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Fatal Fantasy

Cloud Strife x Vincent Valentine
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Hallo ihr Lieben!

Es ist Freitag, und wie es schon fast zur Tradition geworden ist, gibt es auch diesmal wieder ein neues Kapitel. Diesmal sogar ein sehr Langes - verhältnismäßig zumindest. Denn es ist soweit: Mein erster Final Fantasy VII OC treibt hier für ein einziges Kapitel sein Unwesen. Und weil er nicht gern alleine unterwegs ist, steht ihm ein Freund zur Seite, der bei Cloud für ziemliches Unbehagen sorgt.
Warum? Das könnt ihr jetzt selbst lesen :) Komplett anzeigen

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Das schwarze Biest

Es war still im Raum. Endlich…

Vincent seufzte zufrieden, griff nach seinem Weinglas und nippte daran. Er stellte es auf den dunklen Holzcouchtisch zurück, fuhr mit schlanken Fingern durch dünnes, seidig schwarzes Haar und blätterte dann selbstvergessen die Seite seines Buches um, die er soeben zu Ende gelesen hatte.
 

Es war Wochenende, er hatte seine letzte Schicht für heute hinter sich gebracht und zelebrierte den Gedanken, dass er die nächsten zwei Tage frei haben würde. In letzter Zeit hatten sich viele junge Kämpfer freiwillig gemeldet, um die Bürgerwehr zu unterstützen. Der Bau der Stadtmauern ging gut voran, was zur Folge hatte, dass immer weniger Monster in die Altstadt oder Edge eindrangen. Es ging voran, und das stimmte ihn ungewöhnlich heiter.
 

Auch, dass es Cloud allmählich besser ging, erleichterte ihn. Seit dem letzten Alptraum war jetzt schon mehr als eine Woche vergangen. Man merkte dem Blonden an, dass er sich nach und nach etwas entspannte. Vincent hatte genau gemerkt, dass der junge Schwertkämpfer unter Stress stand. Die ganzen Ereignisse der letzten Zeit hatten ihm seelisch schwer zugesetzt, auch wenn er das vermutlich nie eingeräumt hätte. Aber solche Dinge musste Cloud auch nicht aussprechen. Vincent schien sie fast instinktiv zu spüren.
 

Zum Glück hatte der Schwarzhaarige Recht behalten, was Tifa anging.

Cloud hatte sie einen Tag nach ihrer Auseinandersetzung angerufen, um sich nach Denzel zu erkundigen, was die junge Brünette genutzt hatte, um sich bei ihm zu entschuldigen. Seitdem war ihr Verhältnis wieder entspannter, auch wenn Vincent ahnte, dass noch viel Redebedarf bestand - zumindest von Tifas Seite. Cloud wollte am Sonntag bei ihr vorbei fahren, um sich noch mal mit ihr zusammen zu setzen und etwas Zeit mit Denzel zu verbringen, denn wenn man Tifa glauben konnte, fragte der Junge in einer Tour nach seinem selbstlosen Retter. Es war Vincent nicht entgangen, dass dieses Interesse auf Gegenseitigkeit beruhte. Aus irgend einem Grund schien sich sein Freund für den Jungen verantwortlich zu fühlen.
 

Cloud hatte ihm erst am Morgen nach dem Alptraum von Denzel erzählt.

Wie sie sich kennen gelernt hatten, den Tag zusammen verbrachten und der Kleine dann schließlich bei Tifa Unterschlupf fand. Vincent hatte es mit einer gewissen Verblüffung zur Kenntnis genommen, allerdings ohne groß darauf einzugehen. Es war klar, dass auch ihn das Schicksal des Waisen nicht kalt ließ, aber Cloud hatte Recht: Einen Achtjährigen auf die Highwind mitzunehmen, wäre nicht gut gegangen. Cid hätte ihnen vermutlich die Hölle heiß gemacht.

Außerdem hatte auch der Ex-Turk selbst nicht wirklich Lust darauf, Cloud mit irgend jemandem teilen zu müssen - sei es auch nur mit einem Kind.
 

