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Heartless Hearts

von

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Kapitel: 4/7
 

Disclaimer: Alle handelnden Personen gehören nur sich selbst – ich habe sie mir nur für die Geschichte ausgeborgt x)
 


 

H e a r t l e s s H e a r t s
 


 


 


 

Kapitel 4
 

Es vergingen viele Tage, die Ryu gar nicht zählen wollte, in denen es aber langsam zur Gewohnheit wurde, dass er nichts ausrichten konnte. Es war nicht schön so machtlos zu sein, aber er malte sich aus, wie es erst sein würde, wenn Keita wieder ganz gesund war. Der erste Schnee war schon gefallen und Ryu war gar nicht aufgefallen, wie der ganze Herbst scheinbar eindruckslos an ihm vorüber gezogen war. Dabei war diese Jahreszeit ihm immer die liebste gewesen. In ihm tobte ein immer fortwährender Konflikt - die Nerven für Nebensächliches waren auf der Strecke geblieben.
 

Aber immerhin hatte der Arzt ihm vor kurzem gesagt, dass Keita nun wieder ganz gesund werden könnte und er große Fortschritte in seiner Genesung machte. Zwar musste er sein Leben lang Tabletten nehmen, damit sein Körper das neue Organ nicht abstieß, aber sonst konnte er wieder ganz normal leben und vor allem unbeschwert und glücklich sein. Alle Ängste und die Bedrohung nicht einmal 25 Jahre alt zu werden, konnte er hinter sich lassen und er konnte es gar nicht erwarten, Keita die fröhlichen Neuigkeiten zu überbringen. Wie süß würde er ihn wohl anlächeln? Wahrscheinlich würde er gleich wieder ganz übermütig werden und Ryu musste ihn bremsen - es war oft so gewesen.
 

Und der Tag sollte kommen, an dem Ryu ihn nicht mehr auf der Intensivstation vorfand. Etwas hektisch hatte er den Arzt aufgesucht, der ihn zu Keitas neuem Zimmer brachte und ihm erklärte, dass er aus dem Gröbsten heraus war. Und da saß Keita leicht aufgerichtet in seinem Bett und mit geöffneten Augen und endlich wieder einer passablen Hautfarbe, die es nicht mit den weißen Wänden aufnehmen konnte. Neugierig besah er seine neue Umgebung und suchte scheinbar nach den nichtvorhandenen Details. Besonders viel gab es da aber wirklich nicht zu entdecken, wenn man von den kahlen Wänden und dem großen Fenster absah. Einen hellen Schrank gab es noch, der dem Bett gegenüber stand und ein Waschbecken rechts daneben mit einem kleinen Spiegel. Sonderlich wohnlich war es nicht und Ryu sehnte den Tag herbei, an dem er den Blondschopf wieder mit nach Hause nehmen durfte.
 

»Hey«, machte er vorsichtig auf sich aufmerksam und klopfte zusätzlich am Türrahmen. Dann richteten sich Keitas dunkle Augen auf ihn und ein kleines Lächeln stahl sich auf sein Gesicht.
 

»Oh Gott - ich hab mir solche Sorgen um dich gemacht! Wie geht es dir?«, fragte er aufgeregt und setzte sich an das Krankenbett, welches ihm schon wesentlich besser gefiel, als das letzte.
 

»Gut.« Wieder ein Lächeln. »Ich merke, wie alles abheilt und zusammenwächst. Das habe ich wohl dir zu verdanken.« Es klang nicht ganz so herzlich wie es sollte, aber das spielte gerade keine Rolle. Einen Augenblick lang sah Ryu ihn einfach nur an, musterte sein schmales Gesicht immer wieder und ließ ein Lächeln über seine Lippen gleiten. Wann hatte er sich zuletzt so unbeschwert gefühlt? Es kam ihm vor, als wäre dieser Moment einfach unendlich weit entfernt. Keita rührte sich dabei gar nicht und erwiderte seinen stummen Blick nur.
 

