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Wenn Ostern sein Frühling findet

Die Hüter des Lichts
von

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Kapitel 7 - Hoffnungsschimmer

 

Seit zwei Tagen war Sophie nun schon da und sie wurde immer schwächer und depressiver. Es tat Hase im Herzen weh und ein Besuch bei ihr in der Höhle kostete ihm alle Kraft. Seit sie bei ihm war hatte er nie mehr als ein paar Minuten in seiner eignen Höhle verbracht. Meist lenkte er sich ab und verbrachte die Nächte draußen unter dem Sternenhimmel.

 

Doch nun musste er etwas tun. Denn wenn Sophie so weiter machte würde sie sich tothungern oder so tief in ihrer schwarzen Welt versinken, das sie nie wieder heil heraus kommen würde. So beschloss Hase etwas zu unternehmen. Noch war er nicht soweit das er sie zwangsernähren würde, doch konnte er sie wenigstens animieren.

 

So ließ er durch Willenskraft einige Eier in seinen schönen bunten Brühtblumen reifen, welche sogleich auf flinken kleinen Beinen hinüber zum glitzernden violetten Färbefluss marschierten und hinein sprangen um sich bunt färben zu lassen. Zwar waren sie nur zum Essen gedacht und Ostern war längst vorbei, aber vielleicht regten sie etwas in Sophie und brachten eine schöne Erinnerung hervor. Aber auch lag es daran das er es sich nicht verkneifen konnte. Plumpe weiße Eier, die sogleich gegessen wurden, das brachte er nicht fertig. Er würde ohnehin etwas tun müssen das ihm mehr als unbehaglich war.

Als die Eier buntgefärbt aus dem Fluss liefen und über spiralförmige Zweige marschierten – von denen sie ihre Muster erhielten indem sie von den Zweigen umschlungen wurden und somit etwas Farbe kunstvoll abgewischt wurde - fanden sie sich wieder auf festem Boden und liefen direkt zu Hase, der mit einem Korb auf sie wartete.

Ehe er sie in den Korb legte, nahm er sie nach und nach in die Pfote und hauchte bereits jetzt ihnen das Leben aus. Die Beinchen verschwanden und keine Regung ging mehr von ihnen aus. Normalerweise geschah das erst wenn sie durch die Tunnel hinauf in ihre unzähligen Verstecke gelaufen waren, doch hatte es nun einen anderen Zweck. Das Leben das ihnen genommen wurde, sollten sie an Sophie weitergeben, indem sie sie aß.

Natürlich wurden alle seine Ostereier früher oder später verspeist von all den Kindern und ihren Eltern, doch nicht so schnell.

 

Die sentimentalen Gefühle aus seinen Kopf schüttelnd machte er sich auf den Weg zu seinem Bau, holte noch einmal tief Luft und straffte die Schultern, bevor er eintrat. Je weiter er vortrat, desto mehr roch er den geschwächten, kranken Körper und ihre mangelnde Pflege. Der alte Angstschweiß hüllte sich wie ein stinkender Nebel um ihr Lager.

 

Ihr Anblick nahm ihm die Luft aus seinen Lungen. Die eingefallenen Wangen, die tiefen Schatten in ihrem Gesicht, die fettigen, strähnigen Haare. Sie war so weiß wie eine lebende Tote, doch sah sie so aus als würde sie sich bald zu ihnen gesellen.

 

„Hey kleiner Fratz“, krächzte er, ihr Anblick verschlug ihm regelrecht dem Atem.

 

„Hey“, kam nur der leise Hauch und Hase glaubte zu wissen das er sie ohne seine riesigen Hasenohren niemals gehört hätte.

 

„Ich hab dir was mitgebracht“, sagte er etwas verlegen und setzte ihr den Osterkorb vor ihrem Gesicht ab.

 

Ein Lächeln zauberte es nicht auf ihr Gesicht, doch schwor er in ihren Augen ein kleines Strahlen gesehen zu haben. Mit dünnen Fingern griff sie nach einem Ei und sah es sich genau an.

 

„Es ist sehr schön“, hauchte sie und da, da war es. Ein kleines Zucken ihrer Mundwinkel.

 

„Willst du eines Essen?“

 

„Nein... ich habe keinen Hunger.“

 

„Sophie, hör zu... dein Körper gaukelt es dir nur vor. Bitte, iss eines, wenigstens ein halbes.“

 

„...“

 

„Du wirst sterben, Sophie.“

 

„Wäre es so schlimm?“, sagte sie, doch sah er auch den gefürchteten Blick ihrerseits. Sie fürchtete den Tod, sie wollte nicht sterben. Aber sie hatte keine Kraft mehr.

 

„Willst du mich schon so bald verlassen, Keule?“, fragte er sanft und tat etwas das er noch nie in all den Jahrhunderten getan hatte. Er nahm ihr das Ei ab und pellte mit seinen Krallen geschickt die Schale ab, bis das weiße Innere völlig zum Vorschein kam. Er riss die Spitze ab und hielt es ihr vor den Mund.