Tatsächlich merkte er immer deutlicher, dass er ganz schön eifersüchtig werden konnte. Es waren Gefühle, die ihn verwirrten. Schließlich war es eine kleine Ewigkeit her, seit ihn Emotionen dieser Art heimgesucht hatten. Nicht umsonst war er froh, dass das Thema Sephiroth unlängst vom Tisch war. Vincent hatte schon von Anfang an das Gefühl gehabt, dass irgend etwas nicht mit Cloud stimmte. Sein seltsames Verhältnis zum Nordkrater, seine ständigen Alpträume und dann noch das Rätsel um dieses mysteriöse Hämatom, dass an ein- und demselben Tag aufgetaucht und wieder verschwunden war…

Es bereitete ihm Unbehagen. Aber das hatte er Cloud natürlich nicht gesagt. Er war insgeheim froh, dass Cloud seine Mimik noch nicht so deuten konnte wie er die des Blonden.
 

Er wusste genau, dass sowohl Clouds Psyche als auch sein Körper nach wie vor mit den Langzeitschäden der Mako-Überdosis zu kämpfen hatten. Wenn er ehrlich war, glaubte er kaum, dass sich sein Zustand jemals wieder völlig normalisieren würde. Dass Cloud noch lebte, grenzte ja eigentlich schon an ein Wunder. Vincent hoffte nur, dass der ehemalige Infanterist stark genug sein würde, um dieser Belastung auch zukünftig standhalten zu können.

Er war sich nicht sicher, ob Sephiroth tatsächlich erneut plante, den Planeten zu zerstören. Es war nicht so, dass er Cloud keinen Glauben schenken wollte, aber sein Verstand sagte ihm, dass der General nun mal tot war. Dass Cloud zumindest mental noch immer mit dem Mann zu kämpfen hatte, war jedoch eine Tatsache, die sich nicht leugnen ließ. Und genau das bereitete ihm Kopfschmerzen.
 

Die Tür wurde aufgerissen. Vincent blickte von seinem Buch auf.

“Und?”, fragte er interessiert. Cloud lief ins Zimmer und schaubte erschöpft.

Cid hatte schon vor einiger Zeit die kaputten Fliesen in der Dusche entdeckt und den Blonden vor Wut fast über Bord geworfen. Zum Glück hatte Cloud ihn damit beschwichtigen können, dass er ihm beim Verlegen der neuen Fliesen helfen und die Kosten dafür übernehmen würde. Und genau das hatten sie in den letzten zwei Stunden in die Tat umgesetzt. Gemeinsam hatten sie in der Stadt neue Fliesen gekauft, die kaputten mit etwas Mühe entfernt und sie dann ersetzt.

“Sieht wieder aus wie neu”, berichtete der Blonde brummend.
 

Es war laut zugegangen im Badezimmer, während sie gearbeitet hatten. Nicht so sehr wegen der Arbeit an sich, denn das abtragen der zerstörten Fliesen war schnell erledigt und auch den Baumixer, mit dem sie den Fliesenkleber angerührt hatten, hatten sie nur kurz gebraucht. Vielmehr war es die Art, wie sie arbeiteten, die so geräuschvoll von Statten gegangen war.

Cid hatte die Anweisungen gegeben und während Cloud sie anfänglich noch schweigend ausgeführt hatte, war die friedliche Stimmung schon Minuten später gekippt und die üblichen Gehässigkeiten hatten lautstark die Runde gemacht.

Es überraschte Vincent nicht. Wenn man das Wort “laut” im Wörterbuch nachschlagen würde, fände man dort mit Sicherheit ein Foto von Cid. Ähnlich verhielt sich das bestimmt mit den Begriffen “ungehobelt” und “versoffen”.
 

Cloud ließ sich neben Vincent auf die Couch fallen. Der Ältere hatte sich wieder seinem Buch zugewandt und saß im Schneidersitz neben ihm. Wenn Vincent las, war er so vertieft, dass man die Sister Ray neben ihm abfeuern könnte, ohne dass er auch nur das Geringste davon mitbekam.

