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Once upon a Winter

Sirius x Bella Winterwichteln 2019
von

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Winter - Konflikte

Mit einem lauten Knall landete Bella direkt vor dem alten Eisentor an der Grundstücksgrenze des Landanwesens ihrer Familie - und im knöchelhohen Schnee. Sie fluchte laut über die inkompetenten Hauselfen und nahm mürrisch ihren Zauberstab zur Hand, um das kalte Weiß um sich herum verschwinden zu lassen.

Anschließend zauberte sie ihre Füße und den Weg vor sich trocken, während sie auf das Anwesen zulief. Es war ein dreistöckiges, rotes Backsteinhaus, das Bellas Meinung nach aufgrund der symmetrischen Struktur von außen langweilig wirkte. Wenigstens das Innere des Hauses war verwinkelt und sah wild zusammengeschustert aus.

Als sie schließlich an der großen dunklen Holztür ankam, klopfte sie laut dagegen. Keine Sekunde später öffnete sich diese. Am unteren Sichtfeld konnte sie noch die Enden der Fledermausohren erkennen, die sich schnell zur Seite bewegten, als Bella ins Innere des Hauses trat.

Sie achtete nicht weiter auf das Hauself zu ihren Füßen. Sollte es schauen, wie es aus ihrem Weg kam.

»Bella, schön dass du da bist. Deine Koffer sind schon in deinem Zimmer«, wurde sie von ihrer kleinen Schwester Narzissa begrüßt, während sie sich ihres Mantels entledigte und ihn fallen ließ, im Wissen, das Hauself würde ihn auffangen.

Narzissa saß in einem der grünen Ohrensessel nahe des Kaminfeuers und hatte eine Tasse Tee in ihren Händen. Neben ihr schwebte eine Wiege aus Holz, in der ihr Sohn lag.

»Ist sonst schon jemand da?«, überging Bella die Begrüßung.

»Nein, du bist nach uns die erste. Ich denke mal, Tante Walburga und ihre Familie dürften aber nicht mehr lange auf sich warten lassen. Die Koffer kamen ebenfalls vor wenigen Minuten an.«

Bella seufzte. Sie hatte wenig Lust auf den älteren der beiden Black-Brüder, Sirius. Er war sich seiner Verpflichtung als Reinblüter nicht bewusst und seine edle Abstammung war an ihn verschwendet.

Nicht nur, dass er als einziger Black in der Geschichte ihrer Familie in ein anderes Haus als Slytherin gekommen war. Nein, er war sogar mit Schlammblütern befreundet. Aber was erwartete man auch von einem Menschen, der dem Haus Gryffindor zugeordnet wurde?

Er hatte keinen Respekt vor der familieninternen Hierarchie und egal wie oft man versuchte, ihm zu erklären, was der Name Black bedeutete, hörte er nicht zu.

Bella wäre es am Liebsten, er würde endlich der Familie verstoßen werden. Bis auf sein sehr attraktives Äußeres bot er nicht viel. Zugegeben, selbst sie sah ihn mittlerweile öfter als nötig an. Und neben ihrer Abneigung ihm gegenüber, verspürte sie eine gewisse Anspannung in sich.

Er war zu einem stattlichen, jungen Mann herangereift und wäre sie nicht längst verheiratet und er kein Schandfleck in der langen und ehrwürdigen Linie der Black, wäre sie ihm nicht abgeneigt.

Bella schalt sich für diesen Gedanken augenblicklich selbst.

Er war ein Besserwisser. Noch grün hinter den Ohren. Ein Taugenichts. Welche Verschwendung von Abstammung, Aussehen und Intellekt.

»Ich werde bis zum Abendessen in meinem Zimmer sein«, sagte Bella schließlich und ging ohne einen weiteren Blick zu ihrer kleinen Schwester oder deren Sohn an ihnen vorbei zu den alten Holzstufen, die ins nächste Stockwerk führten.

Ihr wäre es am Liebsten gewesen, gar nicht durch das Wohnzimmer laufen zu müssen. Dabei ging es nicht darum, ihrer Schwester aus dem Weg zu gehen. Sie liebte Narzissa über alles, aber seit sie im Vorjahr Mutter geworden war, war sie anstrengend. Obwohl Bella ihre Gesellschaft genoss, konnte sie diese nicht ertragen, wenn ihr Baby dabei war. Leider war apparieren auf dem gesamten Grundstück nicht möglich, weshalb sich dieses kurze Aufeinandertreffen nicht hatte vermeiden lassen.

