Zum Inhalt der Seite

Der Schatten des Doktors

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Vom Regen in die Traufe

Zwei Stunden zuvor

********************
 

„Genau so einen Wagen, wie er im Polizeibericht beschrieben wurde, hat mein Freund gefahren, und er ist genau zwei Tage vor der Fund verschwunden. Verstehen Sie jetzt, wonach ich in der alten Fabrik suchen wollte?“ Jetzt war es heraus und es gab kein Zurück mehr. Rose sah den Doktor herausfordernd an.
 

Der runzelte die Stirn. „Ihr Freund ist also verschwunden. Ja, das könnte sehr gut mit dem zusammenpassen, was ich selbst bereits herausgefunden habe … “, erwiderte er nachdenklich, beließ es dann aber bei der kryptischen Äußerung.
 

Stattdessen streckte er plötzlich den ihr zugewandten Arm nach vorne aus. „Da!“
 

Rose zuckte heftig zusammen, erinnerte sich, dass sie ja eigentlich auf die Straße achten sollte und wandte ihren Blick wieder aus der Frontscheibe. Etwa hundert Meter vor ihnen versperrte ein mit Gestrüpp bewachsener Eisenbahndamm die Sicht. Der befestigte Weg selbst verschwand in einem dunklen Tunnel ohne sichtbares Ende.
 

Ein kalter Schauer lief über ihren Rücken. Was sie dahinter erwarten würde war klar! Torchwood fackelte ihrer Erfahrung nach nicht lange und würde sie mit Sicherheit dort erwarten, wenn ihnen nicht schleunigst etwas einfiel …
 

Ihr Beifahrer deutete auf eine Ausbuchtung am Wegesrand, die sich nur wenige Meter vor dem dunklen Loch befand. „Halten sie dort an!“
 

„Geht klar!“ Sie gehorchte instinktiv. Er hatte sich mittlerweile ihres Vertrauens mehr als wert erwiesen, denn sonst wären sie Torchwood bisher wohl nicht so gut entkommen. Und schließlich schien auch er interessiert daran zu sein, dass dies so blieb.
 

„Und, was tun wir jetzt?“ fragte sie, während sie den Fuß vom Gas nahm und den Wagen in die einfache Parkbucht rollen ließ.
 

„Wir gehen zu Fuß weiter.“ Der Doktor öffnete bereits die Tür und stellte die Füße auf den Waldboden. „Lassen Sie uns keine Zeit verlieren“, trieb er zur Eile, während er sich aufmerksam umblickte und die Augen zusammenkniff, als er in die Tunnelöffnung starrte. „Denn ich befürchte, die werden uns schneller auf die Schliche kommen, als uns lieb ist.“
 

„Da haben Sie wohl recht!“, bemerkte Rose. Sie stieg ebenso schnell wie er aus, warf die Tür zu und ließ die Zentralverrieglung zuschnappen. In dem Moment, in dem sie den Wagen umrundete, sah sie, wie in der dunklen Öffnung ein Motor aufheulte. Scheinwerfer gingen in der Dunkelheit an, der Lichtkegel näherte sich schneller als ihr lieb war.
 

Sie fluchte leise und floh förmlich aus dem tanzenden Lichtkegel um dem Doktor hastig ins Dickicht zu folgen. Der braunhaarige Mann war ihr nur ein paar Schritte voraus und steuerte zielstrebig auf ein paar Büsche zu.
 

Dann hielt er ein paar Zweige fest und wartete, bis sie sich ebenfalls durch die schmale Lücke gequetscht hatte. Er verharrte einen Moment angespannt, führte die schmalen Äste dann wieder in die Ausgangsposition zurück und lauschte dabei aufmerksam. In der anderen Hand sah die junge Frau plötzlich etwas metallisches aufblitzen. Sein Schallschraubenzieher?
 