»Vielen Dank. Ohne dich wäre ich wohl nicht mehr am Leben - zumindest wurde mir das gesagt. Dürfte ich deinen Namen erfahren?«, fragte er und wandte den Blick auch nicht ab, als Ryu förmlich das Gesicht entglitt. Hatte er sich gerade verhört? Er konnte seinen Ohren nicht trauen.
 

»Ich frage mich, was passiert ist. Könntest du mich bitte aufklären?«, versuchte Keita es noch mal, als Ryu nicht zur Sprache zurück fand. Was zum Teufel war hier nur schief gelaufen? Sollte das ein übler Traum sein? Auf einmal fiel ihm auf, wie distanziert Keita sich eigentlich benahm - auch den Funken in seinen Augen vermisste er gerade schrecklich.
 

»Du hattest einen Zusammenbruch in meiner Wohnung«, begann Ryu und versuchte zu verdauen, was Keita gerade zu ihm gesagt hatte. Das konnte einfach nicht wahr sein - nicht jetzt, nachdem sie endlich wieder vereint sein durften und nicht mehr von dieser kühlen Glasscheibe voneinander getrennt waren. Verdammt! Er wollte ihn endlich wieder berühren, seine Hände halten und ihn in die Arme nehmen. Wie lange ersehnte er sich schon einen sanften Kuss - und nun sollte Keita ihn allen Ernstes fragen, wer er war?!
 

»Und hast dir…« Plötzlich wurde ihm alles klar und er fühlte sich, als hätte man ihm mit einem Hammer direkt ins Gesicht geschlagen. Ryu hielt inne und konnte vor seinem inneren Auge förmlich erkennen, was geschehen war. Wieder sah er seinen jungen Partner regungslos am Boden liegen, unter ihm die rote Blutlache, weil er so hart aufgeschlagen war. Sein Kopf musste schwerere Schäden abbekommen haben, als sie erwartet hatten.
 

»Du weißt nicht, wer ich bin?«, fragte er dennoch zur Sicherheit, weil er es noch immer nicht glauben konnte. Keita schüttelte den Kopf. Mit einem tiefen, verbitterten Seufzer schlug Ryu sich an die Stirn und schloss die Augen. Das musste er erst einmal verdauen und verbarg sein sonst so stolzes Gesicht hinter den Handflächen, aber er war sich sicher, dass Keita, als er in dem Bad zusammengebrochen war und sich den Kopf gestoßen hatte, sein Gedächtnis verloren haben musste. Wie konnte er nur vergessen, was sie füreinander empfanden? Ryu erschien plötzlich alles aussichtslos - kein Gedächtnis in Verbindung mit einem neuen, völlig fremden Herzen in Keitas Brust ergaben für ihn gar keine gute Mischung. Hatten etwa auch seine Empfindungen vergessen, was sie miteinander erlebt und gefühlt hatten? Kummer sammelte sich erneut in ihm und drohte ihn zu begraben.
 

»Du hast dir den Kopf gestoßen und offensichtlich deine Erinnerungen verloren«, sagte Ryu wehleidig und konnte den Schmerz in seiner Brust einfach nicht verdrängen. Es war einfach nicht zu beschreiben, wie es sich anfühlte, wenn eine ganze Welt Stück für Stück zerbrach und man ihm den Boden brutal unter den Füßen wegzog. Wie sehr hatte er es sich gewünscht Keita jetzt einfach wieder in die Arme schließen zu dürfen? Und er sah in ihm einen völlig fremden Mann, mit dem er offensichtlich nichts anfangen konnte und auch gar nicht wollte. Ein bisschen gespannt sah er ihn schon an, was jetzt noch kommen würde, aber es schien ihm völlig gleich zu sein, ob Ryu nun darunter litt oder nicht. Womit hatte er das nur verdient?
 