Cloud kam gut damit zurecht, dass sein ohnehin schweigsamer Partner manchmal Stunden lang so geistesabwesend war. Er wunderte sich nur darüber, wie ein Buch so dermaßen fesselnd für den Dunkelhaarigen sein konnte. Vor allem las Vincent oft noch nicht mal Romane, sondern richtig langweiligen Kram. Wissenschaftslektüre, Sachbücher oder sogar Betriebsanleitungen. Sie stapelten sich haufenweise auf dem Couchtisch. Cloud neigte den Kopf, um einige Titel auf den Buchrücken überfliegen zu können.

“Die spannende Welt der Genetik-Experimente: Dein Replik und Du”

“Wo ist meine zweite Socke? - Ein Krimi für Ordnungsfanatiker”

“Mama, meine Haare leuchten! - Die lustigsten Mako-Unfälle in der Geschichte ShinRas”
 

Leicht verwirrt legte der Blonde die Stirn in Falten. Vincent hatte wirklich eine eigenartige Auffassung von Freizeitunterhaltung.

Sein Blick streifte hinüber zum Bücherregal. Er behielt es eigentlich ständig im Auge, denn er hatte dort etwas versteckt, was Vincent besser nicht finden sollte. Zugegeben, sein Versteck war nicht gerade einfallsreich, aber die Chance, dass Vincent ausgerechnet das Buch erwischen würde, in das er seinen merkwürdigen Schatz versteckt hielt, war nur sehr gering.
 

“Darf ich dich etwas fragen, Vince?”, fragte Cloud irgendwann, behielt jedoch den verträumten Blick in Richtung Bücherregal bei.

“Hmh?”, erklang es in fragendem Ton. Auch Vincent machte sich nicht die Mühe, Blickkontakt herzustellen, denn dazu war er zu sehr in seinem Buch versunken.

“Wie hast du es geschafft, damit fertig zu werden?”

Cloud sah nun zu dem Schwarzhaarigen herüber, der seinerseits den Kopf gehoben hatte und ihn mit schmerzvollem Blick musterte. Er ahnte anscheinend, was kommen würde.

“Wie hast du es geschafft, die Trauer zu bewältigen, als du wusstest, dass sie… na ja… für immer weg sein wird?”

Es dauerte lange, bis er eine Antwort bekam.

“Ich weiß es nicht”, erklang es schließlich sanft. Vincent klappte sein Buch zu und legte es beiseite.

“Ich schätze, ich habe es einfach akzeptiert. Ich weiß, dass ich nichts mehr daran ändern kann. Es ist Vergangenheit.” Er machte eine kurze Pause, bevor er hinzufügte: “Außerdem habe ich jetzt dich, nicht wahr? Warum sollte ich dann länger der Vergangenheit nachtrauern?”
 

Cloud lächelte dünn.

Irgend etwas an der Art, wie er lächelte, ließ Vincent mit vorahnungsvoll die Stirn runzeln.
 

“Wieso fragst du mich das?”

“Weiß nicht. Nur so.”

Der Ältere stieß einen leisen Seufzer aus. Er rückte näher an Cloud heran und zog ihn in seine Arme. Dann sagte er etwas, was Cloud vor Schreck erstarren ließ.

“Es ist nichts falsch daran, um ihn zu trauern, Cloud”, sprach er brummend, “Immerhin war er lange Zeit ein Held. Er war dein Vorbild. Wir können nichts daran ändern, dass wir über den Tod bestimmter Menschen trauern, ganz egal, wie viel Schmerz sie uns auch bereitet haben.”

Cloud schwieg benommen. Dass Vincent ihn durchschaut hatte, ließ ihn innerlich erschaudern. Voller Unwohlsein schlug er die Augen nieder. Er konnte Vincent noch nicht einmal ansehen. Er schämte sich.
 