Das war auch eins der wenigen Dinge, die sie an ihrer Verwandtschaft störte: die Paranoia, entdeckt zu werden. Sie hatten selbst hier in der tiefsten Einöde gefühlt tausend Schutzzauber um das gesamte Anwesen gelegt.

Zumindest gab es hier keine unnötigen Portraits ihrer verstorbenen Verwandten, die jeden, der es wagte, an ihnen vorbeizugehen, mit Argusaugen beobachteten.

Wie sie diese verstaubten Gestalten hasste. Wer tot war, sollte tot bleiben und nicht als Schatten des einstigen stolzen Selbst in einem Bild weiterleben.

Sie seufzte leise, als sie schließlich vor ihrer Zimmertür stand. Rodolphus und sie bezogen seit ihrer Hochzeit jedes Jahr das erste Zimmer links.

Zu ihrem Glück befand sich Sirius Raum ganz hinten rechts. Wieso ihr dieser eingebildete Grünschnabel wieder in den Sinn kam, wusste sie nicht. Sie verscheuchte ihn eiligst aus ihren Gedanken und drückte den silbernen Schlangentürknauf nach unten.

Er sollte dorthin gehen, wo er Pfeffer wuchs, und nicht in ihrem Kopf herumspuken.

Bella betrat den Raum und ließ die Tür hinter sich lautstark ins Schloss fallen.

Ihre Koffer standen bereits in der Mitte des Raumes und sie überlegte kurz, ob sie nach einem der Hauselfen rufen sollte, um sie ausräumen zu lassen. Allerdings wollte sie für den Moment lieber ihre Ruhe haben.

Rodolphus würde erst am Abend nachkommen - wie immer war ihm alles andere wichtiger als sie. Das bedeutete allerdings auch, sie konnte die Zeit für sich nutzen. Es machte zwar kaum einen Unterschied, da sie dies auch zu hause oft genug tat, aber hier war sie von ihrer Familie umgeben, auch wenn sie nicht den Drang verspürte, sich zu ihnen zu gesellen.

Es war eher das Wissen, dass sie da waren, was sie beruhigte. Sie fühlte sich in ihrem Anwesen nicht unbedingt einsam, aber dennoch war es schön, nicht allein in einem Haus zu sein. Nicht, dass sie das jemals jemandem sagen würde.

Das erste Mal seit Tagen erschien so etwas wie ein Lächeln auf ihren Lippen und Bella ließ sich auf das Himmelbett fallen, das dem blumigen Geruch nach neu überzogen worden war.

Sie starrte auf den dicken grünen Stoff über sich und schloss die Augen.

Allein fühlte sie sich am Wohlsten. Ein schizophrener Gedanke, da sie es nicht mochte, zuhause allein zu sein. Und Rodolphus ließ sie oft allein. Er kam manchmal nur zu ihr, um mit ihr zu schlafen.

Sie hasste es, das Bett mit ihm zu teilen. Es dauerte nicht lange, sie lag stumm unter ihm und am Ende hatte sie jedes Mal das Gefühl, es würde etwas fehlen.

Die Intervalle ihres Beischlafs waren in den letzten Monaten glücklicherweise größer geworden, weil es nach all den Jahren, die sie bereits verheiratet waren, noch immer nicht zu Nachwuchs gekommen war.

Bella konnte nicht sagen, dass sie es schade fand. Ehrlich gesagt wollte sie gar keine Kinder, aber sie wusste, dass es von ihr erwartet wurde.

Sie musste die reinblütige Linie ihrer altehrwürdigen Familie aufrechterhalten und das gelang nur, wenn sie Kinder bekam.

Doch egal wie oft sie es versuchten, es wollte kein Leben in ihr heranwachsen.

Sie hatte sich bereits überlegt, ins St. Mungos zu gehen und sich untersuchen zu lassen. Aber was wäre das für eine Blöße.

Den offenherzigen Fragen ihrer Schwester wich sie regelmäßig aus und solange keiner ihrer Verwandten das Thema zur Sprache brachte, konnte sie mit den seltsamen Blicken und dem Getuschel gut leben.
 