»Ich hab den Arzt gerufen und du wurdest hier operiert, weil dein Herz kaputt war«, wollte Ryu weiter erzählen, wurde jedoch schroff unterbrochen.
 

»Das weiß ich. Verkauf mich mal bitte nicht für blöd«, meinte Keita nur und zuckte nicht mit der Wimper, obwohl sein Tonfall zu hart gewählt war. »Ich weiß wie ich heiße und ich weiß auch, was ich hatte. Meine Operation ist super verlaufen und ich habe ein neues Herz. Nur wer du bist weiß ich nicht.« Diese Worte waren wie ein Schlag ins Gesicht und als Keita zusätzlich die Arme vor der Brust verschränkte, fühle Ryu sich nicht länger erwünscht. Er war schutzlos und jedes weitere Wort wollte Wunden verursachen, die er kaum überwinden konnte.
 

»Aber… wir sind ein Paar…«, versuchte Ryu sich rasch wieder zu fangen.
 

»Ein Paar?!« Es klang verächtlich, fast so, als müsste Keita es sich verbieten den Kleineren einfach auszulachen. »Ich weiß doch, mit wem ich zusammen bin. Und du bist es nicht.« Ryu schluckte hart - es zerriss ihm das Herz und seine Fingernägel gruben sich unbewusst in die schwere Matratze des Bettes. Wer auch immer da vor ihm saß - es war nicht der Keita, in den er sich so sehr verliebt hatte und mit dem er so schnell eine so wundervolle Beziehung aufgebaut hatte. Dieses sanftmütige und liebevolle, was ihn einst umgeben hatte war verschwunden. Dieser Mensch war kalt und grob.
 

»Wer bist du?«, fragte Ryu merklich verletzt und sah ihn auch genauso an. Was sollte er nur tun? So einfach wollte er seine Beziehung nicht aufgeben - nicht diese und nicht Keita, aber im Moment konnte er nichts ausrichten, wenn er nicht darauf aus war noch mehr verletzt zu werden und darunter am Ende noch zu vergehen.
 

»Ich werde jetzt gehen.« Keita nickte nur uninteressiert. »Morgen besuche ich dich wieder. Ich wünsche dir gute Besserung.« Dann erhob er sich schweren Herzens ohne einen weiteren Blick in das hübsche Gesicht und er verließ mit gesenktem Haupt das sterile, weiße Zimmer. Als er die Tür hinter sich zu gezogen hatte kämpfte er schon mit den Tränen. Er hatte nicht damit gerechnet, dass ihm noch etwas schlimmeres widerfahren konnte als der Anblick seines Liebsten zusammengebrochen auf dem Boden - doch es war möglich.
 


 

~*~
 

Als Ryu wieder Zuhause war, erschien ihm seine Wohnung noch verlassener als in den letzten Wochen. Alles wirkte kalt und ausgestorben - genauso, wie er sich selbst fühlte - selbst das sonst so wohlige Licht hatte seinen Glanz verloren. War er wirklich noch am morgen hier gewesen? Es fühlte sich eher so an als wäre er nach monatelanger Abwesenheit zurückgekehrt und erst jetzt realisierte er, wie sehr der aufgeweckte, fröhliche Keita ihm hier fehlte. Erst er hatte den Zimmern wirklich Leben eingehaucht. Normalerweise wäre er ihm jetzt fröhlich entgegengetanzt, hätte die Arme um ihn gelegt und ihm einen Kuss aufgedrückt - eine schöne Art ‘Willkommen Zuhause’ zu sagen.
 

Jetzt riss es riefe Wunden in Ryus Seele, denn Keita war nicht mehr bei ihm und er sah seine letzten Reaktionen wie in einer Endlosschleife immer wieder vor sich ablaufen. Mit eisigem Ton hatte er ihn abgewiesen und verleugnet, als wäre das alles niemals geschehen. Wie hatte es nur soweit kommen können? Nicht nur, dass er nicht mehr bei ihm sein wollte - er leugnete seine Zuneigung, die zweifelsfrei einmal gewesen war. Er wollte nicht glauben, dass Keita ihm etwas vorgemacht haben könnte.
 