Dann hatte sie keine Zeit mehr darüber nachzudenken, denn er setzte sich schon wieder in Bewegung, drängte sie mit einer knappen Geste, tiefer in das Unterholz zu gehen. Erst hinter einem verrottenden Baumstumpf übernahm er wieder die Führung.
 

„Hier entlang“, wies er mit einem Flüstern und der ausgestreckten Hand den Weg tiefer in den Wald hinein und legte dabei ein erstaunlich zügiges Tempo vor.
 

Rose hatte Mühe, ihm zu folgen und das lag nicht nur daran, dass sie in den letzten Jahren zu wenig Sport getrieben hatte, es wurde auch zunehmend dunkler, so dass die Beschaffenheit des Bodens immer schwerer zu erkennen war.

'Ich bewege mich im Gegensatz zu ihm wie eine watschelnde Ente auf dem Eis!', musste sie neidvoll zugeben, als sie über das leichtfüßige Tänzeln des Timelords auf dem unebenen Boden staunte.
 

Sie war schon versucht, ihre Taschenlampe aus der Jackentasche zu holen, um sich das Laufen zu erleichtern, da trat sie plötzlich ins Leere und verlor den Halt unter den Füßen. Sie kippte mit einem Aufschrei vornüber.
 

„Hoppla! Vorsicht!“, rief der Doktor mit warmer Stimme aus. Im nächsten Moment waren starke Arme da, die sie geschickt auffingen und festhielten.

Instinktiv schmiegte Rose sich an ihren Retter und konnte nicht verhindern, dass warme Schauer über ihren Rücken liefen. Es war eine so vertraute Geste, dass sie unwillkürlich seufzte und für einen Moment wieder das Gefühl hatte, alles wäre so wie früher und sie erwache nur aus einem schon Jahre andauernden Alptraum …
 

„Ist alles mit Ihnen in in Ordnung?“, fragte der braunhaarige Mann sanft und schreckte sie damit aus ihren Gedanken. In seinen blauen Augen, erkannte sie Freundlichkeit und Besorgnis … aber nicht mehr, nicht das, was sie sich für einen Augenblick erhofft hatte …
 

Die junge Frau schluckte, als sie das wieder zurück auf den Boden der Realität brachte und daran erinnerte, dass dieser Teil des Lebens lange hinter ihr lag, und dieser Mann … „Ja“, murmelte sie ernüchtert und verlegen zugleich. „Ja, das ist es.“
 

„Wunderbar, dann können wir …“ Plötzlich drehte der Doktor seinen Kopf zur Seite. Seine Gesichtszüge wirkten mit einem Mal sehr ernst. Obwohl er sie jetzt nur noch mit einer Hand hielt, verstärkte sich sein Griff, als wolle er sie vor irgend etwas oder vielleicht sogar jemandem beschützen.
 

Dann hob er den Schallschraubenzieher in Höhe seines Kopfes. Das vertraute Sirren erklang, wenngleich auch die diesmal rötlich schimmernde Spitze nicht aufflackerte – so wie sie es von dem Werkzeug ihres Doktors gewohnt war.
 

Rose hielt unwillkürlich die Luft an und starrte in die Dunkelheit.
 

Bei diesen Lichtverhältnissen war schwer zu erkennen, was da gerade aus dem Blattwerk tiefhängender Äste eines Baumes trudelte und zwischen das Wurzelwerk zu Boden plumpste, um dann zwischen das Laub des Vorjahres zu kullern und aus ihrer Sicht zu verschwinden. Auf jeden Fall hatte der Gegenstand gerade einmal die Größe einer Kastanie und für einen Moment metallen geschimmert.
 