Es war ein spitzer Finger, der Bella Stunden später aus ihrem Schlaf riss. Sie wusste gar nicht, wann ihre Gedanken in Träume übergegangen waren.

»Entschuldigen Sie, Herrin. Minni soll Sie wecken. Abendessen.«

Bei diesen Worten öffnete Bella schließlich ihre Augen und setzte sich auf. Eines der Hauselfen stand vor ihr und sah sie mit großen, wässrigen Augen an.

Blödes Mistvieh.

»Wer hat dir befohlen, mich zu wecken?«, fragte Bella bissig.

Die wässrigen Augen füllten sich mit Tränen und das Wesen vor ihr ging augenblicklich auf die Knie.

»Es tut Minni leid. Herrin Walburga befahl es ihr. Sie wollte Herrin Bellatrix nicht verärgern. Minni bestraft sich selbst dafür.«

Es sprang auf und bevor Bella einen guten Vorschlag für die Selbstbestrafung bringen konnte, schlug es bereits mit dem Kopf gegen den Bettpfosten.

»Du kannst gehen«, sagte Bella nach ein paar Sekunden. Es breitete sich bei diesem Anblick heute keine Genugtuung aus und es war ihr tatsächlich lieber, allein gelassen zu werden.

Es hörte sofort auf und verneigte sich so tief, dass die Nase den Boden erreichte.

Anschließend verschwand es mit einem lauten Plop.

Bella fuhr sich fahrig über ihr Gesicht und atmete ein paar Mal tief durch, bevor sie sich zur Tür begab und in den Gang trat.

Genau in diesem Moment ertönten Schritte neben ihr und stoppten abrupt nur wenige Zentimeter von ihr entfernt.

Die Hitze, die der Körper ausstrahlte, spürte Bella trotzdem und sie schluckte schwer als ihre Augen in die grauen von Sirius Black blickten.

Ihr Herz begann plötzlich schneller zu schlagen.

Wieso hatte er auch zu so einem stattlichen jungen Mann heranwachsen müssen?

»Du bist im Weg«, giftete sie ihn an, um ihre eigene Unsicherheit zu überspielen.

»Normalerweise schaut man erst nach links und rechts, bevor man in den Gang tritt.«

Bella suchte in ihrem Kopf nach einer passenden Erwiderung und … fand nichts.

Stattdessen fühlte sich sein Blick auf ihr langsam unangenehm an und sie schluckte schwer.

Dieser Taugenichts war acht Jahre jünger als sie, überragte sie allerdings bereits um einen halben Kopf, dabei gehörte sie selbst auch nicht zu den kleinsten Menschen.

Verdammt, er wirkte so erwachsen.

In ihrem Unterleib zog sich etwas zusammen, sie konnte allerdings nicht sagen, was.

»Hat es dir die Sprache verschlagen, meine liebe Cousine?«, fragte er hochnäsig.

Und damit war ihre Starre gebrochen: »Wie kommst du darauf, liebster Cousin? Ich war nur bereits jetzt von dir gelangweilt. Wenn du mich also entschuldigen würdest.«

Bella zwang sich an ihm vorbei zu den Treppen und floh beinahe vor ihm nach unten zum Abendessen. Was war nur mit ihr los?
 

Sirius sah seiner Cousine nach und war zwischen Abscheu und Faszination gefangen. Die Abscheu konnte er sich selbst leicht erklären und hatte auch nichts anderes erwartet.

Aber woher diese Faszination kam, wusste er nicht.

Ihre dunkle Augen, die ihn mit Verachtung gestraft hatten. Das Feuer in ihnen, während sie mit Worten um sich warf, die ihn verletzen sollten.

Nicht, dass sie damit Erfolg hatte. Es machte ihn normalerweise nur wütend. Auch wenn es ihn manchmal amüsierte, ihr Kontra zu geben.

Ihre Körperhaltung, die Mimik, dieser stoische Blick. Es begeisterte ihn mehr als es vielleicht gut war.

Und heute war daraus plötzlich diese Faszination gewachsen.

Unweigerlich musste Sirius sich fragen, warum es erst dieses Mal dazu gekommen war. Doch im nächsten Augenblick ertappte er sich bei diesem Gedanken und schüttelte fassungslos den Kopf.