Langsam schritt Ryu durch die Zimmer seiner Wohnung, aber er wollte sich nirgendwo lange aufhalten, denn jeder Schritt fühlte sich an, als würde er tonnenschwere Gewichte hinter sich herziehen. Sein Schlafzimmer suchte er ganz am Schluss auf und ließ den Blick streifen. Er mochte seine außergewöhnliche Einrichtung und das rund geschnittene Bett aus weißem Holz mit der dunkelroten Bettwäsche. Auch die Schränke waren weiß, ebenso die Wände - abgesehen von der einen, die dem Bett gegenüber lag, die wie auch die Vorhänge in einem angenehmen Rot strahlten. Als er sich hier eingerichtet hatte, wollte er kein x-beliebiges Schlafzimmer haben - und so war es doch recht individuell geworden.
 

Nun war es aber recht dunkel in dem Zimmer, denn auch das Wetter draußen trug mit seinem immer mehr grau bewölkten Himmel nicht gerade dazu bei, dass sich seine Stimmung hob. Durch das geöffnete Fenster konnte Ryu die Blätter der Bäume rauschen hören und wie langsam der Regen einsetzte. Er verriegelte das Fenster und blickte hinaus in den Regen, der die Welt unter sich durchnässe und unter sich zu begraben schien. Schwer zog es die Äste und die letzten vertrockneten Blätter daran in die Tiefe.
 

Dennoch wandte Ryu sich ab und sein Blick fiel auf ein Bild, welches gegenüber dem Bett an der Wand hing. Lange fixierte er die beiden Personen darauf. Sie wirkten sehr glücklich darauf und lächelten ausgelassen in die Kamera, auch wenn ihre viel zu kurze Beziehung nicht immer so gewesen war. Natürlich waren er und Keita darauf abgebildet.
 

Jetzt aber konnte Ryu den Anblick kaum ertragen und presste die Lippen so fest aufeinander, dass das Blut aus ihnen wich. Sie formten nun mehr einen schmalen Strich als schöne, volle Lippen, die ihn sonst ausmachten. Eigentlich wollte er den dunkeln Bilderrahmen greifen und ihn mit der Bildseite auf den darunterliegenden Schrank legen - oder besser noch: das Bildnis gleich durch den Raum werfen, damit es in tausend Teile zersprang, aber er brachte es nicht über sich. Es ging einfach nicht und je mehr er versuchte seinen Partner von sich zu drängen, umso mehr sehnte er ihn wieder herbei. Frustriert ließ er sich auf das Bett fallen. Es war einfach alles verseucht von ihm. Selbst seinen Geruch konnte er noch wahrnehmen und ihn regelrecht neben sich spüren.
 

Unbewusst strich Ryus Hand über das zweite Kopfkissen. Schon nach den ersten Nächten hatte er für eine zweite Decke und ein dazugehöriges Kissen gesorgt, damit es wirklich so wirkte, als würden da zwei Menschen leben. Keita hatte sich nicht als Besuch fühlen sollen. Die Augen fielen ihm zu und er gab sich seinen Erinnerungen hin. Viel zu schnell war der Größere geliebtes Inventar geworden und Ryu glaubte, dass er ihn zu wenig geschätzt hatte, denn jetzt musste ihm ja bewusst werden, dass man schneller wieder allein sein konnte, als es einem lieb war. Genau genommen hatte er gehofft, dass Keita doch wieder gesund werden würde und mit ihm gemeinsam leben würde - bis zum Schluss. Normalerweise war er nicht so romantisch und glaubte nicht an ewige Liebe, die nur von dem Tod geschieden werden konnte, aber Keita hatte ihm schnell einen neuen Glauben beigebracht. Er war der romantische in der Beziehung gewesen und hatte Ryu oft mit seinen wunderbaren Vorstellungen und Erzählungen in den Schlaf geredet. Er hatte so viele Talente und sie auch immer wieder gekonnt ausgespielt.
 

