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Tücken des Schicksals

Die Chronik der Unsterblichen
von

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Entscheidung

Kapitel 5 - Entscheidung
 

Es war der fünfte Winter nach den schrecklichen Ereignissen.

Nun war gerade die kalte Jahreszeit im Begriff, sich aus den Tälern ins Gebirge zurückzuziehen, um endlich dem lang ersehnten Frühling den ihm zustehenden Platz freizuräumen. Fürst Mac Brian gab wie jedes Jahr für die Bürger seiner Kleinstadt und für die Dörfer ringsherum ein Fest, um die neue Jahreszeit einzuläuten.

Doch es war die Zeit des Frühjahrsfestes, die noch einen anderen Umschwung mit sich brachte.

Viele Menschen freuten sich das ganze Jahr über darauf, denn überall unterhalb der Burg belebten nun Händlerstände die Straßen. Gaukler und Musiker buhlten um die Aufmerksamkeit der Besucher, die aus allen möglichen Ecken des Landes heran geströmt kamen, um sich an dem bunten Treiben zu beteiligen. Auf den Wiesen am Rande der Kleinstadt weiteten sich die Lager der Spielleute aus.

Wie fast jeden Tag, nach dem die Arbeit getan war, schlenderte auch Kiara wieder einmal durch die belebten Straßen von Lissagriffin.

Es dämmerte schon und da die Nächte noch sehr kühl waren, zog es sie zu einem der großen Lagerfeuer, die im Lager der Gaukler brannten. Kiara setzte sich zu einer kleinen Gruppe von Leuten, die einem Geschichtenerzähler aufmerksam zuhörten. Der alte Mann war mit seiner Geschichte schon sehr weit vorangeschritten, jedoch war diese so simpel, dass sie ihr auch folgen konnte, ohne den Anfang gehört zu haben. Die Erzählung handelte von einem jungen Mann, der seine Geliebte aus den Fängen seinen Feindes retten wollte. Kiara verzog gelangweilt die Mundwinkel, eine Liebesgeschichte entsprach nicht ganz ihrem Interesse, so erhob sie sich wieder vom Feuerplatz, um zu gehen.

Nach einer kleinen Kunstpause, um seine letzten Worte wirken zu lassen, begann der Alte, den finalen Kampf zwischen dem Helden und dem Bösewicht zu schildern.

„Als er seinem Kontrahenten direkt gegenüberstand, zeigte dieser sein wahres Gesicht“ begann er mit verstellter tiefer Stimme zu erzählen. „Wie eine schauerliches Abbild des reinen Bösen funkelten seine Augen in blutigem Rot und sein Schneidezähne verlängerten sich zu messerscharfen Reißfängen“ fuhr er nun im verschwörerischen Flüsterton fort. Bei diesen Worten blieb Kiara wie angewurzelt stehen, langsam drehte sie sich um und versuchte, den Blick des Erzählers durch die Flammen hindurch zu fixieren. Der Alte erzählte weiter, doch eigentlich hörte sie gar nicht richtig zu. Ihr Verstand versuchte gerade, etwas zu verarbeiten, das gar nicht möglich sein konnte „… Und trotz seiner Schnelligkeit unterlag der böse Graf nach einem erbitterten Gefecht der List der Jugend.“ Euphorisch erzählte er nun weiter. „Getroffen ging der Vampir zu Boden…“ Er machte eine Geste mit der Hand, so als würde er ein Schwert schwingen. „… Und so tötete unser heldenhafter Jüngling das Monster und errettete damit seine Angebetete.“ Er verbeugte sich vor den Anwesenden und beendete mit diesen Worten seine Geschichte.

Langsam hüllte nun die Nacht das Lager ein, nur einige Wenige blieben noch, um sich neue Unterhaltung zu suchen. Die meisten jedoch zog es in ihre Unterkünfte zurück.

Kiara hatte sich wieder gesetzt, stillschweigend schaute sie eine Weile ins Feuer. Der alte Mann legte neues Holz nach. Hungrig verschlungen die Flammen die neue Nahrung und knisternd stoben Funken in den schwarzen Nachthimmel. Kiara beobachtete ihren Flug, leuchtend schön bahnten sie sich ihren Weg durch die Schwärze der Nacht, bis sie am Höhepunkt ihrer Existenz verglühten, um von dort als Asche unsichtbar wieder zu Boden zu fallen. Menschenleben sind genau so, dachte sie sich. Sie schreiten in unvorhersehbare Richtungen voran, beeinflusst von Willkür bis zu einem bestimmten Ziel, doch irgendwann am Wendepunkt angekommen, ist der Verfall unaufhaltsam und man verschwindet langsam, unbeobachtet wie die zerfallende Asche.

Einige Zeit verstrich bis sie die Frage aussprach, die sich ihr immer mehr aufdrängte.

„Glaubt Ihr, dass es Vampire wirklich gibt?“ fragte sie in die Stille hinein. Sofort begann der alte Mann zu lachen, doch er verstummte, als er ihren ernsten Gesichtsausdruck sah.

