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Wahre Freundschaft

Kapitel 26: Wahre Freundschaft


 

Temaris Hände umklammerten den Eisbecher, den sie sich gegönnt hatte, doch sie hatte nicht einmal die Hälfte gegessen. Obwohl es ihre beiden Lieblingssorten waren, schmeckten sie ihr nicht. Wenn sie es recht bedachte, schmeckte ihr seit fünf Tagen nichts mehr so richtig. Seit sie Kankurou die Wahrheit gesagt und mit ihm aneinander geraten war.
 

Er war zwar ihrer Bitte nachgekommen und nicht nach Konoha gegangen, aber das war die einzige Gefälligkeit, die er ihr getan hatte. Er beschäftigte sich noch mit Kairi, wenn seine Nichte auf ihn zukam, aber seine Schwester ignorierte er völlig. Seit er an dem Abend aus der Tür war, hatte er kein Wort mit ihr gesprochen und sie glaubte nicht, dass sich das wieder so schnell änderte. Sie hatte ihn in ganzer Linie enttäuscht und das waren die Konsequenzen daraus. Das akzeptierte sie. Auch wenn es wehtat, dass er so mit ihr umging.
 

Lustlos rührte sie in der Pampe herum, die ihr Eis gewesen war und da ihre Tochter sie gierig anstierte, gab sie ihr gelegentlich einen Löffel von dem Schoko-Pfefferminz-Matsch. Das Mädchen verzog das Gesicht und als sie den Geschmack über hatte, verlor sie das Interesse und jagte einer kleinen Spinne im Sand hinterher.
 

„Entschuldige die Verspätung“, japste Matsuri. „Ich musste heute ’ne Überstunde einlegen. Scheiß Papierkram!“

„Macht nichts“, murmelte Temari.

Ihre beste Freundin ließ sich auf die Bank neben sie fallen und fragte: „Redet er immer noch nicht wieder mit dir?“
 

Verdrossen fixierte sie ihren Blick auf den Pappbecher in ihrer Hand.
 

„Nicht mal ein Hallo oder Tschüss.“

„Wer kann’s ihm schon verübeln? Du hättest nicht so lange warten sollen, bis du es ihm sagst.“

„Vielen Dank“, erwiderte sie tonlos. Sie hatte nicht einmal Lust, sarkastisch zu sein.

„Ach, du weißt doch, wie ich’s meine.“ Matsuri tätschelte ihrer Freundin die Schulter. „Sei lieber froh, dass er seine Drohung nicht wahr gemacht hat und nach Konoha gegangen ist, um deinem Ex den Arsch aufzureißen.“
 

Temari zuckte teilnahmslos mit den Achseln.
 

„Ist mir doch egal …“

„Ist es dir nicht“, legte sie fest. „Glaubst du, ich weiß nicht, dass du Kankurou drum gebeten hast, dass er es nicht tut?“

„Gibt es eigentlich irgendwas, das du nicht weißt?“, entgegnete sie. „Ehrlich, was erzählt er dir alles über mich?“

„Er war nach eurer Auseinandersetzung – oder wie man es nennen will – bei mir und hat sich ausgekotzt. Du hast ihn wirklich unsagbar enttäuscht.“
 

Sie setzte den Becher an, trank den Rest der Eispampe und zerdrückte ihn in der rechten Hand.

Unsagbar enttäuscht, wiederholte sie in Gedanken. Als ob sie das nicht wüsste …

Sie zielte auf den Mülleimer, der in zwei Metern Entfernung neben der nächsten Bank stand, und versenkte das Pappknäuel mit einem gezielten Wurf.
 