Der Doktor verharrte noch einen Moment in der starren Haltung, sein Werkzeug wie eine Waffe auf die Stelle richtend, an der das Ding verschwunden war, so als ob er noch eine Reaktion oder einen Angriff erwarte. „Das ist nicht gut“, murmelte er mehr zu sich, als zu ihr und presste die Lippen zu einem schmalen Strich zusammen. „Das ist ganz und gar nicht gut …“
 

Dann jedoch zuckte er heftig zusammen, denn hinter ihnen wurden schnelle Schritte und Stimmen laut, die unerbittlich näher kamen. „Ich glaube, wir sollten schleunigst hier verschwinden!“, erklärte er hastig und verhalf ihr ohne weitere Umschweife wieder zu festem Stand, ehe er sie los ließ. „Glücklicherweise ist es nicht mehr weit.“
 

Rose konnte nur nicken. Ihr Schrei musste Torchwood verraten haben, wo sie steckten. Das Herz schlug ihr nicht nur bis zum Hals, weil sich ihre Verfolger näherten, sondern auch, weil sie kurz in das Gesicht ihres Begleiters gesehen hatte. Es wirkte noch immer düster und angespannt. Der kleine Vorfall eben machte ihm offensichtlich mehr Sorge als ihre Verfolger … doch warum?
 

'Ach verflucht, dass ist jetzt nun wirklich nicht wichtig! Wenn er es mir verraten will, dann tut er es irgendwann auch.', ermahnte sich Rose sich selbst und setzte sich endlich in Bewegung. Viel fassbarere Feinde war ihnen dicht auf den Fersen, und wenn sie jetzt nicht ganz schnell sahen, dass sie weg kamen, konnte das für sie beide übel enden.
 

Der Doktor blieb diesmal in ihrer Nähe, ihre Hand haltend. Aber auch Rose achtete mehr auf den Weg, blickte fast nur noch zu Boden, damit sie seinen Schritten genau folgen konnten. Die Umgebung musste sie sich ja schließlich nicht mehr merken, denn es war völlig egal, wohin sie jetzt gerade rannten. Den Wald würden sie ja auf einem ganz anderen Weg verlassen. Hauptsache, sie stolperte jetzt nicht wieder.
 

Hinter ein paar Büschen weitete sich der schmale Trampelpfad dann endlich zu einer kleinen Lichtung. Rose blieb unwillkürlich stehen und zog ihre Hand aus der des Mannes, denn ihr Herz hüpfte vor Freude, als sie das sah, auf das sie schon die ganze Zeit gehofft hatte: Da war sie tatsächlich, die so vertraute blaue Telefonzelle, gut verborgen vor den Blicken Neugieriger unter den tiefhängenden Ästen eines knorrigen Baumes …
 

Ihr Begleiter steuerte ohne Zögern auf die Tardis zu, doch gerade als er seine Hand in die Jackentasche steckte, um den Schlüssel heraus zu fischen, schrie sie auf und machte einen Satz zur Seite. „Achtung!“
 

Sie hatte es weniger gesehen als gehört – ein Zischen, nur wenige Handbreit von ihrem Ohr entfernt! Hätte sich der Doktor nicht in diesem Moment überrascht zu ihr hingedreht – der Betäubungspfeil hätte ihn vermutlich genau in den Hals getroffen. So drang die Nadel mit einem dumpfen Geräusch in das Holz des blauen Kastens ein, nur eine Handbreit von seinem Kopf entfernt.
 

„Fliehen Sie! Ich … oh verdammt!“
 

Rose spürte den Einstich einer Nadel in ihrem Oberarm. Auch wenn sie nun hastig mit der anderen Hand danach tastete und den zweiten Pfeil herauszog, wusste sie doch, dass es für sie bereits zu spät war. Rasend schnell breitete sich ein Taubheitsgefühl in ihrem Arm aus, erreichte die Hand, die Schulter … so als ob es sich um ein schnell wirkendes Nervengift handle.
 

Musste sie sich überhaupt wundern? Torchwood machte niemals halbe Sachen, vor allem nicht die Splittergruppen, über die ihr Vater gelegentlich fluchte.
 

