bin sicher!“, ruft Luna und geht stur in die Cafeteria, gefolgt von Keisuke.

Dort setzen sie sich an einen Tisch.

„Zwanzig nach fünf... Tja, wir haben drei Stunden Zeit, was wollen wir machen?“, fragt Luna munter. Keisuke sieht sich nervös um.

Hier kann er keine Überwachungskameras entdecken, was nicht heißt, dass keine da sind.

Er findet es merkwürdig, das bis jetzt nichts passiert ist.

„Müssen wir jetzt echt drei Stunden warten?“, jammert er.

„Damit mussten wir rechnen, oder?“, gähnt sie;

„Wenn wir einfach durch die Tür in sein Büro stürmen, verlieren wir sofort sein Vertrauen.“

„Das müssen wir erstmal bekommen!“, sagt Keisuke leicht pessimistisch.

Bei den Erfahrungen, die er mit Epheral Locover gemacht hat, zweifelt er nämlich daran.

Eine Kellnerin taucht plötzlich auf, und fragt, ob sie sich schon für etwas entschieden haben.

Luna bestellt daraufhin ein Stück Orangenkuchen und ein Glas Sojamilch, während Keisuke, der schon im Auto Blut getrunken hat, keinen großen Hunger hat und einfach aus Anstand eine Tasse Kakao bestellt.

„Muss ich den bezahlen?“, flüstert er, nachdem die Bedienung außer Hörweite ist.

„Naja, du hast ihn doch bestellt“, antwortet Luna, fängt aber auf Keisukes beleidigten Blick zu lachen an: „Ist schon gut, war doch nur Spaß!“

„Hat sich aber nicht so angehört“, murmelt er.

Eine Zeit lang sagt niemand was, dann hat Keisuke aber eine persönliche Frage:

„Ähm, Luna, bereust du es eigentlich, Miho kennengelernt zu haben?“

Sie schaut ihn verständnislos an.

„Ich meine, seitdem du das erste Mal bei uns zu Abend gegessen hast, wurdest du auch in alle möglichen gefährlichen Sachen mit hineingezogen, oder?“

Sie lächelt und sagt einfach: „Du übertreibst. So viele schlimme Dinge sind mir jetzt auch nicht passiert. Außer, dass dein großer Bruder mir immer auf den Keks geht.“

Keisuke fängt an, zu lachen.

„Und jetzt mal ehrlich, ich habe mich sowohl für die Rettung deiner Schwester vor ein paar Wochen als auch für diese Aktion hier freiwillig gemeldet. Ich bereue es kein Stück.“

Er schaut sie mit ein bisschen Bewunderung an, doch dann kommt die Kellnerin zurück und bringt den Kuchen und die Getränke.

Die beiden Kunden bedanken sich und die Frau geht wieder dahin, wo sie hergekommen ist.

Keisuke sieht sich um. Die Cafeteria ist ziemlich groß, trotzdem sind außer ihm und Luna keine anderen Gäste da. Wahrscheinlich arbeiten die ganzen anderen Leute.

Er spricht noch mit Luna über alle möglichen Themen, über seine Schulnoten, wie es bei ihr auf der Universität läuft, wie sie beim letzten Reitturnier abgeschnitten hat, eben über alle möglichen privaten Sachen. Das sie gerade in Gefahr sind und sich in nicht allzu langer Zeit in eine noch größere Gefahr begeben werden, verdrängen sie vorübergehend ganz aus ihrem Gedächtnis wie auch aus ihrem Gespräch, sondern sie reden ausgelassen weiter.

Erst als Luna ihn danach fragt, ob er sich schon für ein bestimmtes Mädchen interessiert, blockt Keisuke ab und möchte nichts mehr sagen.

Das Thema ist ihm irgendwie zu peinlich, und dass er sich noch nicht viele Gedanken darüber gemacht hat, wirkt auch nicht gerade reif.

Weil sie nun wirklich viel Zeit haben, fangen sie nach ein paar Minuten an, 'Hangman' zu spielen, und als das langweilig wird, macht Keisuke für Luna ein Kreuzworträtsel, welches sie fast vollständig lösen kann.

Die Kellnerin taucht ein weiteres mal bei ihnen auf um mitzuteilen, dass sie jetzt Schichtwechsel hat und sie deswegen doch nun bezahlen mögen. Luna übernimmt das gerne.