„Das ist mir klar“, sagte Temari. „Ich finde es nur lächerlich von ihm, dass er kein Problem mit der Sache hätte, wenn der Vater meines Kindes ein anderer wäre.“

„Glaubst du das wirklich?“ Ihre Freundin prustete vor Belustigung. „Mal ehrlich, er würde jeden Kerl auseinander nehmen, wenn der sich nicht um sein Kind kümmert. Dass es Shikamaru ist, setzt dem Ganzen nur den Lorbeerkranz auf. Du glaubst gar nicht, wie sauer er auf ihn ist.“

„Doch, glaub ich“, gab sie zurück. „Aber wenn Kankurou so sauer auf ihn ist, warum geht er dann nicht zu ihm, um ihn fertigzumachen?“

„Weil du es nicht möchtest.“ Matsuri beugte sich vor und tippte ihr mit dem Zeigefinger gegen die Stirn. „Er würde ihm nur zu gerne einen langsamen und grausamen Tod bereiten, aber er akzeptiert deine Bitte. Weil er dich liebt, obwohl du ihn so enttäuscht hast.“
 

Temari spürte, wie sich ihr Herz schmerzhaft zusammenzog.

Sie hatte ihn so lange angelogen und trotzdem nahm er noch Rücksicht auf ihre Wünsche. So einen verständnisvollen Bruder hatte sie gar nicht verdient und trotzdem fühlte sie sich elend, weil er sie wie Luft behandelte.
 

„Schön und gut“, sagte sie. „Kairis Vater kann sich darüber glücklich schätzen, aber ich merke nichts von seiner Bruderliebe.“

„Das ist nur seine Art und Weise, seinen Gefühlen Ausdruck zu verleihen.“ Ihre Freundin lächelte ihr aufmunternd zu. „Lass ihn ein bisschen schmollen. Du wirst sehen: In eins, zwei Wochen ist er wieder ganz der Alte.“
 

Das tröstete sie im Moment zwar nicht, aber sie erwiderte ihr Lächeln.

Sie lenkte ihren Blick auf ihre Tochter, die im Sand spielte und ließ sich Matsuris Worte durch den Kopf gehen. Sie hoffte sehr, dass sie Recht hatte, aber …
 

„Wieder der Alte?“, wiederholte Temari. „Sag mal, habt ihr was miteinander oder warum weißt du auf einmal so gut über Kankurous Gefühlsleben Bescheid?“

„Nur meine Einschätzung“, erwiderte sie.
 

Sie sah ihre Freundin direkt an und hob die Augenbrauen.

Sie bekam keine Reaktion.
 

„Dann ist es also nur Zufall, dass du gar nicht mehr von Gaara redest, seit du so viel Zeit mit ihm verbringst?“

„Purer Zufall.“ Matsuri nickte demonstrativ.
 

Obwohl ihr in Anbetracht ihrer Situation nicht danach war, lachte Temari auf.
 

„Jetzt geb’s schon zu!“, forderte sie sie auf. „Ich verrat’s auch niemandem.“
 

Die Jüngere verzog das Gesicht und brach in Gelächter aus.
 

„Ist der Ryo bei dir doch endlich gefallen?“, fragte sie amüsiert. „Echt, ich dachte, du kommst nie mehr drauf.“

Sie blinzelte. „Dann bist du tatsächlich Kankurous heimliche Freundin?“

„So in etwa.“

„Und wie lange läuft das schon zwischen euch?“

„Vier Monate ungefähr“, erwiderte sie und grinste. „Dafür, dass ich deine beste Freundin bin, hast du eine verdammt schlechte Beobachtungsgabe.“

„Die muss mir im Gefühlschaos der letzten Zeit wohl abhanden gekommen sein.“ Sie betrachtete wieder Kairi und setzte nach: „Aber ich hätte dich wirklich mal öfter fragen können, wie es dir geht. Ich bin wirklich keine gute Freundin.“

„Ach, was!“ Matsuri schlug ihr so kräftig auf den Rücken, dass sie zusammenzuckte. „Du hast deine eigenen Probleme zu bewältigen und außerdem höre ich dir gerne zu. Das lenkt exzellent von den eigenen Sorgen ab, weißt du?“

„Ohne die Gespräche mit dir wäre ich wahrscheinlich auch schon lange reif für einen Psychologen.“

„Und ich für die Geschlossene“, flachste ihre Freundin, doch Temari glaubte nicht, dass es ein Witz war. „Siehst du, diese Freundschaft bringt uns beiden was.“
 

Das stimmte, auch wenn sie sich nicht bewusst darum bemüht hatte.
 