Langsam verlor er den Verstand, anders konnte er sich das nicht erklären. Er musste dringend aus dieser Familie raus.

Ein Glück, dass dieses Zusammentreffen das letzte war. Er hatte endlich genug Gold beisammen.

Und das beste: wenn es stimmte, hatte sein paranoider Großvater hier ein kleines Vermögen versteckt.

Er war zwar mit der Sammlung an Galleonen und Sickel hochzufrieden, aber wieso sollte er diesen vermeintlichen Schatz zurücklassen, wenn er schon die Chance dazu hatte?

Sein Onkel Alphard hatte ihm diese Geschichte letzten Sommer erzählt und auch wenn es nur ein Gerücht war, traute Sirius seinem Großvater das durchaus zu.

Der Versuch war es für einen ehemaligen Rumtreiber definitiv wert und wer wusste schon, was er vielleicht sonst noch finden würde?

Ein Grinsen erschien auf Sirius’ Gesicht, während er zu seinem Zimmer lief. Er hatte Minni befohlen, ihm sein Abendessen hochzuzaubern, um der Gesellschaft seiner Familie aus dem Weg gehen zu können.

Glücklicherweise war seine Mutter gerade mit Rodolphus’ Patronus beschäftigt gewesen, weshalb Sirius ohne große Diskussion an ihr vorbei nach oben geschlichen war.

Da die Hälfte der Verwandtschaft noch fehlte und Bellatrix’ Ehemann anscheinend auch erst im Laufe des nächsten Tages eintreffen würde, wenn er es richtig gehört hatte, ging Sirius davon aus, für heute seine Ruhe haben zu können.

Es lohnte sich für seine Mutter kaum, ihn dazu zwingen zu wollen, gemeinsam mit seinen Cousinen und ihr zu Abend zu essen. Die Hauselfen würde er sofort zurückschicken und er zweifelte daran, dass sie nur wegen zwei Gästen persönlich zu ihm hochkam.

Er musste lachen, als er daran dachte, dass selbst sein Vater so wenig Interesse an diesen mehrtägigen Zusammenkünften hatte, dass er und sein Bruder lieber noch einen Tagesausflug in die Nokturngasse unternommen hatten. Sie würden morgen Vormittag nachkommen, wenn es wirklich spannend wurde. Das Drumherum schenkten sie sich.

Sirius selbst wäre auch noch nicht hier, wenn nicht wegen der Gunst der Stunde. Gerade, da das Haus beinahe leer war, gab es kaum eine bessere Gelegenheit als diese.

Als er in seinem Zimmer ankam, stand ein Silbertablett beladen mit Pasteten und Hähnchenschenkeln bereits auf dem kleinen Tisch links am Fenster.

Er ließ sich auf den rechten der beiden alten Sessel fallen und griff nach der Flasche Butterbier, die Minni ihm ebenfalls hochgebracht hatte.

Es verlangte ihn zwar nach etwas hochprozentigen, aber er hatte noch viel vor heute Nacht, da durfte er sich seine Sinne nicht vernebeln lassen.
 

Niemand sprach als sie zu Abend aßen. Der lange Tisch aus dunklem Ebenholz, an dem sie saßen, war nur für fünf Personen gedeckt, von denen zwei mit Abwesenheit glänzten.

Bella störte es nicht. Der eine war Sirius, dem sie bereits zu nahe gekommen war und auf dessen Anwesenheit sie sehr gut verzichten konnte.

Der andere Lucius, Narzissas eingebildeter, nichtsnutziger Ehemann. Er war heute Morgen zwar mit angereist, aber vor wenigen Minuten fluchtartig aus dem Haus verschwunden, nachdem ein Patronus aus dem Ministerium gekommen war.

Anscheinend war seine Anwesenheit unabdingbar, genau wie die von Rodolphus, der sich für den heutigen Abend entschuldigen ließ.

Ihre Mutter, die noch immer in Trauer um ihren Vater war, würde ebenfalls nicht auftauchen und der Rest ihrer Familie hatte sich für den morgigen Vormittag angekündigt.

Bellatrix trauerte Rodolphus’ Abwesenheit nicht hinterher. Sie war nicht böse, ihn nicht sehen zu müssen und freute sich darüber, ein wenig Zeit mit ihrer kleinen Schwester verbringen zu können.