„Ich glaube, dass jede Geschichte einen Funken Wahrheit besitzt.“ Er musterte sie nun aufmerksam. „Warum fragt Ihr das?“

„Ach, nicht so wichtig“ lächelte sie oberflächlich und stand dann vom warmen Feuer auf. „Ich wünsche Euch noch einen angenehmen Abend.“ Damit entfernte sie sich und schlug einen Weg abseits des Festes ein, um ein wenig allein mit ihren Gedanken zu sein.

Die letzten Jahre hatte sie nun gut behütet in der Burg des Fürsten verbracht, langsam hatte sie angefangen, die Erlebnisse zu verarbeiten. Den Verlust zu akzeptieren. Das, was sie sich damals geschworen hatte, war keinesfalls vergessen, nur konnte sie bis jetzt nicht den Mut aufbringen, den ersten Schritt zu gehen.

Ein wenig abseits des Hauptweges ging sie langsam wieder hinauf zur Burg. Es war spät, aber sie wollte jetzt noch nicht wirklich zurück. Nur wenige Leute begegneten ihr um diese Uhrzeit. Ab und zu lief eine der kleinen Patrouillen vorbei. Keith war ebenfalls darunter, kam ihr entgegen und grüßte schon von Weitem, aber sie war gerade nicht in der Stimmung, mit jemanden zu reden und bog in eine Seitenstraße ab, noch bevor er sie erreicht hatte.

In Gedanken versunken lief sie die Gasse entlang, viel zu spät erst bemerkte sie eine Gruppe von Männern, die ihr entgegenkam.

„Heyy…. Na wen habben wir denn dhaa…..“ lallte einer und stellte sich ihr in den Weg. Kiara schaute ihn an, es war Darragh O'Brian, der Enkel des Fürsten, ein ziemlich arroganter Typ, den sie vom Hof des Fürsten leider nur zu gut kannte. Ebenso seine beiden Begleiter die ebenso schwankend wie dümmlich grinsend neben ihm standen. Kerlen wie ihnen ging sie prinzipiell aus dem Weg.

„Ich habe keine Zeit“ entgegnete sie knapp und wollte an ihm vorbei gehen, doch am Arm hielt er sie zurück.

„Nischhh so schnelll… Meinen Jungss und mir isch langweilig duu... Könndesd uns doch ein wenig den Abbend… Erheiternnnn“ sagte er grinsend, wobei sein Blick sie von oben bis unten musterte.

„Lass mich sofort los“ entgegnete sie bestimmend, aber noch immer ruhig. Doch da er nicht loslassen wollte, drehte sie ihren Arm aus seinem Griff und machte dann ein paar Schritte zur Seite, um Abstand zu gewinnen.

„Hab disch nich so…“ Wieder ging er auf sie zu.

„Kein Bedarf und dabei bleibt es“ sagte sie nun mit noch mehr Nachdruck in der Stimmte, wagte aber nicht, darüber nachzudenken, in was für eine Richtung sich diese Situation entwickeln könnte.

„Mirr egal...“ lachte er nun gierig und ging provokativ immer weiter auf sie zu, um sie in eine Ecke zu drängen. Sie verpasste Darragh eine Ohrfeige, in der Hoffnung, dass ihn das ein wenig zur Besinnung bringen würde.

„Du bist total betrunken! Hör auf damit!“

Darragh blieb stehen. „Du wagsdd es… Misch su schlaaagn...?!“ Dann rastete er vollkommen aus, zog sein Schwert und holte aus.

Kiara fasste sich an die Seite.

Verdammt.

Ihr Schwert lag noch im Zimmer.

Schnell drehte sich zur Seite weg, öffnete noch in der Bewegung die Schnürung ihres Ärmels und zog den fast unterarmlangen Dolch hervor, den sie immer bei sich hatte. Er stolperte an ihr vorbei, fuhr jedoch sofort wieder herum und schlug wieder auf sie ein. Kiara parierte nur knapp an ihrer Schulter vorbei den Schlag.

„Was soll das, verdammt!“ schrie sie ihn an, aber er war zu betrunken, als dass ihre Worte zu ihm durchdrangen. Die beiden anderen grölten hinter ihr, um ihren Kameraden anzufeuern.

Wieder holte er aus, auch diesmal wich sie seiner Waffe aus und ein kräftiger Tritt in die Kniekehle ließ sein rechtes Bein einknicken, so dass er zu Boden ging. Sie hielt ihm die Klinge an den Hals. Scheppernd fiel sein Schwert zu Boden und er hob ergeben die Hände. Die anderen beiden verstummten augenblicklich und überlegten, was sie nun tun sollten. Dann ging alles ganz schnell, der jüngere von beiden verlor die Nerven, zog sein Schwert und auch der Andere neben ihm stürmte los. Kiara gab Darragh einen Tritt, um ihn von sich wegzustoßen.