„Wie lange noch?“, stöhnt Keisuke und hängt mit seinen Armen über dem Tisch.

Gähnend schaut Luna auf die Uhr: „Noch mehr als dreißig Minuten... Bis jetzt haben wir die Zeit doch ganz schön totgeschlagen.“

Er bringt einen großen Seufzer hervor.

Plötzlich gehen die Glastüren auf und die Frau von der Rezeption kommt zu ihnen.

„Oh, Sie sind ja wirklich immer noch da“, sagt sie mit gespielter Überraschung.

„Wie sie sehen können...“, murmelt Keisuke.

„Ich wollte Ihnen sagen, dass der Präsident jetzt Zeit hat. Wenn Sie zu ihm hochgehen würden, die Cafeteria schließt in zehn Minuten.“

„Echt?“, ruft Keisuke und springt auf.

Auch Luna erhebt sich erleichtert: „Endlich...“

Gemeinsam mit der Dame verlassen sie die Cafeteria und gehen zum Aufzug.

„Das Büro des Präsidenten ist im siebten Stock. Gehen Sie einfach immer gerade aus“, erklärt die Frau, ehe sie sich zurück an ihren Computer setzt.

Luna und Keisuke gehen in den Aufzug und sie drückt die Sieben.

Die Türen schließen sich und der Aufzug fährt nach oben.

Keisuke ist ganz flau im Magen. Nachdem er nun solange gewartet hat, ist er noch aufgeregter als am Anfang. Er bemerkt auch, dass Lunas Bein leicht zittert. Sie ist also auch angespannt.

Ein Piepston verkündet, dass sie im siebten Stock sind, und die Türen öffnen sich.

Die beiden gehen einen Gang entlang, der links und rechts viele Räume aufweist, aber man kann in keinen hineinsehen, weil die schwarzen Türen stets verschlossen sind.

So ist es auch mit der Tür am Ende des Ganges. An der Wand daneben hängt ein Schild, auf dem „Büro des Präsidenten, Epheral Locover“ steht.

„Bereit?“, fragt Luna, und der Vampir nickt sofort, obwohl er eigentlich gar nicht bereit ist.

Zu spät, sie öffnet die Tür und sie gehen hinein.

Der Raum ist sehr groß, ein dunkelgrüner Teppich ziert den Boden, und ein riesiges Fenster mit gutem Ausblick ist direkt hinter dem Schreibtisch zu sehen.

An diesem Schreibtisch steht ein umgedrehter Bürostuhl, und Keisuke ist sich ziemlich sicher, dass er weiß, wer darauf sitzt.

Sie kommen näher, und Luna fragt vorsichtig: „Herr Locover?“

Zuerst kommt keine Antwort, doch dann geht hinter ihnen die Tür zu.

Schlagartig drehen die beiden sich um: Epheral Locover steht hinter ihnen und hält ein braunes Gewehr direkt auf Keisuke gerichtet.

Offensichtlich hat er sich hinter der Tür versteckt.

„Hallo“, grinst er; „Wie kann man nur so dumm sein, sich in die Höhle des Löwen zu wagen?“

„Aber... wer sitzt denn dann da auf dem Stuhl?“, fragt Luna verwirrt und ängstlich.

„Niemand!“, ruft Epheral und feuert einen Schuss auf den ledernen Bürostuhl ab, der sich daraufhin mehrmals dreht.

„Durch die ganzen Kameras wusste ich, dass ihr kommen würdet“, sagt er ernst;

„Ihr wart ja ziemlich hartnäckig. Ich würde schon gerne wissen, warum ihr das gemacht habt?“

„Weil wir mit dir reden wollen!“, ruft Luna mutig und stellt sich schützend vor Keisuke.