Am Liebsten hätte er geantwortet, dass er keineswegs trauerte, dass er nur rein zufällig gefragt hatte, weil es ihn eben interessierte. Aber er wusste, dass Vincent ihm nicht glauben würde. Und es entsprach schließlich auch nicht der Wahrheit.

Zumindest schien Vincent ihn in gewisser Weise zu verstehen, und das beruhigte ihn.
 

Aber warum trauerte er?

Warum ausgerechnet um ihn?

Wieso überragte dieses zerstörende Gefühl alle anderen Empfindungen, sogar den Schmerz über den Verlust von Zack und Aerith?
 

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“Haben wir alles?”

“Ja, glaub schon.”

Cloud packte die Einkäufe aufs Kassenband und schnappte sich eine Papiertüte, die er mit dazu legte. Cid hatte seine zwei Mitbewohner zum Einkaufen gescheucht, denn seit sie zu Dritt auf der Highwind wohnten, verbrauchten sie wesentlich mehr Lebensmittel. Er hatte ihnen sein Auto zur Verfügung gestellt - eine uralte Kiste, die er eigentlich nur benutzte, um den Weg von seinem Luftschiff nach Edge nicht zu Fuß zurücklegen müssen. Die Highwind musste einen gewissen Sicherheitsabstand zu den Stadtmauern einhalten, was vielleicht auch besser war. Cloud hätte dem Piloten durchaus zugetraut, dass er das Ding sonst aus Bequemlichkeit irgendwo mitten in der Stadt geparkt hätte. Er konnte sich nicht vorstellen, dass ihr lautstarker Zeitgenosse sich jemals freiwillig von seinem Fluggefährt trennen würde.
 

Schweigend packte Vincent ihre Einkäufe ein, während Cloud bezahlte.

Gerade als sie den Supermarkt verlassen wollten, kam ihnen ein Mann entgegen.

Cloud stöhnte unvernehmbar auf. Von allen Menschen auf diesem verdammten Planeten musste ihm ausgerechnet dieser begegnen!
 

Er war nicht unbemerkt geblieben. Ein breites Grinsen auf dem Gesicht seines rothaarigen Gegenübers bestätigte diese Tatsache. Reno hielt an und musterte ihn mit überlegenem Blick. Allein die Körpersprache des jungen Turks ließ Cloud vor Zorn die Zähne zusammenbeißen.

“Na, wenn das nicht Cloud Strife ist”, erklang es in vergnügtem Ton, “Musst deine Einkäufe jetzt wohl alleine machen, was?”

Darum bemüht, seine Wut zu zügeln und den dämlich grinsenden Vollidioten zu ignorieren, setzte Cloud seinen Weg fort, dicht gefolgt von Vincent, der ihn mit Argusaugen beobachtete. Reno hingegen schien es ganz und gar nicht zu passen, einfach stehen gelassen zu werden. Und vorlaut wie er war konnte der Turk es nicht lassen, dem Blonden noch etwas nachzurufen, was ihn abrupt anhalten ließ.

“Sie stöhnt echt geil, wenn sie kommt. Aber so was hast du wohl nie von ihr gehört, was?”
 

Cloud hielt die Luft an und kniff die Augen zusammen. Er versuchte mit aller Anstrengung, sich zu beherrschen, doch er schaffte es nicht.

“Kannst du mal halten?”

Er schob Vincent die Einkaufstüte in die Arme und drehte sich um.

“Cloud, lass ihn doch”, brummte der Schwarzhaarige in dem kläglichen Versuch, seinen aufgebrachten Freund zu beruhigen.

“Er will dich nur provozieren.”

“Das kann er gerne haben.”
 

Während Cloud mit forschen Schritten zurück lief, direkt auf den hämisch lachenden Rothaarigen zu, blieb Vincent stehen und beschloss, sich vorerst nicht einzumischen. Als Reno sah, dass seine Worte den ehemaligen Infanteristen zur Rückkehr bewegt hatten, verbreiterte sich sein Grinsen.