„Nicht!“ wehrte sie schwach ab und schüttelte den Kopf, als der Doktor auf sie zustürzen wollte, um sie aufzufangen.
 

Allerdings brauchte er das schon nicht mehr, denn das übernahmen andere für ihn. Rose bemerkte in den Augenwinkeln, wie zwei Männer aus dem Gebüsch traten, sie von hinten packten und mit festem Griff auf den Beinen hielten. Diesmal war sie sogar regelrecht dankbar dafür, denn ihre Beine fühlten sich mittlerweile fast schon genau so an wie ihre Arme, nicht mehr als Teil ihres Körpers, sondern nur noch wie wabbliges, weiches Gelee.
 

Der Blutkreislauf verbreitete die lähmende Substanz unerbittlich weiter in ihrem Körper und begann nun auch ihre Sinne zu vernebeln. Es fiel ihr schwerer und schwerer, den Kopf gehoben und die Augen offen zu halten, aber Rose gab nicht auf. Sie kämpfte so gut sie konnte gegen das lähmende Gift an, wollte aus reinem Trotz so lange bei Bewusstsein bleiben wie möglich.
 

So bekam sie noch mit, dass der Doktor stocksteif stehen blieb, die Arme und Hände ausstreckte, um zu zeigen, dass er jeden Widerstand aufgab, sondern auch unbewaffnet war, während der Wald um sie herum lebendig zu werden schien. Immer mehr Männer traten mit erhobenen Waffen aus den Schatten und umringten sie.
 

„Ich nehme an, ich soll die Hände hochnehmen …“, sagte der Timelord gelassen. „Wünschen Sie die über oder hinter den Kopf?“
 

„Halten Sie gefälligst die Klappe, Mann. Runter auf die Knie und Hände schön nach oben, so dass wir sie gut sehen können!“, knurrte eine bereits bekannte Stimme. „Noch mal entwischt du uns jedenfalls nicht, du Mistkerl!“
 

Die Lippen des Doktors zuckten. Auch wenn er ansonsten gehorchte, so vermochte er doch eines nicht zu tun. Während er wie befohlen auf die Knie ging sah er den älteren Soldaten, mit dem sie bereits einmal das Vergnügen gehabt hatten, mit freundlichem Lächeln an.
 

„Keine Sorge, ich weiß, wann ich geschlagen bin und habe nicht vor, Widerstand zu leisten. Allerdings habe ich gehofft, dass wir das auf andere Weise klären würden, als einfach nur mit roher Gew-… uuuunnngh!“
 

Auf ein knappes Nicken des Grauhaarigen hin, war einer der anderen Soldaten unbemerkt hinter den knienden Doktor getreten und bereitete dem Redeschwall mit dem harten Schlag seines Gewehrkolben nun ein Ende.
 

Der Timelord stöhnte überrascht auf und kippte dann, gelähmt durch den Schmerz, vornüber, konnte sich gerade noch mit den Händen abfangen, ehe sein Kopf mit dem Boden in Berührung kam.

Bevor er sich jedoch noch einmal aufrappeln konnte, schickte ihn ein zweiter Hieb gegen seinen Kopf ganz ins Reich der Träume. Er sackte wieder in sich zusammen und blieb dann mit dem Gesicht im Herbstlaub liegen, rührte sich auch nicht mehr, als der Soldat ihm ein paar Sekunden später grob in die Seite trat. „Der ist ordentlich ausgeknockt, Sir!“
 

„Ihr verfluchten …“ Rose bäumte sich wütend gegen den Griff der Männer auf und versuchte sich loszureißen, doch vergeblich – in diesem Moment verlor auch sie den Kampf gegen das Nervengift. Ihr Geist stürzte in die Dunkelheit.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (1)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Sabberle84
2017-01-02T09:28:51+00:00 02.01.2017 10:28
Bin heute erst auf deine Story gestoßen und musste direkt alles lesen...wirklich super! Hoffentlich geht's bald weiter.


Zurück