Epheral sieht sie verächtlich an: „Frau Mitsuki... Du bist doch ein Mensch! Warum tust du dich mit Vampiren zusammen?“

„Warum nicht!“, schreit sie ihn an; „Es sind Lebewesen wie du und ich! Man darf sie nicht einfach so abschlachten!“

„Sie schlachten doch auch die Menschen ab!“, ruft er zornig, und obwohl Keisuke antworten will, übernimmt Luna das: „Tun sie nicht! Es gibt Vampire, die sich ein Leben in Harmonie mit den Menschen wünschen, und das sind nicht unsere Feinde!“

Epheral betrachtet sie spöttisch: „Denkst du das allen ernstes? Vampire betrachten uns doch nur als Nahrung. Wenn wir sie nicht auslöschen, werden sie eines Tages die gesamte Menschheit vernichten!“

„Will ich nicht!“, ruft Keisuke sauer; „Meine Schwester und mein Bruder, sowie die meisten meiner Freunde, sind alles Menschen! Ich liebe sie zu sehr, als dass ich ihnen jemals etwas antun könnte!“

Er weiß, dass das was er da sagt, nicht ganz der Wahrheit entspricht. Immerhin hat er Shizuka angefallen, als er unter Blutmangel litt, aber er weiß auch, dass es ihm schrecklich leid tut.

„Liebe...“, flüstert Epheral; „Als könnten Wesen wie du sowas empfinden!“

Er feuert einen Schuss auf Keisuke ab, doch Luna zieht ihn schnell genug runter, sodass die Kugel nur den Schreibtisch trifft, aber ein großes Loch in ihm hinterlässt.

„Bitte nicht schießen!“, ruft sie; „Du unterstellst den Vampiren, dass sie gewalttätig und böse sind, dabei bist du es doch, der uns angreift!“

„Was?!“, ruft Epheral fassungslos.

„Ja!“, schreit Luna sauer mit Tränen in den Augen:

„Hat Keisuke dir jemals etwas angetan? Nein! Und trotzdem willst du ihn töten! Er ist nicht böse! Es sind nicht alle Vampire böse!“

„Was redest du da!“, faucht Epheral zornig und schießt auf Luna.

Die Kugel verfehlt sie um einen Millimeter und trifft das riesige Fenster, das Aussicht auf den Logaly-Viola-Fluss bietet, und lässt die Fensterscheibe in tausend Stücke zerbersten.

Luna steht aufrecht da, sie hat keine Anstalt gemacht, der Kugel auszuweichen, und sie sieht ihn nur durchdringend an: „Epheral, ich bitte dich. Du kannst nicht sagen, dass alle Vampire böse sind. Es gibt ja auch gute und böse Menschen. Aber du kannst gegen die bösen Vampire kämpfen, und ich möchte, dass du genau das tust.“

Er schaut sie schweigend an.

Keisuke hat sich währenddessen hinter dem Schreibtisch versteckt und guckt vorsichtig hervor, um mitzuverfolgen, was passiert.

Luna geht unerschrocken auf Epheral zu, und nimmt seine Hand:

„Bitte, ich weiß, dass es dir vielleicht schwer fällt, aber hör auf, wahllos Vampire zu jagen.“

Jetzt grinst Epheral sie an: „Dir ist schon klar, dass es das ist, wofür ich bezahlt werde, oder?“

Luna sieht sich um: „Sag mir nicht, dass du, wenn du über so ein Büro verfügst, Geldprobleme hast! Außerdem hast du doch immer noch das Versicherungsbüro.“

„Ja...“, stöhnt Epheral und lässt endlich die Waffe sinken; „Aber das ist langweilig...“

Zufrieden atmet Luna aus, und Keisuke erhebt sich vorsichtig aus seinem Versteck.

„Wenn ihr mit den Menschen in Harmonie leben wollt, gehört ihr nicht zu den Cursers, oder?“, fragt Epheral Keisuke, und dieser nickt: „Die Cursers sind unsere Feinde. Wir sind gekommen, um dich um deine Hilfe zu bitten, wenn wir gegen sie kämpfen.“

Epherals Grinsen wird größer: „Ich laufe grundsätzlich vor keinem Kampf davon, erst recht nicht, wenn er gegen Vampire geht. Sag mir, wer ist euer Anführer?“

„Ähm, Raito“, sagt Keisuke unsicher.

„Raito Umi?!“, ruft Epheral geschockt; „Der Prinz?“

„Warum Prinz?“, fragt Keisuke.

„Hat er dir das also nicht erzählt? Du musst mich zu ihm bringen. Wenn ihr wollt, dass ich euch helfe, müsst ihr mich erst zu diesem Raito bringen!“

„Ähm, ja, okay“, antwortet Luna; „Aber dieses riesige Gewehr lässt du bitte hier.“

„Nein!“, sagt er starrköpfig; „Das ist meine Lieblingswaffe. Die lasse ich doch nicht hier.“

Luna sieht fragend zu Keisuke, aber der zuckt auch nur mit den Schultern, weil er nicht weiß, was er machen soll.