Sie parierte den Schlag von rechts und wich einem Hieb auf der anderen Seite aus. Sofort schaute sie sich wieder nach dem jüngeren Mann um, damit er ihr nicht in den Rücken fiel. Dadurch jedoch bemerkte sie eine Sekunde zu spät den Gegner zu ihrer Linken und musste einen Faustschlag in den Magen einstecken. Da Kiara kurz außer Gefecht war, nutzte dieser die Chance, um sie zu packen und herumzuzerren. Sie versuchte, sich von ihm loszureißen, aber desto fester griff er zu. Auch der Andere trat nun neben sie und hielt sie fest. Obwohl beide nicht weniger betrunken waren als Darragh, konnte sie gegen ihre Kraft nichts aufbringen.

O'Brian stand da und fasste sich an den Hals, erst jetzt bemerkte Kiara, dass sie ihm einen dünnen blutigen Schnitt quer über die Kehle zugefügt hatte. Plötzlich wirkte er wieder ziemlich nüchtern.

„Das… Bereuusd du…“ sagte er zornig. Er hob sein Schwert auf und kam mit langsamen Schritten auf sie zu. Breitbeinig baute er sich vor ihr auf, die Spitze seines Schwertes hielt er ihr erst unter's Kinn, dann zerriss er damit den Stoff ihres Oberteiles. Kiara wehrte sich vergebens, Verzweiflung loderte in ihr auf, denn es blieb aussichtslos, sich befreien zu können.

„Sofort aufhören!“ donnerte es plötzlich hinter ihnen und erschrocken drehten sich alle nach der Stimme um. Es war eine Wache aus der Patrouille, die von der Hauptstraße abgebogen war. Mit der Hand schon auf dem Schwertgriff schaute er die drei Männer fassungslos an, „Was zum Teufel soll das denn werden? Habt ihr total den Verstand verloren!? Verschwindet aber sofort, lasst euch hier nicht mehr blicken!“ Böse funkelte er sie an, fast außer sich vor Wut über das, was er hier vorgefunden hatte.

Die Männer zogen sich zurück, aber Darragh warf Kiara noch einen verächtlichen Blick zu, bevor er sich abwand.

„Ist alles in Ordnung?“ fragte Keith und trat näher heran. „Kiara?“ entfuhr es ihm noch immer aufgebracht, als er durch die Dunkelheit hindurch ihr Gesicht erkannte. Sie sah, wie er kopfschüttelnd in die Richtung schaute, in die Darragh verschwunden war. „Ich fasse es einfach nicht. Dafür werden sie hart betraft, ich werde O'Ceallaigh selbst berichten, was hier vorgefallen ist!“

Kiara schob den Ärmel ihres Oberteils zurecht. „Wenn ich besser aufgepasst hätte, wäre das nicht passiert…“

„Das hat damit überhaupt nichts zu tun, das, was sie vorhatten, ist ein schweres Verbrechen“, sagte er, fast ein wenig erbost über ihre Worte. Dann nahm er seinen Umhang ab und legte ihn um ihre Schultern. „Komm, ich bringe dich zurück.“

Beide gingen schweigend nebeneinander wieder zur Burg.
 

Keith hatte noch am gleichen Abend dem Kommandanten von dem Vorfall berichtet.

Darraghs Begleiter wurden für das, was sie getan hatten oder besser gesagt tun wollten, zur Rechenschaft gezogen, doch bei dem Enkel des Fürsten konnte selbst O'Ceallaigh nichts unternehmen und er kam ungestraft davon.
 

~*~
 

An den Tagen, an denen in der Küche wenig Arbeit anfiel, nutze Kiara nun ihre freie Zeit, um im Pferdestall zu helfen. An diesem Nachmittag war sie damit beschäftigt, die Pferdesättel und Halfter zu reinigen, während der Stallbursche die Tiere versorgte. Gerade, als sie einen der Sättel auf den Holzzaun hievte, lief Darragh mit einigen Männern auf der anderen Seite des Hofes vorbei. Er bemerkte sie und schaute hämisch grinsend in ihre Richtung. Dann sagte er etwas zu den anderen, das von ihrem Platz aus nicht zu verstehen war, aber da alle in lautes Gelächter ausbrachen, konnte sie sich gut denken, um was es dabei ging.

Um ihrer Arbeit weiter nachzugehen, ignorierte sie es so gut wie möglich, denn Darragh ließ seid dem Vorfall keine Gelegenheit aus, um seinen verletzten Stolz mit Spott auf ihre Kosten zu überdecken. Heute war er mal wieder in Stimmung, die Situation weiter auszunutzen. Er hob die Stimme.

„Hey Kiara, willst du dich nicht auch mal um mich kümmern? Ich kenne da auch etwas, das beritten werden will…“ Er brach wieder in schallendes Gelächter aus, noch bevor er den Satz ganz ausgesprochen hatte. Mit ihm lachten auch die anderen Männer um ihn herum. Sie gaben ihm Zuspruch und Anerkennung, genau das, was sein gekränktes Ego brauchte. Nicht nur, dass sie sich von seiner Position als Enkel des Fürsten nicht einschüchtern ließ, sondern dass eine Frau ihn durch eine Verletzung erniedrigt hatte, konnte er nicht auf sich beruhen lassen.