Wenn da nur nicht dieses kleine, schreiende Wesen wäre.

Narzissas Sohn quengelte bereits seit der Vorspeise in der schwebenden Wiege, die hinter ihrem Stuhl stand und auch wenn das Hauself der Malfoys sein bestes gab, ihn zu beruhigen, wollte er einfach nicht still sein.

Narzissa legte schließlich Messer und Gabel zur Seite, sie hatte kaum etwas gegessen, und erhob sich. Bella wusste von ihren Besuchen im Malfoyanwesen, dass ihre kleine Schwester ihr Kind nicht lange eines der Hauselfen überlassen konnte. Sie kümmerte sich lieber selbst um ihn. Was für ein einfältiges Verhalten. Genau für solche Aufgaben gab es diese Wesen schließlich.

Narzissa nahm ihren Sohn aus der Wiege und säuselte: »Na, mein kleiner Schatz.« Sie sah ihn liebevoll an und verließ den Raum in Richtung Wohnzimmer.

Auf Bellas Armen breitete sich eine Gänsehaut aus. So wollte sie nie werden.

»Wenn sie so weitermacht, wird er ein Muttersöhnchen werden«, kommentierte Walburga die Situation, ohne von ihrem Teller aufzublicken.

»Schau du, dass du dein Kind nicht so verhätschelst, wenn es endlich soweit ist.« Walburga betonte das endlich deutlich und Bella musste sich fest auf die Unterlippe beißen, um nicht respektlos zu werden.

»Natürlich«, sagte sie stattdessen und spießte das Stück Fleisch regelrecht mit ihrer Gabel auf.

Das Gespräch war damit beendet und sie aßen schweigsam zu ende.

Bella wartete darauf, dass ihre Schwester zurückkam und sich wieder zu ihnen setzte. Aber, selbst als die Hauselfen die Essensreste und das Geschirr verschwinden ließen, war sie noch nicht wieder hier.

»Minni, bring uns noch zwei Gläser Elfenwein«, befahl Walburga zu Bellas Missfallen.

»Ich möchte keinen«, sagte sie deshalb bestimmt und zum ersten Mal an diesem Abend sah ihre Tante sie an.

»Soll ich alleine trinken?« Walburgas Stimme war angriffslustig und Bella, deren erster Impuls es immer war, die Menschen um sich herum zur Weißglut zu bringen, biss sich erneut auf die Unterlippe. Es gab wenige Menschen, vor denen sie sich scheute, zu widersprechen. Walburga gehörte zu ihnen. Genauso wie Orion es tat oder ihr Vater bis zu dessen Tod.

Sie waren die derzeitigen Oberhäupter der Familie Black, die ehrwürdigsten ihrer Linie und damit ohne Frage absolute Respektspersonen.

Daran hielt sich selbst Bella. Manchmal, wie heute, nur widerwillig, aber die Familie und die darin verankerten Ränge standen über allem.

»Natürlich nicht.« Ein zufriedenes Lächeln schlich sich auf die Lippen ihrer Tante und im nächsten Moment erschienen zwei Gläser Wein vor ihnen.

Walburga erhob ihres, um ein Anstoßen anzudeuten, das aufgrund ihrer Distanz nicht möglich war. Bella folgte dieser Aufforderung und führte ihr eigenes Glas schließlich zu ihren Lippen.

Sie nippte nur daran, da ihr der Geschmack von Elfenwein zu süß war und sie grundsätzlich Feuerwhiskey bevorzugte.

Ihre Finger hielten den mit Gold verzierten Stiel noch immer umklammert, als sie es wieder auf den Tisch abgesetzt hatte. Ihr fiel es selbst erst auf, als Walburga sich räusperte.

»Langweile ich dich?« Es war ein versteckter Vorwurf hinter ihrer lieblich klingenden Stimme und Bella ließ den Stiel los.

Sie wusste nicht einmal, was sie gerade so beschäftigt hatte, dass sie selbst die nasale und durchdringende Stimme ihrer Tante nicht mehr wahrgenommen hatte.