„Oh, da fällt mir etwas ein!“, lächelt sie plötzlich und zieht ihr Handy aus der Hosentasche:

„Du kannst auch mit ihm telefonieren. Ich wähle eben die Nummer.“

Doch noch beim Wählen geht auf einmal das Handy aus.

„Was ist los?“, fragt Keisuke.

Luna seufzt: „Mein Akku ist leer. Ich habe vergessen, ihn aufzuladen...“

„Macht nichts“, sagt Epheral locker; „Ich will ihn eh persönlich sehen.“

Plötzlich erscheint direkt vor ihm ein weißhaariger, junger Mann, und schlägt ihm, bevor er reagieren kann, die Schusswaffe aus der Hand.

„Raid!“, ruft Keisuke ängstlich, und Luna flucht: „Oh nein, ein Curser!“

Der sehr große, muskulöse Vampir Raid sagt nichts sondern schlägt Epheral mit seiner Faust in den Magen, dieser torkelt ein paar Schritte zurück, holt aber direkt zum Gegenangriff aus, den Raid pariert.

„Lauft zum Aufzug! Verschwindet schnell!“, ruft Epheral, während er auf Raid einschlägt.

Luna nickt Keisuke zu und die beiden rennen den Gang entlang bis zum Aufzug.

Luna drückt panisch auf den Schalter, während Keisuke mit starkem Herzklopfen fragt:

„Was wollen die Cursers nur hier?“ Sie antwortet nicht und hämmert weiter auf den Knopf, bis schließlich die Aufzugtür aufgeht und die beiden sofort hineinrennen.

Doch es steht schon jemand im Aufzug, eine junge Frau im schwarzen, engen Top und Minirock.

„Na ihr Süßen?“, begrüßt sie Keisuke und Luna.

„Oh nein, Lure!“, ruft Keisuke und rennt gemeinsam mit Luna direkt aus dem Aufzug hinaus, panisch laufen sie zur Treppe, die sie dann in einem Affenzahn runter rasen.

„Was ist mit Epheral?“, fragt Luna besorgt, aber Keisuke erwidert nur:

„Der Typ kann auf sich aufpassen!“

Unten angekommen, versuchen sie aus dem Treppenhaus zu entkommen, aber die Tür ist abgeschlossen.

„Scheiße, das muss Lure gemacht haben!“, ruft Keisuke.

Nun sitzen sie in der Falle.

Doch als hätte sie auf einen stillen Hilferuf gehört, erscheint nun die schattenartige Katze vor ihnen, und springt durch die Glastür, die mit großen Krachen zersplittert.

Daraufhin verschwindet das Wesen wieder.

Ohne weiter darüber nachzudenken rennen sie in die Eingangshalle.

Die Frau, die eben noch am Tresen war, ist nun nicht mehr da, aber plötzlich geht die Aufzugtür auf und Epheral kommt heraus. Er hat hier und da Beulen, blutet aber nicht.

„Alles okay?“, fragt Luna und geht sofort zu ihm hin.

Er nickt und ruft: „Wir müssen schnell weg, ich weiß nicht, wie lang der Typ außer Gefecht ist und die andere Tussi hat die Treppe genommen.“

„Dann kommt!“, fordert Luna sie auf und zu dritt hetzen sie aus dem Bürogebäude.

So schnell sie können laufen sie zum Parkplatz, doch es stehen so viele Autos da, dass sie nicht sofort das richtige finden: „Wo haben wir geparkt?“, fragt Luna verwirrt.

„Woher soll ich das wissen?“, lautet Epherals Gegenfrage.

„Wir haben keine Zeit!“, drängt Keisuke. Sie gehen die Reihen durch, bis sie schließlich das richtige Auto finden.

„Endlich!“, ruft Luna glücklich, aber eine Stimme kommentiert es mit: „Endlich was?“

Raid steht hinter ihnen, und Keisuke kann Lure erkennen, die ein bisschen weiter weg ist und gerade auf sie zu kommt.

„Ich kümmere mich endgültig um euch!“, faucht Epheral und springt auf Raid zu.

Luna und Keisuke steigen währenddessen schon in den Wagen.