“Sag bloß, das hat dich jetzt gekränkt?” fragte er in provokantem Ton. Cloud blieb nur wenige Zentimeter vor dem schlanken Mann stehen, warf ihm einen wutentbrannten Blick zu und zischte:

“Was Tifa macht, ist ihre Sache. Das geht mich nichts mehr an. Aber wenn du ihr jemals weh tust, breche ich dir sämtliche Knochen im Leib, hast du verstanden?”

Reno hielt sich mit gespielter Furcht die Hände vor sein Gesicht.

“Uh, jetzt habe ich aber Angst!”, rief er aus, beugte sich vor und lachte dann. “Unser kleiner Sephiroth-Verschnitt droht mir Prügel an!”
 

Cloud hatte die Faust schon gehoben, als ihn plötzlich jemand am Handgelenk packte und ihn in letzter Sekunde davon abhielt, Reno tatsächlich zu schlagen.

“Das reicht jetzt”, brummte Vincent von hinten, “Du willst dich doch nicht wirklich auf sein Niveau herablassen, oder?”

Der vormalige Turk wurde mit einem wütenden Blick für sein Einschreiten gestraft, doch schon Sekunden darauf schienen seine Worte Wirkung zu zeigen und Clouds zum Angriff gehobener Arm senkte sich wieder.

“Wie ich sehe hast du schon jemanden gefunden, der jetzt den Babysitter spielt”, kommentierte Reno mit verschränkten Armen. “Hab ja schon immer geahnt, dass du eigentlich lieber Männer fickst.”
 

“Halte dich zurück, Kiribani”, warnte Vincent nun mit tiefer Stimme. “Ich mag kein Turk mehr sein, aber ein einziger Anruf würde reichen, und du bist deinen lächerlichen Posten los.”

“Das glaubst du ja wohl selbst nicht, Valentine”, grollte der Rothaarige seinerseits.

“Willst du es wirklich darauf anlegen? Ich kenne manche deiner Vorgesetzten wesentlich besser und länger als du. Es wäre mir eine Freude, sie um einen kleinen Gefallen zu bitten, der alten Zeiten wegen.”

Reno legte irritiert die Stirn in Falten und verzog seinen Mund, sagte aber nichts weiter. Vincents Drohung klang durchaus glaubhaft. Und der düstere Mann sah nicht so aus, als wäre er zu Scherzen aufgelegt.
 

“Ich meine es ernst”, fauchte Cloud seinem Widersacher zu, als Vincent ihm gebar, dass sie weitergehen sollten. “Wenn ich merke, dass du sie bloß verarscht hast, bist du dran.”

“Ach, so wie du sie verarscht hast meinst du?”

Fast hätte Cloud ein zweites Mal versucht, auf den Mann loszugehen, doch Vincent hielt ihn noch immer fest und konnte ihn davon abhalten.

“Lass es sein”, riet der ehemalige Turk ihm kopfschüttelnd, “Das ist es nicht wert.”

“Er fragt doch förmlich danach!”, schnaubte Cloud wüst.

“Ja. Genau deswegen solltest du gar nicht erst darauf eingehen.”
 

Sie entfernten sich von Reno, der keine Anstalten mehr machte, ihnen folgen zu wollen.

Cloud befreite sich aus Vincents Griff, denn auch wenn er einsah, dass der Dunkelhaarige Recht hatte, wollte er nicht festgehalten werden wie ein kleines Kind. Er war aber noch so von seiner Wut geblendet, dass er nicht bemerkte, wie ihm ein Fußgänger entgegen kam. Schon im nächsten Moment stieß er hart mit jemandem zusammen, wurde zu Boden gerissen und landete direkt auf der Person, die er soeben umgerempelt hatte.
 

Während er sich noch darüber ärgerte, dass er schon wieder in jemanden hineingerannt war, erklang plötzlich ein unverwechselbares Klicken:

Das Einrasten eines Abzugs.

Verdutzt sah Cloud herab und blickte geradewegs in den stählernen Lauf eines Revolvers.
 