»Entschuldige. Ich … ich habe mich nur gefragt, wie es meiner Mutter geht.«

»Wahrscheinlich so wie die letzten Wochen auch. Mein Bruder ist seit Monaten tot. Sie sollte sich langsam wieder fassen. Wie einfältig von ihr, so lange zu trauern.«

Instinktiv hatte Bella das richtige Thema gefunden, um von ihrem eigenen Malheur abzulenken. Es gefiel ihr zwar nicht, wie Walburga über ihre Mutter sprach, aber sie musste gestehen, sie stimmte dieser Meinung zu.

Ihre Mutter war ein Häufchen Elend seit dem Tod ihres Vaters. Ein Anblick, der einer reinblütigen Familie nicht angemessen war und deshalb nicht mehr lange toleriert werden würde.

Wie konnte man einem Menschen nur so lange so emotional hinterher trauern? Er war ihr Vater gewesen und sie hatte es bereits überwunden. Nicht, dass er sich sehr bemüht hätte, für sie da zu sein.

Es war immer ihre Mutter gewesen, die sich um sie und ihre Schwestern gekümmert hatte. Und das Hauself, aber das zählte kaum.

»Ich hoffe, du wirst sie daran erinnern, was es heißt, den Namen Black angenommen zu haben?«

»Das nächste Mal wird sie wieder anwesend sein«, bestätigte Bella die Aufforderung zwischen den Zeilen.

Diese Treffen waren wichtig für den Zusammenhalt und die Absprachen, um weiterhin entsprechenden Einfluss in der magischen Welt zu halten. Schwäche würde nicht geduldet werden und das musste ihre Mutter nun beweisen, sonst wäre ihr Stand innerhalb der Familie verwirkt. Und das wollte Bella nicht.

Ihre Mutter war ihr wichtig, weshalb sie das nicht gerne mit ansehen würde.

»Gut. Und wie sieht es bei Rodolphus und dir aus? Teilt ihr regelmäßig das Bett?« Walburga hatte noch nie mit blumigen Worten geglänzt, aber diese direkte Frage erstaunte Bella.

Da sie nicht wusste, was sie antworten sollte, nahm sie das Weinglas wieder in die Hand und trank einen großen Schluck, um sich so Zeit zu verschaffen.

»Ja. Aber du weißt, bei manchen Paaren dauert es länger als bei anderen.«

»Sieben Jahre?«

»Auch andere Paare benötigen mehrere Jahre.«

Walburga schwieg einen Augenblick, trank einen Schluck Wein und sah Bella über den Rand des Glases hinweg an.

»Das stimmt«, sagte sie nach einer gefühlten Ewigkeit. »Ich hoffe, du bist dir deiner Verantwortung bewusst, Bellatrix.«

Darauf wusste sie keine Antwort mehr und leerte stattdessen ihr Glas. Elfenwein würde ihr wohl nie schmecken.

»Ich denke, ich werde Narzissa nun Gesellschaft leisten.«

Walburga hielt sie nicht auf, als sie sich erhob und am Tisch vorbei ebenfalls ins Wohnzimmer ging. Wahrscheinlich dachte ihre Tante, sie würde sich Tipps holen, wie sie ihre Fruchtbarkeit erhöhen konnte.

Ganz sicher nicht. Sie war sich ihrer Verantwortung bewusst, aber sie brauchte keine Hilfe von ihrer kleinen Schwester - ein Besuch in St. Mungos wurde allerdings immer wahrscheinlicher, ob es ihr gefiel oder nicht.

Narzissa lief mit ihrem Sohn durch das Wohnzimmer und wiegte ihn sanft in ihren Armen. So selig hatte Bellatrix ihre Schwester schon lange nicht mehr gesehen und sie hasste diesen Anblick.

Würde sie sich auch in solch ein abscheulich liebevolles Wesen verwandeln, wenn Rodolphus sie irgendwann doch noch schwängern würde?

Bei diesem Gedanken wurde ihr schlecht. Dabei war ihr gerade offen gesagt worden, wie wichtig ein Erbe wäre.

»Ah. Bella. Ich hab dich gar nicht gehört.« Narzissa kam vor ihr zum Stehen und das sanfte Lächeln auf ihren Lippen sorgte für einen kalten Schauer, der Bellas Rücken hinunterlief.

»Möchtest du ihn halten?«

»Nein danke.« Allein der Gedanke daran gruselte sie bereits.

»Aber …«

»Ich habe kein Interesse«, sagte Bella bestimmt und als ginge es nicht um ein Lebewesen sondern … um Socken.