„Fahrt schnell weg!“, ruft Epheral den beiden zu, und Luna drückt aufs Gas.

„Ich werde die Verfolgung aufnehmen“, sagt Lure heiter, während,Raid gegen Epheral kämpft.

„Sollte ich das nicht lieber machen?“, keucht Raid, aber Lure winkt ab:

„Nein, den kleinen Vampir will ich für mich haben.“

Und dann rennt sie dem Auto hinterher.
 

„Oh mein Gott!“, ruft Keisuke ängstlich; „Luna, schau mal in den Rückspiegel! Lure verfolgt uns, und sie ist zu Fuß fast genauso schnell wie wir!“

Fassungslos starrt Luna in den Spiegel: „Was? Unmöglich, wie kann sie nur so schnell sein?!“

Sie versucht, noch schneller zu fahren, als momentan, aber weil sie oft abbiegen muss, ist das gar nicht so einfach.

Keisuke schaut sich um: „Es ist doch noch hell, aber warum ist keiner mehr auf den Straßen? Warum trauen sich die Cursers, uns in der Öffentlichkeit anzugreifen?!“

„Keine Ahnung!“, gibt Luna zurück;

„Aber die Zeiten, in denen sie in einem Keller verborgen einen Hinterhalt vorbereiten, sind wohl vorbei!“

Die Landschaft um sie herum wird grüner, trotzdem gibt Lure nicht nach.

„Wird die denn nie müde?!“, fragt Luna empört.

„Ich kann die Brücke sehen! Wir haben gleich den Logaly-Viola-Fluss erreicht!“, freut sich Keisuke.

Das Auto befährt die Brücke ein paar Meter, doch dann wird es plötzlich langsamer und hält schließlich an.

Entsetzt ruft Luna: „Nein!!! Nicht jetzt! Wir haben kein Benzin mehr!“
 

Währenddessen liefert Epheral sich mit Raid einen erbitterten Kampf.

Epheral hat all die Munition seines Revolvers verbraucht, weil Raid durch seine Teleportationsfähigkeit immer wieder ausweichen konnte.

Nun greift er ihn einfach mit den Fäusten an. Würde sich sein Gegner nun teleportieren, würde er auch nicht zum Angriff kommen.

„Das ist nicht sehr schmerzhaft!“, lacht Raid, und als Antwort sticht Epheral mit einem schnell gezogenen Messer zu, doch Raid hat kein Problem damit, es ihm aus der Hand zu schlagen.

„Gehen dir nicht langsam deine Waffen aus? Gewehr, Pistole, Messer... Egal, was du anbringst, mich kannst du nicht besiegen!“

Daraufhin schlägt er Epheral mit beiden Händen ins Gesicht, sodass er zu Boden fällt.

Lachend kommt Raid auf ihn zu, er hat eine Art Machete in der Hand.

„Kommen wir zum Ende“, sagt er monoton und holt aus.

In letzter Sekunde schafft es Epheral, sich zur Seite zu rollen, sodass die Machete im Boden stecken bleibt. Während Raid versucht, sie herauszuziehen, versetzt Epheral ihm einen heftigen Tritt mit einem seiner Stahlkappenstiefel.

Raid taumelt ein bisschen zurück, dann faucht er: „Ich erledige dich!“

Und noch während er sich teleportiert, zieht Epheral die Machete aus der Erde und hält sie mit der Klinge hinter sich.

Als Raid dann erscheint, hört Epheral nur noch ein schmerzhaftes Aufschreien.

Er lässt die Waffe los und dreht sich um.

Raid steht hinter ihm, und die Machete steckt ihm mitten im Brustkorb.

Blut läuft ihm aus dem Mund, und er fällt auf die Knie.

„Woher wusstest du...?“, flüstert er hustend, und Epheral sagt nur abfällig:

„Es war offensichtlich was du vorhattest. Deine tolle Fähigkeit ist dir wohl zum Verhängnis geworden!“

„Ich werde das der Königin berichten!“, hustet Raid und teleportiert sich weg.

„Verdammt!“, flucht Epheral; „Er ist mir entkommen! Hoffentlich stirbt er an seinen Verletzungen! Aber ich sollte jetzt Frau Mitsuki und den Vampir verfolgen...“

Schwer atmend läuft er zu seinem Wagen.
 

