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Scattered Petals

von

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V

Es hatte einige Minuten gedauert, bis Machi bereit war, überhaupt irgendetwas zu tun, außer sich an seinem Weinglas festzuhalten, aber weder Kaya, noch Yoshiki hatten es übers Herz gebracht, ihn zu etwas zu drängen. Sogar Yukihiro hatte sich zurück gehalten, dabei schien dieser am Meisten erpicht darauf, mehr über den Gefährten seines Sohnes zu erfahren. „Wo fange ich nur an…“ Machi drehte sein halbvolles Weinglas gedankenverloren in den Händen, bevor er den Kopf auf Yoshikis Schulter sinken ließ und einen tiefen Atemzug nahm. Dass Kaya ihm aus dem gegenüberstehenden Sessel ein beruhigendes Lächeln schenkte, bemerkte er zwar, aber er konnte es nicht erwidern. Das war der Teil seiner Vergangenheit, von dem er sich geschworen hatte, ihn zu vergessen und nie wieder ein Wort darüber zu verlieren. Aber bevor er doch noch irgendwann die ganze Stadt in Flammen aufgehen lassen würde…“Meine Eltern wollten zwar immer Kinder, aber offenbar war ich schon direkt nach der Geburt eine Enttäuschung für sie. Sie haben sich trotzdem bemüht, zumindest bis zu dem Tag an dem ich meinen Test machen musste um herauszufinden, welche magischen Fähigkeiten ich habe.“ Machi seufzte leise, bevor er mit einem großen Schluck das Glas austrank und sich auf die Unterlippe biss. „Da war ich vier Jahre alt und meine Mutter hat versucht mich zu töten, kaum dass wir wieder zuhause waren.“ Für einige Sekunden herrschte Stille, dann legte Yoshiki einen Arm um seinen Liebsten und zog ihn noch enger an sich heran, was Machi ein leises Schluchzen entlockte. Es war so lange her und schmerzte trotzdem immer noch grauenvoll, darüber zu reden. „Sie ist gescheitert weil meine Kräfte sich von selbst aktiviert haben und wäre mein Vater nicht dazwischen gegangen, wäre sie wohl gestorben.“ Und es wäre wohl besser so gewesen.
 

Aber das brachte er nicht über sich, es auszusprechen. Denn auch wenn er Mana den Tod wünschte, es würde wohl nichts ändern. Weder an seiner Situation, noch an seinem Leben. „Danach hat mein Vater zwei Jahre lang versucht, mich zu seiner perfekten Marionette zu formen…Nachdem er mich dafür bestraft hat, dass ich mich verteidigt habe. Ihr könnt euch vorstellen, dass das nicht gut lief…“ Ein müdes Lächeln huschte über Machis Züge und er strich sich eine Haarsträhne aus der Stirn. „Außerdem wollte und konnte ich der Folter anderer Lebewesen nicht viel abgewinnen und ich bin sicher, er hätte mich ebenfalls versucht zu töten, wenn das magische Konzil nicht auf mich aufmerksam geworden wäre, weil ich in einer Panikattacke unser Haus angezündet hatte.“ Das war damals wirklich kein schöner Anblick gewesen und er erinnerte sich nur zu gut daran, dass er sich gewünscht hatte, dass die Flammen doch endlich ihn verschlingen würden, anstatt seiner Umgebung. „Das Konzil hat sicher gestellt, dass ich von meinen Eltern weg und auf eines ihrer Internate kam. Eigentlich hätte ich dort lernen sollen, meine Kräfte zu kontrollieren.“ Machi zuckte mit den Schultern, bevor er sich Wein nachschenkte und für einige Momente diesen einfach im Glas sanft hin und her schwenkte. Damals hatte er wirklich gedacht und gehofft, dass alles besser werden würde. Wie sehr er sich damals geirrt gehabt hatte! „Aber es wurde nur noch schlimmer.“ Mit einem trockenen Lachen nippte Machi am Wein, er wollte nicht weiter reden. Er war zu müde, immerhin sein Ausbruch vorhin hatte ihn ordentlich erschöpft, aber er wusste auch, dass es nie wieder eine Gelegenheit geben würde, so offen über seine Vergangenheit zu sprechen. Also nahm er noch einen Schluck Wein, bevor er weiter sprach und versuchte die besorgten Blicke der Anderen auszublenden. „Kinder können wahnsinnig grausam sein. Vor allem wenn sie aus angesehenen Zaubererfamilien stammen und sich für das Beste überhaupt halten. Ich war nicht lange auf dem Internat…Die Lehrer waren nett, aber nachts war niemand da, der mir helfen konnte. Ich hab versucht, durchzuhalten. Die Demütigungen und den Spott darüber zu ertragen, dass ich nur in Elementarmagie gut war…Mittlerweile weiß ich, dass sie alle Angst vor mir hatten.“
 