“Du hast genau drei Sekunden, um von mir herunter zu kommen, Blondie, oder ich verteile den Inhalt deines hübschen Schädels direkt hier auf dem Gehweg”, raunte eine tiefe Stimme in bedrohlichem Ton. Während Cloud sich überrumpelt aufrichtete, hörte er Vincent plötzlich auf den Fremden einreden.

“Ich würde es begrüßen, wenn du deinen Revolver nicht auf meine Freunde richten würdest, Chi.”

Verwundert sah Cloud erst zu Vincent und dann zu dem unbekannten Mann, der sich nun ebenfalls aufrichtete. Er war groß, muskulös gebaut und trug eine schwarze Uniform, die Cloud allerdings keiner Firma oder Institution zuordnen konnte. Oberhalb seines Kragens bedeckten Tätowierungen seinen Hals und auch an den Händen war er tätowiert. Es ließ sich nur erahnen, wie der Rest seines Körpers unterhalb des dunklen Anzugs erst aussehen musste.

Seine Haare waren genau so schwarz und lang wie die von Vincent - eigentlich sogar länger - nur hatte der Unbekannte die linke Hälfte seines Schädels millimeterkurz rasiert. Zahlreiche Piercings schmückten sein Gesicht. Cloud kam nicht umher zu bemerkten, dass er trotz des ganzen neumodischen Körperschmucks wirklich attraktiv war.
 

“Vincent!”, rief der schwarzhaarige Fremde voller Begeisterung aus, steckte seinen Revolver weg und klopfte sich den Schmutz von der Kleidung. “Sorry, wusste ja nicht, dass das ein Kumpel von dir ist.”

Jetzt wandte sich der Mann, der offenbar auf den Namen Chi hörte, Cloud zu.

“Nimm’s mir nicht übel”, entschuldigte er sich lächelnd, “Ich dachte, du wärst auf Ärger aus.”

“Keineswegs”, brummte Cloud, während er die ausgestreckte Hand des Mannes ergriff, um sie zu schütteln. Er hatte einen wirklich kräftigen Händedruck.

“Ich bin Chi”, stellte der junge Mann sich fröhlich vor. “Und du bist dann wohl Cloud, hab ich Recht?”

“Äh, ja… Der bin ich.”
 

Cloud war verwirrt. Wer war dieser Typ?

Woher kannte er Vincent und wieso wusste er seinen Namen?
 

Hilfesuchend sah er zu Vincent, der seinen Blick zu deuten wusste und anfing zu erklären.

“Chi ist die letzten Wochen als Ersatz für dich eingesprungen. Kurz nachdem du ausgefallen bist, ist er zu uns gestoßen. Er hat mit mir zusammen die Patrouillen gemacht und ist uns eine große Hilfe.”

Chi grinste verstohlen.

“Wird mir fehlen, mit ihm zusammen zu arbeiten, wenn du dann wieder da bist. Auch wenn er ja nicht unbedingt der Gesprächigste ist”, scherzte der gutaussehende Mann vergnügt. Cloud fiel die unverwechselbare Augenfarbe seiner Kampfvertretung auf.

“Mako-Augen”, stellte er verblüfft fest. Chi nickte. Allem Anschein nach schien er sehr stolz auf diese Tatsache zu sein.

“Jup, ich war im selben Verein wie ihr. Ist aber schon ne ganze Weile her”, erwiderte er.
 

Als sich plötzlich ein weiterer Mann näherte, drehte Chi sich um und winkte ihn heran.

“Kennt ihr euch schon?”, fragte er Cloud.

Dieser musterte den Neuankömmling, der neben Chi angehalten hatte. Er war relativ klein und hatte ein sehr schmales, weibliches Gesicht. Auf seinem Rücken waren zwei lange Klingen befestigt. Auch er hatte die typisch blaugrünen Mako-Augen und seine Haut war furchtbar blass, fast schon durchsichtig.

Das Auffälligste an ihm waren jedoch seine langen Haare, die zu einem glatten Zopf gebunden waren. Sie hatten genau dieselbe blaugrüne Färbung wie seine Augen. Mako-farbig...