Ryu strich sich ein paar helle Strähnen aus der Stirn und schob seine Finger weiter, bis diese auf etwas Hartes stießen. Was war das?
 

Er öffnete die Augen wieder und setzte sich auf, um seinen Fund zu bewundern. Natürlich - er hatte den Zeichenblock auf Keitas Bettseite gelegt und ganz vergessen. Nun nahm er ihn in die Hand und blätterte die sorgfältig gestalteten Seiten durch. Es steckte viel Fleiß dahinter, das wusste Ryu und in jedem Bild steckte viel Zeit, Geduld und Liebe. Wenn Keita gezeichnet hatte, war er gar nicht mehr ansprechbar gewesen. Seine Arbeit hatte er niemals unterbrochen und bis das hübsch geschwungene Signum mit Datum nicht in irgendeiner Ecke zu finden war, änderte sich an dem Zustand auch nichts.
 

Seine Motive drehten sich alle samt um ihre Beziehung oder zeigten nur Ryu - meist in ganz alltäglichen Situationen, die es ihm aber wert gewesen waren sie für die Ewigkeit festzuhalten. Ohne groß darüber nachzudenken hatte er so ein Stückchen private Geschichte geschrieben und während Ryu weiter betrachtete, fühlte er erneut, wie die Traurigkeit in ihm hinaufstieg und ihn die Verlustangst überkam.
 

An einem Bild blieb er länger hängen - es war eines der neusten Zeichnungen. Eigentlich war es ein Foto gewesen, welches Keita nur abgezeichnet hatte. Darauf waren sie beide zu sehen, aneinander geschmiegt auf dem Bett liegend. Er hatte seinen Kopf an Ryus nackter Brust platziert, der seine Arme um den jungen Mann gelegt hatte und ihn etwas Besitz ergreifend festgehalten. Keita aber sah ganz friedlich aus, in seinen Augen spiegelte sich die Zuneigung und sie strahlte Wärme ab, die auch seine ganze Haltung verriet. Wie wundervoll das Bild geworden war, begriff Ryu erst jetzt, auch wenn er selbst eher stolz wirkte, aber auch ihm war sein Glück anzusehen und ein kleines Lächeln streichelte seine Züge. Ungewollt fuhren seine Finger nun über das Abbild seines Liebsten, während sich seine Augen mit Tränen füllten und er es nicht mehr unterbinden konnte, dass sie sich schließlich über seine Wangen ergossen.
 

Er wollte nicht weinen und versuchte den Tränenfluss schnell mit dem Ärmel wegzuwischen. Da war er typisch Mann und er wollte diese Schwäche einfach nicht zeigen. Andererseits hatte er auch noch nie so etwas fühlen müssen und versuchte es auch gar nicht weiter sich zu zügeln.
 

Immer wieder sah er sich die Bilder an und entdeckte immer wieder neue Details, wobei ihn eigentlich nur die Abbildungen interessierten, auf denen sie beide zu bewundert waren. Bis ihm der Kopf schmerzte und seine Augen brannten wiederholte er sein Vorgehen. Er konnte kaum noch etwas erkennen und war erschöpft und schob den Block schließlich wieder an seinen alten Platz.
 

Während er niedersank und den Kopf in das weiche Kissen drückte, rissen die Erinnerungen natürlich nicht ab und er fasste einen Entschluss: er würde Keita nicht einfach aufgeben. Er wollte um ihn kämpfen und betete, dass er sich doch wieder erinnerte und es sich nur um eine vorübergehende Amnesie handelte. Oder hatte das neue Herz tatsächlich etwas damit zutun? Konnte er Ryu gar nicht mehr so lieben wie früher? Er weigerte sich mit Kräften das zu glauben und drückte die Augen fest zu. Das alles würde vorüber gehen. Nicht wahr?
 