Immerhin, Elementarhexen waren zwar hoch angesehen, aber nur, wenn sie im Vollbesitz ihrer Kräfte waren und perfekt mit ihnen umgehen konnten. Davor waren diese unberechenbar und Machi erschauderte, als er sich daran erinnerte, was mit einem seiner ehemaligen Klassenkameraden passiert war. Eine Lufthexe, dem sie magieunterdrückende Handfesseln und ein Halsband hatten anlegen müssen, wann immer sie keinen Unterricht gehabt hatten, weil dieser sich noch weniger im Griff gehabt hatte, als er selbst. Anstatt irgendetwas dagegen zu unternehmen und Einzelunterricht anzubieten, war es einfacher gewesen, ihn direkt ruhig zu stellen. Wäre er geblieben? Ihm wäre wohl das Gleiche passiert…So in Gedanken versunken zuckte Machi richtig, als Yoshiki ihm sanft über die Wange strich und starrte seinen Liebsten für einige Sekunden mit schreckensweiten Augen an, bevor er ihn erkannte und das Weinglas abstellte, dass er die Arme um ihn legen und das Gesicht an seiner Schulter vergraben konnte, während Yoshiki begann ihm sanft über den Rücken zu streicheln. „Es ist alles gut, Machi. Wenn du nicht weiter darüber reden willst, dann verstehen wir das. Du hattest eine schreckliche Kindheit…“ Kaya nickte zustimmend und ein leises Schluchzen entkam Machis Lippen. „Ich hab euch nicht mal alles erzählt…Das waren die harmlosen Jahre…“ Beide Vampire tauschten einen Blick mit dem Incubus aus, dann verließ Yukihiro wortlos das Zimmer. „Oh Liebling. Wenn es für dich leichter ist, kann ich auch dein Blut trinken, hm? Dann musst du es nicht erzählen.“ Machi zögerte, dann schüttelte er den Kopf und hauchte Yoshiki einen sanften Kuss auf die Lippen. „Nein. Du kannst meine Erinnerungen Kaya nicht zeigen und ich möchte es nicht nochmal wiederholen müssen nach heute. Aber danke.“
 

Yoshiki nickte langsam und Kaya gab ein Seufzen von sich. „Wenn es für dich einfacher ist, kann ich auch darauf verzichten. Machi, wir wollen nicht, dass es dir schlechter geht…“ Fast hätte er bei Kayas Worten gelacht, aber eher weil er sich vollkommen überfordert fühlte. „Schon gut…Aber ich fürchte, einer von euch muss mich später ins Bett tragen…“ Damit hatte Machi sein Weinglas erneut angesetzt und dieses Mal in einem Zug ausgetrunken. Besser, aber noch nicht genug. „Ich hab es geschafft, vier Jahre auszuhalten. Irgendwie. Dann kam einer der Zauberer auf die Idee, dass es helfen könnte, meine Kräfte zu bündeln, wenn man mir die Haare schneidet…Ich bin aufgewacht, bevor sie mir eine Glatze verpassen konnten, aber ich hatte zum ersten Mal in meinem Leben eine Kurzhaarfrisur und sie sah schrecklich aus…Ich hab ihn grün und blau geschlagen und bin abgehauen.“ Machi zuckte unbeeindruckt mit den Schultern, während seine Fingernägel sich in Yoshikis Oberschenkel gruben, was diesen dazu brachte, ihre Finger sanft miteinander zu verschränken und diese festzuhalten. „Danach hatte ich keinen Ort mehr an den ich zurück kehren konnte. Meine Eltern wollten mich tot sehen, die anderen Kinder hassten mich und ich war kurz davor aufzugeben. Welchen Sinn hatte das Leben denn, wenn keiner mich wollte? Ich bin ziellos durch die Unterwelt geirrt, bis mich ein Gestaltwandler gefunden hat.“ Erneut streckte sich Machi um Wein nachzuschenken, murrte jedoch, als Kaya ihm die Flasche wegnahm und ihm zuzwinkerte. „Tut mir wahnsinnig leid, Herzchen, aber du fängst bald an zu lallen und wir wollen dich doch verstehen können.“ Machi verdrehte die Augen, hatte Kaya die Zunge heraus gestreckt und den Kopf geschüttelt - also wirklich. Was dachten die Zwei nur von ihm bitte? „Hat mich zuerst zu Tode erschreckt…Na ja, wenn man sich plötzlich Auge in Auge mit einem Wolf wiederfindet…“ Machi lachte leise und kuschelte sich noch etwas mehr an Yoshiki heran. Langsam wurde er wirklich müde, also war es vielleicht doch gut, dass Kaya ihm den Wein vorenthielt. „Er hat sich um mich gekümmert, oder zumindest hat er es so genannt. Eigentlich hat er mich nur gebraucht, dass ich ihm helfe, Dinge zu stehlen. Ich weiß nichtmal mehr seinen Namen, aber nachdem er gestorben ist, bin ich in die Menschenwelt und hab nie zurück geschaut.“
 