Lure kommt immer näher auf das Auto zu, panisch steigt Keisuke aus.

„Ich halte sie auf“, sagt Luna mutig; „Lauf schnell ans andere Ende der Brücke!“

„Aber Luna!“

„Keine Widerrede, Keisuke!“, herrscht sie ihn an; „Ich habe Miho versprochen, auf dich aufzupassen, und nichts auf dieser Welt wird mich davon abhalten, dieses Versprechen zu brechen! Und jetzt lauf!“

Sie steigt aus und nickt Keisuke zu. Dieser läuft atemlos über die Brücke.

Lure ist inzwischen angekommen, und fragt Luna höhnisch:

„Was wird denn das? Kleines, du denkst doch nicht, dass du mich aufhalten kannst? Das hatten wir doch schon mal.“

Luna bleibt eisern: „Hier kommst du nicht durch!“

Lure springt blitzschnell auf sie zu und drückt ihre Arme gegen die immer noch offene Autotür, dann lächelt sie entspannt: „Du weißt, was jetzt passiert. Man sieht ja gut, wie du mich aufgehalten hast.“ Luna knirscht mit den Zähnen, während Lure ihrem Gesicht immer näher kommt.

Sie sieht jetzt direkt in ihre Augen, aber Luna kommt in letzter Sekunde die rettende Idee:

Sie greift schnell mit der Hand ins Auto und reißt mit ganzer Kraft den Rückspiegel heraus, den sie Lure genau vor das Gesicht hält.

Schreiend weicht Lure zurück, sie packt sich mit den Händen an die Augen und ruft hasserfüllt:

„Aaaargh, du Miststück, du blöde Kuh, wie wagst du es, ich hätte mich beinahe selbst eingeschläfert!“

Dann nimmt sie die Hände herunter und schlägt Luna kräftig mit der flachen Hand ins Gesicht.

Sie macht das mehrmals, bis Luna schließlich zu Boden fällt.

„Geschieht dir recht!“, faucht Lure und sieht auf.

Keisuke, der in der Mitte der Brücke steht, hat das alles mit angesehen und ist nun zur Salzsäule erstarrt. Wie konnte sie Luna das nur antun? Sowas schreckliches!

Lure geht auf Keisuke zu, nicht besonders schnell, aber er flieht auch nicht.

Er bleibt einfach stehen.

Als Lure bei ihm angekommen ist, zieht er seinen Dolch und hält ihn schützend vor sich.

„Hübsches Ding“, bemerkt Lure.

„Was willst du?! Warum verfolgst du uns?!“, ruft Keisuke verzweifelt.

„Nunja“, sagt Lure und fährt sich durch das rote Haar; „Dem lieben Sense ist aufgefallen, dass der Vampir Keisuke sich im Büro der Provitas aufhält. Dem mussten wir natürlich nachgehen. Das wahrscheinlichste war zwar, dass irgendein Vampirjäger dich gefangen genommen hat, aber wir mussten uns vergewissern. Und wie wir befürchtet haben, versucht ihr, euch mit den Vampirjägern zu verbünden. Tut mir leid, aber das passt uns gar nicht.“

Sie geht noch einen Schritt auf Keisuke zu.

„Ach, mein süßer Keisuke, wärst du doch nur brav gewesen und hättest zu Hause für die Schule gelernt. Würdest du dich nicht mit Raito abgeben, würden wir gar nichts von dir wollen sondern dich in Ruhe lassen... Aber jetzt sieht die Sache natürlich anders aus.“

Er sagt nichts darauf.

Auf das Gelaber dieser Frau kann er sowieso nichts geben, aber er fragt sich ernsthaft, wie er sie besiegen soll, wenn nicht mal Luna es geschafft hat.

„Halt still, dann geht es ganz schnell“, kichert sie nun und tänzelt schnell auf Keisuke zu, der mit seinem Dolch nach ihr schlägt, aber es ist kein Problem für sie, der Attacke auszuweichen.

Er dreht sich um attackiert nochmal, um ihr keine Chance zum Angreifen zu geben.

Dieses mal erwischt er sie, zumindest zerreißt es ihr Top, das auf den Boden fällt.

Nun steht sie obenrum nur noch in Unterwäsche da, und beim Anblick ihres riesigen Busens, der sich in einen hautengen, schwarzen BH quetscht, wird er rot und dreht sich ohne nachzudenken um.