Der Stallknecht kam hinausgelaufen, mit einem abwertenden Blick bedachte er die Männer auf der anderen Hofseite.

„Ach, lass die doch reden, irgendwann wird er keinen Spaß mehr dran haben und sich jemanden anderes suchen.“ Kiara legte kopfschüttelnd das Zaumzeug ab, das sie noch in der Hand hielt und schaute ihn an.

„Nein. Diesmal nicht.“ Sie drehte sich zu Darragh um und lehnte sich mit beiden Armen lässig über den Zaun. „Du willst, dass ich mich um dich kümmere? Wieso sollte ich das tun, bei einem stupiden Arschloch wie dir wäre das reine Zeitverschwendung.“ Darraghs Lachen verstummte augenblicklich.

„Was hast du gerade gesagt, wie hast du mich genannt?“ Einer seiner Begleiter sah, dass er schon seinen Schwertgriff umfasste und das aufkommende Unheil ahnend, legte er ihm besänftigend eine Hand auf die Schulter. Doch O'Brian schlug sie beiseite und lief gereizt auf Kiara zu.

„Du hast schon richtig gehört“ meinte Kiara herausfordernd, sie umrundete die hölzerne Abtrennung zwischen ihnen und ging mit langsamen Schritten hinaus auf den freien Platz „Du hältst dich für stark, für begehrenswert? Nur, weil du der Enkel des Fürsten bist, kannst du nicht tun und lassen, was du willst. Solche Kerle wie du sind nicht mehr wert als der Dreck unter meinem Füßen.“ Sie wollte ihn mit ihren Worten reizen, jetzt in diesem Moment war ihr alles egal. Wenn sie nicht einmal mit einem Gegner wie ihm fertig wurde, konnte sie sich Balog gleich aus dem Kopf schlagen, also definierte sie das hier gleich mal als kleine Generalprobe.

Der Ausgang dieses Kampfes würde alles entscheiden.

Darragh tat ihr den Gefallen, darauf anzuspringen, wutentbrannt rannte er nun auf sie zu. Kiara wich leichtfüßig seinem ungestümen und schlecht gezielten Schlag aus. „Du willst doch wohl nicht schon wieder eine wehrlose Frau angreifen?“ meinte sie und drehte Darragh den Rücken zu. Diese Geste versetzte ihn nur noch mehr in Rage, doch er blieb stehen und wartete. Vor all den Zuschauern ihr in den Rücken zu fallen konnte selbst er sich nicht leisten. Kiara ging derweil zu einem der Männer hin. „Gib mir dein Schwert, na los!“ Der Angesprochene hielt ihr ein wenig unsicher seine Waffe hin und bewaffnet drehte sie sich wieder zu ihrem Gegner um.

„Na warte, das wirst du bereuen.“ Er stürmte wieder auf sie zu, doch Kiara blockte seinen Schlag ab und beide schauten sich kurz über die gekreuzten Schwerter ins Gesicht. Kiara grinste ihn schelmisch an, dann machte sie einen Ausfallschritt zur Seite. Beide umkreisten sich, wartend, wer der nächsten Angriff wagen würde. Die Offensive ergriff erneut Darragh, seine Wut steigerte sich zwar mit jedem Schlag, doch Kiara parierte seine Schläge und versuchte, gut gezielte Konter einzusetzen, um Treffer zu landen. Es war nicht ihre Absicht, ihm ernsthaft zu schaden. Sie wollte ihm nur ein wenig vor Augen führen, dass sie keine Lust mehr auf seine Spielchen hatte.

Seine stürmische Art brachte ihm die erste Schnittwunde ein. Über seinen Oberarm zog sich ein breiter, blutiger Striemen. Fluchend riss er den zerfetzten Ärmel ab, dann stürzte er wieder vor. Klirrend traf Stahl aufeinander.

Kiara wich dem nächsten Schlag aus, doch er erwischte sie trotzdem an der Seite und fügte ihr ebenfalls eine zwar heftig blutende, zum Glück jedoch nicht tiefe Verletzung zu.

Er grinste befriedigt, mittlerweile hatte er sich etwas gefasst und koordinierte seine Angriffe geschickter. Es folgte eine Reihe schneller Schwerthiebe und Paraden, die jedoch auf beiden Seiten Spuren hinterließen. Bis jetzt war keiner seiner Treffer schwer gewesen. Schmerzhaft waren sie gewiss alle, aber in seiner jetzigen Stimmung würde sie nicht einmal darauf hoffen können, dass er sich zurück halten würde, wenn er die Chance hatte, ihr ernsthaft zu schaden. Darragh stellte einen erst zu nehmender Gegner dar, doch seine größte Schwäche war seine leichte Reizbarkeit und die wusste sie auszunutzen.

Mit kleinen Sticheleien versuchte sie, ihn immer wieder aus der Reserve zu locken. Denn um es genau zunehmen, war dies erst ihr zweiter richtiger Kampf und sie hielt sich lieber abwartend zurück und konterte, als dass sie blind loswütete.