„Danke übrigens, dass du Kankurou nichts erzählt hast“, sagte sie. „War bestimmt nicht einfach, alles für dich zu behalten, oder?“
 

Sie machte eine ausladenden Handwink.
 

„Kein Kerl ist es wert, dass ich unsere Freundschaft riskiere“, meinte sie. „Er hat mich zwar schon ein paar Mal gefragt, ob ich nicht finde, dass du dich komisch verhältst, aber“ – sie ließ ein Grinsen aufblitzen – „ich weiß ja, wie man gekonnt vom Thema ablenkt.“

„Allerdings.“ Temari schmunzelte und hob zur Abwehr die Hand. „Aber bitte keine Details.“
 

Matsuri lachte.
 

Sie schwiegen einen Moment und beobachteten, wie Kairi zu einer Bank herüber krabbelte und sich daran hoch zog. Das Mädchen ließ los, machte ein paar unbeholfene Schritte und fiel dann auf die Knie. Sie schaute etwas verdutzt und kicherte los.
 

„Sie hat in den letzten Wochen ganz schöne Fortschritte gemacht“, bemerkte ihre Freundin und lächelte. „Der Idiot, der das von seinem Kind freiwillig verpasst, ist wirklich zu bemitleiden.“

Nicht, wenn er sich nicht dafür interessiert, dachte Temari traurig. Da sie sich davon nicht herunterziehen lassen wollte – ihre Laune war ohnehin schon am Boden –, fragte sie: „Du hast mir noch gar nicht erzählt, wie es zwischen dir und meinem Bruder läuft. Ist es euch ernst?“

„Na ja“, begann ihre Freundin nachdenklich, „er ist ein netter Kerl – nicht, dass ich das nicht schon früher gewusst hätte – und wir hatten auch schon so unsere Höhen und Tiefen, aber so, wie es momentan läuft … Ja, ich könnte es mir zumindest vorstellen.“

„Dann hast du die ständig wechselnden Partner satt, hm?“

„Mehr als das.“ Sie zog eine Grimasse. „Wenn man Affären mit Sadomasochisten, Stiefelfetischisten und Typen hatte, die auf Dinge stehen, die besser unausgesprochen bleiben, kommt einem ein normaler Mann, der keinen abgefahrenen Scheiß will, ganz recht.“

„Normal? Ist er das denn?“

„Wenn man von seinem Hang zur Kriegsbemalung absieht, ja“, bestätigte Matsuri. „Aber damit komme ich klar.“

„Schön, dass du jetzt auch mal ein wenig Glück hast“, sagte sie, wusste aber nicht, ob sie sich wirklich darüber freuen konnte.
 

Sie hatte ihre beste Freundin nie wirklich beneidet, dazu war ihre Lebensweise viel zu verkorkst, aber in diesem Moment tat sie es. Weil sie sich selbst nach so einem einfachen, normalen Leben sehnte. Aber allein die Vorstellung war utopisch.
 

„Es tut auf jeden Fall gut“, entgegnete sie. „Es waren zwar größtenteils selbstgemachte Leiden, aber das kann ich nach den Enttäuschungen der letzten Jahre echt gebrauchen.“
 

Temari sagte nichts.

Von selbstgemachten Leiden verstand sie eine ganze Menge. Und von den daraus resultierenden Enttäuschungen ebenfalls. Seit sie das erste Mal schwanger gewesen war, bestand ihr Leben aus fast nichts anderem als selbstgemachten Leiden und Enttäuschungen.
 

„Findest du es deprimierend, dass ich in meinem ganzen Leben nur mit einem einzigen Mann Sex hatte?“, fragte sie plötzlich.
 

Ihre Freundin blickte sie an, als hätte sie eine Verrückte vor sich, und schürzte die Lippen.
 

„Warum sollte ich das deprimierend finden?“, fragte sie. „Mein ehemaliger Lebensstil ist auch alles andere als optimal, wenn du das meinst.“
 

Sie schüttelte den Kopf.
 