Das war ein Fehler, Lure presst ihn sofort mit ihrer ungewöhnlichen Stärke an das Geländer der Brücke und dreht ihn um, so dass er sie ansehen muss.

Das Messer lässt er vor Schreck fallen.

„Nein...“, ist alles, was Keisuke rausbringt.

„Doch mein lieber, irgendwann, ist es eben vorbei.“ Sie gibt ihm einen kurzen Kuss auf dem Mund, so wie sie es schon einige Male getan hat, und wie jedes Mal durchläuft ihm ein kalter Schauder.

„Schade, ich mochte dich“, sagt sie nun, aber bevor sie ihre Fähigkeit einsetzen kann, hören sie Lunas Stimme: „Neiiiiiin!!!“

Wie aus dem Nichts kommt ein Pfeil geschossen, der durch Lures linke Hüfte geht.

Sie verliert das Gleichgewicht und Keisuke, der vor Schreck einen Schritt zur Seite geht, macht ihr Platz, um über das Geländer zu fallen.

Nun hängt sie nur noch mit einer Hand an einem unteren Brückenpfeiler, scheinbar mit keiner Möglichkeit, sich zu helfen.

Luna steht atemlos ein paar Meter hinter Keisuke.

Dieser beugt sich über das Geländer: „Lure!“

Lure schluckt: „Damit... habe ich nicht gerechnet... Du hast wohl doch gewonnen...“

Ein Blick in die Tiefe verrät ihm, dass der Fluss sich mehr als hundert Meter unter der Brücke befinden muss. Wenn sie da hinunterfällt, würde sie das mit großer Wahrscheinlichkeit nicht überleben. Aber was soll er machen?

„Lure, nimm meine Hand!“, ruft er ihr zu, und streckt ihr den Arm aus.

Daraufhin bildet sich ein Lächeln in ihrem Gesicht: „Danke für das Angebot, aber es ist, wie ich vorhin sagte: Irgendwann ist es eben vorbei. Das gilt auch für mich.“

„Keisuke!“, ruft Luna besorgt und läuft zu ihm hin.

Als Lure sie sieht, haucht sie: „Du... Ich wollte dir noch sagen, dass du wirklich hübsch bist.“

Luna wird leicht rot: „Wie bitte?“

Doch Keisuke sieht, wie Lure sich langsam nicht mehr halten kann.

„Es wird Zeit. Lebewohl, süßer Keisuke!“, lächelt sie und lässt los.

Ein paar Sekunden später sieht und hört man ihren Körper im Wasser aufkommen.

Keisuke sieht erstarrt nach unten. Luna atmet schwer.

Keiner von beiden sagt etwas.

„Sie kann das nicht überlebt haben, oder?“, fragt Keisuke beinahe hoffnungsvoll.

„Nein“, sagt Luna mit heiserer Stimme; „Nicht nach der Verletzung durch meinen Pfeil.“

Er merkt, dass sich in seinem Auge eine Träne bildet, die sofort darauf die Wange runter läuft.

Aber warum? Sie ist doch eine Feindin gewesen? Warum sollte er weinen...?

Ein schwarzer Geländewagen taucht plötzlich auf, aus dem Epheral Locover aussteigt.

Dieser ist zwar verwundet, aber dennoch gelassen. Unbekümmert sagt er:

„Ah, ihr konntet euer Problem da ja offenbar schon selbst lösen. Gut gemacht.“



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von: abgemeldet
2013-01-20T20:25:24+00:00 20.01.2013 21:25
Man könnte jetzt einfach mal annehmen, dass die Curser Mittel und Wege haben, ganz einfach zu verhindern, dass es irgendwem auffällt, dass da immer weniger Leute rumlaufen - schon mal daran gedacht?
Und was sollte dieses subtile Lure x Luna am Ende?
Ich blicke langsam echt nicht mehr durch
Von:  LittleLuna
2010-03-15T15:08:20+00:00 15.03.2010 16:08
Man, ich bin ja ziemlich unvorbereitet, der Akku ist leer, ich vergesse, wo ich parke und das Benzin ist auch alle -.-°
Aber Epherals Argument war gut:"Aber das ist langweilig"
Da kann man irgendwie nichts entgegensetzen :3
Naja, supi Kappi
LG Luna :3


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