“Nein”, erwiderte Cloud eilig, als ihm klar wurde, dass er den Fremden schon ganz schön lange anstarrte.

“Blitz”, sprach der Mann nur knapp, um sich vorzustellen. Seine Stimme klang so sanft, dass es einem Flüstern glich. Cloud machte Anstalten, auch ihm die Hand zu schütteln, doch Blitz ignorierte die Geste und blieb starr wie eine Salzsäule neben Chi stehen. Irritiert zog Cloud seine ausgestreckte Hand zurück.
 

“Blitz ist etwas schüchtern”, erklärte Chi augenzwinkernd, “Aber er hat mich auf euch aufmerksam gemacht. Dank ihm kann ich auf ganz legale Weise meine überschüssigen Aggressionen an den Monstern in der Stadt auslassen. Sehr praktisch.”

“Aha”, kommentierte Cloud mit argwöhnischem Blick. Er wusste nicht so genau, was er von den beiden Männern halten sollte. Vor allem Blitz war ihm irgendwie unheimlich. Offenbar schien Chi das zu spüren.

“So, aber wir müssen dann mal wieder los”, erklärte er mit einem Lächeln, “Mein Bruder fragt sich bestimmt schon, wo ich so lange bleibe.”
 

Die zwei Paradiesvögel verabschiedeten sich. Während sie davon liefen, sahen sowohl Cloud als auch Vincent ihnen schweigend nach. Als Cloud sah, dass Chi zu einem Motorrad lief, änderte sich sein skeptischer Blick allerdings schlagartig.

“Hey, wartet mal!”

Er setzte sich in Bewegung und ließ einen verwirrt dreinschauenden Vincent zurück. Chi hatte sich umgedreht und musterte ihn mit fragendem Blick.

“Was gibt’s?”, wollte er wissen, als Cloud aufgeholt hatte.

“Dein Motorrad”, fing der Blonde an, während er die Maschine des Mannes voller Ehrfurcht betrachtete, “Wo hast du es her? Es ist… wunderschön.”

“Fenrir?”

Chi sah auf das monströse, glänzende Motorrad und grinste dann triumphierend.

“Nett, nicht wahr? Ein richtiges Biest! Mein Bruder hat sie mir geschenkt. Sie ist ne Sonderanfertigung, ein echtes Unikat. Ich muss noch ein paar Veränderungen machen lassen, aber dann ist sie perfekt.”
 

“Fenrir…”

Völlig fasziniert betrachtete Cloud die dunkle Maschine. Er hatte noch nie etwas derart Schönes gesehen. Sie war die perfekte Symbiose aus Kraft und Eleganz - ein rabenschwarzes, Ehrfurcht einflößendes Monster. Er wusste nicht, warum, aber sein Herz schlug sofort höher, wenn er dieses Gefährt ansah.

“Sie hat sicher ordentlich PS”, mutmaßte er. Chi lachte amüsiert.

“Oh ja, mehr als genug!”

Der Schwarzhaarige machte eine kurze Pause, bevor er fragte:

“Interessiert sie dich? Du scheinst ja richtig begeistert zu sein.”

“Und ob”, gab Cloud zu, während er zärtlich seine Hand über den dunklen Lack gleiten ließ.
 

Chi beobachtete den blonden Mann und legte nachdenklich die Stirn in Falten.

“Eigentlich wollte ich sie nicht verkaufen”, brummte er, “Aber du scheinst ihr ja regelrecht verfallen zu sein.”

Ein süffisantes Lächeln huschte über seine Lippen.

“Ich bin ja kein Unhold. Wahrer Liebe soll man nicht im Weg stehen. Wenn der Preis stimmt, könnte ich mich vielleicht umstimmen lassen.”

“Ich würde jeden Preis zahlen”, platzte es aus Cloud heraus. Er sah zu Vincent herüber, der noch immer weiter entfernt stand und in abwartender Pose verharrte. Offensichtlich legte er keinen Wert darauf, dem Gespräch weiter beizuwohnen.