Wie lange dieser Kampf jetzt schon andauerte, wagte sie nicht zu schätzen. Sie fühlte sich wie berauscht, irgendwie zeitlos. Konzentriert auf das eine Ziel hatte sie fast alles um sich herum vergessen und es gab nur noch diesen einen relevanten Gedanken.

Siegen. Und vielleicht noch ein klein wenig Genugtuung, das war das Einzige, was sie wollte.

Alle Anwesenden standen schweigend da und beobachteten die beiden Kontrahenten, niemandem fiel der blonde Krieger auf, der sich aus de Gruppe von Darraghs Männern löste und unbemerkt den Hof verließ.

Darragh setzte zu einem weiteren Angriff an. Er stand nur wenige Schritte entfernt und täuschte einen gradlinigen Schlag an, den er jedoch in einen abänderte, der auf ihre Schulter zielte. Kiara parierte erneut und drehte sich auf die Seite seiner Schwerthand, dann wechselte sie ihre Waffe von den Rechten in die Linke. In der Zeit nach dem Kampf mit Balog, in der sie ihre gebrochene Hand nicht hatte benutzen können, hatte sie sich ein gutes Gefühl dafür angeeignet, auch mit der anderen Seite das Schwert zu führen. Das sollte ihr jetzt zu Gute kommen, denn noch bevor er den Wechsel registrierte, schlug sie ihm mit der flachen Seite der Klinge seine Waffe aus der Hand.

Darragh erstarrte in der Bewegung, halb aufrecht hatte er nun Kiaras Klinge unter dem Kinn.

„Gib auf, du bist besiegt“ meinte sie ruhig, konnte aber den triumphierenden Unterton in ihrer Stimme nicht verbergen.

„Du kleines Miststück…“ knurrte er und richtete sich auf.

Kiara nahm ihr Schwert herunter.

„Alle hier Anwesenden sind Zeugen, dass ich dich besiegt habe. Es reicht.“ Sie lief an ihm vorbei, um dem Besitzer sein Schwert wieder zu geben. Darragh stand nur regungslos da.

„Damit lasse ich dich nicht durchkommen…“ murmelte er in sich hinein.

„Was ist hier los?“ rief plötzlich eine wütende Stimme über den Hof. Alle Anwesenden drehten sich nach der wohl bekannten Stimme um.

Kommandant O'Ceallaigh kam in Begleitung von zwei Wachen im schnellen Schritt angelaufen, sein Blick schweifte tadelnd über alle. „Wer ist dafür verantwortlich?“

Kiara hielt noch immer das Schwert in der Hand und der unbewaffnete Darragh witterte seine Rache.

„Kiara hier war der Meinung, Streit anfangen zu müssen, sie hat mich mit dem Schwert heimtückisch angegriffen“ sagte er, den Unschuldigen mimend.

„Was soll das? Ich habe diesen Streit hier nicht angefangen“ entgegnete sie erbost über seine Lüge.

„Stellt sie unter Arrest“ befahl der Kommandant im kalten Ton und gab seinen Begleitern einen Wink in Kiaras Richtung.

„Aber ich bin nicht die Schuldige!“ Entrüstet starrte sie O'Ceallaigh an. „Die Anderen können bezeugen, was vorgefallen ist.“ Sie schaute in die Runde, doch keiner der Anwesenden traute sich, etwas zu sagen. „Was seid ihr nur für Feiglinge, wenn es darauf ankommt, gebt ihr klein bei…“ sagte sie anklagend. Nun erst fiel ihr der Krieger auf. der zu O'Brian gehörte und schadenfroh grinsend neben dem Kommandanten stand.

Wütend rammte Kiara das Schwert in den Boden, als die zwei Wachen auf sie zu kamen, um sie abzuführen. O'Ceallaigh wandte sich einfach wortlos wieder um und die beiden Soldaten führten sie hinter ihm her.

„Wartet mal kurz“ rief Darragh hinterher, als der Kommandant außer Hörweite war. Im Vorbeigehen klopfte er dem hellhaarigen Mann dankend auf die Schulter, dann trat er ganz dicht an Kiara heran. „Ich werde dir das Leben hier zu Hölle machen, das schwöre ich dir“ flüsterte er ihr ins Ohr. Abwartend schaute er sie an, doch mehr als ein gleichgültiges Lächeln schenkte sie ihm nicht.
 

~*~
 

„Was hast du dir eigentlich dabei gedacht?“ Nun schrie er sie schon fast an, so wütend wie jetzt hatte sie ihn noch nie erlebt. Mit unruhigem Schritt lief er im Zimmer herum. „Ist das etwa der Dank für alles? Du weißt, wer Darragh ist! Diese Angelegenheit wird noch Konsequenzen für dich haben!“ Er blieb stehen und schaute Kiara eindringlich an.