Langsam wischte sich Machi über die Augen, woher kamen denn jetzt nur diese verdammten Tränen? Wie unpraktisch. „Ich hatte zuerst Angst vor den Menschen. Aber irgendwie schien ich Glück gehabt zu haben. Ein junges Paar hat mir geholfen, mich zurecht zu finden, ich konnte mich einfach als Waisenkind ausgeben und keiner hatte Fragen gestellt…Es war so einfach.“ Mehr Tränen kamen jetzt nach und erneut wischte sich Machi über die Augen. Es war so lange her, wieso traf es ihn denn immer noch? „Mit knapp siebzehn haben sie mir geholfen, eine Arbeit zu finden. Zuerst als Kassierer in einem Supermarkt, dann in einem Musikladen. Ich weiß nicht, aber irgendwie…Bin ich da hängen geblieben. Musik war so neu für mich, dass ich am Anfang meine Kollegen verstört habe, weil ich mich über jede neue CD gefreut habe, die wir abgespielt haben…“ Mit einem leisen Schniefen fuhr sich Machi durch die Haare, eigentlich waren diese Erinnerungen sogar noch recht frisch, aber für ihn fühlte es sich an, als wäre das ein anderes Leben gewesen. „Na ja, irgendwann hab ich erfahren, dass es so etwas wie Konzerte gibt…Wo die Bands live spielen, nicht auf CD. Und da hab ich dann Kaya kennen gelernt.“ Ein schiefes Grinsen legte sich auf Machis Lippen, während Kaya in schallendes Gelächter ausbrach und sich gerade noch rechtzeitig die Hand vor den Mund schlug. „Das ist eine Art, zu sagen, dass wir einander über den Haufen gerannt haben, Herzchen…Du warst so wahnsinnig niedlich, ich hätte dich am Liebsten an Ort und Stelle ins Bett gezerrt.“ Kaya zwinkerte ihm zu und Machi spürte deutlich, wie er rot wurde und automatisch rutschte er noch ein Stück enger zu Yoshiki heran, während er seinen besten Freund versuchte böse anzusehen. „Vergiss es. Jetzt weiß ich was du bist…“ Kaya schüttelte deutlich amüsiert den Kopf und Yoshiki schlang die Arme enger um seinen Freund. „Keine Sorge…Ihr Zwei könnt euren Spaß haben, ich bin erstmal bedient.“ Kaya leckte sich die Lippen und Machi musste den Blick abwenden, weil sein Herz einen ungesund schnellen Rhythmus angenommen hatte - verdammter Dämon.
 

Verdammter Wein. Er wollte doch nur noch ins Bett und schlafen. Und vielleicht auch einfach nie wieder aufstehen. „Na…Jedenfalls…seitdem kenne ich Kaya. Mayu und Emiru hab ich erst vor vier Jahren kennen gelernt, als ich mit Kaya unterwegs war…Und das wars eigentlich. So spannend ist meine Lebensgeschichte auch nicht…“ Dass er die ganzen Details weggelassen hatte, konnte ihm keiner übel nehmen, oder? Immerhin, was war spannend daran, von einem Jungen zu erzählen, der beinahe erfroren wäre, weil er nicht genug wärmende Klamotten am Leib getragen gehabt hatte oder der hatte warten müssen, bis das erbeutete Gut umgewechselt war, bis er etwas hatte essen dürfen? „Du wolltest wissen, wieso die Menschenwelt mir so viel bedeutet, Yoshiki…Weil sie anders ist. In der Unterwelt wird dir nur geholfen, wenn du als Gegenleistung etwas von dir gibst. Hier…hier ist das anders. Menschen helfen dir, weil sie es wollen. Ich habe all das Geld, was ich verdient hab, dem jungen Paar gegeben, dass mir geholfen hatte und mittlerweile sind sie umgezogen. Irgendwo in die Bretagne wo das Wetter besser ist…Ich denke nicht, dass ich sie je wieder sehen werde. Aber sie wollten das Geld zuerst gar nicht…Das ist es, was mich fasziniert. Dass niemand von Kindern erwartet, dass sie alles können oder sofort perfekt sind.“ Machi gähnte leise auf, bevor er langsam die Augen schloss. Er war so wahnsinnig müde mit einem Schlag. Vielleicht hatte es auch gut getan, sich mal alles von der Seele reden zu können. So sicher war er sich in dem Punkt allerdings noch nicht. „Wir sollten dich ins Bett bringen.“ Yoshikis sanfte Stimme ließ ihn leise murren und Machi bekam kaum mit, wie der Vampir ihn hochhob, noch wie dieser sich an Kaya wandte und dem Incubus ein Gästezimmer anbot. Alles was im Moment für ihn noch zählte, war Yoshiki und er vergrub das Gesicht an dessen Halsbeuge mit einem leisen Laut. Morgen würde er sich bei Kaya entschuldigen. Eventuell.
 