“Vorsicht, Cloud”, warnte Chi raunend und beugte sich zu ihm vor, “Denn ein solches Angebot kann Folgen für dich haben. An Geld liegt mir nichts, das habe ich wie Sand am Meer. Wenn du die Maschine haben willst, wirst du etwas anderes dafür opfern müssen.”

Cloud hob unbeholfen die Schultern.

“Und das wäre?”
 

Chi zückte seine Geldbörse, kramte ein Visitenkärtchen heraus und drückte es dem Blonden in die Finger.

“Überlege dir etwas”, erwiderte er schmunzelnd, “Wenn du mir ein unwiderstehliches Angebot machen kannst, könnte ich mich durchaus überzeugen lassen.”

“Und was schwebt dir da vor?”

Jetzt war es Chi, der mit den Achseln zuckte.

“Überrasch mich.”
 

Er stieg auf das Motorrad, zwinkerte dem Blonden ein letztes Mal zu und drehte dann den Zündschlüssel um. Als der Motor aufheulte, verbreitete sich schlagartig Gänsehaut über Clouds Körper. Er bemerkte zuerst gar nicht, dass Blitz näher an ihn herangetreten war. Erst, als Chi nach dem Mann mit den Mako-farbenen Haaren rief, sah Cloud, wie nah dieser plötzlich stand. Und obwohl Blitz gerufen wurde, sah er nicht etwa zu Chi, sondern zu Cloud.

Sein Blick war seltsam. Unheimlich.

Völlig starr und emotionslos.
 

“Er spricht sehr viel von dir”, erklang es fast flüsternd. Cloud schluckte. Etwas Unerklärliches im Blick des jungen Mannes ließ ihn schlagartig ahnen, von wem die Rede war.

“Er? ...Wer?”, fragte er trotzdem.

Ein hauchzartes Lächeln umspielte Blitz’ Lippen. Es war ein wissendes, fast herablassendes Lächeln, das das Blut in Clouds Adern gefrieren ließ.

“Unser Bruder. Wer sonst.”

Dann drehte der geheimnisvolle Mann sich plötzlich um und lief zu Chi, der schon ungeduldig auf ihn wartete. Während Cloud zusah, wie Blitz wortlos auf das Motorrad stieg und die beiden Männer in Begleitung eines ohrenbetäubenden Lärms davon fuhren, legte er besorgt die Stirn in Falten. Er senkte den Blick und sah auf die Visitenkarte.
 


 

Warum kam es ihm plötzlich vor, als hätte er sich auf etwas wirklich Unheilvolles eingelassen?
 


 

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Nachwort zu diesem Kapitel:
So, meine Jungs hatten ihren Auftritt und ich hoffe, sie haben euch gefallen.
Wenn nicht, ist das auch nicht schlimm, denn ihr werdet sie - zumindest in dieser Fanfic - nicht nochmal wiederfinden, keine Sorge ;)
Wer wissen will, was es mit Chi und Blitz so auf sich hat und welchen Preis Cloud für Fenrir zahlen muss, der muss dann wohl oder übel "Bittersüß" lesen und auf die entsprechenden Kapitel warten :D



Warum hat Vince einen so schrägen Büchergeschmack?
Trinkt er trockenen oder lieblichen Rotwein?
Und wo ist meine zweite Socke? Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  DivaLila
2014-11-05T23:10:21+00:00 06.11.2014 00:10
Ich liebe die Auseinandersetzung von Reno und Cloud... weiss gar nicht genau, warum. Reno ist ein homophobes Arschloch - zumindest wirkt er hier so *wirklich unbedingt auch deine andere FF lesen muss*
Aber er hat schon recht, viel schlimmer als Cloud kann er Tifa gar nicht behandeln - aber Cloud hatte einen Grund, du Idiot*grummel*

Deine beiden Charas mag ich gerne, besonders Chi klingt sehr sexy :3
Und Blitz macht mir Angst... oh Goottttt, und jetzt hat grad das Licht geflackert. Vielleicht sollte ich aufhören mit lesen und das morgige Tageslicht abwarten XD


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