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Schlaflos

Eintagsfliegen
von

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Regentage

An Regentagen werde ich immer so unruhig. Besonders am späten Nachmittag wird es richtig schlimm. Ich will die ganze Zeit etwas machen, doch bin ich so zerstreut, dass nichts Vernünftiges dabei rauskommt. Diese Rastlosigkeit, diese ständige Eile, obwohl ich doch eigentlich gar nichts zu tun hab. Ich könnte gemütlich in einem Sessel sitzen und ein Buch lesen, doch bereits nach dem ersten Absatz merke ich, dass ich kein Wort verstehe. Meine Hände wollen etwas tun, meine Beine wollen nicht rasten, aber ich komme nicht in die Gänge. Ich tigere auf und ab, wie ein Tier im Zoo, auf und ab, auf und ab. Mein Blick schweift durch das Zimmer, streift Photographien und bleibt am Radio hängen. Ich stelle es an, doch es knirscht nur. Rauscht, rauscht wie der Regen vor meinem Fenster. Tropfen prasseln gegen das Fenster, lassen die unheimliche Stille widerhallen.

Ich muss raus aus dieser muffigen Wohnung! Schnell schnappe ich mir meine Schuhe, schlüpfe in den undichten Regenmantel und renne die Treppen hinunter, weil der Aufzug zu lange braucht. Fieberhaft öffne ich die schwere Haustür und stehe endlich im Regen. Sofort fällt mir das Atmen leichter. Tief ziehe ich mir die Kapuze ins Gesicht und gehe, den Blick auf den nassen Asphalt gerichtet, in eine unbestimmte Richtung. Ich überlasse meinen Füssen die Führung, sollen sie mich hinbringen, wo sie wollen, ich bin mit allem glücklich. Ich höre, wie die Abflüsse gluckern und gucke meinen Füssen zu. Die Welt sieht irgendwie trostlos aus, so ganz in grau. Graue Fassaden, dunkle Fenster, hohe Wohnblöcke und dazwischen die durchnässten Strassen. Ich tripple durch diese triste Stadt, ganz wie der Regen, und denke über so manches nach. Über die Qualität von Regenmänteln zum Beispiel. Aber auch darüber, dass die Welt so grau eigentlich ganz in Ordnung ist. Ich denke über die Kanalisation nach, über Ratten, über alles Mögliche.

Und über Ljapa. Ljapa mit dem roten Pullover. Ljapa, der mir das Gitarre spielen beigebracht hat. Mein Ljapa. Jedenfalls war er das früher mal. Es kommt mir so verblasst, so ewig lang her vor. Dabei waren es doch höchstens ein paar Wochen. Unbemerkt haben mich meine Füsse vor seine Haustür getragen. Sie sieht so grau aus wie alles andere auch. Davor der Fussabtreter mit den Blümchen drauf. Er ist schon ganz abgewetzt. War ja klar, dass ich hier landen würde. Unruhige Regentage enden immer bei Ljapa. Die Macht der Gewohnheit. Ein paar Minuten, oder sind es einige Stunden?, stehe ich einfach nur da. Langsam beginne ich zu frieren und spüre meine nassen Schultern. Prompt muss ich niessen. Was für eine blöde Idee, bei dem Mistwetter spazieren zu gehen! Gerade will ich mich umdrehen, da geht die Tür auf. Ich habe nicht geklingelt oder so was. Ljapa lässt mich kommentarlos rein. Es riecht nach essen.



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