„Wie kommst du dann darauf?“

„Ich weiß nicht … Jetzt, da ich bald alleine mit zwei Kindern dastehe, kommt mir die Zeit, die ich in diese eine Beziehung investiert habe, so sinnlos vor“, meinte sie. „Als er hier war, hab ich mir auch die größte Mühe gegeben, dass alles wieder ins Lot kommt, hab sogar das, was ich mit Koutarou hatte, über den Haufen geworfen. Und wofür? Für nichts, für absolut gar nichts!“ Sie holte tief Luft, verbarg ihr Gesicht in den Händen und murmelte: „Gott, was stimmt denn mit mir nicht?“

„Du hast halt Pech“, sagte Matsuri. „Und einen ausgeprägten Hang zur Selbstsabotage. Am Pech kann man nichts ändern, aber das Sabotieren kann man abstellen.“

„Wenn ich wüsste, wie das geht, würde ich es sofort machen.“
 

Sie sah wieder auf . Ihre beste Freundin musterte sie forschend.
 

„Würdest du?“

„Sicher.“

„Das denke ich nicht.“

„Und warum?“

„Die Frage kannst du dir selbst beantworten.“
 

Temari widersprach nicht, auch wenn sie keinen Schimmer hatte, wovon sie gerade redete.
 

„Du musst ihm schreiben“, setzte Matsuri nach. „Ansonsten sabotierst du nicht nur weiterhin dein eigenes Leben, sondern auch das von Kairi und dem Zwerg.“

„Aber –“ Ihr Anflug eines Protestes verpuffte. Dem hatte sie nichts entgegenzusetzen.

„Schreib ihm“, wiederholte ihre Freundin. „Ich weiß, es fällt dir schwer, aber es wird dir besser gehen, wenn der Brief erstmal unterwegs nach Konoha ist.“

„Ja, genau“, erwiderte sie trocken. „Er wird ihn lesen, sich besinnen und alles stehen und liegen lassen, was ihm lieb und teuer ist. Er wird einfach so herkommen und wir machen einen auf glückliche Familie. Und wenn sie nicht gestorben sind, leben sie heute noch im Friede-Freude-Eierkuchen-Land!“

„Das habe ich nicht gesagt“, sagte Matsuri ruhig. „Ich sagte nur, dass es dir dann besser gehen wird. Kein Grund, um gleich wieder sarkastisch zu werden.“

„Meinst du, ich weiß das nicht?“, gab Temari zurück. „Für den Moment wird es mir besser gehen, aber dann? Was, wenn wie bei Kairi damals nichts von ihm kommt? Was, wenn er doch wieder hier auftaucht?“

„Wäre letzteres nicht optimal?“

„Nein, wäre es nicht. Ich hab keine Lust, mich noch in irgendeiner Weise mit ihm abgeben zu müssen. Nicht mal wegen der Kinder.“

„Du liebst ihn doch immer noch, oder sehe ich das falsch?“

„Das Eine hat nicht zwangsweise etwas mit dem anderen zu tun“, antwortete sie. „Ich kann ihm nicht verzeihen, dass er trotz aller Versprechen gegangen ist, selbst wenn ich wollte.“

Ihre Freundin stieß einen Seufzer aus und sagte: „Es geht hier aber nicht nur um dich und das, was du willst.“
 

Temari starrte ihre Tochter an, ohne sie wirklich zu sehen.

Natürlich ging es um viel mehr als ihr lädiertes Ego und ihr zersplittertes Herz, doch inzwischen sah sie ihre Entscheidung von der praktischen, vorausschauenden Seite.
 

„Vielen Dank für deinen Rat“, erwiderte sie ausdruckslos. „Jetzt bin ich mir sicher, dass ich das Richtige getan habe, als ich die Briefe zerrissen habe.“
 

Matsuris Augen lagen noch einen Moment auf ihren. Sie spitzte die Lippen, als wollte sie zum Sprechen ansetzen, doch ihre beste Freundin beschränkte sich auf ein angedeutetes Kopfschütteln und wandte sich ab.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  fahnm
2015-04-30T20:25:03+00:00 30.04.2015 22:25
spitzen kapitel
Antwort von:  Rabenkralle
04.05.2015 13:07
Danke!


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