Er merkte kaum, wie er auf ihrem weichen Bett abgelegt wurde, geschweige denn, dass Yoshiki langsam begann ihn umzuziehen, was dazu führte, dass sich Machi murrend auf die andere Seite drehte und vor sich hin grummelte. Tief in seinem Unterbewusstsein jedoch wusste er, dass er in Sicherheit war. Dass ihn Yoshiki nie würde verletzen können und dass er endlich jemanden gefunden gehabt hatte, der ihm genug bedeutete um sich ihm wirklich öffnen zu können. Immerhin, war er nicht gezwungen worden, zu reden, er hätte nicht alles erzählen müssen. Aber es war besser so. Immerhin wollten sie sich doch gegenseitig besser verstehen können und als Yoshiki ihn sanft zudeckte und sich neben ihn legte, kuschelte sich Machi automatisch in den Armen des Vampirs zusammen, welcher begann ihm sanft durch die roten, langen Haare zu kraulen. Der abwesende Blick in den Augen des Vampirs entging ihm dadurch, aber den sanften Kuss auf die Stirn spürte Machi auch noch in seinen tiefsten Träumen und es dauerte nicht lange, bis ein sanftes Lächeln auf seinen Lippen lag und er friedlich vor sich hin schlummerte. Yoshiki hingegen starrte wachsam in die Dunkelheit, als würde er dort eine Ursache finden können, um herauszufinden, wer den Fluch auf sein Schloss gelegt hatte und wieso. Das Eis, welches Machi die ganze Zeit zurück gehalten hatte, hatte schlussendlich doch nur einem Zweck gedient und mittlerweile war er sich mehr als sicher, dass Machi hatte sterben sollen. Erneut. Entweder durch eigene Hand, indem seine Fähigkeiten ihn von innen heraus ausbrannten oder dadurch, dass der Vampir ihn anfallen und aussaugen würde. Immerhin, Hexenblut war anders, als das von Menschen, es war köstlicher, aber auch weniger davon reichte aus um einen Vampir zu sättigen. Menschen schmeckten im direkten Vergleich langweilig und fade und natürlich tranken Seelenverwandte nur noch von ihrem Partner. Dazu die Anstrengung eingerechnet, die er selbst hatte überwinden müssen um diese Mauern zu verlassen…Er wollte das nicht mit Machi besprechen, aber er würde es wohl müssen, sollte sein Vater keinen Anhaltspunkt finden können. Yoshiki schloss müde die Augen, bevor er den Mann in seinen Armen aufmerksam betrachtete. Egal, was noch kommen würde, er würde dafür Sorge tragen, dass Machi dieses Mal so wenig Schaden wie möglich davon trug. Und wenn er dafür sein Leben würde opfern müssen. Machi hatte genug gelitten, es wurde Zeit, ihm zu beweisen, dass auch das Übernatürliche schöne Seiten aufweisen konnte und ihm zu zeigen, wie schön die Ewigkeit an seiner Seite sein konnte. Selbst wenn sie nicht gekrönt werden würden. Es würde sich für alles eine Lösung finden lassen und mit einem sanften Lächeln, strich Yoshiki seinem Liebsten nochmal durch die weichen Haare, bevor er selbst die Augen schloss. „Ich liebe dich, Machi.“



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  EndlessRain
2019-12-20T20:37:40+00:00 20.12.2019 21:37
Hach … Q_______Q
*schnüff*
Machi … er tut mir so wahnsinnig leid und omg ich möchte ihn flauschen q_q

Es ist so grausam, was ihm alles passiert ist, dafür aber so schön, dass er Menschen/Wesen gefunden hat, die ihn mögen, lieben und ihm helfen <3
Und Yoshiki passt ja auch noch gut auf ihn auf u.u

Aber wo ist Yukihiro hin? Bzw wieso ist er einfach gegangen?
Wollte er es Machi damit leichter machen? >__<

Und dieses Eis, dieses böse Eis >__<


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