 

~*~
 

Ryu hielt sein Wort. Bereits am nächsten Tag stand er pünktlich zur Besuchszeit mit einem Strauß Blumen vor Keitas Zimmertür. Auf Rosen hatte er absichtlich verzichtet. Genau genommen hasste er Krankenhäuser, auch wenn ihm dieser befremdliche Geruch aus Desinfektionsmittel und kranken Menschen immer vertrauter wurde und ihm kaum noch auffiel. Höflich klopfte er nun an und durfte schließlich eintreten. Die Blumen waren für ihn zwingend notwendig gewesen, um dem Raum wenigstens etwas Farbe zu schenken. Sonst konnte Keita sich sicherlich gar nicht wohlfühlen.
 

Nun aber lächelte er diesen an und zeigte ihm den Strauß. »Die habe ich dir mitgebracht. Ich hoffe du freust dich«, sagte er und versuchte möglichst locker zu wirken, auch wenn ihm das viel Mühe abverlangte, denn der erste Besuch steckte ihm noch immer tief in den Knochen und er hatte das Gefühl, dass es sich in seinem Kopf immer wieder abspielte. Ein wenig flau war ihm ohnehin schon im Magen.
 

»Sie sind sehr hübsch. Danke.« Keita lächelte und sah zu, wie der andere die Blumen in eine Vase stellte. Eigentlich fragte er sich, warum Ryu schon wieder zu ihm kam, nachdem er ihn am Vortag so kühl von sich gewiesen hatte. Aber er konnte sich beim besten Willen nicht an ihn erinnern, er schien Ryu aber viel zu bedeuten, wenn dieser jetzt wirklich jeden Tag zu ihm kommen würde. Es war schon fast etwas unangenehm.
 

»Wie geht es dir?«, fragte Ryu und setzte sich auf den Stuhl, der neben dem Bett stand. Er musterte Keitas dicken Verband, der noch immer um seinen Kopf gewickelt war und auch unter dem weißen Krankenhaushemdchen, welches er trug, konnte Ryu Verbände ausmachen.
 

»Ganz okay. Es ist nur furchtbar immer an dieses Bett gefesselt zu sein. Ich langweile mich so fürchterlich.« Ryu nickte ihm verständnisvoll zu - natürlich war es langweilig. Hier gab es keine Beschäftigungsmöglichkeiten, aber er hatte schon vorgesorgt.
 

»Das dachte ich mir. Ich hab dir ein paar Bücher mitgebracht.« Er holte sie aus seiner Tasche und legte sie auf den Nachttisch. Immerhin würde er so nicht vor Langeweile eingehen. Absichtlich hatte er die Werke ausgewählt, die Keita früher immer bevorzugt und sie immer und immer wieder gelesen hatte.
 

Ein Lächeln stahl sich bei dem Anblick auf Keitas Lippen. »Ich liebe dieses Buch«, sagte er und nahm gleich das oberste an sich. Er blätterte wahllos durch die Seiten und stoppte auf einer zufälligen Seite und strich über das Papier. Es war ein altes Buch, dessen Seiten schon leicht vergilbt waren und Ryu konnte den typischen Geruch sogar von seinem Stuhl aus wahrnehmen.
 

»Woher wusstest du das?« Die Frage war eigentlich überflüssig, denn er erinnerte sich gut an das, was Ryu am Vortag gesagt hatte. Nur Glauben wollte er ihnen noch immer nicht schenken. War das nur ein Zufall?
 