 

Zunächst rührte sich Sophie nicht und sah das Stück Ei das er ihr hinhielt zögerlich an. Doch als sie den Geruch wahrnahm, krampfte sich schmerzhaft ihr Magen zusammen und sie verspürte einen unbändigen Hunger. Tränen traten aus ihren Augenwinkeln als sie diese schmerzverzerrt zusammenkniff.

 

„Iss etwas, es wird besser werden.“

 

Hase glaubte das es die längsten fünf Sekunden in seinem Leben waren, doch endeten sie freudig. Sie nahm das Stück vollständig in den Mund und begann zu kauen. Sie war schwach und kaute langsam, aber sie aß endlich etwas.

 

Hase fiel ein Stein vom Herzen und hatte Sophie dazu bringen können das ganze Ei zu essen. Allerdings blieb es dabei, denn mehr konnte ihr Magen im Augenblick nicht verkraften und lag wie ein Stein in ihrem Inneren.

 

„Geht es dir etwas besser?“, fragte Hase nachdem sich ihr Magen etwas beruhigt hatte.

 

„Es bleibt mir wohl nichts anderes übrig“, krächzte sie, und er wusste das es nicht um den Klotz in ihrem Magen ging.

 

„Weißt du wie es dir besser gehen wird?“, fragte er, womit er auch gleich das Thema in etwas angenehmeres lenken konnte.

 

„Wie?“, fragte sie hoffnungsvoll.

 

„Wenn du ein ausgiebiges Bad nimmst.“

 

Leider fiel das Ergebnis nicht so aus wie Hase es gehofft hatte. Geschockt blickte Sophie ihn zunächst an, ehe sich Tränen in ihre Augen bilden.

 

„Sophie was...?“, fragte Hase überfordert.

 

„Ich sehe bestimmt schrecklich aus und oh Gott....“, krächzte sie und vergrub sich unter die Leinendecke. „Ich stinke bestimmt fürchterlich.“

 

„Mach dir keine Sorgen, ich habe schon ganz andere Dinge gerochen“, sagte er ehrlich heraus und machte Anstalten sie hochzuheben.

 

„Was?... Was machst du?“

 

„Wir gehen baden“, lächelte er, wickelte die Decke um sie, da er wusste das sie sich ihm nicht nackt präsentieren wollte, hob sie hoch und trug sie aus der Höhle.

 

Er trug sie zu einem nahegelegenen Fluss, der nicht zu tief war und die Strömung zu stark. Unnatürlicherweise stieg Hase in den Fluss, bis es tief genug war, so das er sich setzen und Sophie stützen konnte, und sie dabei komplett im Wasser liegen konnte. Wasser war nicht gerade sein Lieblingselement, doch fiel es ihm leichter etwas im Wasser zu sitzen als im Schlitten von Nord, dem Weihnachtsmann zu sitzen und in den höchsten Höhen zu fliegen.

 

Das Wasser war angenehm warm, seit dem frühen Morgen von der strahlenden Sonne gewärmt, und noch immer schien sie warm herunter.

Hase hielt Sophies Oberkörper zwischen seinen Beinen fest, ihre Arme hinter seine Beinen ausgestreckt, so war es ihr möglich gemütlich zu liegen, den Kopf an seinem Bauch gelehnt und konnte nicht im Wasser untergehen.

 

Die dünne Leinendecke blieb um ihren Körper geschlungen, natürlich war es im nassen Zustand sehr durchsichtig, doch war es nicht zu ändern. Es war auch beiden im keinem Falle unangenehm, da es im Augenblick nicht wichtig schien. Sophie fühlte sich in seiner Umarmung wohl und geborgen und genoss das warme Wasser.

 

„Hier ist es so schön warm. Im Bau war es immer so kalt. Aber hier, hier ist es schön. Hier könnte ich für immer liegen.“

 

„In einer Höhle ist es immer etwas kühler und du bist jetzt sehr abgemagert, du frierst nun ohnehin schneller.“

 

„Das ist jetzt vielleicht eine blöde Frage, aber hast du etwas was mich wärmen könnte? Eine Art Heizung?“

 

„Ich werde sehen was ich tun kann“, sagte Hase und verstand nicht was mit seinem Magen los war.

 

Ein merkwürdiges Kribbeln hatte sich eingestellt als er kurz mit dem Gedanken gespielt hatte, sich einfach über Nacht zu Sophie zu legen, da seine Körperwärme ihr helfen würde. Es war eigentlich nichts dabei und er verstand auch nicht was an der ältesten Methode der Welt, sich zu wärmen, so ein merkwürdiges Gefühl in ihn auslöste, doch hatte er Bedenken das Sophie lieber allein schlafen wollte.

 

Sie mochte nun etwas zutraulicher sein, doch hieß es nicht das sie rund um die Uhr seine Nähe bevorzugte.

 

Nachdem er ihr die Haare mit dem reinen Wasser gewaschen hatte und ihr mehrmals aus seiner Pfote hat trinken lassen, trug er sie wieder zur Höhle.

 

„Später bringe ich dir einen Kräutersud. Er wird deinem Körper helfen sich zu regenerieren.“

 



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