Schweigend stand diese am einzigen Fenster in diesem Raum, den Blick in die Ferne gerichtet. Glutrot, wie in Blut getränkt, tauchte der Sonnenuntergang das unter ihr liegende Tal. Sie konnte es von hier oben fast komplett sehen, denn das Zimmer, in dem sie sich befand, lag in einem der obersten Stockwerke der Burg.

„Hörst du mir überhaupt zu? Hast du denn überhaupt nichts zu sagen? Ich hätte mehr Einsicht von dir erwartet“ meinte er nur kopfschüttelnd. Er lief zu Tür und blieb noch einmal stehen. „Du bleibst unter Arrest, solange, bist du bereit bist, vor Darragh und dem Fürst Stellung zu nehmen. Das wäre ein Anfang, ob das reicht, um beide zu besänftigen, weiß ich jedoch nicht.“ Er ging hinaus und nach dem lautem Knall der Tür war nur noch das Klicken des Türschlosses zu hören.
 

~*~
 

Lange nach Dämmerung, als sich schon längst die Stille der Nachtruhe über das Anwesen gelegt hatte, macht er sich ebenso leise und unauffällig auf den Weg. Noch früh genug sollte jeder erfahren, was er getan hatte oder besser nun erst einmal tun würde.

Am Ende der obersten Treppe angekommen, bog er in den halbdunklen Gang ein, in den er wollte. Nur ein einziger Wachposten stand schläfrig im Fackelschein vor dem Zimmer.

„Darragh? Was willst du so spät hier?“ Der Mann vor der Tür starrte ihn verschlafen und unsicher an.

„Hier, eine kleine Aufbesserung deines Monatssoldes“ O'Brian drückte ihm einen klimpernden Beutel in die Hand. Die Wache wog das schwere Säckchen abschätzend in der Hand, sein Pflichtbewusstsein schrie ihn, an es nicht anzunehmen. Doch die Verlockung war einfach zu groß und er trat beiseite, als Darragh zur Tür wollte. „Schließ hinter mir wieder ab“ befahl dieser kühl. Die Wache öffnete ihm die Tür und riegelte sie nach ihm sofort wieder ab.

Der Raum war stockfinster, nur ganz wenig Licht fiel von draußen durch das einzige Fenster hinein. Nur schemenhaft konnte er erkennen, wo das Bett stand, viel mehr Möbel befanden sich jedoch sowieso nicht im Raum. Er lachte in sich hinein, wie er ab jetzt vorgehen würde, hatte er sich schon in Gedanken durchgespielt. Nun würde er beenden, was er vor einigen Tagen in der Gasse angefangen hatte. Mit leisen Schritten ging er zum Bett hinüber, er wollte sich auf keinen Fall den Überraschungseffekt verderben. Schade, dass es hier so dunkel war. Es ärgerte ihn etwas, zu gerne würde er ihr entsetztes Gesicht sehen.

Auf Kopfhöhe stellte er sich jetzt neben ihr Bett, dann riss er die Bettdecke herunter.
 

~*~
 

Währenddessen huschte ein Schatten durch die Gemäuer der Burg.

Er bahnte sich den Weg zu den Schlafsälen hinunter und leise knarrend wurde die schwere, alte Holztür geöffnet. Die Gestalt blieb stillschweigend stehen, um zu lauschen, ob jemanden die nächtliche Störung bemerkt hatte, doch alles schien ruhig.

Im Raum befanden sich sechs Betten, nur eines davon war leer. Genau unter diesem Bett zog sie so leise wie möglich eine große Holzkiste hervor. In Eile verschwanden nun alle darin befindlichen Habseligkeiten und Ersparnisse in einer Tasche, ebenso die Sachen aus dem kleinen Regal, das sich gleich neben dem Schlafplatz befand. Ihr fiel das Buch der alten Frau in die Hände, das sie von ihr kurz vor der Zerstörung des Dorfes zum achtzehnten Geburtstag geschenkt bekommen hatte. Auch, wenn es nicht danach aussah, war es neben dem Schwert ihr wertvollster Besitz.

„Kiara?“ flüsterte plötzlich eine ängstliche Stimme hinter ihr. Die Angesprochene drehte sich um, es war die junge Bedienstete, die ihr gegenüber schlief.

„Alles in Ordnung, schlaf weiter“ murmelte Kiara leise zurück und zog sich nebenbei um, nur ihre zerschlissen Sachen ließ sie hier. Als letztes legte sie ihren Schwertgurt an und schwang den schweren dunklen Umhang um die Schultern.

„Stehst du nicht unter Arrest? Wieso bist du hier?“ Irritiert richtete sie sich das Mädchen im Bett auf. Kiara ging zu ihr und legte ihr eine Hand auf den Mund.

„Pssst… Schlaf weiter, bitte, ich will dir nicht weh tun müssen“ bat sie, erst als die Angesprochene nickte, nahm sie ihre Hand wieder weg.

„Du gehst fort?“ hörte sie noch die vorsichtig gestellte Frage als sie sich schon zum Gehen abwandte.

„Ja, das hätte ich schon lange tun sollen. Sag den anderen Danke für alles.“ Mit diesen Worten verließ sie den Raum wieder.