»Er ist dein Neffe.«

»Ja und?«

Narzissa seufzte.

»Ich weiß, dass du keine Kinder magst. Aber wir wissen beide, dass du irgendwann selbst welche haben wirst. Und ich will dir helfen. Vielleicht verlierst du durch Draco ein wenig die Angst vor ihnen.«

»Ich habe doch keine Angst vor Kindern.« Sie widersprach lauter als sie es beabsichtigt hatte, aber diese Übergriffigkeit und Unterstellung konnte sie nicht unkommentiert stehen lassen.

»Das meinte ich auch gar nicht. Sondern, selbst welche zu haben und sich darum zu kümmern.«

»Meine liebe Schwester. Wofür besitzt man Hauselfen? Im Gegensatz zu dir, weiß ich, wofür man sie einsetzen muss.«

Narzissas Augen wurden schmal und sie drückte das Knäuel, in das ihr Sohn gewickelt war, enger an ihre Brust.

»Glaub mir, sobald du ein Kind unter deinem Herzen getragen hast, wirst du es keinem Hauself mehr überlassen.«

Das war zu viel. Bella wollte hier keine Diskussion über eine Mutterschaft führen, die überhaupt nicht existierte. Und so eine verhätschelnde Mutter wie Narzissa würde sie sicher niemals werden.

»Ich denke, ich werde noch einen kleinen Spaziergang machen«, sagte sie deshalb, um nicht in Versuchung zu kommen, ihre eigene Schwester verhexen zu müssen.

»Was? Um die Uhrzeit?«

»Ja.«

Bella warf sich den Mantel um ihre Schultern und band ihn fest. Sie ignorierte Narzissas »Bella!« und legte bereits ihre Hand auf die Türklinke als ein: »Wohin gehst du, Bellatrix?« hinter ihr ertönte. Oh nein.
 

Sirius, der langsam ungeduldig geworden war und sich zumindest einen guten Überblick über mögliche Verstecke machen wollte, lief die Stufen hinunter, als er die nasale Stimme seiner Mutter vernahm. Er hatte gehofft, sie sei längst zu Bett gegangen. Stattdessen stand sie gemeinsam mit seinen beiden Cousinen an der Eingangstür und schien über irgendetwas zu diskutieren.

Er blieb stehen und hoffte, dass er unerkannt wieder zurück in sein Zimmer kam. Sicher würde er sonst wieder in eine Situation gebracht werden, in der sie ihn für seine reine Existenz bestrafen wollte.

»Gut, dass du da bist, Sirius.« Damit verpuffte seine Hoffnung, unerkannt verschwinden zu können.

»Ja, Mutter?« Er legte all seine Abneigung in diese Worte, während er näher kam.

»Nachdem Rodolphus erst Morgen zu uns stoßen wird, begleite Bellatrix. Sie möchte noch ein wenig spazieren gehen.«

»Ich brauche keinen Beschützer«, sagte Bellatrix sofort.

»Darum geht es nicht. Um diese Uhrzeit verlässt eine Dame das Haus nicht alleine.«

Das war vollkommener Schwachsinn. Bellatrix war eine erwachsene Hexe, die besser auf sich aufpassen konnte als so mancher Zauberer. Hierbei ging es nur darum, ihren Stand zu festigen und Bellatrix einmal mehr daran zu erinnern, wer das Sagen in dieser Familie hat.

Dass sie dafür ihn benutzen konnte, war nur ein zusätzlicher Bonus. Seine Mutter wusste um seine Abneigung Bellatrix gegenüber und das nutzte sie schamlos aus. Da war er sich sicher, obwohl er nicht wusste, wie es zu dieser Situation gekommen war.

Ein Glück war diese alte Hexe zu ignorant, um zu erkennen, dass sie dieses Spiel nicht mehr lange mit ihm treiben konnte.

»Gut, dass Bellatrix keine Dame ist.« Er konnte sich den Satz nicht verkneifen und grinste zufrieden in die Runde.

Narzissa warf ihm einen tödlichen Blick zu, seine Mutter schnaubte auf und öffnete ihren Mund, um ihn zurechtzuweisen, doch Bellatrix kam ihr zuvor: »Dann wäre das geklärt. Ich verabschiede mich.«

Sie würdigte Sirius keines Blickes - dabei hatte er auf das Feuer in ihren Augen gehofft. Sie zog ihren Mantel fester um ihren schmalen Körper, drehte sich von ihnen weg und verließ das Gebäude. Die Tür knallte laut hinter ihr zu.