»Ich kenne dich besser als du denkst, Keita.« Seine Stimme war eigentlich nur ein Wispern, aber er lächelte tapfer. »Und deinen Zeichenblock habe ich auch mitgebracht. Ich hoffe du nimmst es mir nicht übel, dass ich eines der Bilder entfernt habe.« Er klang wehleidig und auch sein Blick schien in weite Ferne zu gleiten.. »Ich konnte mich einfach nicht davon trennen.« Keita nahm seinen Block entgegen, auch die Stifte erhielt er und sah neugierig nach, welche Zeichnungen sich hinter dem dicken Cover verbargen. Auch er sah sich jedes Bild lange an - nur das eine, auf dem sie beide so innig beieinander gelegen hatten, konnte Ryu ihm nicht mehr aushändigen. Wenigstens eines wollte er behalten.
 

»Das sind wir«, stellte Keita verblüfft fest und konnte seinen Augen kaum glauben. »Du und ich.« Auch an die Entstehung der Bilder hatte er einfach keine Erinnerungen und in ihm wollte auch einfach nichts wieder aufkeimen. Ihm erschien das alles eher merkwürdig als vertraut, selbst wenn er seinen eigenen Stil gut erkennen konnte und auch das Signum konnte einfach keine Fälschung sein.
 

Schließlich klappte er den Block zu und legte ihn beiseite, dann sprach er ruhig mit Ryu. »Hör mal: ich will dir wirklich nicht wehtun, aber ich kenne dich nicht. Es ist mir furchtbar unangenehm, wenn mich ständig ein Fremder besucht und mir einredet, dass er mein Freund ist.« Ryu schluckte hart, erwiderte aber nichts. »Ich bin dir dankbar, dass du mein Leben gerettet hast, aber ich möchte, dass du mich nicht mehr besuchst und dich von mir fern hältst.«
 

Mit einem Keuchen weiteten sich die Augen des Älteren. Das durfte doch nicht wahr sein! Schnell presste er sich die Hand auf den Mund und versuchte sein Entsetzen nicht so über sich rollen zu lassen, wie es dieses letztendlich aber doch tat - es war ihm egal wie offensichtlich es war, dass es ihn förmlich auf die Knie zwang. Bei all dem, was er schon erlebt hatte, war das bei weitem das Schlimmste. Keita wollte ihn nicht mehr sehen. Er warf ihn regelrecht vor die Tür.
 

Ihre Blicke trafen sich und auch wenn der Jüngere genau erkennen konnte, dass er dem anderen wehtat, konnte er einfach nicht anders. Er musste es tun, denn seine Gefühle waren erloschen.
 

Fortsetzung folgt



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Toffelchan
2011-10-02T21:30:35+00:00 02.10.2011 23:30
BUHUHUHUHU.
ah uh ah wie kannst du nuuuuuhr T____T~

ich mein, dass er noch lebt ist klar - zumindest wenn man dich kennt ist es klar XD
und ja. traurig, dass er sich nicht an ihn erinnert T^T und Ryu gibt sich so viel mühe und ich würde ja auch dauerweinen, wenn ich die Zeichnungen sehen würde ;^;~ BUHUHUHU

ich muss schnell weiter lesen *^*~
wenn es kein happy End wird muss ich dann leider von hinten angeschlichen kommen (ja ich würde mich aus dem Bett erheben) und dann müsste ich dich von hinten (JA VON HINTEN) überfallen. so sieht's aus.

♥~ :D
Von:  Shin-
2011-05-01T21:40:11+00:00 01.05.2011 23:40
danke *-*
wegen dir konnte ich gestern sau geil schlafen XD
wie gesagt du bist meine retterin :'3
aaber mal zum kapitel..
guut das er noch lebt ^o^
aber aaarmer ryu Q____Q
geb ihn nicht auf! >o<
... bitte T--T
ich hör die ganze zeit die unplugged version dress von monolith das passt voll zu dem kapitel o_o
sau traurig iwie Q-Q
verdammt ff's ziehn mich emotional immer so mit |'D
sehr gute arbeit mit dem kapitel :3
ich liebe deinen schreibstil einfach *o*


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