Auf dem Weg zu den Pferdeställen bog sie noch in das Vorratslager ab, dann führte sie ihr Weg auf direktem Weg hinunter auf den Hinterhof. Bei den Pferden angekommen ging sie ganz nach hinten, zur Box von Alana. Trotz der späten Stunde wurde sie freudig begrüßt und Kiara lehnte sich dankbar für so viel Gegenliebe an den Kopf ihres Pferdes. Sie streichelte Alana über die Hals.

„Es tut mir leid, meine Schöne…“ sagte sie traurig. „Aber dahin, wo ich hin will, kann ich dich nicht mitnehmen… dieser Weg wird für dich zu anstrenged...“ So, als hätte Alana die Bedeutung der Worte verstanden, machte sie ein paar unruhige Schritte in der Box, sie schnaufte und gab Kiara einen Stoß mit der Schnauze. „Ich weiß, nach deinem Kopf würde es gehen, aber durch die Verletzung von damals, möchte ich dir so eine lange, anstrengende Reise nicht zumuten.“ Sie streichelte dabei weiter durch Alanas Mähne. „Du wirst es hier besser haben…“ flüsterte sie ihr ins Ohr und verabschiedete sich damit von ihrer treuen Begleiterin.

Nachdem sie die Pferdebox verlassen hatte, schaute sie sich im Stall um. Ein junges, zuverlässiges Pferd sollte es sein, doch nicht jedes hier war geeignet. Ihr fiel ein schwarzer Hengst ins Auge, der neugierig den Kopf über seine Tür herausstreckte. „Hey, na, wie wär's mit uns beiden?“ scherzte Kiara, sie ging zu ihm und öffnete seine Stalltür „Varel, wenn ich nicht irre.“
 

~*~
 

Sprachlos starrte er im Halbdunkel auf das leere Bett vor ihm.

„Das kann nicht sein… Wo zum Teufel ist sie?“ Fluchend schaute er sich in dem kleinen Zimmer um, doch es gab hier nichts, keine Möglichkeit, sich irgendwo zu verstecken. Kiara hatte sich einfach in Luft aufgelöst.

Wie wild hämmerte er gegen die Tür, bis die Wache eilig wieder öffnete. Darragh schnappte sich den Mann am Kragen, ohne das dieser reagieren konnte und drückte ihn derb gegen die Wand. „Wo ist sie?“ fuhr er ihn an.

„Was?! Aaaber… Ich weiß es nicht…“ Der Soldat bekam es mit der Angst zu tun, denn der Griff drückte ihm die Luft ab. Hustend rutsche er an der Wand herunter, als er endlich wieder los gelassen wurde.

„Inkompetenter Trottel, sie muss geflohen sein, als du geschlafen hast!“ Wütend lief Darragh im Gang herum, dann blieb er stehen und funkelte böse auf ihn herab. „Sag sofort dem Kommandanten Bescheid, sie kann nicht weit sein! Aber das wir uns richtig verstehen, ich war nie hier verstanden?!“ Dann stampfte er gereizt davon.

Um den Schein des Unbeteiligten zu bewahren, begab er sich wieder unbemerkt auf sein Zimmer. Es dauerte auch nicht lange, bis er geholt wurde, um vom Verschwinden Kiaras unterrichtet zu werden. Der Kommandant befand sich zu dieser Zeit schon in der obersten Etage und verhörte die Wache, die nun mehr als hellwach war.

„Und du bist dir ganz sicher, dass sie nicht durch die Tür entkommen ist?“ Er wandte sich vom offenen Fenster ab und schaute den Wachposten an, der nur verunsichert mit dem Kopf nickte. „Dann sind ihr wohl Flügel gewachsen und sie ist aus dem Fenster geflogen…“ entgegnete er zynisch. Ein Soldat der neben ihm stand schaute ihn fragend an.

„Sir, an der Fensterfront geht es mindesten 300 Fuß steil abwärts, diesen Weg kann sie nicht genommen haben.“

„Und wenn sie doch irgendwie hinunter geklettert ist?“ Er dachte nun tatsächlich über diese Möglichkeit nach. „Ab jetzt darf keiner mehr das Anwesen verlassen! Los!“ blaffte er die Soldaten an und eilte aus dem Zimmer.
 

~*~
 

Darragh O'Brian hatte seine ganz eigene Theorie und verfolgte einen anderen Plan als der Kommandant, der nun das ganze Anwesen durchsuchen ließ. Unterwegs von den Suchtrupps getrennt, ging er nun auf direktem Weg hinter zu den Pferdeställen.

Es gab für sie keinen Ort, an dem sie sich verstecken konnte, aber wenn sie hier weg wollte, dann würde sie höchstwahrscheinlich auch ihr Pferd mitnehmen, da war er sich sicher. Das war die perfekte Chance für ihn. Wenn er sie allein finden sollte, könnte er sich bei ihr endlich revanchieren.

Es dämmerte bereits als er den Weg in den Hinterhof einschlug und die Stallungen erreichte.