Sirius erwischte sich dabei, wie sein Blick über ihren Hintern wanderte, während sie ging. Er kam durch den enganliegenden Umhang viel zu gut zur Geltung.

Für den Bruchteil einer Sekunde fragte er sich, wie es sich wohl anfühlen würde, ihn in die Hände zu nehmen.

»Sirius, du begleitest sie.«

»Mutter, bei allem Respekt«, sagte er sarkastisch, »sie möchte keine Begleitung.«

»Und dennoch wirst du mit ihr gehen.«

Wieso musste diese Frau immer und unter allen Umständen das letzte Wort haben wollen? Mit einem schiefen Grinsen wandte er sich zu ihr.

»Dann bleibt mir wohl nichts anderes übrig.«

Er griff sich seinen Umhang und folgte Bellatrix.

Es schneite leicht und der freigezauberte Weg war bereits unter einer neuen, weißen Decke verschwunden. Sirius brauchte einen Moment, bevor seine Augen sich an die Dunkelheit gewöhnt hatten. Das fahle Licht, das durch die verhangenen Fenster nach außen drang, war kaum der Rede wert.

Seine unsägliche Cousine war schon einige Meter vor ihm und hatte die Grundstücksgrenze fast hinter sich gelassen.

Sirius, der ursprünglich geplant hatte, zu disapparieren, sobald er die Möglichkeit hatte, um sich in einen der Pubs hier in der Gegend zu verabschieden, beschloss, ohne den Gedanken wahrgenommen zu haben, ihr folgen zu wollen.

Es reizte ihn schlicht, herauszufinden, wohin sie ging.

Er kam ihr schnell näher und das schien sie zu hören, denn sie stoppte.

»Seit wann hörst du auf deine Mutter?«

Bellatrix drehte sich zu ihm um und musterte ihn mit verschränkten Armen.

»Seit dich ihre Befehle stören.«

Sie schwieg kurz, bevor sie sich wieder wegdrehte und im nächsten Moment disapparierte sie mit einem lauten Ploppen.

Sirius lachte kurz auf. Ärgerlich, sie so aus den Augen zu verlieren. Jetzt würde er doch nicht erfahren, wohin sie ging.

Aber warum eigentlich? Sirius verstand dieses Gefühl nicht - so wie einiges andere, was er empfand und dachte, seit er hier war.

Es lag wahrscheinlich an dieser Einöde. Oder, weil er sich endlich auf der Zielgeraden befand und so verbissen darauf zu lief. Er sollte sich nicht weiter damit beschäftigen. Also tat er es seiner Cousine gleich und disapparierte.

Ein Stück entfernt gab es einen alten Pub, zwar von Muggeln betrieben, aber mit dem besten Ale, das er in seinem Leben getrunken hatte. Und das konnte er gerade dringend gebrauchen.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  _Natsumi_Ann_
2020-07-04T20:15:17+00:00 04.07.2020 22:15
Er war zu einem stattlichen, jungen Mann herangereift und wäre sie nicht längst verheiratet und er kein Schandfleck in der langen und ehrwürdigen Linie der Black, wäre sie ihm nicht abgeneigt.

Der Satz gefiel mir wieder sehr gut :)

Die Hitze, die der Körper ausstrahlte, spürte Bella trotzdem und sie schluckte schwer als ihre Augen in die grauen von Sirius Black blickten.
Ihr Herz begann plötzlich schneller zu schlagen.
Wieso hatte er auch zu so einem stattlichen jungen Mann heranwachsen müssen?


Und dieser Abschnitt auch xDDD
hahah ich könnte wohl öfters zitieren anstatt irgendwas gross dazu zu schreiben :D

Ich genieße den BellaSirius Fluss der Hassliebe XDD



Antwort von:  Goetterspeise
16.07.2020 13:39
Hey,
vielen Dank für den Kommentar :) Ich freue mich, dass du die Hassliebe der beiden genießt und hoffe, dass das auch in den weiteren Kapiteln noch so bleibt!

Liebe Grüße :)


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