Vorsichtig lehnte er sich an die Seite der großen Außentür, um zu lauschen, doch er konnte keine verdächtigen Geräusche hören. Nur das Schnaufen und Scharren der Tiere.

Nun erst zog er sein Schwert und betrat leise das Gebäude. Bis zu Alanas Box arbeitet er sich vor, nur um festzustellen, dass es noch genau dort stand, wo es sein sollte.

Jetzt musste er nur noch abwarten und sie würde ihm in die Arme laufen. Triumphierend drehte er sich um, doch genau in dem Moment verging ihm sein Lachen. Am anderen Ende des Gebäudes stand ein Stall weit geöffnet.

„Sie hat doch nicht etwa…“ Mit einem Satz war er an Varels Box angelangt.

Leer.

Ihm fiel die obere Hälfte der geteilten Stalltür ins Auge, in das Holz waren etwas eingeritzt worden: „Danke für's Borgen. Kiara“

Einige Sekunden lang wanderte sein Blick ungläubig über die Buchstaben, dann brach die Wut aus ihm hervor. Rasend trat er so heftig gegen die untere Stalltür, dass sie aus der Verankerung riss und noch bevor sie auf dem Boden aufschlug, war er schon auf dem Weg zum Haupttor.
 

~*~
 

„Ganz ruhig, mein Junge.“ Kiara streichelte unter ihrem Umhang unauffällig den Hals von Varel. Die Sonne war schon aufgegangen und mit Einsetzen der Dämmerung war endlich das Tor zum Anwesen geöffnet worden. Das war der einzige Weg, den es nach draußen gab.

Der Trubel um sie herum verstärkte sich nun immer mehr. Die alltäglichen Händler besetzen ihre Stände und die ersten Bürger der Stadt betraten das Anwesen. Immer wieder eilten jedoch auch beschäftigte Soldaten an ihr vorbei. Noch hatte sie keiner beachtet, doch das war gewiss nur eine Frage der Zeit. Die Kapuze so tief ins Gesicht gezogen, wie es ging, trabte sie weiter auf das Tor zu.

Nur noch wenige Meter.

Auf Höhe des Durchganges ertönten hinter ihr plötzlich Schritte und aufgeregte Rufe.

„Schließt sofort das Tor!“ hörte sie den Kommandanten rufen und Kiara glaubte fast, seinen Blick in ihrem Nacken zu spüren.

Die beiden Wachen reagierten sofort, seitlich vor ihr trat einer der Männer vor ihr Pferd, um sie am Passieren zu hindern. Varel stoppte abrupt und trat unruhig auf der Stelle.

Der Soldat schaute das Pferd verwundert an, es kam ihm auf einmal so bekannt vor. Dann wanderte sein Blick zum Reiter hinauf, um sich zu vergewissern, doch er sah nicht denjenigen, den er erwartete.

In dem Moment, als Kiara in seinen Augen lesen konnte, dass er sie erkannt hatte, gab sie Varel die Sporen. Protestierend hechteten die beiden Wachen beiseite, als er sich mit Gewalt den Weg freidrängte. Das Pferd stürmte die Straße hinunter, begleitet von Rufen der wütenden Wachen und empörten Passanten, auf die sie gerade keine Rücksicht nehmen konnte.

Kommandant Sean O'Ceallaigh hatte nun ebenfalls das Haupttor erreicht, neben ihm stand der Soldat, der ihn begleitet hatte.

„Sollen wir die Verfolgung aufnehmen?“ Auch die beiden Wachposten schauten ihren Vorgesetzten fragend an, doch er beobachtete nur wortlos, wie die Flüchtige langsam an Vorsprung gewann.

„Sir?“ hakte der Soldat noch einmal nach.

„Nein, das bringt nichts.“ Dann drehte er sich zum Gehen um. Der Enkel des Fürsten kam ihm wutentbrannt entgegen gelaufen. Als er sah, dass O'Ceallaigh nichts unternahm, wollte er Einwand erheben, doch Sean's Blick machte ihm klar, dass diesmal er die Entscheidungsgewalt hatte und kein Wiederwort dulden würde.

Kiara hingegen verlangsamte das Tempo nicht, bis sie aus der Stadt hinaus und im Süden das Ende des Tales erreicht hatte. Sie schlug den direkten Weg über die Berge ein, denn auf der anderen Seite des Gebirges lag schon das Meer und dort gab es einen Hafen, von dem aus sie auf das Festland übersetzten wollte.

Auf der Bergkuppe, kurz bevor das Dorf nicht mehr zu sehen war, hielt sie Varel an und schaute zurück.

Sie ließ ab jetzt alles hinter sich. Die Menschen hier, ihr bisheriges Leben.

Vielleicht konnte sie ja irgendwann einmal hierher zurück. Das Einzige, was sie mitnahm, waren die Erinnerungen. Mit Tränen in den Augen, doch fester Entschlossenheit wandte sie sich ab. Sie hatte sich einer großen Aufgabe zu stellen.

Ab jetzt kam ein Neubeginn oder der Anfang vom Ende.



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